Englische Turnierluft schnuppern – oder warum sich Belton wie Badminton anfühlt

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Jörn-Warners-Blog-2019

Jörn Warner bloggt aus Großbritannien, wo er bei Vielseitigkeitsreiter Chris Burton trainiert. (© Petra Boschen)

Pferdewirtschaftsmeister Jörn Warner ist mit seinen Pferden für sechs Monate nach England ausgewandert, um mit Olympiareiter und Burghley-Sieger Christopher Burton zu trainieren. In seinem Blog erzählt er aus seinem neuen Leben, von Turnierstarts im Mutterland der Vielseitigkeit, den besten Tipps eines internationalen Profis und britischen (Stall-)Gepflogenheiten.

Badminton gilt als Klassiker in der Vielseitigkeit. Beinahe jedem, der sich etwas mit der Turnierreiterei beschäftigt, ist das Fünfsterne-Event ein Begriff. Jedes Jahr im Mai laden die Dukes of Beaufort die besten Reiter der Welt auf ihren Landsitz in der Grafschaft Gloucestershire ein, um vor der imposanten Kulisse des Badminton House großartigen Sport zu sehen. Zugegebenermaßen liegt Badminton für mich als Reiter eindeutig noch in der Zukunft, aber die Horse Trials in Belton sind fest als erstes Turnier des Jahres eingeplant. Und diese Veranstaltung steht dem legendären Turnier in Ambiente und Big Names in nichts nach.

Imposante Kulisse

Klar bin ich etwas nervös, als wir uns auf die Reise in die East Midlands machen. Schließlich gilt es viele Fragen zu beantworten: Sind die Pferde gut durch den Winter gekommen? Haben meine Sportler den Umzug nach England gut weggesteckt? Und kann ich mich neben all den Größen der Szene behaupten? Denn No Namer stehen keine auf der Liste. In meiner Abteilung reiten unter anderem Tim Price (Sieger Burghley 2018) und Astier Nicolas (Gold und Silber bei den Olympischen Spielen 2016) mit. Deshalb muss ich auf dem riesigen Abreiteplatz – es laufen auf drei Vierecken Dressuren zur gleichen Zeit – aufpassen, dass ich nicht zum Zuschauer mutiere. Da trabt Ros Canter an mir vorbei, Piggy French bereitet sich vor und Andrew Nicholson betritt gerade die Arena. Alles Persönlichkeiten des Sports, die man eigentlich nur von Fernsehübertragungen kennt.

Zum Glück kann ich mich auf meine Jungs verlassen. Carl (Castle King) ist zwar ziemlich motiviert, aber das kennen wir mittlerweile zu Beginn der Saison von ihm. Er läuft seine Prüfung mit etwas Spannung und einem kleinen Patzer durch. Paul (Vicco Pop) weiß einfach wann es wichtig wird, er konzentriert sich sobald wir einreiten zu 100 Prozent auf mich und liefert eine super Dressur ab. Am Ende des ersten Tages liegen wir hinter Tim Price auf dem zweiten Rang.

Britische Gastfreundschaft

Übernachtet wird übrigens in der Nachbarschaft, denn Stallzelte gibt es im öffentlichen Park des englischen Landhauses nicht. Robert, unser Gastgeber, freut sich aber über unser Kommen und ist stolz auf seine deutschen Gäste. Die hauseigenen Pferde übernachten auf ihren Weiden, damit die Turnierpferde ihre komfortablen Boxen beziehen können. Direkt bekommen wir einen genauen Platz zugewiesen, damit die anderen drei Reiter mit ihren Transportern auch noch parken können. Astier Nicolas treffen wir hier wieder, Christopher Burton kommt nach und in der Nacht reist noch Tom McEwen an. Den Dressurtag lassen wir in gemütlicher Runde bei englischer Tiefkühlpizza und deutschem Gerstensaft ausklingen. Allzu spät wird es nicht, denn am nächsten Morgen klingelt der Wecker wieder um fünf Uhr.

Samstags steht für mich und meine Jungs Springen und direkt im Anschluss das Gelände auf dem Plan. Erst dachte ich, dass die Stunde zwischen Parcours und Cross echt knapp bemessen wäre, aber im Ablauf stellt sich ganz schnell raus, dass wir reichlich Zeit haben. Die Pferde sind durch das vorangegangene Springen gut abgeritten und brauchen nur, wie ich, in ihr Geländeoutfit wechseln. Heute bin ich schon voll eingetaucht in die englische Turnierwelt und registriere gar nicht, wer mit mir abreitet. Nur einmal bin ich kurz verwundert, denn im Einritt kommt mir eine weitere deutsche Reiterin entgegen: Merle Wewer ist für ein paar Wochen bei Chris Bartel gewesen und schließt mit ihrem Start in Belton ihren Aufenthalt auf der Insel ab. Die Reiterwelt ist einfach klein!

Gesprungen wird im Schatten des Belton House. Irgendwie macht es das besonders. Aber hier ist das gar nicht so besonders. Vielseitigkeitsveranstaltungen brauchen einfach viel Platz und den gibt es nun mal auf den Landsitzen der gehobenen Gesellschaft. Chris Burton versichert mir, dass beinahe jedes Event vor so einer Kulisse stattfindet. Dann weiß ich ja jetzt auch, warum die in England ansässigen Fünfsterne-Reiter so unbeeindruckt von der Badminton-Szenerie sind. Es ist für sie das normalste der Welt.

Auf Anhieb vorne dabei

Aber zurück zum eigentlichen Event: Carl erwischt nicht den allerbesten Tag im Parcours und kommt mit ein paar Fehlern zu viel nach Hause. Auch wenn er wieder in gewohnter Souveränität durchs Gelände schnürt, ist damit eine Platzierung leider außerhalb unserer Reichweite. Paul jedoch hält die Stallfahne oben und lässt keine meiner eingangs erwähnten Fragen unbeantwortet. Mit einer sehr guten Springrunde und einem noch besseren Gelände sichern wir uns direkt den zweiten Platz. Besser hätte der Einstieg nicht gelingen können.

 

 

Im St.GEORG 5/2019, der ab dem 24. April im Handel erhältlich ist, berichten wir ausführlich über Jörn Warner und seinen Trainingsaufenthalt bei Christopher Burton. Zudem wird es online auf www.st-georg.de regelmäßig einen Blog geben. Für einen weiteren Blick hinter die Kulissen lohnt es sich außerdem auch mal auf dem St.GEORG Instagram-Account vorbeizuschauen.

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