Damsey, der Hannoveraner Hengst von der Station Jens Meyer, Dorum, mit dem Helen Langehanenberg unter anderem Dritte im Weltcup-Finale wurde, soll am Wochenende in Doha vom Sport verabschiedet werden. Dass seine Besitzerin glaubt, Damsey wäre als Mensch gern als Supermarkt-Manager zur Welt gekommen, ist nur einer von zehn Fakten aus dem Leben des Dressurhengstes. Selbst das Wort Renn-Tölt fällt …
19 Jahre und immer noch frisch in der Weltspitze dabei: Das ist Damsey, Hannoveraner Hengst von Helen Langehanenberg. Erfolge des Paares sind bekannt, aber hier haben wir Dinge zusammengestellt, die so vielleicht nicht jeder weiß.
Aus besonderem Haus
Dorit und Herrmann Kothe haben Damsey gezogen. Bei ihnen stand auch sein Vater, Dressage Royal v. Donnerhall-Rubinstein. Herrmann Kothe war nicht nur als Pferdezüchter aktiv, sondern auch als Pferdejournalist. Von 1984 bis 1995 war er Chefredakteur des St.GEORG. Damseys Mutter Ria Grande v. Ritual-Grande ist auch Mutter von Daianira van de Helle v. Dream of Glory. Die Stute ging für Belgien im internationalen Grand Prix Sport.
Holpriger Zuchtbeginn
Den „normalen Weg“ eines Hannoveraner Hengstes hat Damsey nicht eingeschlagen, sprich erst Verdener Hengstmarkt als Zweieinhalbjähriger, dann Hengstleistungsprüfung. Noch recht unfertig ist der „kleine Damsey“ als Zweieinhalbjähriger. Aber dass er es faustdick hinter den (Dressur)Ohren hatte, das beweist er schon im Frühjahr 2005. Als Dreijähriger absolviert er den 30-Tage-Test in Adelheidsdorf im April: 8,85 lautete die Dressurnote! Anschließend wird Damsey gekört.
Vorweihnachtlicher Stress für die Leatherdales
Im Jahr 2005 wird Jens Meyer aus Dorum an der Nordsee auf Damsey aufmerksam. Zu der Zeit stehen die Hengste von Louise und Douglas, „Doug“, Leatherdale auf der Station hinterm Nordseedeich bei Cuxhaven. Allen voran His Highness. In der Adventszeit greift Meyer zum Hörer und ruft in den USA an: „Ihr müsst euch einen Hengst angucken, hier in Deutschland.“ Normalerweise reist das Ehepaar Leatherdale stets gemeinsam zu Terminen, bei denen es um Pferdekauf und meistens nicht unbeträchtliche Summen ging. Doch kurz vor „Christmas Eve“ schickt Louise ihren Doug allein über den großen Teich. Der verhandelt hartnäckig und erwirbt Damsey, der fortan bei Jens und Susanne Meyer zu Hause ist.
„Wir wussten gleich, dass wir da etwas ganz Besonderes in den Stall bekommen haben“, erinnerte Susanne Meyer sich einst im Interview mit Clip My Horse. Was man Damsey heute eher nicht mehr zutrauen würde: Früher war er eher schüchtern und besonders vor großen Menschenmengen vermochte er dann nicht zu zeigen, was in ihm steckt. Die Lösung der Meyers: „Wir haben ihm eine Klatsch-DVD gekauft und jedes Mal, wenn wir ihn zum Putzen aus der Box geholt haben, haben wie die angestellt.“
Kein Wunder, dass Damsey heute der Chef im Stall ist!
Damseys erste Schritte im Turniersport
Inga von Helldorff ist Damseys erste Reiterin im Turniergeschehen. Sie reitet ihn beim Turnierdebüt in einer Reitpferdeprüfung und 2007 platziert sich das Duo beim Bundeschampionat der fünfjährigen Dressurpferde in Warendorf.
Ab dem Frühjahr 2008 ist Steffen Frahm der Mann im Sattel des Dressage Royal-Sohns. Das Paar geht erfolgreich sich bei der Weltmeisterschaft und dem Bundeschampionat der sechsjährigen Dressurpferde an den Start. Als Trainer fungiert Jonny Hilberath. 2009 geht Damsey bereits erfolgreich in S-Dressuren. 2010 kommen die ersten Siege in Klasse S, auch schon international in der kleinen Tour. Die Saison 2011 wird mit der Teilnahme am Finale im Nürnberger Burg-Pokal in Frankfurt gekrönt.
2012 debütiert er auf Drei-Sterne-Niveau. In Hamburg geht er seinen ersten Kurz-Grand Prix. Im Juli dieses Olympiajahres siegt er in Heroldsberg und darf abermals in die Festhalle nach Frankfurt. Diesmal als Finalist im Louisdor-Preis.
Im Mai 2013 geht er seinen ersten „langen Grand Prix“ außerhalb der Louisdor-Serie. In Redefin werden Steffen Frahm und Damsey Zweite, den Grand Prix Special am nächsten Tag – das Debüt – gewinnen sie sogar. 2014 muss der Hengst pausieren, kommt aber 2015 wieder zurück und geht in Rotterdam seinen ersten Nationenpreis. Ende der Saison verlässt Frahm die Hengststation Jens Meyer. Wer wird Damsey nun reiten? Das ist die Frage.
Gesucht und gefunden: Helen und Damsey
Die Antwort gibt es Anfang 2016: Helen Langehaneneberg. Damsey ist damals schon 14 Jahre alt, Grand Prix-siegreich und der Star der Hengststation Meyer in Dorum. Dass seine besten Zeiten erst noch kommen sollten, das kann damals niemand ahnen. Auch Susanne Meyer, die Damsey stets begleitet, sagt:
Wir wussten damals nicht, was für ein besonderes Paar wir schaffen.
Susanne Meyer zu Dream-Kombination Helen Langehanenberg & Damsey
Das erste Mal erscheinen die beiden bei der Privathengstschau in Verden am ersten Februarwochenende. Die Findungsphase mit Helen, die ja jahrelang mit Damon Hill die Nummer eins des deutschen und zeitweise auch des weltweiten Dressursports war, dauert kürzer als gedacht. Nur rund drei Monate nach ihrem Kennenlernen bestreiten die beiden ihr erstes internationales Turnier auf dem Mannheimer Maimarkt – und gewinnen sowohl Grand Prix als auch Special. Die Prozente im Laufe der kommenden Jahre werden noch deutlich steigern. Übrigens kann Damsey nicht nur Chef, sondern auch Chillen. Beim Einflechten schläft er mitunter ein bisschen ein.
Das Schrittwunder
Nahezu in allen Lektionen kann Damsey sich im Laufe seiner Karriere unter Helen Langehanenberg verbessern. Aber eines war von Anfang an da: sein super Schritt. Hier kann ihm kein einziges Pferd im internationalen Sport das Wasser reichen. Wie Helen sagt:
Man pariert durch und er metert einfach los.
Und das immer durch den Körper und nie mit dem Hauch einer Taktgefährdung. Dafür gibt es in internationalen Prüfungen eine 10,0 – mehrfach! Und das in einer Lektion, bei der viele Reiterinnen und Reiter schon bei einer Acht innerlich vor Vergnügen Luftsprünge machen – und die mit dem Faktor zwei multipliziert in die Bewertung eingeht.
„Dicki“ und seine Ann-Christin
Nicht nur Helen Langehanenberg und Damsey haben sich gesucht und gefunden, auch Damsey und seine Pflegerin, Ann-Christin Berger. Die war einst im Springsattel erfolgreich bis Klasse S, hat sich inzwischen aber im Dressurstall von Helen Langehanenberg unentbehrlich gemacht. Und zwar sowohl als Pflegerin als auch als Freundin. Eine Freundin ist sie für Helen, aber auch für Damsey.
„Dicki, willst du ein Zucki?“ Ja, er sei schon ein kleines bisschen verwöhnt, gab sie zu, als wir für die Reportage über Helen Langehanenberg und ihre vielen Nachwuchspferde in Billerbeck zu Besuch waren. Aber er ist eben auch etwas Besonderes. Und auch wenn er bei den Kollegen gerne mal die Chef-Frage stellt – bei Ann-Christin ist er lammfromm. Sonst gäbe es ja womöglich keine Bananen mehr. Und für die tut Damsey so einiges! Deswegen meint seine Besitzerin Louise Leatherdale in einem Interview auch, dass Damsey als Mensch wohl Manager eines Lebensmittelgeschäfts geworden wäre. Weil er da ungebremsten Zugang zu Bananen hätte und Chef müsste er halt auch sein.
Licht und Schatten – die EM 2017
Damsey und Helen steigern sich quasi von Turnier zu Turnier. Dann 2017 das Highlight: Nach super Auftritten beim CHIO Aachen sind sie für die Europameisterschaften in Göteborg nominiert. In eineinhalb Jahren von Null auf Weltspitze! Und das in einem Alter, in dem andere Pferde ihren Zenit bereits überschritten haben. Doch Helen sagt damals: „Auf dem Papier ist er älter geworden, aber wenn man auf ihm drauf sitzt, fühlt es sich an, als sei er zwei Jahre jünger geworden.“
Den Eindruck hat man auch im Grand Prix. Mit knapp 75 Prozent erfüllen die beiden voll die Erwartungen der Bundestrainerin, tragen zum Mannschaftseuropameister-Titel bei und liegen in der Einzelwertung sogar an vierter Stelle! Da geht noch was! Erst recht angesichts der Tatsache, dass die Piaffen, eigentlich eine Stärke des Hengstes, diesmal etwas zäh waren.
Für den Special konnte Helen Langehanenberg sich große Hoffnungen machen. Normalerweise packt Damsey in der zweiten Prüfung immer noch ein Schippchen drauf. Auch in Göteborg beginnen die beiden ganz stark! Doch dann kommen die Piaffen. Diesmal sind sie nicht zäh, sondern kaum vorhanden. Damsey quittiert den Dienst, bewegt sich nicht mehr. Als Helen mit dem Sporen nachfühlt, schlägt er aus. Bei der zweiten Piaffe ein ähnliches Bild. Der Rest der Prüfung gelingt, aber die Enttäuschung – Platz 21 – ist groß. Was los war? Bis heute unklar. Und es hat sich auch nie wiederholt.
Damsey, der Babysitter
Eines der Highlights im Turnierkalender ist die Weltcup-Station in Neumünster Mitte Februar. Auch Helen Langehanenberg und Damsey stehen 2018 auf der Starterliste – was bei manchen Zuschauern für ungläubiges Augenreiben gesorgt haben mag, weil die Reiterin da bereits im sechsten Monat schwanger ist und sichtbar zu zweit auf dem Pferd sitzt. Das hindert sie aber nicht daran, mit 83,880 Prozent kurz vor ihrer Babypause noch einen persönlichen Rekord aufzustellen und die Ehrenrunde hinterher anzuführen.
Doch danach ist erst mal Schluss mit Reiten. Allerdings nicht allzu lange. Fünf Tage nach der Geburt ihrer zweiten Tochter sitzt Helen Langehanenberg wieder im Sattel – natürlich auf Damsey. „Wir hatten beide noch einen Bauch.“ Den haben sie sich ziemlich flott abtrainiert. Und als Sönke Rothenbergers Cosmo verletzt ausfällt, rückten Helen und Damsey ins Nationenpreis-Team für den CHIO Aachen nach. Das erste Turnier nach der Babypause und dann gleich Aachen? Mit einem Damsey kein Problem!
„Er kann ja alles, er muss nur Bock haben und fit sein“, stellte Helen in Aachen fest. Und „Bock“ hat Damsey! Und wie! Mit 77,034 Prozent bringt Helen das deutsche Team in Führung. Bundestrainerin Monica Theodorescu ist schwer beeindruckt vom Comeback einer ihrer stärksten Prüfungsreiterinnen und lobt wie diese auch das Team, das Damsey in den Wochen ohne seine Reiterin fit gehalten hat. Allen voran Pflegerin Ann-Christin, die mit Damsey ganze Marathons marschiert ist, um ihm genügend Bewegung zu verschaffen:
Ann-Christin, die führt nicht, die marschiert. Das ist Renn-Tölt!
Bundestrainerin Monica Theodorescu zum Tempo von Pflegerin Ann-Christin
Weltcup-Finale 2019 – alles in Deckung!
Mit Damon Hill war Helen Langehanenberg Weltcup-Siegerin und zweimal Zweite. Damsey ist das zweite Pferd, mit dem ihr der Sprung aufs Treppchen der inoffiziellen Hallenweltmeisterschaft gelingt.
2019 sind sie beim Weltcup-Finale in Göteborg am Start. Die ersten beiden Plätze sind so gut wie reserviert für die Dauerrivalinnen Isabell Werth auf Weihegold und Laura Graves mit Verdades. Da bleibt nur die Frage, ob es Graves diesmal gelingt, an Werth vorbeizuziehen (Antwort: nein!). Spannend ist vor allem, wer es noch aufs Treppchen schaffen würde.
Damsey geht in Göteborg die Kür seines Lebens. Als die beiden auf der letzten Mittellinie im starken Trab auf die Richter zufliegen, gibt es nicht wenige, die kurz den Atem anhalten – wird Helen rechtzeitig bremsen können?
Sie kann. Aber Chefrichter Magnus Ringmark (SWE) kann quasi Damseys Nase streicheln. Was für ein Auftritt, was für eine Freude! Mit seinen inzwischen 17 Jahren stellt Damsey noch einmal einen persönlichen Rekord auf: 86,572 Prozent.
Der Zuchthengst Damsey
Parallel zu seinen sportlichen Erfolgen stand Damsey auch immer im Deckeinsatz. Da folgt er dem Beispiel seines legendären Großvaters Donnerhall. Die deutsche Zuchtstatistik weist für ihn, Stand 30. September 2020, 64 eingetragene Zuchtstuten aus. Die nicht nur wegen des Preises für Schlagzeilen sorgende Versteigerung von Confess Color beim Hengstmarkt in Verden 2019 kommt auch nicht ohne Damsey aus: Die Mutter des Millionenhengst stammt von ihm ab. Acht Söhne von Damsey wurden bislang gekört, einer ist ins Hengstbuch I eingetragen.
Von 40 sporterfolgreichen Nachkommen der Saison 2020 waren acht in S-Dressuren „im Geld“ – das sind 12,5 Prozent! Knapp 50.000 Euro haben seine Nachkommen im Sport verdient.
Moneymaker
Er selbst bringt es auf stolze 384.455 Euro Lebensgewinnsumme. Und da ist noch nicht das Preisgeld eingerechnet, das er an diesem Wochenende bei seinem letzten Start gewinnen wird. Denn das wäre doch gelacht, wenn Damsey und Helen nicht noch einmal „zulangen“ würden.
Warum Doha? Die Antwort, die Helen Langehanenberg gegenüber Dressursport Deutschland gegeben hat, ist zu erwarten gewesen: Corona. In diesem Statement hat sie aber auch angedeutet, dass sie sich vorstellen könnte, doch noch zwei, drei Turniere in diesem Jahr mit Damsey zu reiten. Wenn es die Situation zulässt. Dafür drücken wir alle die Daumen.
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