Jörn Warner ist begeistert von den vielen Annehmlichkeiten, die er mit seinen Pferden bei Vielseitigkeitsprofi Christopher Burton genießen kann. Einzig das englische Wetter stellt ihn vor so manche Herausforderung – und die Entfernung zum nächsten Dorf …
Gott in Frankreich oder Pferd in England möchte ich sein. Meine Tiere zumindest haben auf Christopher Burtons „Lower Chapel Marsh Farm“ in der Grafschaft Dorset wirklich den Himmel auf Erden: Boxen so groß wie ein Ballsaal, mit offenen Fronten zum Innenhof und offene Fenster zur Landschaft hinaus. Separate Putz- und Waschplätze halten den üblichen Trubel aus der Stallgasse fern. Heu kommt vom benachbarten Farmer und darf ad libitum gefüttert werden.
Wenn das Raufutter nicht rationiert ist, fallen einem erst einmal die unterschiedlichen Fressgewohnheiten der einzelnen Pferde so richtig auf. Während Buschcrack Paul zum Beispiel einfach solange weitermapft, bis nichts mehr da ist und sobald Nachschub geliefert wird weiterfrisst, teilt sich sein Kollege Carl sein Heu ganz genau ein. Meine Dressurpferde müssen da etwas zur Ordnung erzogen werden. Die benehmen sich in ihren Boxen wie Junggesellen mit Pizzakartons und ziehen das Heu durch die Spänen. Und auch mit ihren Wassereimern gehen sie nicht so sorgsam um wie die Buschis. Ob das wohl an den Dressurgenen liegt oder doch eher am Alter?
Wasserspiele
Spaß beiseite. Diese Trainingsanlage ist ein „Fünf Sterne-Deluxe Stall“, aber automatische Tränken und festeingebaute Tröge findet man vergebens. Die wurden auch nicht im Zuge der Baumaßnahmen vergessen – wie ich anfangs gehofft habe. Hier wird noch jeden Tag von Hand getränkt. Zum Glück muss ich keine Eimer schleppen, sondern habe an zentraler Stelle in meiner Stallgasse einen Schlauch mit automatischer Auf- und Abrollfunktion. Ich kann gar nicht sagen, wie dankbar ich der deutschen Ingenieurskunst dafür bin. Um die tägliche Arbeit zu erleichtern wurde der tolle Schlauch nämlich extra in der guten alten Heimat bestellt. Mehr Luxus gibt es für den Reiter allerdings nicht, die Pferde stehen schließlich im Vordergrund.
Christopher Burton alias „Burto“ möchte nicht auf die modernen Tränksysteme setzen, weil sich so besser kontrollieren lässt, welches Pferd wie viel trinkt und welche Trinkgewohnheiten es hat. Für die vielen Stallzeltaufenthalte unserer Pferde während der Saison gar nicht so verkehrt zu wissen. Tatsächlich tunkt der eine sein Heu im Bottich und nimmt nur kleine Schlucke, während der andere in großen Zügen den halben Eimer auf einmal leert.
Franz und John, die beiden Dressur-Jungs, haben sich eine nicht so angenehme Freizeitbeschäftigung mit ihren Wasserbehältern einfallen lassen, die zum Ergebnis hat, dass diese jetzt gefüllt VOR den Boxen stehen und nur unter Aufsicht getrunken werden darf. Aber auch die beiden haben gelernt sich bemerkbar zu machen, wenn sie außerhalb des normalen Rhythmus‘ gerne Flüssigkeit hätten.
Pferdewirtschaftsmeister Jörn Warner ist mit seinen Pferden für sechs Monate nach England ausgewandert, um mit Olympiareiter und Burghley-Sieger Christopher Burton zu trainieren. In seinem Blog erzählt er aus seinem neuen Leben, von Turnierstarts im Mutterland der Vielseitigkeit, den besten Tipps eines internationalen Profis und britischen (Stall-)Gepflogenheiten.
Weiden, so weit das Auge reicht
Apropos Freizeitgestaltung: Das nächste Kino ist eine halbe Stunde entfernt. Dorthin habe ich es noch nicht geschafft. Zum nächsten Pub allerdings schon. Das ist zum Glück auch in zehn Minuten mit dem Auto zu erreichen. Bei den „vielfältigen“ Möglichkeiten wird der wöchentliche Großeinkauf bei Waitrose in Crewkerne schon zum Ereignis. Aber um mich geht es hier ja auch nicht. Für meine Pferde stehen Weiden mit Frischwasserzugang zur Verfügung. Konkreter gesagt gibt es Weidepaddocks, die die Größe einer normalen Düsseldorfer Weide haben, dann gibt es Weiden als Weiden, die so groß sind, dass ich ohne Sorge meine zwei besten Pferde zusammen auf ein Stück rausstellen kann, und dann werden zur Mitte der Saison auch die 24 Stunden-Weiden fertig sein. Hier sollen sich unsere Pferde nach den anstrengenden langen Prüfungen in Ruhe erholen können. Besser kann es fast nicht sein.
Auch das Ausreitgelände ist ein Traum. Bei klarem Wetter sieht man die Küste des Ärmelkanals am Horizont schimmern. Meine Freundin sagt ständig, dass es hier genauso aussieht wie man es wohl aus den typischen Rosamunde Pilcher-Filmen kennt. Sie kommt aus dem Schwärmen gar nicht mehr heraus. Das Public Bridleway (öffentliches Wegerecht) ermöglicht es uns fernab der Hauptverkehrsstraßen durch die hügelige Landschaft Beaminsters zu reiten. Wobei es mir anfangs wirklich schwer gefallen ist, ein eingesätes Feld zu betreten, weil der Reitweg dort entlang läuft. Das habe ich Zuhause über Jahre einfach anders beigebracht bekommen. Meine Pferde stört das allerdings herzlich wenig, die schreiten frohen Mutes voran.
Kein Regen = schönes Wetter
Woran ich mich auch erst gewöhnen musste, ist das launische Wetter in Dorset. Mit dem Ärmelkanal nur 20 Autominuten entfernt, weiß man nie, ob die Meteorologen mit ihren Vorhersagen auch Recht behalten. Oft genug war in den vergangenen Tagen trockenes Wetter – von Sonnenschein möchte ich gar nicht sprechen – angesagt und ich bin klatschnass geworden. Mehrmals! Leider ist die Reithalle bei Chris Burton noch nicht bereitbar. Das bedeutet, wir sind bei JEDEM Wetter draußen. Inzwischen weiß ich ziemlich genau, welche Jacke wirklich regenfest ist (eigentlich keine) und welche nur die ersten zehn Minuten dem englischen Dauerregen etwas entgegensetzten kann.
Anfangs war es wirklich nicht so einfach bei Wind und Wetter draußen zu reiten, meine Pferde wollten instinktiv immer ihren Hintern in Richtung Schlechtwetterfront drehen, aber so lässt sich nun mal nicht gut arbeiten. Inzwischen stört es die Vierbeiner nicht mehr. Sie genießen ihre anschließende warme Dusche und das Solarium zum Trocknen, während ich mit kalten Händen und tropfendem Kappenschirm auf den Nächsten steige. Noch ist nur ein großer Allwetterplatz fertig, der an den Geländeplatz angeschlossen ist. Aber es wird schon fleißig an drei weiteren Plätzen gebaut: Es entsteht noch ein Dressurviereck auf Sand und eins auf Rasen, weil hier auf der Insel traditionell noch die meisten Dressuren auf natürlichem Untergrund geritten werden. Hinzu kommt ein Springplatz der keine Wünsche offen lässt. So können wir als Reiter unsere Pferde auf alle Eventualitäten optimal vorbereiten und sie fühlen sich überall zuhause. Wie gesagt: Pferd in England müsste man sein. Aber mir als Reiter geht es hier wirklich auch nicht schlecht. Bei den Trainingsbedingungen.
Cheers, Jörn
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