Start-Ziel-Sieg für die Britin Laura Collett und London beim CCI5*-L Luhmühlen. Auf dem rein britischen Podium setzte sich die Badminton-Siegerin vor Kitty King und Vendredi Biats und Weltmeisterin Yasmin Ingham und Rehy DJ. Jérôme Robiné wurde beim 5*-Debüt mit Black Ice Zehnter.
Die Art und Weise, wie die Britin Laura Collett das CCI5*-L Luhmühlen gewonnen hat, hat das Zeug für das viel zitierte Lehrvideo. Die Dressur mit zehn Neunen sowie zwei Zehnen und einem Endergebnis von 20,3 (das entspricht einer Wertnote von 79,7 Prozent) hatte kaum Wünsche offen gelassen. Ihr Geländeritt war eine knapp elfminütige Dauerwerbesendung für den Vielseitigkeitssport. Die 33-Jährige und ihr Holsteiner London v. Landos, der übrigens auf der Insel Föhr bei Ocke Riewerts zur Welt gekommen ist, sind ein eingespieltes Team. Das sah man den beiden an, als sie harmonisch und fokussiert auf der von Kursdesigner Mike Etherington Smith clever konzipierten Geländestrecke unterwegs waren.
Laura Collett schafft beim CCI5*-L Luhmühlen das Triple
Im Springen zum Abschluss am Sonntag sorgte dann London dafür, dass den Zuschauern in der Lüneburger Heide jenseits der sommerlichen Temperaturen noch einmal knapp 80 Sekunden lang heiß wurde. Zweimal klapperte es etwas als der Landos-Sohn unterwegs war. Aber es waren wohl genau diese beiden kleinen „Hallo, wachs“, die dem Braunen letztendlich zum Nullfehlerritt verhalfen. Mit ihrem Dressurergebnis von 20,1 gewannen Laura Collett und London damit nicht nur das CCI5*-L Luhmühlen. Sie reihen sich auch in die illustre Gesellschaft derjenigen ein, die drei Fünf-Sterne-Prüfungen gewonnen haben. Im Fall der Mannschaftsolympiasieger Laura Collett und London ist es nach Pau 2020 und Badminton 2022 nun eben der Sieg in der Heide von Westergellersen.
Olympia wichtiger als CCI5*-L
Und jetzt? Geht nun die Trophäenjagd in Sachen CCI5*-L los? Die Siegerin lacht. „Olympia habe ich vermasselt“, sagt die mit Blick auf ihren neunten Platz in Tokio. Die Scharte will sie 2024 wohl auswetzen. Vorher guckt sie aber auch schon gen Frankreich, nach Haras du Pin, Austragungsort der diesjährigen Europameisterschaften. „Der Titel Einzeleuropameister fehlt mir. Dann vielleicht Kentucky das Jahr danach“, schaut Laura Collett schon mal ins Jahr 2025. Aber sie betont erneut, dass London ihr nichts mehr schulde. „My horse of a lifetime“, das Pferd ihres Lebens. „Er scheint zu wissen, wenn es drauf ankommt. Da springt er etwas höher, glücklicherweise hat er das heute auch gemacht.“ Springen konnte er immer schon, der Rest war Training. „Er hat erstz lernen müssen, ein Cross Country Pferd zu sein. Wie er das gestern gemacht hat, zeigt, dass er es jetzt ist“ stapelt Collett tief.
Britische Top 9 mit Boyd Martin
Das Podium war nicht nur rein britisch, sondern vor allem hochkarätig besetzt. Nach einem fehlerfreien Parcours mit dem Schimmel Vendredi Biats, einem Sohn des einst unter Luciana Diniz erfolgreichen Winningmood, wurde Kitty King Zweite. 0,73 Sekunden bedeuteten 0,4 Strafpunkte, die zum Dressurergebnis hinzu kamen, insgesamt 27,2 Punkte.
Ein Clown auf Platz zwei
Der Schimmel „war so gut beim Abreiten, da wusste ich: Hier kann heute nichts mehr schief gehen“, sagt die Reiterin. Nach den Downs in Burghley (ein gebrochener Pin, elf Strafpunkte, insgesamt Sechste) und Badminton (Sturz im Gelände) sei sie froh, wie gut es dieses Wochenende gelaufen ist. Der Franzose ist schon acht Jahre bei Kitty King. Als junges Pferd wurde er von Hof zu Hof herumgereicht. „ Er war sehr frech, hat viele Menschen runtergebockt“. Trotzdem war es Liebe auf den ersten, dann aber nicht auf den zweiten Blick. „Als wir ihn angeschaut haben, war da dieser wunderschöne Kopf, der aus der Box guckte. Als er dann aus dem Stall kam, war ich nicht mehr so begeistert – die Hufe, die Oberlinie… Aber dann habe ich drauf gesessen und das Gefühl hat überzeugt.“ Noch heute sei der 14-Jährige „ein Clown, ein Comedian, er macht gerne Witze, will beschäftigt werden“.
„Ferkel“ wird Dritter beim CCI5*-L Luhmühlen
Weltmeisterin Yasmin Ingham bewarb sich mit ihrem Abschlussparcours für den Stilpreis. Der 13-jährige Ire Rehy DJ galoppierte rhythmisch und sicher über den Kurs mit zwei zweifachen und einer dreifachen Kombination. Die beiden kennen sich lange, 2018 waren sie gemeinsam Vierte bei der Europameisterschaft der Jungen Reiter. Sechsjährig kam der Hellbraune zu der Weltmeisterin, gemeinsam sind sie in den großen Sport gewachsen. In Boekelo waren beide in einer langen Vier-Sterne-Prüfung im Herbst 2022 Vierte.
Einen Fünf-Sterne-Versuch hatte das Paar auch schon einmal. In Pau war allerdings im Gelände die Reise zu Ende. Die sichere Nullrunde, leicht über der Zeit, Endergebnis 27,9 Punkte, verwunderte die Britin nicht. „Ich vertraue ihm, Springen ist eigentlich seine beste Disziplin“.
Rehy DJ heißt im Stall „Piglet“, „Ferkel“ – nomen est omen. Dabei mag Ferkel aus dem Kinderbuch Winnie-the-Pooh (Pu der Bär) Pate gestanden haben. Vor allem aber sei es der Umstand, „dass Piglet jedermanns Freund ist – so lange er etwas zu fressen hat“, lacht die Engländerin. „Leckerli mit Apfelgeschmack stehen am höchsten im Kurs“, verrät die Schülerin von Erfolgstrainer Chris Bartle.
Der gebürtige Australier Boyd Martin, der schon länger für die USA reitet, wurde mit Luke, einem weiteren Holsteiner Landos-Sohn Vierter (30,1). Dem Paar gelang einer von fünf Nullfehlerritten im Parcours. Mit Fedarman wurde er zusätzlich Achter (36,4), mit seinem Olympiapferd, dem Trakehner Tsetserleg 25. Auch der Brite Oliver Townend hatte drei Pferde im CCI5*-L gestartet. Mit Swallow Spring wurde er Siebter (35,7), mit Tregilder Neunter (39,1).
Top-Einstand für drei deutsche Debütanten
Platz zehn bei der Premiere in einem CCI5*-L – Jérôme Robiné hat mit seinem Wochenende in Luhmühlen unterstrichen, warum er als eines der großen Buschtalente in Deutschland gilt. Der hochaufgeschossen Hesse kassierte zwar mit dem Iren Black Ice im Parcours zwei Abwürfe und Zeitfehler. Aber damit war er nicht allein in dem Topfeld. 44,1 Minuspunkte bedeuteten Platz zehn – Top Ten!
Jérôme Robiné wird Zehner beim Debüt
„Mit dem ganzen Wochenende bin ich sehr zufrieden. Mit dem Springen, das war schade,“ bilanziert Robiné. Beim Abreiten sei der Rappe sehr gut gesprungen. „Im Parcours ging es die ersten sechs Sprünge gut. Dann haben wir aber doch gemerkt, das ist fünf Sterne, gestern sind wir elf Minuten galoppiert“. Letztendlich sei es vielleicht die Kraft gewesen, die am Ende etwas gefehlt habe. Die Europameisterschaften im August in Haras du Pin in Frankreich sind für den 25-Jährigen durchaus noch ein mögliches Saisonziel. Nach der Absage von Julia Krajewski und dem Sturz von Ingrid Klimke, kann er durchaus seinen Hut in den Ring für einen der sechs Startplätze werfen. „Ich glaube, die Trainer gucken nicht unbedingt auf das Endergebnis, sondern gucken sich jede Einzeldisziplin einzeln an. Wie sah das aus? Wie sicher war es.“
Arnd Bergendahl – von Platz 36 auf Platz 14
Den größten Satz im Klassement schaffte Arnd Bergendahl mit der wieselflinken Schimmelstute Luthien. Der 32-Jährige ritt die Westfalenstute aus der Zucht seines Großvaters Heinrich mit lediglich zwei Sekunden über der „Optimum Time“ über den Cross. Die Stute ist geboren für diesen Sport, scheint die Herausforderungen zu suchen. Im Parcours fiel eine Stange, „Netzroller“, kommentierte der Reiter. „Geländerunde war, meine ich, gestern überragend“, bilanziert der Westfale trocken.
Im CCI4*-S, gleichzeitig die Prüfung der Deutschen Meisterschaften, liegt er vor dem Springen auf Rang zehn mit Checkovich, einem mütterlichen „Halbneffen“ zu seiner 5*-Stute Luthien. Das es sich bei den Bergendahls um eine mindestens 6*-Zuchtstätte handelt, beweist Carmango, der unter dem US-Amerikaner Dan Kreitl ebenfalls in Luhmühlen am Start war. Der Braune ist wie Luthien ein Kind der Templer xx-Tochter Taramanga.
Emma Brüssau: von Junge Reiter-EM bis CCI5*-L
Beim Bundeschampionat war die Familie Brüssau auf die Don Frederico-Tochter Dark Desire aufmerksam geworden. Nicht nur, weil sie nicht Englisch „Desire“, Vergnügen, sondern als Desirée angesagt wurde. Ein Name, der geblieben ist, wenn die große Stute mal eine etwas strengere Ansage braucht, ansonsten ist sie „Desi“. Und Desi hat Emma Brüssau nicht nur zum Einzeltitel bei den Europameisterschaften der Jungen Reiter 2019 getragen, sondern nun auch über den Fünf-Sterne-Kurs in der Lüneburger Heide. „Ich würde am liebsten nächstes Wochenende wieder los. Ich bin unwahrscheinlich motiviert. Wir haben jetzt unsere Hausaufgaben, in der Dressur die Wechsel, im Gelände noch die ein oder andere Sekunde hier und da einsparen, und auch im Springen… Aber alles Dinge, wo man gut dran feilen kann.“ Das ist das technische Fazit der 24-Jährigen. Viel wichtiger ist aber: „ Ich weiß, ich kann fünf Sterne reiten!“ Zwei Abwürfe und Zeitfehler addierten sich zu 54,1 Punkten, Platz 21.
29 von 39 in der Dressur gestarteten Reiter/Pferd-Kombinationen beendeten das CCI5*-L in Luhmühlen.
Die Ergebnisse rund um den Sieg von Laura Collett beim CCI5*-L Luhmühlen 2023 in der Übersicht.
0 Kommentare
Schreibe einen Kommentar