Nicola Philippaerts in La Baule: viel riskiert, alles gewonnen, deutsche Chancen fielen ins Wasser

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Nicola Philippaerts und Katanga van het Dingeshof bei den Weltmeisterschaften 2022 in Herning. (© Pauline von Hardenberg)

Höchst spannend war der Große Preis, der das Nationenpreiswochenende von La Baule abschloss. Einen großen Moment hatte Belgiens Nicola Philippaerts, der drei Schweden in Folge hinter sich ließ. Und die Deutschen? Hatten heute einfach kein Glück.

Ganze 14 Paare hatten es ins Stechen des Großen Preises von La Baule geschafft. Der Parcoursbauer hatte sich etwas einfallen lassen – Vorwärtsdistanz auf die zweifache Kombination. Danach drei Sprünge, die aus einer Wendung heraus quasi auf einer Schlangenlinie Frankreichs zu reiten waren. Ersteres verführte leicht, letzteres war die Chance, Zeit rauszuholen. Gregory Cottard und Bibici eröffneten den Reigen fehlerfrei in 37,58 Sekunden. Das sah schon recht schnell aus.

Wie schnell man hier sein kann, demonstrierten der Schweizer Edouard Schmitz und Gamin van’t Naastelhof in 35,77 Sekunden – trotz Wegrutschens im letzten Bogen der Schlangenlinien. Allerdings waren die beiden zu schnell an die Zweifache herangekommen. Die erste Stange viel. Schlussendlich reichte das für Rang neun.

Den Fehler machte der Schwede Marcus Westergren mit der erst neunjährigen Zangersheider Stute Fellaini de Liebri Z nicht. Westergren nahm die Schimmelstute v. Faustino de Tili vor der Zweifachen einmal richtig raus, konnte dann aber wieder Zeit gut machen. Bei 36,87 Seukunden stoppte die Uhr. Das sollte erstmal einer nachmachen! Westergren witterte wohl schon den größten Erfolg seiner Karriere und ballte die Faust im Triumph. Aber da kamen ja noch einige Paare.

Janika Sprunger hat mit der Emerald-Tochter Orelie mal wieder ein großes Talent in den großen Sport gebracht. Doch der erst neunjährigen BWP-Stute unterlief gleich am ersten Hindernis ein Fehler und Sprunger riskierte auch nicht alles. Marlon Zanotelli, am Freitag noch der Held der Brasilianer im Nationenpreis, hatte heute mit der zehnjährigen Deesse de Coquerie zwölf Fehler.

Dann Rodrigo Pessoa auf Major Tom. In zwei Nationenpreisen hintereinander waren die beiden doppelnull und auch heute unterlief ihnen kein Fehler. Es gelang Pessoa, den Fuchs flüssig durch den Parcours zu steuern, aber in den Wendungen riskierte er noch nicht alles mit dem zehnjährigen Vagabond de la Pomme-Sohn. Trotzdem: 37,23 Sekunden, Fünfter und einmal mehr ein Zeichen, dass der Olympiasieger wieder ein Pferd für ganz oben, ganz vorne hat.

Auch Lokalmatador Kevin Staut auf Dialou Blue PS ereilte das Schicksal am Einsprung der Zweifachen Kombination. Mitfühlendes Aufseufzen auf den Tribünen. Dann die Nummer eins, Henrik von Eckermann mit Iliana. Wie schnell die zehnjährige Cardento-Tochter sein kann, hat sie am Freitag im Stechen m den Nationenpreis demonstriert, da allerdings mit dem entscheidenden Abwurf. Das passierte den beiden heute nicht und in 36,47 Sekunden übernahmen sie die Führung.

Beth Underhill (CAN) und Nikka vd Bisschop waren weit von der Zeit des schwedischen Duos entfernt. Dann kamen Nicola Philippaerts und Katanga van het Dingeshof. Enger herum als die beiden in den Wendungen ging einfach nicht und auf den letzten Oxer ließen sie einen Galoppsprung gleich ganz weg. Das brachte ihnen die Führung ein: 36,06 Sekunden. Philippaerts jubelte und riss sich die Kappe vom Kopf, als hätte er bereits gewonnen. Er wusste wohl, dass diese Zeit sehr, sehr schwer zu schlagen sein würde von den beiden Paaren, die da noch kamen.

Das war zum einen Philippaerts‘ belgischer Landsmann Gregory Wathelet. Er hatte den ESH (=Estonian Sport Horse) Wallach Ace of Hearts gesattelt. Die ersten Linien erwischten die beiden super, aber dann kam Wathelet zu dicht an den ersten Oxer aus der Wendung. Aus der Traum.

Das letzte Paar, das Philippaerts den Sieg noch hätte streitig machen können, war am Freitag im Nationenpreis schon in Topform gewesen: Jens Fredricson mit seinem Championatspferd Markan Cosmopolit. Bis zu den Wendungen waren sie schneller. Aber hier verlor der mächtige Wallach dann wohl die entscheidenden zehntel Sekunden. Die Uhr stoppte bei 36,38 Sekunden, Rang zwei vor seinen Landsleuten Henrik von Eckermann mit Iliana auf dem dritten Platz und Marcus Westergren im Sattel von Fellaini de Liebri Z direkt dahinter.

Und der Sieger hieß Nicola Philippaerts mit seiner EM-Bronzemedaillengewinnerin Katanga van het Dingeshof v. Cardento. Letztes Jahr waren die beiden unter anderem Dritte im Großen Preis von Aachen gewesen. In dieser Saison hatten sie sich ihr bisheriges Maß an Glück für den heutigen Tag aufbewahrt. Dies ist der erste große Erfolg 2023. Und was für einer!

Ins Wasser gefallen

Der Volksmund sagt, Fortuna sei eine launische Diva. Insbesondere heute gefiel es ihr offenbar, die deutschen Springreiter im Stich zu lassen. Gerrit Nieberg und Ben waren super unterwegs im ersten Umlauf. Die Sieger von Aachen und Hamburg sahen nicht so aus, als wollten sie eine Stange berühren. Taten sie auch nicht. Aber am Wassergraben landete Ben mit dem rechten Vorderhuf 20 Zentimeter weiter hinten als mit dem linken – und trat genau auf die weiße Linie. Vier Fehler.

Bei Richard Vogel und United Touch S im Grunde das gleiche: Der elfjährige Untouched-Sohn sprang, als wollte er in den Himmel fliegen. Doch an den Wassergraben brachte Vogel ihn vielleicht eine Idee zu dicht heran. United Touch drückte hinten nicht ab, sondern „lief mit“ und trat ins Wasser. Damit hatten auch sie mit der Entscheidung nichts mehr zu tun.

Und dann waren da noch Jana Wargers und Limbridge. Sie ritten konzentriert auf den ersten Sprung zu, alles passte. Aber dann nahm Limbridge mit der Hinterhand die Stange mit. Den Rest des Kurses beendeten sie vollkommen problemlos.

Alle Ergebnisse vom Großen Preis in La Baule 2023 finden Sie hier.

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Dominique WehrmannRedakteurin

Studierte Politologin, seit 2006 bei St.GEORG. Als Jugendliche Dressurtraining bei Hans-Georg Gerlach, Michael Settertobulte und Reitmeister Hubertus Schmidt und das auf einem selbstgezüchteten Pferd. Verantwortet die Bereiche Spitzensport und Pferdezucht. Im Presseteam des CHIO Aachen und der Pferdemesse Equitana, hat für den NDR im Fernsehen kommentiert.

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