Mit dem einzigen fehlerfreien Ritt, dem 151. in der Geschichte des Derbys, hat der Niedersachse Christian Glienewinkel mit Professional Aircare das 87. Deutsche Springderby gewonnen. Vier Reiter kamen mit vier Strafpunkten über den Kurs, darunter zwei ehemalige Sieger.
Der 30-Jährige aus Celle und sein 14-jähriger Hannoveraner Wallach Professional Aircare v. Perpignon-Don Juan (Z.: Horst Erxleben, Bad Bevensen) waren schon zweimal im Derby platziert. Ansonsten tummelt sich Glienewinkel eher auf Turnierplätzen in der Region zwischen Hannover und Hamburg. Er habe das Derby früher im Fernsehen gesehen, „ da war das vielleicht mal ein Traum, hier zu reiten“, so der frisch gebackene Derbysieger. Der seine Emotionen sonst nur in ein Wort fassen konnte: „Super!“ Immer wieder „super!“ „Ich wollte meine Mutter noch anrufen und mit ihr sprechen, aber bin gar nicht durchgekommen.“ Seine Mutter ist auch die Chefin des lupenreinen Amateurs. Vormittags arbeitet er als stellvertretender Pflegedienstleiter im Altersheim seiner Mutter, nachmittags geht es dann auf den eigenen kleinen Hof, wo er sich zusammen mit seiner Ehefrau, vor zwei Wochen wurde geheiratet, um ca. zehn Pferde kümmert. Derbysieger Professional Aircare kam als junges Pferd zu Glienewinkel. „Fünfjährig wollte ihn keiner haben, der hat ja so seine eigene Art zu springen.“
Beim ersten Derbystart 2011, hatte Professional Aircare noch vor der Planke hinterm Wall verweigert. „Da bin ich aber auch schlecht geritten“, so der Sieger von 2015 selbstkritisch. In diesem Jahr und pünktlich zum 30. Geburtstag am Freitag nach Himmelfahrt, passte alles. „Ich war Achter und Neunter. Das Pferd hat die Derbyhindernisse in den Qualifikationen gut gesprungen. Dritter, Vierter habe ich gedacht, könnte drin sein. Aber vom Siegen habe ich nicht einmal geträumt.“ Der Amateur hat aber auch zuhause die Vorbereitungen intensiviert. „Wir haben zuhause einen Springplatz gebaut, wir hatten noch Sand über, da haben wir noch ’n Wall gebaut“.
31 Starter waren in die 86. Auflage dieses Klassikers des Springsports gegangen, darunter mit Carsten-Otto Nagel/Lex Lugar und Nisse Lüneburg/Calle Cool zwei Kombinationen, die schon das Blaue Band des Derbysiegers gewonnen hatten. Und ausgerechnet diese beiden Routiniers, die auf der Anlage des Tchibo-Besitzers Michael Herz trainieren, wo alle Derbyhindernisse nachgebaut sind, scheiterten am Wall. Lex Lugar trat mehrere Meter zurück und war erst im zweiten Versuch davon zu überzeugen, den Wall herabzurutschen. Es war der einzige Patzer des Lordanos-Sohns, sonst ließ der Oldenburger alle Stangen liegen. Als langsamster der vier Vier-Fehlerritte wurde Nagel Fünfter.
Noch bitterer war der Wall für Nisse Lüneburg und den Holsteiner Calle Cool. Die Vorjahressieger lieferten eine souveräne Leistung ab, doch dann kam der Wall. Der 18-jährige Concerto II-Sohn stockte, trat einmal zurück und war auch beim erneuten Anreiten nicht davon zu überzeugen, den Wall auf dem vorgesehenen Weg zu verlassen. Damit endete die internationale Karriere dieses Holsteiners mit dieser Verweigerung auf dem klassischsten aller Derbyhindernisse. Nach der Siegerehrung wurde der Wallach vor dem Hamburger Publikum verabschiedet. Insgesamt schieden acht Starter aus.
Im Vorfeld hatten viele Experten auf einen Mecklenburger Sieg getippt, nicht nur weil auch in diesem Jahr wieder Heerscharen von Fans von der Ostseeküste angereist waren. „André oder André“, hatte Holger Wulschner, 2000 Derbysieger, getippt. Und lag nicht so schlecht mit dieser Vorhersage. André Thieme, dreifacher Derbysieger mit Nacorde (2007, 2008 und 2011), sah mit Voigtsdorf Quonschbob v. Querlybet Hero wie der 152. Nullfehlerritt aus. Auch die Klippe Wall/Planke war kein Problem für den Mecklenburger mit seinem beim Oldenburger Springpferdezuchtverband registrierten Wallach, der 2014 bereits einmal Siebter im Derby war und von dem Thieme schon damals gesagt hat, „der soll Nacordes Nachfolge antreten“. Aber dann unterlief dem Wallach ein Fehler, wie er auch nur im Derby geschieht. Am Buschoxer versuchte der Dunkelbraune aufzufußen, strauchelte und dabei fiel eine Stange. Thieme guckte regelrecht bedröppelt danach. Dabei sprang das Pferd gut. Er sei gereift, sagt Thieme, „er ist nicht mehr so klein geworden unter mir, aber Juchhu schreien tue ich jetzt nicht.“ Thieme trauert dabei nicht nur dem greifbar nahen Derbysieg nach, sondern auch dem Pferd. „Mit den Besitzern war abgemacht, dass Quonschbob verkauft wird, eigentlich schon im letzten Jahr. Ich konnte ihn noch überreden, dass ich ihn noch einmal im Derby reiten darf. Aber die neuen Besitzer waren das ganze Wochenende schon da, ich kann mir nicht vorstellen, dass der Handel jetzt noch in die Hosen geht.“ Sein Plan für die nahe Zukunft: „Ich werde jetzt mal einen Vertrag ausdenken, dass ich ihn im nächsten Jahr um diese Zeit ein oder zwei Monate leihen darf. Das sind sehr nette Leute, vielleicht geht das ja.“ Der Frust über die verpasste Chance wird Thieme mit 24.000 Euro Gewinngeld versüßt. Das Budget des Derbys war noch einmal aufgestockt worden, Sieger Glienemann erhielt einen Scheck über 30.000 Euro von Hauptsponsor J.J. Darboven.
Der nächste Mecklenburger André, Nachname Plath und mit Cosmic Blue v. Chacco Blue 2014 Zweiter, verlor nach dem Buschoxer den rechten Steigbügel und musste so an den folgenden Eisenbahnschranken, einer zweifachen Kombination, mit jeweils nur einer Stange als Steilsprung, mächtig balancieren. Ein Abwurf in diesem letzten Drittel des Parcours bedeutete Rang drei in diesem Jahr.
Das jüngste Pferd im Derby war die achtjährige Anna, eine in Zangersheide gezogene Askari-Enkelin v. Asca-Contendro. Janne-Friederike Meyer hatte mit der braunen Stute zweimal bei Carsten-Otto Nagel trainiert, auch den Wall. „Die Stute hat so viel Mut, da habe ich gedacht, ich kann es versuchen.“ Die beiden hatten schon in der zweiten Qualifikation mit Platz drei gezeigt, dass mit ihnen zu rechnen sein würde. Die Stute katapultiert sich in die Luft, nicht für einen Moment hatte man den Eindruck, ein relativ junges und unerfahrenes Pferd zu sehen. Im Gegenteil, die braune Stute machte den Eindruck, als wollte sie den Kurs gleich noch einmal gehen. In diesem Jahr war es Platz vier. Janne-Friederike Meyer hat ein besonderes Wochenende in ihrer Heimat erlebt: „Mir ist extrem nach Juchhuu zumute, schon seit gestern, weil ich beweisen konnte, dass ich mit Goja ein Pferd habe, mit dem ich wieder auf Fünf-Sterne-Niveau gut mitreiten kann.“ Doch neben dem Erfolg in der Global Champions Tour-Etappe im Großen Preis von Hamburg, ist Janne-Friederike Meyer vor allem stolz auf die Leistung ihrer Stute Anna, die sie gemeinsam mit ihren Eltern besitzt: „Derby ist und war immer ein Traum von mir, allein die Teilnahme. Der Parcours macht so vielen Zuschauern Freude. Es macht mir Freude, bei den anderen zuzugucken. Und dann denke ich, jetzt reitest du da gleich.“ Vorher noch die Sporen abgemacht, ohne Gerte und Sporen: „Mein Pferd konnte mitentschieden und hat mich wie ein Vollblüter mit riesigem Herz über den Parcours mitgezogen.“ Janne-Friederike Meyer führt jetzt die Wertung der Riders Tour an (30 Punkte). Glienewinkel ist Zweiter (20), gemeinsam mit David Will, dem Sieger von Hagen (20).
(Fotos von Pauline von Hardenberg)
Sechs Reiter mit acht Strafpunkten kamen in die Platzierung, darunter mit Michael Duffy (IRL, 9.), David McPherson (GBR, 10.) und Henrik von Eckerman (SWE, 11.) drei von fünf internationalen Startern. Eine Bilanz, die Organisator Paul Schockemöhle gerne liest. „Wir hatten auch schon Zeiten, da waren alle 12-Fehlerritte platziert.“ Zur vermeintlichen „Entschärfung“ der Derbyhindernisse, namentlich Wall und irische Wälle, wollte Schockemöhle nur schmunzelnd kommentieren, dass Derbychef Wulff, da wohl „zwei Fingerbreit“ Erde bewegt hätte. Wulff konterte, „du musstest ja auch den Wall nicht herunterreiten“. Das kann dann ja im kommenden Jahr geschehen, wenn es um den 87. Titel im Springderby geht und das Turnier über volle fünf Tage gehen soll, wie Wulff in Aussicht stellte.
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