Tornesch, der einäugige unter den Parcourshelden, lebt nicht mehr

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Reitsport, Pferdesport, World Cup

Malin Baryard-Johnsson (SWE) und der Hengst Tornesch (2000-2024). (© von Korff)

Acht Jahre lang waren der Hengst Tornesch und die Schwedin Malin Baryard-Johnsson ein Paar in schwersten Konkurrenzen. Zweieinhalb dieser Jahre mussten drei Augen reichen, um den idealen Absprungpunkt zu treffen.

Tornesch war Niederländer, benannt nach einem Ort in Schleswig-Holstein. Genetisch war er eigentlich ein Holsteiner und unter der Flagge Schwedens wurde er berühmt in den Springarenen der Welt. Unter der Schwedin Malin Baryard-Johnsson zählte der im Jahr 2000 geborenen Hengst zu den verlässlichsten Nationenpreis-Pferden seiner Zeit in Schweden.

Tornesch, der Einäugige auf der Championatsbühne

Als junges Pferd hatte der KWPN-Hengst sich eine Verletzung am Auge hinzugezogen. Fortan sah er ungefähr noch 30 Prozent auf seinem rechten Auge. Dieses Handicap hinderte ihn aber nicht daran, in den internationalen Sport zu wachsen. 2008 ging er erstmals unter der Schwedin Malin Baryard-Johnsson an den Start. 20210 gewannen die beide den Nationenpreis in Falsterbo, der erste Sieg des Paars. Der Sponsorenvertrag der Reiterihn mit der schwedischen Modekette H&M bescherte dem Hengst einen Vornamen.

2011 und 2013 schafften es die beiden unter die Top 20 bei den Weltcup-Finals von Leipzig und Göteborg. Im Anschluss an das Finale von Göteborg 2013 verletzte sich der Hengst beim Decken erneut am rechten Auge. Daraufhin wurde es komplett entfernt. Dort, wo eigentlich der Augapfel sein sollte, war nun ein Loch.

Tornesch schien das Handicap aber nichts auszumachen. Im Juli wurde er operiert, im Oktober ging er bereits wieder an den Start. Nach dieser kurzen Rekonvaleszenzzeit kam er zurück in den Sport und das erfolgreich. 2014 und 2015 vertrat das Paar Schweden beim Nationenpreis-Finale in Barcelona. 2015 ging der Lux Z-Sohn seine zweiten Europameisterschaften, nachdem er bereits 2011 in Madrid mit der Mannschaft Fünfter der EM geworden war.

Schon beim Parcoursabgehen, so hat Malin Baryard-Johnsson gesagt, habe sie immer darauf geachtet, auf welcher Linie die größte Chance bestünde, dass Tornesch das folgende Hindernis mit seinem linken Auge gut sehen könne. Ihr Gefühl war, dass der Hengst nach der Operation sogar besser war als vorher. Wahrscheinlich, weil ihm die Einschränkung schon vorher nicht unbekannt war. „Nur ein Stechen mit vielen Rechtswendungen, das konnten wir nicht gewinnen“, so die Schwedin.

Schoolmaster bei seinen Besitzern

Acht Jahre lang waren Malin Baryard-Johnsson und Tornesch ein Paar. Mit 15 Jahren und einer Platzierung im Weltcup-Springen von London im Dezember 2015 verabschiedete sich Tornesch aus dem großen Sport. Fortan war er als Lehrmeister für die Kinder des Besitzers im Einsatz. Unter Emelie Hugoson-Feld ging er noch eineinhalb Jahre auch in internationalen Springen bis 1,40 Meter, dann folgte die Rente.

„H&M Tornesch war ein fantastisches Pferd mit einer unglaublichen Persönlichkeit, und wir sind uns in unseren gemeinsamen Jahren sehr nahegekommen. So viele tolle Ergebnisse und Erinnerungen, er war einzigartig und hat viel für mich und meine Karriere bedeutet“, schickt Malin Baryard-Johnsson ihrem Sportpartner mit auf die letzte Reise. „Sein Vertrauen in mich war so groß, dass er selbst dann beherzt lossprang, wenn er das Hindernis erst im letzten Moment gesehen hat.“

Tornesch als Zuchthengst

Mehrere der Nachkommen des KWPN-Hengstes gehen mittlerweile in internationalen Springen an den Start. In Deutschland gibt es bislang insgesamt sechs gekörte Söhne des formschönen Braunen, von denen vier im Hengstbuch I eingetragen sind.

Mit 24 Jahren ist Tornesch im November verstorben.

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

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