Noch sind alle gut drauf in Pratoni an diesem südlichen Sommerabend. Eine gut bestückte Weinbar hilft und während die einen darüber nachdenken, wie sie morgen heil den Abhang runterkommen, erinnern sich die anderen an alte Zeiten. Da ging es auch schon immer auf und ab.
Der feine dunkelbraune Staub ist überall. An den Händen, im Gesicht, auf den Klamotten und selbst auf meinem Computer zwischen den Tasten. Nach dem zweiten Dressurtag sieht die Welt schon wieder ein bisschen freundlicher aus für die Deutschen – Zwischenrang zwei hinter den Briten nach Michi Jungs grandioser Dressur, die mit dem neuen Bestergebnis von 18,8 Minuspunkten benotet wurde. Platz sieben ist das Minimalziel fürs Team, damit wäre die Olympiaqualifikation im Sack, wobei die als Gastgeber automatisch startberechtigten Franzosen nicht mitzählen. „Aber natürlich wollen wir eine Medaille“, sagt Bundestrainer Peter Thomsen. Seine Order für den ersten Reiter, Christoph Wahler, ist „erstmal sicher ankommen“, zur Not mit Alternativen. Er hat ja als erster Starter keine Chance, sich vorher einen Ritt anzusehen, da sind die anderen besser dran. Wenn auch die zweite Reiterin Sandra Auffarth zuhause ist, könnten die beiden nächsten, Julia Krajewski und Michi Jung, ein bisschen mehr auf Risiko und Einzelmetall reiten. So der Plan. Der, wie wir wissen, am Tag X dann oft ganz schnell Makulatur ist, wenn es anders kommt, als man denkt.
Die in großer Zahl angereisten Fans aus Luhmühlen im Members Zelt werden von Stunde zu Stunde fröhlicher. Viele haben die ersten Tage für einen Trip nach Rom genutzt, auch Hinrich Romeike, Olympiasieger 2008. Shopping und Sightseeing – eine prima Mischung, wenn man Zeit hat und einen die Menschenmassen nicht stören, die jede Attraktion wie den Trevi-Brunnen umlagern.
Ein Jahr vor den Olympischen Spielen in Hongkong 2008 ritt Hinni hier die EM in Pratoni, eher glücklos. Sein Marius hatte sich im ersten Drittel der Strecke am Stützelement eines Buschoxers die Kniescheibe gebrochen. Der Schimmelwallach, treu wie er war, ließ sich nichts anmerken und lief die Strecke zu Ende, war aber am Ziel stocklahm. Hinni hätte wohl selbst nicht daran geglaubt, dass er im nächsten Jahr zum Olympiasieger gekürt werden würde. Marius durfte fast drei Monate nur Schritt gehen, dann meldete er sich in alter Frische zurück.
Die Meinungen über die diesjährigen WM-Cross in Pratoni gehen bekanntlich auseinander. Während Jung die Strecke „nicht gut“ findet, findet Hinrich Romeike sie immerhin „interessant“. Eine Chance auch für die Schwächeren, heil anzukommen. „Aber bergauf und runter müssen sie alle“, sagt er. Das sollten die Parcourschef schon bei der Selektion bedacht haben. Auch wenn manche den Aufbau ein bisschen lieblos finden, stört Hinni die fehlende Deko genauso wenig wie die meisten Reiter. „Der Parcourschef wollte sich hier kein Denkmal setzen, das finde ich richtig. Manche neigen ja dazu.“
Die Galoppstrecken am Hang entlang gefallen keinem, strapazieren unnötig die Pferdebeine. Und das Wasser kommt ziemlich spät. „Das Wasserhindernis finde ich schwer, die Pferde haben hier schon richtig was geleistet.“ Er erinnert sich an die EM 2007, als bei manchen Pferden komplett die Luft raus war, als sie wieder im Tal ankamen. Da war es aber auch deutlich heißer, um die 30 Grad.
Noch eine Erinnerung hat Hinni Romeike klar vor Augen. Queen-Enkelin Zara Phillips war 2007 ihrem zweiten EM-Titel zum Greifen nahe. Dann stand da im Springen ein Hindernis aus ausschließlich nachtschwarzen Stangen. Sowas kannten die Pferde nicht. Zaras EM-Traum endet hier. Außer Toytown hatten hier auch andere Pferde Probleme. Wäre ja interessant zu wissen, ob die schwarzen Ungeheuer noch im Geräteschuppen lagern und auf ihren Einsatz am Sonntag warten.
Die Ladenstraße ist ab heute voll bestückt, es gibt ein paar Sachen, die man woanders nicht so findet, etwa tolles Geschenkpapier von einem römischen Deko-Atelier mit Pferden und anderen Motiven, da habe ich mich schon mal für Weihnachten eingedeckt Im „Fressquadrat“, einem hölzernes Plateau umgeben von Ständen mit allerlei italienischen Spezialitäten, darunter eine sehr gut sortierte Weinbar, brummt es. Eine riesig Videowand sorgt dafür, dass keiner durchs Gelände stapfen muss, dem bergauf die Puste ausgeht.
Ein Spätsommerabend zu Malen schön in lebenslustiger Atmosphäre. Hoffentlich morgen Abend auch noch.
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