Vier statt sieben Jahre Sperre für Springreiter Paul Estermann

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Castlefield Eclipse Paul Estermann

Paul Estermann und Castlefield Eclipse beim CHIO Aachen 2012. (© v. Korff)

Bereits seit 2017 beschäftigen die Taten des ehemaligen Championatsreiters Paul Estermann (60) den Schweizer Pferdesportverband Swiss Equestrian. Vor einem ordentlichen Gericht ist er bereits im November 2022 wegen mehrfacher vorsätzlicher Tierquälerei rechtkräftig verurteilt worden. Es stand aber noch ein verbandsinterner Bescheid aus. Den gibt es nun.

Ende März 2023 hatte die Sanktionskommission des Schweizer Pferdesportverbands Swiss Equestrian entschieden, dass Paul Estermann für sieben Jahre gesperrt werden soll. Estermann legte Beschwerde beim Verbandsgericht ein, wo man die Sperre nun verkürzt und auf vier Jahre festgesetzt hat. Estermann ist seit Juni 2023 gesperrt. Dieser Zeitraum wird angerechnet.

Zur Begründung der Entscheidung, die Sperre um drei Jahre zu verkürzen sagt Carl-Gustav Mez als Vorsitzender des Verbandsgerichts: „Das Verbandsgericht basiert seine Beurteilung auf dem Urteil des Kantonsgerichts Luzern. Dieses hielt im Strafverfahren fest, dass es sich im vorliegenden Fall um ein mittelschweres Vergehen handelt und hat seine Strafe entsprechend angesetzt. Vor diesem Hintergrund ist das Verbandsgericht bei seiner revidierten Beurteilung zum Schluss gekommen, dass die Grundsanktion tiefer anzusetzen ist als von der Sanktionskommission angenommen. Wie schon die Sanktionskommission hat auch das Verbandsgericht verschiedene mildernde Aspekte berücksichtigt.“

Innerhalb der Verbandsgerichtsbarkeit ist diese Entscheidung endgültig. Estermann kann allerdings wieder vor ein ziviles Gericht ziehen. Er hat 30 Tage Zeit, gegen die Entscheidung vorzugehen.

Zum Hintergrund

Estermann hat nach Urteil mehrerer Gerichte nachweislich zwei Pferde misshandelt, darunter die 2019 kurz nach ihrer Pensionierung verstorbene Stute Castlefield Eclipse. Das ist die irische Stute, mit der er seine größten Erfolge errang. Die Polizei nahm 2017 die Ermittlungen gegen Estermann auf. Eine Schweizer Zeitung veröffentlichte damals Bilder, die ein Pfleger aus Estermanns Stall vorgelegt hatte. Darauf ist ein Pferdebauch zu sehen, übersät mit Schwellungen, die zum Teil blutig aufgeplatzt waren. Dieser Pferdebauch war nach Aussage des Pflegers der von Castlefield Eclipse. Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin Ermittlungen ein und 2019 kam es zu einem ersten Urteil.

Danach ging die Sache durch mehrere Instanzen, bis das Urteil schließlich im November 2022 rechtskräftig wurde.

2012 war Estermann bei den Olympischen Spielen in London Vierter in der Mannschafts- und 17. in der Einzelwertung mit Eclipse. An Weltreiterspielen nahm er einmal teil, 2014 in Caen, ebenfalls mit Eclipse. Hier belegte die Mannschaft den elften und Estermann den 47. Platz.

Dreimal, 2013, 2015 und 2019, wurde er für Europameisterschaften nominiert, die ersten beide Male mit Eclipse, zuletzt mit Lord Pepsi, dem anderen Pferd, das von Estermann misshandelt wurde. 2015 gab es Team-Bronze (Rang 18 in der Einzelwertung), ansonsten 2013 einen fünften und 2019 einen sechsten Platz.
Nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe gegen ihn hatte Estermann den Kader verlassen. Seine Spitzenpferde gingen zu anderen Reitern. Gleichwohl ritt er noch Turniere. Die seit Juni geltende Sperre gilt nun allerdings für nationale und internationale Turniere.
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Dominique WehrmannRedakteurin

Studierte Politologin, seit 2006 bei St.GEORG. Als Jugendliche Dressurtraining bei Hans-Georg Gerlach, Michael Settertobulte und Reitmeister Hubertus Schmidt und das auf einem selbstgezüchteten Pferd. Verantwortet die Bereiche Spitzensport und Pferdezucht. Im Presseteam des CHIO Aachen und der Pferdemesse Equitana, hat für den NDR im Fernsehen kommentiert.

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  1. Ulla

    Was muss diesen gequälten Geschöpfen noch alles passieren, damit unfähige, brutale, ohne Einfühlungdvermögen, dafür umso mehr mit Gewalt arbeitende Reiter ihrem Verhalten entsprechend, wirklich hart bestraft und lebenslang mit einem Tierhalteverbot belegt werden? Vielleicht werden diese Tierquäler im nächsten Leben ja als Pferd geboren…

  2. Stefanie

    @ Ulla: Vielen Dank, dem ist nichts mehr hinzuzufügen. Ich teile Ihre Meinung voll und ganz. Das ergeht aber leider nicht nur den Pferden so. Es ist ein absolutes Unding, dass Tierquälerei mit Sachbeschädigung gleichgesetzt wird. Wie können Lebewesen mit Emotionen und einem Schmerzempfinden als Sache eingestuft werden?


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