Die Geländestrecke der Vielseitigkeit-Europameisterschaft 2023 Haras du Pin: 40 Sprünge, die optisch äußerst liebevoll gestaltet sind und die es in sich haben. Hier die Sprünge in der Einzeldarstellung. UPDATE Freitag, 11.8., 19.30 Uhr: Ob wegen des Regens die Strecke verändert (verkürzt) wird, steht noch nicht fest.
Hügeliges Terrain auf dem Areal vor dem Haras du Pin in der Normandie: Die Geländestrecke Vielseitigkeits-Europameisterschaft 2023 in Haras du Pin erstreckt sich auf 5.800 Metern. 29 Hindernisse mit 40 Sprüngen hat Kursdesigner Pierre Le Goupil errichten lassen. Die Idealzeit beträgt 10.11 Minuten.
UPDATE Freitag, 19.35 Uhr
Ob am Samstag die komplette Geländestrecke geritten wird oder aufgrund des Regens, der am Freitagmittag eingesetzt hat, die Strecke verkürzt wird, steht noch nicht fest
Generell gilt: Die Hindernisse fügen sich in die Landschaft ein. Sie stehen zwischen knorrigen Eichen, auf Hochplateaus, entlang von Pferdeweiden. Nur sechs Wochen hatte das Team rund um den Briten Dominic Moore Zeit, die Hindernisse zu bauen. Jedes einzelne ist ein Meisterwerk geworden.
1 Viel Glück
So heißt der Auftaktsprung an einem der tiefsten Punkte des Kurses im Tal direkt vor dem Schloss gebaut. Üppige Blumenpracht mit Pflanzen, die überall in der Normandie wuchern, sind hier kunstvoll aus Kunststoff gefertigt worden.
2 Der Hof Colberts im Haras du Pin
Jean Baptiste Colbert war als Minister unter Ludwig XIV im 17. Jahrhundert unter anderem auch für die Bauten des Sonnenkönigs zuständig. 1668 begann die Planung für Haras du Pin. 1715 zogen die Hengste ins Gestüt ein. Das Haras du Pin ist Frankreichs ältestes Staatsgestüt. Der Sprung hat schon 2014 bei den Weltreiterspielen an den Finanzminister erinnert.
3 Der Marktstand
Der Weg zum Europameistertitel führt nicht nur ständig bergauf, bergab. Er führt auch über Zwiebeln, Kartoffeln und – man beachte die zentrale Positionierung: Lauch, der hier tatsächlich nicht Porrée, sondern Poireau heißt. Der Sprung steht an einem leichten aufwärts führenden Hang.
4 Der Fuchskopf
Eulenloch war gestern, hier steht ein Fuchskopf. Mit dem hat es eine doppelte Bewandtnis. Erstens hat bei den ersten Vielseitigkeiten in der Region schon ein solcher Fuchskopf einst gestanden und zweitens …
5 Der Fuchsschwanz
… gab es auch schon damals diese besondere Idee: Einige Galoppsprünge später ragt der Schwanz des Fuchses aus der Erde. Hier eine besondere Hecke, hinter der es bergab geht.
6A Das Chateau fort
UPDATE
Ein weiterer Hochweitsprung an ein normannisches Fort erinnernd in der Talsohle zu Füßen des Schlosses. Hierauf folgt schon die erste Klippe, nämlich der erste Wasserkomplex. Ursprünglich war dies ein einzelnes Hindernis. Am Tag vorm Gelände wurde allerdings umgeflaggt: Nun ist das Fort 6A, gefolgt von dem Tiefsprung, der zum ersten Wasserkomplex führt.
6B Tiefsprung Richtung 7 AB Burg von Falaise und die Furt der Herzöge der Normandie
Der Tiefsprung ist das zweite Element der Kombination 6AB.
So wird der Einsprung in den (dann mit Wasser gefüllten) Teich, rechts begrenzt von den Burgmauern 7A, in dem es den „Arrow Head“, 7B, also das schmale Element in der Mitte des Teichs (und des Bildes), zu treffen gilt. Eigentlich alle Reiter nennen diesen Sprung als erste große Herausforderung.
Graues Mauerwerk soll an mittelalterliche Burgen in der Region erinnern. Zuchtfans stutzen vielleicht beim Namen Falaise. Das ist doch … Genau, in Falaise lebte der berühmte Hengstaufzüchter Alfred Lefèvre, bei dem Furioso II entdeckt wurde. Dessen Vater Furioso xx hat im Haras du Pin gedeckt.
8 Die große Hecke
Auf dem Weg zu diesem Sprung kann man das erste Mal etwas mehr galoppieren. Das Terrain steigt hier leicht an. Der Name „Große Hecke“ hält, was er verspricht, wie das folgende Bild deutlich macht.
9 Trakehner
Eines der klassischen Geländehindernisse darf nicht fehlen im Kurs. Allerdings geht es bergab über den Baumstamm, unter dem ein Graben verläuft. Und wie jeder Skifahrer weiß: Auf jeden Hang folgt ein Gegenhang. Hinter dem Trakehner geht es recht deutlich bergauf.
10A Sprungbrett der Eichen
Ein Oxer, eigentlich schon eine Triplebarre, auf einem Plateau. Hier ist die hintere Stange mit einem MIM-Sicherheitssystem ausgerüstet. Es folgt eine Ecke, 10B.
10B Eichenhain
11 Holzstoß
Beeindruckend, aber die Aufgabe klar zu erkennen. Der Holzstoß dürfte keine weiteren Probleme verursachen. Schon bald, nach einer leichten Linkskurve wird es deutlich luftiger.
12 Schafpferch
Luftig und seitlich nach rechts ohne optische Begrenzung. In diesem Schafpferch müssen XXL-Schafe gehalten werden. Auch dieser Sprung ist mit dem MIM System ausgestattet. Nach ca. 18,50 Metern kommt der zweite Teil der Kombination …
12B Schafpferch
… und der ist genauso luftig und noch schmaler als das A-Element. Auch hier ist ein MIM eingebaut.
13 Nest
Ein schönes Hindernis, links und rechts eingerahmt von Eichen.
14 Heckenoxer
Zwei absolut identische Heckenoxer, die Reiter haben die freie Wahl, welchen sie springen. Dahinter geht es dörflich weiter.
15 Le Hameau – das „Kaff“
Dieses Haus sieht zunächst einmal nicht besonders schwierig aus, es ist aber im direkten Weg in äußerst spitzem Winkel (hier quasi von links kommend) anzureiten, zusätzlich erschwert dadurch, dass vorher eine leichte Senke ist. Direkt heißt hier, äußerst diagonal über das Dach des Hauses im Hameau, einer kleinen Ansiedlung, eben einem „Kaff“, zu springen. Superman lässt grüßen.
16 Fischerhütten
Noch ist es eine Pfütze, am Geländetag aber ein Wasserkomplex. Hier sind drei Hindernisse, 16–18 entstanden. Durch das Wasser muss mehrfach auf kurvigen Linien geritten werden.
17 AB Stamm des Riesen
Über diesen Stamm geht es noch einmal aus einer Rechtskurve in den Teich.
18 Teich
Eine Ecke mit Fisch bildet den Abschluss in diesem zweiten Wasserkomplex. Der Boden soll hier viel Griff haben. Das Wasser wird zum Geländetag die Gräser überfluten. Noch sieht es etwas nach Reisfeld aus. Hier gibt es Alternativen, die noch mehr „Kringelei“ verlangen
18 Alternative
19 Karren des Riesen
Noch einmal der Riese, hier hat er seinen dekorativen Karren einfach stehen lassen. Vorher ist ein leichter Anstieg, nun erreicht man jenes Plateau ein zweites Mal, auf dem auch Hindernis 10 steht, das Sprungbrett der Eichen. Dies ist der höchste Punkt im gesamten Streckenverlauf.
20AB Biwak
Einige haben angesichts der blau-weißen Streifen gedacht, dies sei eine Reminiszenz an Asterix und Obelix und damit so etwas wie das gallische Dorf, oder die Römerlager Kleinbonum, Hauteuchdrum oder andere Wortschöpfungen aus dem Kultcomik. Aber beim Teutates, nein, falsch! Dieses Zelt mit einer schmalen Ecke dahinter, von dem Kursdesigner Pierre Le Goupil sagt, er hielte es für eines der schwierigen Hindernisse, erinnert an die Truppen Napoleons. Im Rahmen der napoleonischen Kriege hat der kleine Korse nämlich im Haras du Pin genächtigt. Und seine Truppen in Zelten.
In einer Linkskurve geht es jetzt den Hang wieder hinab. Jetzt wird es fruchtig …
21 Kirschbaum
Ein Sprung, wie er – drei Etagen tiefer – auf jede Jagdstrecke passen würde und der die Philosophie des Kursdesigns widerspiegelt. Naturnah, passend zur Landschaft gebaut, eben echtes Cross Country und keine immer gleich aussehenden Sprünge, als ob man sich in der Abteilung Holzzuschnitt eines Baumarkts befände. Das ist schön, kostet aber natürlich auch Geld. Nach diesem Bäumchen geht es weiter zum Coffin.
22A fischer Coffin
Luftig ist das erste Element des Coffin an einem doch recht steilen Hang. Wer hier, auch wenn es der Sponsor nahelegt, einfach so rüberdübelt, wird wohl ein Problem bekommen. Der Sprung ist mit dem MIM-Sicherheitssystem versehen, das obere Element kann also wegklappen bei diesem Sprung bergab.
22B Coffin Graben
Hinter dem Graben, da ist sie wieder die Skifahrer-Weisheit mit Hang und Gegenhang, geht es wieder bergauf. Hier muss man schon einen Plan haben, welches der beiden C-Elemente man springen möchte, denn …
22C Coffin Hecken
… diese stehen nicht wirklich in gerader Linie zum Weg, sondern eher im rechten Winkel.
23 Wiesenunterschlupf
Kein klassischer Tisch, den man auf der gesamten Strecke vergebens sucht, aber ein Hindernis zum Fliegen lassen auf relativ ebener Trasse.
24 FEI-Nationen-Hindernis
Die jetzt folgenden Hindernisse sind den Farben des Gastgeberlandes Frankreich gewidmet. Den Auftakt vor dem dritten Wasserkomplex machen diese leicht aus dem Bergauf zu springenden Baustämme mit Hecken.
25A Furt
Der dritte und letzte Wasserkomplex markiert den am tiefsten gelegenen Punkt in der welligen Topographie. Hier geht es erst ins Wasser, dann folgen die Elemente A …
25A Furt
… ein Aufsprung, auf den dann ein weiteres Element folgt, ebenfalls in den französischen Nationalfarben. Dahinter geht es linksrum weiter.
25C Furt
25C ist eine schmale Ecke. Mittlerweile ist das letzte Drittel der Strecke erreicht, die Pferde sind schon gut vier Kilometer hoch und runter galoppiert. Jetzt darf es weder an Kondition noch Konzentration mangeln. Hinterher geht es in einem sanften Linksbogen wieder allmählich bergauf.
26 Kastanienstamm
Kein Sprung zum Ausruhen, aber vielleicht doch zumindest zum Durchatmen: Hinter der Rosskastanie geht es bergab und in eine Rechtskurve.
27A Waschhaus, der „Schlüpfersprung“
Das ist gelebte Nachhaltigkeit: Eine hölzerne Wäscheleine (nachwachsender Rohstoff ohne Mineralöl), an der mit Sonnenenergie ein rotes Höschen trocknet. Zur Entstehung dieses Motivs gibt es zwei Varianten. Parcoursdesigner Pierre Le Goupil sagt, dem läge ein Übersetzungsfehler zu Grunde. Inspiriert von dem alten Waschhäuschen am Bach, das hier rechts steht, habe er gesagt man könne doch eine Wäscheleine mit einer „pant“, einer Hose, französisch „pentalon“, bauen. Hindernisbauer Dominic Moore aus Großbritannien schwört aber, dass klar war, hier sollten „panties“, also Schlüpfer baumeln.
Hinter dem ersten Element, zu dem es eine Alternative mit längerem Weg gibt, geht es zu einem Graben.
27BC Waschhaus Graben
Die schmale Mauer rechts ist als direkter und schwierigerer Weg ist BC ausgeflaggt. Wer die deutlich längere Alternative wählt, kann dann links über einen trockenen Graben, C, springen.
28 Terrassen
Weiße Zäune am Fuße des Schlosshangs läuten die letzten Meter der Geländestrecke der Vielseitigkeits-Europameisterschaft in Haras du Pin ein. Luftig, da ist noch einmal Konzentration erfordert.
29 Martines Garten
Der Schlusssprung mit sattem Grün und Hortensien (die sind echt) huldigt noch einmal die Natur in der so fruchtbaren Normandie. Pflanzen, die einem in jedem der Vorgärten an den Sandstein und Rotklinker-Häusern auf dem Weg zum Turnierplatz begegnen, dekorieren das letzte Hindernis, gleichzeitig der 40. Sprung.
Das erste Pferd wird auf der Geländestrecke um 12 Uhr erwartet. Alle hoffen, dass es bis dahin keinen Niederschlag gibt. Zu präsent sind noch allen die schlechten Bodenverhältnisse bei den Weltreiterspielen, als der Geländeritt zur Matschschlacht auszuarten drohte.
Sobald die Startliste online ist, wird sie hier zu finden sein.
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Vielen Dank Herr Tönjes für den tollen Überblick zur Geländestrecke mit den einzelnen Hindernissen.