Polizeiliche Untersuchung auf dem dänischen Gestüt Viegaard nach mutmaßlichen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz

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Freilauf, Sozialkontakte und artgerechte Fütterung sind extrem wichtig für Pferde. (© www.toffi-images.de)

Es sind gravierende Vorwürfe der Tiermisshandlung und des unerlaubten Vergrabens von Pferden, untermauert von zahlreichen Beweismitteln, die gegen das dänische Gestüt Viegaard von John Byrialsen vorliegen. Heute untersucht die dänische Polizei mit schwerem Gerät das Gelände des Gestüts nach Pferden, die verscharrt worden sein sollen. Amtstierärzte der Veterinär- und Lebensmittelbehörde sollen zudem überprüfen, ob in dem Betrieb gegen das Tierschutzgesetz verstoßen wird. Es ist nicht das erste Mal, dass das Gestüt ins Visier der Behörden gerät.

Wochenlang wurde vor dem Gestüt Viegaard in Dänemark gegen die mutmaßlich tierschutzwidrigen Bedingungen demonstriert, unter denen auf dem Gelände rund zwei Autostunden nordwestlich der Hauptstadt Kopenhagen entfernt mehrere hundert Pferde leben sollen. Zudem war Inhalt der Vorwürfe, dass ohne Genehmigung zu Tode gekommene Pferde des Gestüts vergraben wurden. Heute ist die dänische Polizei unangekündigt auf dem Gelände des Gestüts und in der Umgebung in dem Dorf Skals angerückt, um mit Baggern nach verscharrten Pferden zu suchen. Das hatten die Behörden in einer Pressemitteilung am 23. August um 8.08 Uhr bekannt gegeben. Auch Amtstierärzte der dänischen Veterinär- und Lebensmittelbehörde sind laut der Erklärung der Polizei dabei, um zu überprüfen, ob weitere Verstöße gegen das Tierschutzgesetz vorliegen. Nach der Inspektion erstellen die Amtstierärzte eine schriftliche Erklärung über die festgestellten Zustände für die Polizei. Diese Stellungnahme bildet die Grundlage für die weitere Bearbeitung des Falles durch die Polizei.

Was ist passiert?

Gegen den Gestütseigentümer John Byrialsen liegen laut einer Pressemitteilung der Polizei Viborg vom 9. August derzeit vier Anzeigen mit insgesamt 35 Verstößen vor, darunter Verstöße gegen das Tierschutzgesetz Dänemarks. Zu den Anzeigen sei es laut der Polizei in Folge der durchgeführten Kontrollen des Betriebs in Zusammenarbeit mit Lebensmittel- und Veterinärbehörde gekommen.

Wer ist John Byrialsen?

John Byrialsen züchtet Dänische Warmblüter und hat sich damit einen Namen gemacht. Der von ihm gezogene Hengst Calecto V, das „V“ steht für Gestüt „Viegaard“, nahm unter der US-Amerikanerin Tina Konyot an den Weltmeisterschaften 2010 und 2014 sowie Olympia 2012 teil und wurde später das Junioren-Pferd für Chloe Taylor (USA). Der 2006 geborene Charmonix-Lobster-Sohn Cadento V platzierte sich unter der US-Amerikanerin Bianca Berktold in internationalen Grand Prix-Prüfungen. Chairman V ist in internationalen Parcours bis 1,45 Meter unterwegs.

Immer wieder im Visier

Byrialsen war – von seiner Zucht abgesehen – der dänischen Polizei und dem dänischen Veterinäramt auch vor den jüngsten Ereignissen kein Unbekannter. Von 2011 bis 2013 gab es zunächst Berichte über Misshandlungen auf dem Gestüt von John Byrialsen in Posadowo, Polen. Ein Mitarbeiter des Gestüts hatte ein Video über die Zustände der Pferde im Internet veröffentlicht. Daraufhin schaltete sich die polnische Tierschutzorganisation „Pogotowie dla Zwierzat“ ein und beschlagnahmte 64 Pferde. Zur gleichen Zeit untersuchte damals auch die dänischen Behörden ein Anwesen von Byrialsen, nämlich das Gestüt Viegaard in Skals. 500 Pferde wurden dort untersucht, die auf insgesamt vier Anwesen von Byrialsen verteilt waren. Auf einem der Höfe fanden die Ermittler 15 untergewichtige Pferde vor. Zehn Pferde waren überfällig beim Hufpfleger. Ergebnis der Ermittlungen der dänischen Veterinär- und Lebensmittelbehörde war damals, dass zwar ein Verstoß gegen das Tierschutzgesetz vorlag, es sich aber nicht um einen schwerwiegenden Verstoß gegen das Tierschutzgesetz handelte.

2018 begab sich die Polizei erneut auf den Hof in Skals und fand dort erneut abgemagerte Pferde vor. Damals hatte sich auch der dänische Fernsehsender TV Midwest eingeschaltet, der die Tierärztin Inger Lund Overgaard zu Wort kommen ließ. Die Expertin äußerte sich damals bestürzt zu den Bildern, der Zustand der Pferde damals sei gänzlich „inakzeptabel“ gewesen. Die Polizei in Viborg stellte das Verfahren 2018 ein. 2020 berichtete das dänische Medium Landbrugsavisen von einer erneuten Anzeige gegen John Byrialsen wegen der Vernachlässigung seiner Pferde.

Erneute Aufmerksamkeit

In diesem Jahr erlangte das Gestüt Viegaard nun erneut traurige Aufmerksamkeit. Grund dafür sind die gesammelten Fotos des US-Amerikaners Tyrell Cotant, der im Frühjahr 2023 laut eigenen Berichten auf Facebook drei Wochen lang auf dem Gestüt gearbeitet haben soll. In dieser Zeit habe Cotant zahlreiche Fotos angefertigt, die gravierende Verstöße gegen das Tierschutzgesetz auf dem Gestüt zeigen sollen. Der US-Amerikaner schrieb dazu, den Pferden sei lediglich schimmelige Silage gefüttert worden und es sei weit und breit kein Tierarzt in Sicht gewesen, um kranke Pferde und solche mit offenen Wunden zu behandeln. Wenn es zu Untersuchungen durch die Behörden kam, so berichtete Tyrell Cotant dem dänischen TV-Sender TV Midwest nach seiner Rückkehr in die USA, hätte Byrialsen Pferde mit Transportern an andere Orte verbracht.

Seit Juli 2023 finden nun beinahe wöchentlich organisierte und genehmigte Demonstrationen vor dem Gestüt Viegaard statt. Zu den Demonstrationen wurde in der Vergangenheit, wie auch für diese Woche Samstag, den 24. August, in der Facebook-Gruppe „Stop Vanrøgt Af Dyr Bag Hegn“ von Gruppenmitgliedern aufgerufen. In besagter Gruppe wurden in den vergangenen Wochen immer wieder mutmaßliche Missstände rund um das Gestüt fotografisch festgehalten und geteilt, darunter auch Fotos, die mutmaßlich verscharrte Pferdeskelette oder -kadaver zeigen. Die Gruppe setzt sich gegen die Vernachlässigung von Tieren ein und hatte in der letzten Zeit mit zahlreichen Demonstrationen für mehr Aufmerksamkeit um das Thema in der Öffentlichkeit gesorgt.

In einer Pressemitteilung vom 9. August hatte die Polizei von West- und Midjütland die Auseinandersetzungen zwischen demonstrierenden Bürgern und Mitarbeitern des Gestüts als Grund angegeben, rund um das Gelände nun verstärkt Präsenz zu zeigen. Dabei sei es teilweise zu gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen. In der Pressemitteilung der dänischen Polizei heißt es nun: „Das ist völlig inakzeptabel. Wir arbeiten derzeit an mehreren Fällen von Gewalt und anderen Straftaten im Zusammenhang mit der Aufmerksamkeit, die das Gestüt im Sommer erhalten hat. Wir müssen für Recht und Ordnung sorgen und unternehmen jetzt zusätzliche Anstrengungen, um dies zu gewährleisten“, so der stellvertretende Polizeiinspektor Christian Toftemark, Leiter der örtlichen Polizei in Viborg-Skive.

Keine Anklagen wegen Vernachlässigung oder Misshandlung

Die vier Anklagen mit 35 Verstößen enthalten laut der Polizei Viborg-Skive keine Vorwürfe in den Bereichen Vernachlässigung oder Misshandlung von Tieren. Daher seien Sanktionen wie die Entfernung der Pferde von dem Gelände oder die Ernennung eines Verwalters für den Gestütsbetrieb derzeit keine Option, heißt es weiter von offizieller Seite. Außerdem ist in der Mitteilung vom 9. August zu lesen: „Das Gestüt hat sich bisher an die erteilten Anordnungen gehalten. Unter anderem wurden zu dünne Pferde wie angeordnet behandelt.“

Die Vorwürfe mit Inhalt Verstöße gegen das Tierschutzgesetz in Dänemark würden aber weiterhin untersucht. Es gebe Anzeigen und Anfragen von Bürgern, die von den Spezialisten des Sonderrechtszentrums aktiv untersucht werden würden. „In allen Fällen ist die Polizei auf Anfragen von Bürgern angewiesen, weshalb wir immer gerne Hinweise entgegennehmen“, sagt Christian Toftemark.

Zu dem Informationsaustausch in der Facebookgruppe nahm Toftemark in der Pressemitteilung ebenfalls Stellung: „Wenn jemand konkrete und aktuelle Erkenntnisse oder zum Beispiel Bilder hat, wie sie in diesem Fall bereits veröffentlicht wurden, dann bitte bei der Polizei melden. Der Fall wird schwieriger zu lösen, wenn die möglichen Beweise öffentlich auf Facebook gepostet werden, bevor die Behörden die Möglichkeit haben, darauf zu reagieren.“

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Gloria Lucie AlterRedakteurin

Hat sich parallel zum Volontariat beim St.GEORG im Studium mit „Digital Journalism“ an der Hamburg Media School befasst. Als Redakteurin liefert sie Beiträge aus den unterschiedlichsten Bereichen, von Reitlehre bis zu Produktneuheiten. Ihre Erfahrungen aus Tätigkeiten bei privaten TV-Sendern in Köln ergänzen sich mit ihrer Kompetenz in Social Media und Videocontent.

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