WM Pratoni: Führung für Michael Jung und Team Deutschland nach Gelände

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Cross country – Pratoni del Vivaro 2022

Michael Jung und Chipmunk bei der Vielseitigkeits-WM 2022 in Pratoni. (© hippofoto.be/Caremans)

Michael Jung liegt bei der Weltmeisterschaft in der Vielseitigkeit in Pratoni nach dem Gelände in Führung. Julia Krajewski ist Fünfte, Sandra Auffarth 14. Zusammen mit Christoph Wahler (34) ist Team Deutschland Overnight Leader.

Michael Jung auf Platz eins, Team Deutschland in Pratoni in Führung – der Geländetag bei der Weltmeisterschaft lief aus deutscher Sicht nahezu ideal. Mit drei von insgesamt elf Ritten ohne Hindernisfehler innerhalb der Idealzeit hat Team Deutschland sich in Pratoni die Pole Position vorm abschließenden Springen gesichert. Michael Jung geht einmal mehr als Gejagter in den Parcours. Das aber mit immerhin einem Springfehler Vorsprung.

Michael Jung und Team Deutschland führt in Pratoni

Jung und Chipmunk hatten eine Runde, die souverän aussah, die sich Michael Jung aber an der ein oder anderen Stelle noch harmonischer gewünscht hätte. Überraschend kam für ihn die Führung dennoch nicht. „Wenn man dran glaubt, dann ist es möglich!“ war seine Losung. Schon im Vorfeld hatte er geglaubt, dass die vermeintliche britische Übermacht nicht ganz so groß sein würde, wie allgemein angenommen. Er sollte Recht behalten. Jung hat 18,8 Minuspunkte, Team Deutschland 76,1 in Pratoni.


Liveticker: Der Tag in Pratoni

In unserem ausführlichen Liveticker haben wir den gesamten Tag zusammengefasst – hier finden Sie ausführlichere Infos, was so alles wann im Gelände von Pratoni del Vivaro geschehen ist.


Sandra Auffarth hatte mit Viamant du Matz am Vormittag als zweite Reiterin für Team Deutschland die zweite Nullrunde ohne Zeitfehler geliefert. Frisch galoppierte ihr Fuchs über den Kurs bis ins Ziel. Das habe sie motiviert, sagte Julia Krajewski im Anschluss. Die beiden Pferde seien sich ähnlich, und „Mandy“, Amande de B’Néville, habe ihr schon früh auf der Strecke signalisiert, sie habe es „im Griff“. Von Sandra Auffarth sei unter anderem der Hinweis gekommen, dass man nach hinten raus noch einiges wieder „reingaloppieren“ könnte. Auffarth, die Weltmeisterin von 2014, hat sich von Platz 38 nach der Dressur auf Rang 14 (31,3) vorgearbeitet.

Den Sprung unter die top Fünf hat Olympiasiegerin Julia Krajewski geschafft. Mit 26,0 Minuspunkten ist sie weniger als ein Abwurf von der an zweiter Stelle rangierenden Britin Yasmin Ingham entfernt (23,2). Die Top 10 liegen insgesamt gerade einmal 8,3 Minuspunkte auseinander. Die Kombinationen bis einschließlich Platz neun haben alle weniger als einen Abwurf Abstand zu Ingham. Entschieden ist also noch nichts.

Yasmin Ingham ist zwar nicht für das britische Team berücksichtigt worden, hat aber ihre Einzelreiter-Nominierung mehr als nur gerechtfertigt. Schon in Kentucky war sie im Frühjahr 2022 Zweite hinter Michael Jung. Und in Blenheim hat sie mit ihrem Banzai du Loir im vergangenen Jahr gewonnen. Der französische Wallach hat seit 2019 bei zwölf Starts zwei Abwürfe im Parcours gehabt. Dreimal gab es noch Zeitfehler – wer Silber möchte, muss also hoffen, dass die 25-Jährige im Springen weit unterhalb ihres Standards bleibt.

Team Deutschland mit „Springpferden“ in Pratoni

Julia Krajewski sagt, „wir haben Springpferde“. Selbstsicherheit, die angesichts der letzten Auftritte aller deutschen Mannschaftspferde im Springparcours berechtigt ist.

Christoph Wahlers Holsteiner Carjatan S hatte den Auftakt der Prüfung bestritten. Mit 24 Sekunden über der Zeit im Ziel war der Hengsthalter nicht gerade glücklich, aber „wir haben ein Ergebnis“ (42,4/34.). Das war erstmal wichtig. Als Pathfinder hatte er auch noch seinen Teamkolleginnen Tipps geben können. Sein persönliches Fazit, heute morgen bei noch leicht bedecktem Himmel und 15 Grad um 10.45 Uhr nach dem Ritt: „Wenn wir heute Abend ins Bett gehen und ich bin immer noch das Streichergebnis, dann sind wir glaube ich alle ganz glücklich.“ Damit sollte er Recht behalten.

Tolles Debüt für Deutschland von Alina Dibwoski

Mit 2,8 Zeitfehlern kam Alina Dibowski ins Ziel. Mit ihren 21 Jahren ist sie die jüngste der 88 Starterinnen und Starter. Sie war vor allem glücklich, dass sich die Konditionsdefizite, die sie bei ihrem polnischen Halbblüter in Haras du Pin noch ausgemacht hatte, mittlerweile verbessert waren. Am Coffin, Sprung 19, hatte sie wie alle Deutschen die Alternative geritten. Dabei war Barbados nicht ideal über ein schmales Element gekommen – das war als eine „missed flag“, also ein Sprung außerhalb des zu springenden Bereichs, gewertet wurden. Mit den 15 Minuspunkten für diese Entscheidung kam die Tochter von Mannschaft-Olympiasieger Andreas Dibowski auf insgesamt 48,4 Minuspunkte – Platz 43.

Mannschaftswertung: Briten nur Vierte, USA stark

Team Deutschland mag in Führung liegen. Aber es ist in der Spitze ein enges Resultat. Deutschland hat 76,1 Minuspunkte, die USA folgen mit 77,4. Beste US-Amazone ist Tamra Smith mit dem 16-jährigen DSP-Wallach Mai Baum. Das ehemalige Auktionspferd aus München blieb in der Zeit. Mit 24,0 rangiert das Paar, das sich seit sechs Jahren kennt, an Position drei. Boyd Martin und der Trakehner Tsetserleg v. Windfall sind Sechste (26,2), William Coleman und Off the Record Elfte (27,2). Coleman brachte die von mehreren Reitern geübte Kritik an den vielen engen Wendungen, gerade in der Mitte des Kurses, so auf den Punkt: „Das war ein 9.50 Minuten langes Stechen“.

Briten rutschen auf Rang drei ab

Wenn eine Mannschaft weniger glücklich ist als Team Deutschland in Pratoni nach diesem Geländetag, dann Team GB. Mit großem Abstand waren die Briten in den Tag gestartet. Vorm Parcoursspringen sind sie nun Dritte mit 80,9 Punkten. Laura Collett, Zweite nach der Dressur, hatte einen Vorbeiläufer an Sprung 7c, dem schmalen Element am Fuße des Steilhangs (die Hindernisse in Einzelbeschreibungen gibt es hier). Sie ist mit ihrem Badminton-Sieger London nun 48. (58,1).

Tom McEwens Ritt wurde lange diskutiert. Am Ende, nachdem die Prüfung schon beendet war, fiel schließlich die Entscheidung, dass ihm keine „missed flag“ aufs Fehlerkonto geschrieben werden muss. Mit Toledo de Kerser ist der Mannschaftsolympiasieger 13. (30,4). Oliver Townend und der athletische Schimmel Ballaghmor Class galoppierten wie Vielseitigkeitsmaschinen über den Kurs. Sie sind Vierte (24,3). Der Schimmel ist aber nicht gerade ein sicherer Nullfehler-Kandidat im Parcours. Bei den letzten zehn Wettkämpfen über bunte Stangen war er lediglich viermal fehlerfrei.

Rosalind Canter, britische Weltmeisterin von Tryon 2018, war im Gelände die erste Starterin ohne Hindernis- und Zeitfehler gewesen. Mit dem Grafenstolz-Sohn Lordships Graffelo ist sie Achte (26,2).

Einige Stürze, 13 Pferde scheiden im Cross aus

Im Mannschafts-Ranking folgen Neuseeland (88,3) und die Schweiz (109,4) auf Team Deutschland. Pech hatte das Team Frankreich: Zwei Reiter stürzten, Thomas Carlile und Darmagnac de Beliard ereilte das Schicksal am schmalen Sprung des Coffins. Weniger glimpflich verlief der Sturz von Nicolas Touzaint. Der Olympiasechste von Tokio kam an 16c, einer Ecke, aus dem Sattel. Zunächst blieb er regungslos liegen, während sein Pferd Absolut Gold davon galoppierte. Der Europameister von 2003 kam aber zu sich, war ansprechbar und konnte auch alle Gliedmaßen bewegen. Sein Bein soll in Mitleidenschaft gezogen worden sein, wie stark, das wird im Krankenhaus untersucht.

Insgesamt schieden 13 Paare auf der Geländestrecke aus, drei Reiter gaben auf. Das Gelände beendeten 72 Paare. Neun Pins brachen, vier davon an Hindernis 18, dem Sprung vorm Coffin.

Fazit von Trainer Thomsen für Team Deutschland

In Pratoni kam erstmals ein neues System zum Tragen. Zusätzlich zu den Minutenpunkten wurden an verschiedenen Stellen Zeiten gestoppt und die Erkenntnisse an Bundestrainer Thomsen übermittelt. Die Idee dahinter: Wer die Minutenpunkte rein nach den Metern reitet, berücksichtigt nicht die Beschaffenheit des Terrains oder der Anforderungen bis zu besagter Stelle. Mitunter kamen die Pferde dann in den anaeroben Bereich, was sich am Ende einer Strecke dann negativ auszahlte.

Beim Vier-Minuten-Punkt in Pratoni, so konnte errechnet werden, war es durchaus in Ordnung, wenn die Pferde hier 15 bis 20 Sekunden langsamer waren. Am Ende, so die Kalkulation, würden sie dann umso fitter aufs letzte Drittel der Strecke gehen, um dort „schnell genug zu galoppieren und gut genug zu springen“, wie Peter Thomsen betont. Die Rechnung ist aufgegangen, wie der fitte Eindruck bewies, den alle deutschen Pferde im Ziel hinterließen. Andere Pferde kamen durchaus müde und unter körperlichem Einsatz ihrer Reiter über die letzten 300 Meter.

Nicht glücklich war Peter Thomsen mit dem Kurs, vor allem der Boden sei nicht „nicht so championatswürdig“ gewesen, „wie die Pferde es verdient hätten“. Thomsen erinnert sich an Championate, wo man elf Minuten problemlos hätte galoppieren können, weil die Böden eben und federnd gewesen seien. „Ich hätte mir den Regen gewünscht, aber der kam ja nun mal nicht.“ Letztendlich würden sich suboptimale Böden auch immer beim Vetcheck niederschlagen.

Der Vetcheck ist für Sonntagfrüh um 9 Uhr angesetzt. Ab halb sechs ist der Stall morgen früh geöffnet. Peter Thomsen hofft, dass alle Pferde fit sein werden. „Dass ein Pferd nach solch einer Belastung die Hufe nicht wie ein Auktionstraber aufs Teer haut, ist klar, aber Bedenken habe ich keine.“

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

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