Deutschland ist Vielseitigkeits-Mannschaftsweltmeister nach einem an Spannung nicht zu überbietenden Parcoursspringen. Es ist die dritte Goldmedaille für eine deutsche Equipe nach 2006 in Aachen und 2014 in Caen. Julia Krajewski gewinnt Silber in der Einzelwertung.
Vielseitigkeits-Mannschaftsweltmeister, Einzel-Silber, qualifiziert für die Olympischen Spiele in Paris 2024 – Mission erfüllt. Diese Vielseitigkeits-Weltmeisterschaft war Nerventerror und Hochgenuss zugleich.
Im Stadion von Pratoni wurden Fans aus mindestens vier Nationen bis zum letzten Sprung des letzten Reiters, Michael Jung, auf die Folter gespannt. Nahezu jeder Ritt der Top 15-Kombinationen brachte eine Veränderung auf dem Tableau in Sachen Teamwertung. Am Ende wurden die Deutschen Vielseitigkeits-Mannschaftsweltmeister (95,2) vor dem US-Team (100,3) und Neuseeland (100,7). Zwei Zehntel Strafpunkte dahinter landeten die Briten auf einem für diese Nation enttäuschenden Platz vier (100,9).
Yasmin Ingham wird Weltmeisterin
Ein Trost blieb den Reiterinnen und Reitern aus dem Vereinigten Königreich: Mit Yasmin Ingham stellt Team GB die neue Weltmeisterin. Die 25-Jährige von der Isle of Man beendete ihr WM-Debüt mit 23,2 Minuspunkten. Ihrem Dressurergebnis (22,0) hatte sie im Gelände lediglich 1,2 Zeitstrafpunkte mit ihrem Fuchs Banzai du Loir hinzugefügt.
Im Parcours, in den sie als Vorletzte einreiten musste, blieben alle Stangen liegen. So wie der Fuchs sprang, kann er seine Gene nicht verleugnen: Vater Nouma d’Auzay ist ein Carthago-Sohn aus einer Mutter v. Quidam de Revel-Diamant de Semilly. Ingham, im Frühjahr Zweite hinter Michael Jung beim CCI5*-L in Kentucky, war als Einzelreiterin in Pratoni am Start. 2013 war sie Ponyeuropameisterin, in Arezzo. „Italien scheint gut für mich zu sein“, sagte sie.
Vielseitigkeits-Mannschaftsweltmeister – eine Teamleistung
Der Tag hatte zunächst aus deutscher Sicht „ordentlich“ begonnen. Einzelreiterin Alina Dibowski erwischte mit Barbados nach einem frühen Springfehler nicht den besten Tag im Parcours und beendete ihr Debüt auf einer Senioren-Weltmeisterschaft als 45. Also exakt in der vorderen Hälfte. Mit 21 Jahren war sie die jüngste aller Teilnehmer in Pratoni.
Christoph Wahler mit Mega-Parcours zum Mannschafts-Weltmeister
Dann kam Christoph Wahler, im Gelände noch der „Pathfinder“ als erster Starter überhaupt, rangierte er nach dem hindernisfehlerfreien Cross Country-Day (9,6) und einer Dressur, die alles andere als so verlaufen war wie erhofft (32,8/54.), an Position 35. Schon auf dem Abreiteplatz zeigte sich der Holsteiner Schimmel Carjatan S von seiner besten Seite. Und nachdem der Badminton-Finisher 2022 exakt so ritt, wie es Springtrainer Marcus Döhring ihm mit auf den Weg gegeben hatte, sorgte er für eine der ersten Nullrunden in dem langen und hohen Springkurs mit insgesamt 16 Sprüngen und drei zweifachen Kombinationen.
Dass der Parcours es in sich hatte, sollte nicht nur das deutsche Team auf dem Weg zum Titel Vielseitigkeits-Mannschaftsweltmeister noch schmerzhaft verspüren. Viele Reiter/Pferd-Kombinationen kamen nicht unbeschadet über die bunten Stangen.
Sein drittes Championat, die erste Weltmeisterschaft und den ersten Einsatz im deutschen Team, beendete Christoph Wahler letztendlich auf Platz 22 (42,4). Zwölf der 68 Pferde im abschließenden Springen blieben ohne Springfehler.
Mat sprang leider matt, Teamgold in Gefahr!
Dass Christoph Wahler von der Position des Streichergebnisses noch verdrängt werden würde, hatte kaum jemand erwartet und auch Wahler selbst nicht erhofft. Doch Sandra Auffarths Viamant du Matz erwischte leider nicht den besten Springtag: „Abgelenkt von der Atmosphäre“, habe sich der Fuchs nicht so fokussieren können. Der Aussprung der ersten zweifachen Kombination, 4b, fiel. Und dann auch noch der folgende Oxer 5. Dass „Mat“ dann auch noch am Ende die Stange an Sprung 12 mit dem Hinterbein mitnahm, ließ die Herzen der zahlreichen deutschen Fans in die Hose rutschen. Dabei hatte das Paar eine der schönsten Geländerunden aller Starter hingelegt.
Plötzlich war nicht mehr die Rede von „Gold“, vom „Vielseitigkeits-Mannschaftsweltmeister“. Jetzt wurde um eine Teammedaille gebangt. Im Rennen um ein Plätzchen auf dem Podium: Die USA, Neuseeland, Großbritannien und auch noch die Deutschen. Nahezu jeder Ritt ließ eine andere Flagge oben in der Zwischenwertung um den Titel Mannschafts-Weltmeisterschaft erscheinen.
Silber für Julia Krajewski: „das I-Tüpfelchen“
Eines stand fest: Stangen durften jetzt kaum noch fallen, sollte der Traum vom Gold für die deutsche Abordnung noch zu realisieren sein. Julia Krajewski kam ins Stadion. Und schon, wie Amande de B’Néville im Grasrund von Pratoni galoppierte, schien zu sagen: Keine Sorgen, ich gehe null! Julia Krajewski hatte schon nach der Dressur gesagt, sie sei der größte Fan ihres Pferdes „Sie liefert, wenn sie weiß, dass es drauf ankommt“.
Der Parcours? Kein Problem für Mandy. Eine fehlerfreie Runde – Deutschland war wieder im Rennen um die Vielseitigkeits-Mannschaftsweltmeisterschaft. Und Julia Krajewki beendete die WM mit ihrem Dressurergebnis von 26,0. „Das musste statistisch ja eigentlich für eine Medaille reichen, hatte ich mir vorher ausgerechnet, ich bin ja ein Mathe-Fan“, so die Olympiasiegerin. Sie sollte Recht behalten. Die Olympiasiegerin verließ Pratoni mit der Einzelsilbermedaille um dem Hals.
Weltmeister bis wenige Meter vor der Ziellinie: Michel Jung
Nachdem der Brite Oliver Townend (siehe unten) nicht eben die beste Runde erwischt hatte, war Julia Krajewski, Fünfte nach dem Gelände, bereits auf den Bronzerang vorgerutscht. Deutschland hatte in der Teamwertung drei Abwürfe Vorsprung. Sollte es Doppelgold für Michael Jung werden? Vielseitigkeits-Mannschaftsweltmeister und in der Einzelwertung? Nach der Nullfehlerrunde von Yasmin Ingham lastete ein gewisser Druck auf Michael Jung. Der Hannoveraner Chipmunk sprang gut, aber zweimal nicht gut genug. Einen Abwurf hätte sich Jung erlauben dürfen.
Beim Einsprung der letzten zweifachen Kombination sprang „Chip“ dann einfach nicht hoch genug. Dennoch war Jung weiterhin auf Einzelgold-Kurs. Doch dann fiel auch noch die oberste Stange des letzten Hindernisses. Nur Bruchteile von Sekunden vorm Durchreiten der Ziellinie wurde aus dem Weltmeistertitel, für Michael Jung wäre es der zweite nach 2010 in Kentucky gewesen, der undankbare fünfte Platz (26,8). Entsprechend ratlos fiel die Bilanz des Doppel-Olympiasiegers aus: „Zu verlieren und zu gewinnen ist ein etwas seltsames Gefühl“, so Michael Jung mit Blick auf das Teamgold.
Bundestrainer Peter Thomsen hat ein Ergebnis bei seinem ersten Championat erreicht, das besser nicht sein kann. Für ihn zählt aber mehr als nur Edelmetall: „Wir sind super zufrieden, spannender kann Vielseitigkeitssport nicht sein. Ich habe selten so viele Zuschauer gesehen, die über 30 Minuten hin- und hergerissen wurden. Wie ein Fußball Endspiel! Dass wir am Ende gewonnen haben, umso schöner“.
Ein Springen wie ein spannender Großer Preis
Auch bei den anderen Teams war nicht alles nach Wunsch verlaufen. Die US-Amazone Tamra Smith, Dritte nach dem Gelände, verlor nach zwei Abwürfen ihres DSP-Wallachs Mai Baum sieben Plätze. „Es sollte einfach nicht sein, das war nicht mein Tag individuell, aber wir haben Team-Silber, dafür sind wir hierher gekommen.“
Der Trakehner Tsetserleg ihres Teamkollegen Boyd Martin traf die bunten Stangen gleich viermal. Von Platz sechs rutschte die Kombination auf Platz 20, Streichergebnis. Bester US-Reiter war William Coleman mit Off the Record. Der kalibrige Wallach sprang unbeschwert eine fehlerfreie Runde, (27,2/7.). Damit gewann die Equipe die Mannschafts-Silbermedaille.
Jonelle und Tim Price – Familienglück und drei Bronzemedaillen
Ein Ehepaar, das eigentlich jedes Wochenende irgendwo in der Welt vorn mitmischt, zuletzt in Burghley, ist eine sichere Bank für eine Teamleistung. Das weiß man in Neuseeland und schätzt sich sicherlich glücklich, dass es Jonelle und Tim Price gibt.
Die beiden Kiwis, die schon lange in England ansässig sind, waren die beiden wichtigsten Ergebnisbringer für das Team Neuseeland. Tim Price gewann auch noch Einzelbronze (26,2) mit dem fantastisch springenden Falco. „Falco hatte immer alles Talent der Welt, aber es hat gedauert, bis er alles verstanden hat“, sagt der 43-Jährige über seinen Wallach. Falco ist Hannoveraner mit dem Holsteiner Cardento als Vater. 2021 hat er in Pau den CCI5*-L gewonnen. Springfehler macht der Braune so gut wie nie. „Mit einem Pferd wie ihm ins Springen einzureiten, ist ein super Gefühl“.
Für Tim Price ist es die erste Medaille in seiner langen Karriere. Einzel- und Mannschaftsbronze gemeinsam mit seiner Frau Jonelle, die auf dem Holsteiner McLaren v. Clarimo Zehnte wurde (32,1) – was für ein besonderer Erfolg!
Von der südlichen Halbkugel war die dritte Teamreiterin nach Pratoni gereist. Mit dem als zu langsam auf der Rennbahn ausrangierten Artist wurde Monica Spencer 21. (42,4). Die Bronzemedaille um den Hals konnte die Neuseeländerin ihr Glück noch nicht ganz fassen. „Ich sitze hier mit einem Haufen Stars, die ich sonst nur im Fernsehen anschaue“, so ihre erste Reaktion auf der Pressekonferenz. Team NZL kam auf ein Endergebnis von 100,7.
Großbritannien Vierter statt Teamgold
Bitter verlief der Ritt des Briten Oliver Townend mit dem Schimmel Ballaghmor Class. Die Kombination kam auf Rang vier nach dem Gelände liegend in den Parcours. Nach 16 Fehlern war nicht nur Townend jetzt Einzel-16., sondern Team GB hatte kaum noch Chancen, ganz vorn bei der Medaillenvergabe mitzureden. Und das, obwohl Rosalind Canter mit dem Grafenstolz-Sohn Lordships Graffalo nach einem Nuller mit ihrem Dressurergebnis (26,2) die WM letztendlich auf Platz vier beendete.
34,4 Minuspunkte brachte nach einem Abwurf von Toledo de Kerser Tom McEwen ins Ziel. Der Olympiazweite von Tokio wurde damit in der Endabrechnung in Pratoni Zwölfter. Laura Collett und London hatten nach einem Vorbeiläufer im Gelände für das Streichergebnis gesorgt. Team GB schrammte mit 100,9 Zählern gerade einmal zwei Zehntel Strafpunkte an der Bronzemedaille vorbei.
Die besten sieben Mannschaften qualifizieren sich auf Weltmeisterschaften für die in zwei Jahren darauf folgenden Olympischen Spiele. Neben Deutschland, den USA, Neuseeland und Großbritannien, gelang das noch Irland, Schweden und der Schweiz.
Die Endergebnisse in der Entscheidung um den Titel Vielseitigkeits-Mannschaftsweltmeister finden Sie hier.
Die Einzelresultate sind hier noch einmal nachzulesen.cheap air jordan 1 mid | DIARIOCALLEDEAGUA ᐈ Одяг, Взуття, Аксесуари, вигідні ціни в Києві у Україні
*Yasmin ist von der Isle of Man.
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