Giuseppe della Chiesa ist der Kursdesigner der Vielseitigkeits-WM Paratoni del Vivaro. Im Gespräch mit St.GEORG Herausgeberin Gabriele Pochhammer hat er verraten, welche Kriterien er für die Gestaltung der Geländestrecke bei den Weltmeisterschaften herangezogen hat.
Am Samstag kommt für WM-Kursdesigner Giuseppe della Chiesa der Moment der Wahrheit bei der Weltmeisterschaft der Vielseitigkeitsreiter in Pratoni del Vivaro. Dann gehen Reiterinnen und Reiter aus 27 Nationen, 16 Mannschaften aus je vier Kombinationen plus Einzelreiter, auf die 5600 bis 5800 Meter lange Geländestrecke südlich von Rom. Zwischen 38 und Hindernisse mit entsprechend mehr Sprüngen darf della Chiesa auf die Strecke stellen. Der Olympiareservist, der lange Jahre im Vielseitigkeitskomitee des Weltreiterverbandes (FEI) tätig war, verrät hier, was die Teilnehmer erwartet.
St.GEORG: Sie sagten kürzlich, der Vielseitigkeitssport stehe an einem Scheideweg. Warum gerade jetzt?
Giuseppe della Chiesa: Unser Sport hat eine lange Tradition, die aus dem Militär stammt. In manchen Ländern, auch in Ihrem, hieß er ja lange „Military“. Er ist verbunden mit einem gewissen Maß an Risiko für Reiter und Pferd, und es ist die Frage, ob die Gesellschaft das heute noch akzeptiert. Die Frage wird in verschiedenen Ländern verschieden beantwortet, das ist das Problem eines weltweit verbreiteten Sports. Die ursprünglichen Werte wie Mut, Tapferkeit, Geduld, Hingabe und eine gewisse Akzeptanz von Verletzungen, gelten nicht viel in der heutigen Gesellschaft. Sie sind schwer zu verkaufen. Der Fokus liegt mehr denn je auf dem Wohlergehen des Pferdes, was ja auch richtig ist. Aber manchmal habe ich das Gefühl mehr als auf dem des Reiters.
Was werden Sie als Parcourschef der kommenden Weltmeisterschaft tun, um einerseits den veränderten Wertevorstellungen der Öffentlichkeit und andererseits einem hochklassigen Sport gerecht zu werden?
Das ist gerade bei einer Weltmeisterschaft, die sich im oberen Bereich eines CCI-L4* bewegt, nicht einfach, denn hier starten Reiter und Pferde sehr unterschiedlichen Niveaus. Bei Fünfsterne-Events, von denen es ja auf der ganzen Welt nur eine Handvoll gibt, weiß der Aufbauer, dass die absolute Elite startet. Bei einer Weltmeisterschaft kommen Reiter und Pferd aus allen Regionen der Welt. Die Qualifikationen, also die Mindestanforderungen, um mitmachen zu dürfen, sind nicht überall auf demselben Level. Im Schnitt gibt es mehr weniger erfahrene Reiter. Ich muss an alle denken, jeder soll eine Chance haben, den Kurs zu bewältigen.
Das deutsche Team besteht aus folgenden Kombinationen (nach dem Vetcheck am Mittwoch, 14. September, werden die Teams definitiv benannt):
Sandra Auffarth/Viamant du Matz
Alina Dibowski/Barbados (als Einzelreiterin vorgesehen)
Julia Krajewski/Amande de B’Neville
Wie wollen Sie die Strecke gestalten, um allen gerecht zu werden?
Es wird viele Alternativen geben, also längere, langsamere und riskioärmere Varianten, ein Hindernis zu überwinden, in der Hoffnung, dass sie von den schwächeren Paaren auch genutzt werden. Es wird auch abwerfbare Hindernisse geben, also Pins, die brechen oder MIM-Vorrichtungen. Sie können Rotationsstürze verhindern, aber sie sind nicht die ganze Lösung. Nicht alle Hindernisse können abwerfbar sein und auch abwerfbare Hindernisse werden nicht alle Stürze verhindern.
Was tun Sie außerdem, um die Sicherheit zu erhöhen? Den Kurs insgesamt leichter machen?
Ich denke, die Kurse leichter zu machen, ist nicht die richtige Lösung. Wenn wir die Kurse immer leichter, die Hindernisse immer niedriger machen, reiten wir am Ende nur noch zwischen zwei Flaggen. Ich finde auch, Sicherheit ist das falsche Wort. Ich würde lieber von Risikomanagement sprechen.
Das Risiko muss von den Reitern respektiert werden. Je mehr wir das Risiko respektieren, umso sicherer wird es im Gelände.
Wer gar kein Risiko will, soll nicht ins Gelände gehen, sondern sich vor den Fernseher setzen. Es gibt auch Stürze über relativ kleine Hindernisse, wenn das Tempo zu hoch ist. Es gibt viele Faktoren, warum Pferde stürzen, oft liegt es an unzureichender Expertise des Reiters oder falscher Vorbereitung.
Wie genau meinen Sie das?
Nun, für ein Pferd, das auf 1,60 Meter hohe Hindernisse trainiert ist, ist ein 1,10 Meter hoher Sprung relativ risikoarm. Ein Dressurpferd, das nie einen Sprung macht, wäre damit schon überfordert. Man hat in den letzten Jahre große Anstrengungen unternommen, die Oberlinie der Hindernisse „weicher“ zu gestalten, also mit Buschhecken, durch die man wischen kann und die unsauberes Springen verzeihen. Viele Reiter trainieren vorrangig über solche Hindernisse. Pferde stürzen unter anderem, weil sie nicht genügend auf vorsichtiges Springen trainiert wurden. Sie haben gelernt, sich schnell über Ecken zu winden und durch Buschhecken zu wischen, ohne die Vorderbeine richtig anzuziehen. Und irgendwann fallen sie dann. Das Training über feste, breite Hindernisse, die sauber gesprungen werden müssen, kommt meiner Ansicht nach zu kurz. Ein höheres Niveau im Springen ist die beste Möglichkeit, das Risiko zu senken. Aber auch die richtige Ausrüstung spielt eine Rolle.
Inwiefern?
Ich glaube, dass ein Pferd im Gelände möglichst mit einer einfachen Zäumung, also einer Trense, geritten werden soll. Scharfe Zäumungen bewirken, dass sich das Pferd den ganzen Ritt über mit seinem Gebiss beschäftigt, dagegen geht, sich dadurch nicht auf die Hindernisse konzentriert und darauf, wie es seinen Körper am besten gebraucht. Je schärfer das Gebiss, umso besser muss der Reiter sein und interessanterweise reiten die meisten guten Reiter nur mit einer Wassertrense.
Das Gespräch führte Gabriele Pochhammer
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