Julia Krajewski ist Zweite nach dem Olympischen Gelände. Michael Jung ist nach elf Strafpunkten nun Zehnter, Sandra Auffarth nach Vorbeiläufer 32. Das deutsche Team rangiert an sechster Stelle. Die Briten führen, ihre Reiter sind alle unter den Top sechs. Überschattet wird der Gelände-Tag in Tokio durch den Tod des Schweizer Pferdes Jet Set.
Das Olympia-Gelände hat die Rangierung in der Vielseitigkeit in Tokio durcheinander geschüttelt. Auch aus deutscher Sicht: Eine brillante Runde zum Auftakt, ein Vorbeiläufer und einmal elf Strafpunkte für das Auslösen des MIM-Sicherheitssystems –das ist die Bilanz für das deutsche Vielseitigkeits-Team nach dem Geländeritt bei den Olympischen Spielen in Tokio, in der Zwischenwertung Platz sechs. Michael Jung verlor die Führung, Julia Krajewski kann morgen, zwei fehlerfreie Runden im Parcours vorausgesetzt, die Silbermedaille gewinnen.
Olympia-Gelände – Licht und Schatten
Die Bundestrainerin des deutschen Vielseitigkeitsnachwuchs lieferte einen fehlerfreien Ritt ab. Lediglich eine Sekunde über der Zeit, 0,4 Strafpunkte, ihr Pferd Amande de B’Neville in guter Verfassung. Zweimal hatte sich Krajewski für die längere Variante entschieden. Das brachte sie unterm Strich nun auf einen Medaillenplatz. 25,6 Strafpunkte hat sie auf dem Konto. Der Brite Oliver Townend mit Ballaghmor Class führt (23,6). Seine Teamkollegin Laura Collett ist mit London Dritte (25,8). Die Briten stehen nach dem Geländeritt mit 18 Punkten Vorsprung souverän an der Spitze. Ihr dritter Reiter ist Sechster. Tim McEwen und Toledo de Kerser lieferten eine nahezu perfekte Geländerunde ab und sind weiter mit ihrem Dressurergebnis dabei (28,6).
Der Führende, der Brite Oliver Townend, sprach von drei außergewöhnlichen Pferden im britischen Team. „Das stärkste Team, das GB je hatte. Wir sind Einzelkämpfer, aber hier sind wir Teamplayer. Es ist immer ganz besonders in einem Team zu sein, erst recht bei Olympischen Spielen.“ Er lobte Kursdesigner Derek di Grazia. „Ich bin sein größter Fan. Er testet Reiter und Pferde, aber er will sie nicht austricksen“. Der Kurs auf dem Hochplateau der Hafeninsel Sea Forest habe zumindest sein Pferd etwas durcheinander gebracht. Es gab im Wesentlichen zwei größere Flächen, auf denen unterschiedliche Hinderniskomplexe dicht beieinander standen. Dazwischen verliefen vier nahezu parallele Galoppstrecken. Da habe sein Schimmel am Ende einer solchen Geraden schon mal gedacht, dass das nun das Ende der Strecke war. „In der Kurve vorm Coffin dachte Ballaghmor Class schon, oh gut, das war es. Und auch in der letzten Kurve, nach der ja noch drei Hindernisse folgten“. Die Hitze sei für ihn, der allerdings auch als Zweiter bei noch moderaten Temperaturen unter 30 Grad an den Start ging, nicht das Thema gewesen. Die besagte Streckenführung schon. „Das macht die Pferde mental müde, dieses Hin und Her auf den langen Strecken“.
In Bezug auf die Parcoursqualitäten ihrer Pferde hielten sich die Briten, auch nach Nachfrage, eher bedeckt. Sie wolle den heutigen Tag genießen, so Laura Collett. Sie sei stolz auf ihr Pferd und „was morgen kommt, das kommt“. Oliver Townend schlug in dieselbe Kerbe: „Heute will ich nicht darüber nachdenken. Wir sind nicht auf einem Springturnier, sondern beim Eventing. Du weißt nie, was kommt, wenn du in den Parcours reitest.“
Ganz anders: Julia Krajewski. Sie machte klar, „Mandy“ ist ein Super Jumper. „Das macht einfach nur Spaß!“ Sie war froh, dass sie ihre letzten, von wenig Fortune begleiteten Championatsauftritte vergessen machen konnte. In der Mixed Zone, wo die Interviews nach den Ritten stattfinden, schossen ihr für einen kurzen Moment Tränen in die Augen. „Gerade in diesem Jahr, nachdem ich Sam (Samourai du Thot) in Ruhestand geschickt habe, Anfang des Jahres ist auch mein Vater verstorben, der sich unwahrscheinlich freuen würde, das hier zu sehen… Ich bin froh, alle ein Stück glücklich zu machen, die immer alles für mich tun.“
Dem konnte Bundestrainer Hans Melzer nur beipflichten: „Ich habe immer gesagt, irgendwann kommt der Tag, da stehst du auf dem Treppchen nach dem Hin und Her der letzten Jahre. Sie hat da toll drauf hingearbeitet.“ Enttäuscht ist er über die Position der Mannschaft, man sei mit drei Top Paaren nach Tokio gekommen und habe sich entsprechend mehr versprochen.
Team Deutschland auf Platz sechs
Große Freude bei Julia Krajewski, reduzierte Zufriedenheit bei Michael Jung. Dessen Chipmunk drehte eine gute Runde. Im ersten Wasser musste sich der zweifache Einzel-Olympiasieger einmal kurz wieder sortieren. Das habe aber vielleicht dramatischer ausgesehen, als es war, sagte Jung anschließend. Ansonsten galoppierte der Contendro-Sohn souverän über den Kurs. Das Paar war als vorletzte Kombination auf die 4420 Meter lange Strecke gegangen. Zu diesem Zeitpunkt brannte die Sonne schon stark vom Himmel.
MIM-System löst besonders oft an 14c aus
Zum Verhängnis wurde Michael Jung eine Kombination ca. auf halber Strecke des Cross Country, Hindernis 14, die „Long Tree Moguls“. Erst ein mächtiger Oxer, dann eine ebenfalls hohe Ecke aus einer Rechtskurve nach drei Galoppsprüngen zu nehmen. Hier löste das MIM-Sicherheitssystem aus – elf Strafpunkte, da nützte es auch nicht, dass Chipmunk in der Zeit über die Ziellinie galoppierte. Böse sein, konnte „Michi“, seinem „Chip“ aber nicht: „Ich bin glücklich wie er gegangen ist, er ist toll galoppiert, er hat sich sehr schön reiten lassen.“ Den Fehler habe er erst später realisiert, „da habe ich den Knall gehört. war da auch schon ein paar Galoppsprünge weg“. Der Wallach haben den MIM wohl berührt, „aber lange nicht so, dass ich damit gerechnet hätte, dass der jetzt auslöst. Ich hab dann zurückgeguckt, und dann, OK, die Stange lag unten.“
Die deutsche Mannschaftsführung wolle den Vorfall überprüfen lassen, sagte Michael Jung in der Mixed Zone. Die Chancen, dass die elf Strafpunkte zurückgenommen werden könnten, stehen aber schlecht. Dem offiziellen Fence Report zufolge haben neben Chipmunk noch sechs weitere Pferde an Hindernis 14c das MIM-System ausgelöst.
Fürs Team sieht Jung noch nicht schwarz: „Wir müssen jetzt alle null reiten und am Ende wird abgerechnet“.
Ärgerlicher Vorbeiläufer im Olympia-Gelände
Sandra Auffarth war als Zweite auf die Strecke gegangen. Viamant du Matz ereilte noch innerhalb der ersten zwei Minuten ein Missgeschick. Der Fuchs kam mit einem großen Satz aus dem Wasser (9) gesprungen. Die Distanz zur folgenden Ecke passte überhaupt nicht, „Mat“ lief vorbei. Im zweiten Anlauf verlief dann alles gut. Aber die 20 Minuspunkte begruben schon früh die Hoffnung, die deutsche Equipe können am Ende des Geländetages auf Medaillenkurs sein. 22,4 Minuspunkten kamen insgesamt auf das Konto der Weltmeisterin von 2014. Auffarth ist nun 32. von 49 Pferd/Reiter-Kombinationen, die die Geländestrecke mit einem Ergebnis beenden konnten.
Australien Platz zwei vorm Springen
Australien liegt nach dem Geländeritt auf der Silbermedaillenposition. Der beste Australier ist Andrew Hoy. Der 62-Jährige, für den Tokio die achten Olympischen Spiele sind, begann bilderbuchmäßig. Mit gespitzten Ohren galoppierte der Fuchs Vassily de Lossos über den Kurs, immer auf der Suche nach den nächsten Flaggen, die ihm sagen, wo er springen soll. Hoy kam ohne Zeitfehler ins Ziel. Mit 29,6 Punkten aus der Dressur liegt er nun auf Rang sieben vor dem Springen.
Schweizer Pferd in die Klinik
Hoy wurde allerdings während seines Ritts angehalten, weil gleich zwei Pferde Probleme auf der Strecke hatten. Die Wege von Calle, dem massigen Braunen des Japaners Yoshiaki Oiwa, und seinem Reiter hatten sich am Fujijama-Tiefsprung getrennt. Schlimmer war der Zustand von Jet Set, dem Pferd des Schweizers Robin Godel. Der Braune landete im letzten Wasserkomplex auf drei Beinen und wurde in die Tierklinik transportiert. Deutsche Medien, die nicht vor Ort sind, sondern aus Deutschland Meldungen über die Wettkämpfe online setzen, sprachen in ersten Meldungen von einem Sturz. Gestürzt war das Pferd aber zu keiner Zeit. Mittlerweile ist klar: Jet Set wurde in der Klinik von seinem Leiden erlöst.
Mit dem zweitbesten Resultat des australischen Teams ist Shane Rose mit Virgil, auch fehlerfrei und in der Zeit, jetzt Neunter (31,7). Als einer der letzten Starter konnte sich der Neuseeländer Tim Price mit Vitali noch nach vorn schieben. Drei Sekunden zu langsam kam er ins Ziel (26,8). In der Teamwertung liegen die Neuseeländer nun auf Platz vier. Vor ihnen rangieren die Franzosen. Für deren Top-Resultat sorgte Christopher Six mit Totem de Brecey, Zehnter (29,6) und vier Sekunden über der Bestzeit im Ziel.
Das deutsche Team trennen 17,1 Strafpunkte von den auf Platz drei, Bronze, liegenden Franzosen. Julia Krajewski darf sich keinen Abwurf leisten. Die ersten fünf Reiter liegen weniger als einen Abwurf auseinander. 8,5 Punkte beträgt Michael Jungs Abstand auf den Führenden Oliver Townend.
Hinweis: Wir haben diesen Artikel nachdem der Tod des Pferdes Jet Set offiziell bestätigt wurde aktualisiert. In der früheren Version hatten wir lediglich berichten können, dass das Pferd des Schweizers Robin Godel in der Klinik sei.nike air jordan 1 factory outlet | is the factory outlet store legit
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