Dieser Tage fand in Lausanne das FEI-Sportforum statt. Der International Jumping Riders Club (IJRC) hat eine Pressemitteilung herausgegeben, in der sie erklären, wie sie der FEI aufgezeigt , dass mit dem derzeitigen Reglement insbesondere Nachwuchs- und aufstrebenden Reitern die Chancen durch Vergabe gekaufter Startplätze verbaut werden.
Der IJRC berichtet, man habe die FEI aufgefordert, das Reglement in Bezug auf Kosten und Startmöglichkeiten zu überprüfen. Junge Reiter, aufstrebende Athleten und Züchter würden mit dem derzeitigen Verfahren aus dem Sport gedrängt.
„Eine ,Grauzone‘ in dem Nachrückerverfahren führt dazu, dass einige Veranstalter die Möglichkeit haben, ,Pay Cards‘ (also gekaufte Startplätze) anzubieten, statt die Plätze an Reiter auf Basis ihrer Leistungen zu vergeben.“
Einladungen
Im Sinne der Leistungsgerechtigkeit fordert der IJRC die FEI auf, zwei Einladungsprozesse für Reiter zu überdenken: die Neuvergabe von ungenutzten CSI-Startplätzen und die Wildcard. Hintergrund: Es habe „vereinzelt“ Hinweise gegeben, dass immer mehr Late Entry-Möglichkeiten für „Pay Cards“ genutzt werden, Startplätze, die die Veranstalter verkaufen.
Normalerweise ist es so, dass bei Nachnennungen zuerst die Weltranglistenposition der Reiter berücksichtigt wird, dann kommen die Reiter, die von ihrem nationalen Verband nominiert werden, Reiter, die vom Veranstalter eingeladen werden und Reiter, die eine Wild Card erhalten.
Knackpunkt ist die Einladung durch die Turnierveranstalter. Die können nämlich auch für Reiter ausgesprochen werden, die auf der Weltrangliste weiter unten rangieren oder sogar gar nicht rangiert sind, die es sich aber leisten können, einen erheblichen Aufschlag zu zahlen. Manche kaufen auch einen VIP Tisch für die Woche als inoffizielle Teilnahmebedingung. Swe IJRC: „Diese inoffizielle, aber weit verbreitete Praxis wird landläufig als „Pay Card“ bezeichnet und ist für viele Turniere ein wesentlicher Bestandteil des Geschäftsmodells.“
Nach aktuellem FEI Reglement kann der Startplatz eines Reiters von der Weltrangliste, der nach Nennungsschluss aus irgendeinem Grund ausfällt, durch einen Startplatz auf Einladung vom Veranstalter ersetzt werden. Der IJRC fordert die FEI auf, diese Nachrückerplätze wieder an Reiter von der Weltrangliste zu vergeben.
Auch gebe es Hinweise darauf, dass Nachwuchsreiter die Chance auf eine Wild Card verpassen, weil das Zeitfenster, um sie zu nutzen, so klein ist. Aktuell müssen die Wild Cards bis zum zweiten Montag vor Turnierbeginn neu vergeben werden. Andernfalls fallen die Startplätze wieder an den Veranstalter zurück. Der IJRC ist der Ansicht, ein realistischer Zeitrahmen wären Dienstag oder Mittwoch der Vorwoche, insbesondere, wenn ein freier Platz über das Wochenende gemeldet wird, also dann, wenn die nationalen Verbände geschlossen sind.
Der IJRC sei sich darüber im Klaren, dass sich eine weitere Pay Card für den Veranstalter lohnt. „Aber sie ist offensichtlich undemokratisch!“
Eine Verringerung der Anzahl der Reiter, die ihren Startplatz über Erfolge bekommen haben, könnte den sportlichen Wert des Turniers sowohl für die Zuschauer als auch für die Übertragung mindern – „und das in einer Zeit, in der das Bewusstsein für die ,Social License‘ wächst und die FEI sich um die Verbesserung der reiterlichen Standards und um eine bessere Wahrnehmung des Sports in der Öffentlichkeit bemüht.“
Startgelder und Preisgelder
„Die Startgebühren und die damit verbundenen Kosten sind gestiegen. Gleichzeitig variiert der reale Wert der Preisgelder aufgrund von Kursschwankungen der Währungen in den verschiedenen Ländern stark“, ruft der IJRC noch einmal die gesamtwirtschaftliche Lage ins Gedächtnis.
Früher habe die FEI die Höhe der Preisgelder und Startgebühren auf Basis des starken Schweizer Franken festgelegt. Nach einer Konferenz in London 2011 hat die FEI es den Veranstaltern ermöglicht, die Preisgelder anhand des Verbraucherindexes und der Inflationsrate in ihren jeweiligen Ländern festzulegen. Seither sei der reale Wert der Preisgelder um durchschnittlich 8,3 Prozent gesunken, hat der IJRC festgestellt.
Die Schwankungen sind aus Sicht des Springreiter Clubs besonders relevant, weil sie in den beiden Hauptwährungen der internationalen Springturniere, Euro und US-Dollar, ausgezahlt werden.
Angesichts der steigenden Kosten hat die International Equestrian Organizers Alliance (also die internationale Veranstaltervereinigung), die sich auf den Verbraucherindex in Belgien stützt, eine neue Regelung vorgeschlagen. Der belgische Verbraucherindex sei einer der höchsten in Europa und in den letzten acht Jahren um 18,32 Prozent gestiegen. Die FEI habe diesen Plan nicht angenommen und trotz „vehementen Protests“ seitens des IJRC eine Erhöhung der Nenngelder um zehn Prozent vorgeschlagen – „was für Reiter und Besitzer noch nachteiliger ist“, wie der IJRC anmerkte.
Aktuell sei es so, dass das von der FEI vorgeschriebene maximale Nenngeld in der Regel sogar auch dann erhoben werde, wenn nur das Minimum an Preisgeld angeboten wird. Im Nenngeld enthalten seien die Stallungen, nicht aber die Nebenkosten wie Stromversorgung und die Entsorgung des Mists. Deren Kosten hätten die Ausgaben der Reiter pro Turnier in den vergangenen Jahren um bis zu 70 Prozent erhöht. Bei einigen europäischen CSI3* und 4*-Turnieren müssten die Reiter zusätzliche Gebühren von bis zu 20 Euro pro Tag für Strom, 100 Euro pro Woche für einen LKW Stellplatz, 300 Euro für eine zusätzliche Box fürs Sattelzeug und 30 Euro pro Tag für die kurzzeitige Unterbringung ihrer Pferde zwischen den Turnieren zahlen.
In Lausanne sei nun eine mögliche Lösung für die Preisgelder vorgeschlagen worden, die ab 2023 gültig sein soll. Diese sieht vor, dass Preisgelder künftig wieder in Euro statt in Schweizer Franken festgesetzt werden. Als Umrechnungskurs in US-Dollar wird 1,10 vorgeschlagen. Die Schwankungen sollen über zwölf Monate gemittelt werden. Das System würde nur dann geändert werden, wenn eine Schwelle von fünf Prozent überschritten würde.
Der IJRC räumt durchaus ein, dass die Auswirkungen der Inflation und der steigenden Energiepreise auch die Veranstalter trifft. Man sei aber der Meinung, dass weitere Gespräche mit den Interessenvertretern nötig seien – insbesondere, wenn dem FEI-Vorstand bis August ein formeller Vorschlag zur Diskussion vorliegen soll. „Der IJRC ist der Ansicht, dass die gesamte Branche eine moralische Verpflichtung hat, die Kosten so gering wie möglich zu halten.“
IJRC-Direktorin Eleonora Ottaviani warnt auch vor einer weltweiten Angleichung der Preisgelder und Startgebührensysteme, insbesondere in Europa und Nordamerika, wo sowohl die Märkte als auch die CSI-Geschäftsmodelle „völlig unterschiedlich“ seien: „Man muss auch berücksichtigen, dass zusätzlich zu den in den FEI-Bestimmungen festgelegten Startgeldern in Europa immer häufiger Gebühren erhoben werden, die nicht mit den FEI Tabellen übereinstimmen, wie zum Beispiel Zahlkarten, Tarife, Verwaltungsgebühren usw.“
Diese Gebühren träfen vor allem junge Reiter, Züchter und aufstrebende Athleten, so Ottaviani weiter, „die es verdienen uns sich leisten können, in einem Sport zu starten, der Leistungsgerechtigkeit respektiert“. Ihr Fazit: „Die Erhöhung der Startgebühren und der Kosten, die für Mittel- und Südeuropa bereits teuer sind, werden für ganz Osteuropa, wo sich der Sport derzeit viel versprechend entwickelt, unerschwinglich werden.“
François Mathy Jr., der Vizepräsident des IJRC, sagte: „Unser Ziel ist es, unseren Sport für junge und talentierte Reiter zugänglich zu halten. Es muss ein Kompromiss gefunden werden, um die wahnwitzigen Zusatzkosten zu stoppen, die einige Veranstalter den Reitern aufbürden.“
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