Heinrich-Wilhelm, „Kaiser“, Johannsmann ist tot. Der westfälische Springreiter wurde 71 Jahre alt.
Heinrich-Wilhelm Johannsmann stammt aus einer Pferdefamilie in Ostwestfalen. Er hatte drei Brüder. Während er im Springsport als Reiter und später als Trainer große Erfolge feierte, schlugen seine Brüder andere Wege im Pferdebereich ein. So ist sein Bruder Friedrich der Mann hinter den grünen Pferdetransportern. Hans Georg Johannsmann wiederum ist seit Jahrzehnten für die Marken Pikeur und Eskadron im Einsatz. Der vierte Bruder, Reinhard, ist bereits 2013 verstorben. Er galt als eine Art pferdezüchterisches Super-Lexikon, erkannte Pferde, die er einmal gesehen hatte noch Jahre später sofort. Ein Fohlen, das er auf einer Schau gesehen hatte und zweieinhalbjährig zur Körung vorgestellt wurde, hatte er sofort wieder präsent.
Heinrich-Wilhelm Johannsmann – ein „Kaiser“ im Sattel
Heinrich-Wilhelm Johannsmann wurde im Dezember 1951 in Ebbesloh bei Gütersloh geboren. Auf dem Hof wurden Pferde gezüchtet. Mit zwölf Jahren begann Heinrich-Wilhelm Johannsmann auf den Zuchtstuten der Familie zu reiten, wie damals üblich.
Den Spitznamen „Kaiser“, den viele Menschen dem „Wilhelm“ im Namen zuordnen, verdankte er in Wahrheit Gustav Menke. Er war der deutsche Ersatzmann in der Mannschaft bei den Olympischen Spielen 1936. Nach dem zweiten Weltkrieg siedelte er sich in Steinhagen an. Dort weckte der 12-jährige Johannsmann sein Interesse. „Wie heißt du?“, fragte er im damals vorherrschenden barschen Kommisston. Etwas schüchtern und leise antwortete der Teenie „Heinrich-Wilhelm“. „Wie?“, schallte es durch die Reithalle: „Kaiser Wilhelm?“
Der „Kaiser“ sollte an Heinrich-Wilhelm Johannsmann kleben bleiben. Nicht nur, weil Gustav Menke ihm auf den Weg mitgab, er solle gerade wie „der Kaiser“ auf dem Pferd sitzen. Später war es Johannsmanns unverkennbarer Stil, der eben so anders war. So ritt nur „Kaiser“.
„Kaiser“ und der Stall Goessing
Der schmale, drahtige Ostwestfale mit den glitzernden Augen schien früh auf die Karriere im Sattel programmiert zu sein. Dennoch lernte Heinrich-Wilhelm Johannsmann zunächst den Beruf des Sattlers. Anschließend ritt er dann Pferde für Lutz Goessing, bei dem er ab 1973 ein Lehre zum Bereiter absolvierte. Seinen Wehrdienst leistete er in Warendorf bei der Sportkompanie ab. In Warendorf zählte später unter anderem Hans Günter Winkler zu seinen Trainern. Später sollten noch Legenden wie Hans Heinrich „Micky“ Brinckmann, Hermann Schridde oder Fritz Ligges hinzukommen.
Team-Silber bei der Europameisterschaft 1978
Ab 1978 ritt er für das Gestüt Römersee, das damals Familienmitgliedern der C&A-Dynastie gehörte. Hier begann seine internationale Karriere im Springsattel. Zwei Pferde sind es, die ihn in die Weltspitze trugen: Sarto, der Hannoveraner Sender-Sohn, mit dem er 1978 an der Weltmeisterschaft (Team Platz fünf) und 1979 in Rotterdam an den Europameisterschaften teilnahm. An der Seite von Gerd Wiltfang mit Roman und Paul Schockemöhle mit dem legendären Deister gewann er die Silbermedaille mit der deutschen Equipe. Später bereitete Sarto dem ehemaligen Bundestrainer Kurt Gravemeier noch den Weg in den Spitzensport.
Das zweite bedeutende Pferd in dieser „ersten“ Karriere war Chico, gezogen von Friedrich, „Chico“, Otto jun. Quasi ein Pferd aus der Nachbarschaft.
Familie Goessing und der „Kaiser“
1981 ging Johannsmann zurück in den Stall von Christa und Lutz Goessing. Das Training von Pferden stand im Mittelpunkt. Generell war „Kaiser“ Johannsmann immer ein Reiter, dem die solide Ausbildung von Pferd und Reiter extrem am Herzen lag.
„Die Freude an guter Ausbildung liegt in meiner Vergangenheit begründet. Ich bin einer der letzten, die von allen Topausbildern der vergangenen Jahre profitiert haben. Dieses Wissen und diese Erfahrung möchte ich heute weitergeben“, hat er später einmal gegenüber dem PM-Forum der Deutschen Reiterlichen Vereinigung zu Protokoll gegeben.
Sportlich griff er dann ab dem Jahr 1997 noch einmal ins Geschehen ein. Mit drei Landbeschälern aus den Stallungen des Landgestütes Warendorf, dem Pilot-Enkel Prosario, Potsdam v. Polydor und Gralshüter v. Gralsritter, war er international unterwegs.
Insgesamt war er 22 Mal im roten Rock für Deutschland bei Nationenpreisen am Start. Viele Große Preise hat er gewonnen, 1980 war er Siebter beim Weltcup-Finale.
Zwischen 1998 und 2004 war er parallel zu seinen Sporteinsätzen als Honorar-Trainer für das DOKR-Bundesleistungszentrum in Warendorf tätig. Im Oktober 2005 ging er ein letztes Mal auf die Ehrendrunde. Als Sieger des Wiener Hallenderbys schloss „Kaiser“ seine aktive Laufbahn ab. Offiziell verabschiedete er sich im Dezember des Jahres in Frankfurt aus dem Sportgeschehen.
Als Trainer hoch geschätzt
Pferde bestimmten aber auch weiterhin sein Leben. Er trainierte viele Reiterinnen und Reiter. Eine Zeitlang war er im Stall von Ludger Beerbaum tätig, er fungierte als Equipechef der Ukraine und war ein gern gesehener Lehrgangstrainer auch für die Bundesvereinigung der Berufsreiter (BBR).
Plötzlicher Tod
Noch gestern war der sportliche Heinrich-Wilhelm Johannsmann von Steinhagen zum Turnier in Herford gefahren, per Fahrrad, eine gute Stunde je Strecke. Abends war er mit seiner Frau Jutta essen gegangen. Heute morgen stand Johannsmann, der gerne etwas länger schlief, dann nicht auf. Er lag tot im Bett.
Der „Kaiser“ hinterlässt seine Frau Jutta und den Sohn Alexander, der mit Dressurreiterin Nathalie Prinzessin zu Sayn-Wittgenstein-Berleburg verheiratet war.
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