Vier Reiter kämpften im Stechen des Großen Preis von Aachen um den prestigeträchtigen Sieg der Prüfung. Am Ende standen zwei deutsche Reiter auf dem Podium – der große Favorit Richard Vogel, dessen Sieg durch Pech am letzten Hindernis verhindert wurde, und der Überraschungssieger Andre Thieme.
Chakaria kann. Das hat sie schon bewiesen, u.a. als sie 2021 in Riesenbeck Europameisterin wurde. „Sie hat mir schon so viele besondere Momente geschenkt“, sagte ihr Reiter Andre Thieme. Dennoch gehörte die 14-jährige Chap-Tochter nicht zu den Favoriten im Großen Preis von Aachen 2024. Denn die anderen Teilnehmer im Stechen hießen Richard Vogel, Martin Fuchs und McLain Ward und die haben in der Aachen-Woche Podiumsplätze gesammelt. Darüber hinaus gehörte das Paar nicht von Anfang an zu den 40 Paaren, die im Großen Preis an den Start gehen dürfen. Nur durch die Absagen anderer Reiter rückten Thieme und Chakaria nach und erhielten die Startgenehmigung.
Doch die Fuchsstute und ihr Reiter präsentierten sich auf dem großen Rasenplatz in der Aachener Soers als hätten sie nie etwas anderes gemacht. In beiden Umläufen galoppierten sie mit einer Selbstverständlichkeit durch den Parcours, die sie als eines von vier Paaren ins Stechen brachte. Und das war der Zeitpunkt, an dem Andre Thieme und Chakaria alles riskierten. Der 49-Jährige entschied sich für kurze und schräge Wege zu den Hindernissen und Chakaria sprang. „Meine Stute hat alles gegeben und ich glaube, ich war auch nicht ganz schlecht“, lautete das Fazit des Reiters.
Er hatte recht, dieser Sieg war Teamwork. So wie dieses Paar den Großen Preis von Aachen für sich entschieden hat, mit neun großen Galoppsprüngen auf das letzte Hindernis und einem beherzten Satz über den Rolex Steilsprung, das brauchte die Nerven und den Mut von Zweien. „Ich kam aus der Kombination, hatte nur noch die beiden letzten Sprünge zu reiten und wusste, dass ich jetzt alles geben muss, ansonsten würde ich hinter McLain bleiben. Also bin ich eine sehr enge Wendung geritten, die perfekt geklappt hat und dann hat sich die letzte Distanz nicht gut angefühlt. Ich habe die ganze Zeit gedacht, dass ich es nicht schaffe. Aber irgendwie haben wir es geschafft und ich glaube, das haben das Risiko an den letzten beiden Sprüngen und ihre Schnelligkeit möglich gemacht.“ Andre Thieme und Chakaria kamen mit null Fehlern in 39,77 Sekunden ins Ziel.
Richard Vogel mit Pech am letzten Hindernis im Großen Preis von Aachen 2024
Doch nach seinem Ritt musste Andre Thieme sich noch einige Momente gedulden, denn ein Reiter stand noch auf der Starterliste. Nicht irgendwer, sondern einer, der weiß, wie Stechen geht. Einer, der in Aachen 2024 Podiumsplätze gesammelt und sich den Favoritenstatus verdient hat: Richard Vogel. Der 27-Jährige sattelte den westfälischen Hengst United Touch S v. Untouched, mit dem er zum deutschen Olympiateam für Paris gehört. Ein schnelles Pferd, mit großer Galoppade und viel Sprungvermögen. Selbst Parcourschef Frank Rothenberger ließ sich vor dem Stechen zu einem Tipp hinreißen und setzte auf Richard Vogel und United Touch S. Doch es kam anders.
Das Paar startete gut, ritt bereits den ersten Sprung schräg an, um auf möglichst kurzem Weg zu Hindernis Nummer zwei, zum Allianz Steilsprung zu kommen. „Ich hatte einen Plan für das Stechen, war selbstsicher damit und alles hat auch sehr gut geklappt“, sagte Richard Vogel. „Deswegen habe ich gedacht, dass ich vor dem letzten Hindernis noch einmal durchatmen kann. Ich dachte, ich wäre nicht volles Risiko zum letzten Sprung gegangen und ich war sicher, dass die Zeit gut genug war.“
Die Zeit war gut genug. Mit 38,64 Sekunden war er der schnellste Teilnehmer des Stechens. Doch am Ende war der Mann mit den Nerven aus Drahtseilen etwas zu früh mit dem Kopf im Ziel. Richard Vogel jubelte schon, während der Hengst mit den Hinterbeinen noch die obere Stange des letzten Steilsprungs touchierte und die Stange fiel. Damit hatten Andre Thieme und Chakaria den Sieg sicher, Richard Vogel und United Touch S wurden Dritte.
McLain Ward und Martin Fuchs
„Heute morgen habe ich gedacht, wenn ich besser als Richie (Richard Vogel, Anm. der Redaktion) bin, dann ist alles in Ordnung“, sagte McLain Ward nach dem Großen Preis von Aachen mit einem Schmunzeln. Mehrfach hatte er dem Deutschen an diesem Wochenende auf dem Podium den Vortritt lassen müssen. So gesehen: Ziel erreicht. Im Sattel des KWPN Wallachs Ilex v. Baltic zeigte der US-Amerikaner am Sonntagnachmittag drei sichere Nullrunden. Er war der erste Reiter, der sich für das Stechen qualifizierte und somit auch der erste, der im Stechen an den Start ging. In 41,02 Sekunden sicherte sich McLain Ward Platz zwei im Großen Preis von Aachen 2024.
Zweiter Teilnehmer im Stechen war Martin Fuchs mit dem Schimmelwallach Leone Jei, ebenfalls ein Baltic-Sohn. In der letzten engen Wendung von der Kombination linksrum zum grauen Mercedes Benz-Sprung nahm der Schweizer etwas zu viel Risiko. Leone Jei hatte dadurch nicht genügend Schwung für den breiten Oxer, die hintere Stange fiel. Dieser Fehler kostete dem Paar sein Platz auf dem Podium.
Alle Ergebnisse aus dem Großen Preis von Aachen 2024 finden Sie hier.
Ich habe die Übertragung verfolgt und leider fiel mir auf, dass einige (glücklicherweise wenige) Reiter, und hier waren es tatsächlich nur männliche Vertreter, ihre Pferde gar nicht oder kaum gelobt haben. Die Pferde geben sich alle Mühe und wenn dann, oft auch aufgrund eines nicht optimalen Reitens, eine Stange fällt, sollte der Ärger darüber nicht ein angemessenes und angebrachtes Loben verhindern. Wenig sympathisch, wenig selbstreflektierend, wenig – dem Pferd zugewandte – Emotion – schade!