30 Hannoveraner Dressurhengste gekört, ein Drittel prämiert

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Hannoveraner Körung 2023 Dressur

Hannoveraner Körung 2023 Dressur (© st-georg.de)

Bei der Hannoveraner Dressurhengste-Körung erhielten 30 Hengste eine Zuchtzulassung. Zehn davon wurden prämiert. Erstmals waren auch Hengste zugelassen, die weder beim Hannoveraner Verband noch beim assoziierten Rheinischen Pferdestammbuch registriert waren. So gibt es erstmals einen Oldenburger Prämienhengst in Verden. Dynamic Dream-Söhne blieben unprämiert.

Es war nicht unbedingt der stärkste Jahrgang Hannoveraner Dressurhengste, der sich in Verden der Körkommission präsentierte. Die Bedeckungen der letzten Jahre lassen die Anzahl potenzieller Vatertiere schrumpfen. Nach einigen Ausfällen am ersten Tag der Körung mit der Präsentation auf der Dreiecksbahn und dem Longieren hielten schlussendlich 54 Junghengste bis zum Ende durch. 30 von ihnen wurden gekört. Nach Zuchtgebieten sortiert erhielten 21 Hannoveraner, sechs Oldenburger und drei Rheinländer grünes Licht für einen Zuchteinsatz. Eine Satzungsänderung machte das möglich.

Die Hengste, die ab 2024 in den Zuchteinsatz kommen können, ließen sich über 18 Väter auf sechs Stammhengste zurückverfolgen – wenn man die Linie des Vollblüters Furioso xx auf seine zwei Söhne, Furioso II (Florestan…) und Le Mexico (Zack, Sezuan …) verteilt.

Das V (das auf Ladykiller xx zurückgeht) dominiert Hannoveraner Dressurhengste

Ein Dutzend der neu gekörten Hengste geht auf den Vollblüter Ladykiller xx zurück. Allerdings muss als eigentlicher Stammvater der Niederländer Vivaldi genannt werden. Alle zwölf gingen auf den Fuchs zurück über sechs verschiedene Väter. (Dynamic Dream, Le Formidable, Vitalis, Von Und Zu, Viva Gold und Valdiviani). Der Niederländer Le Formidable sowie Valdiviani und der Celler Landbeschäler Von Und Zu stellten jeweils einen Prämienhengst.

Die Premiere des Dynamic Dream

Die höchste Körquote verzeichnete Dynamic Dream. Vier der sieben Nachkommen – auch das die höchste Anzahl aufgebotener Zweieinhalbjähriger – des Hengstes, dem der Titel des westfälischen Siegerhengstes nach einer positiven Dopingprobe aberkannt worden war, dürfen zukünftig decken. Für prämienwürdig erachtete die Körkommission keinen aus diesem Quartett. Die Vererbungsschwerpunkte des Braunen, der nach einem Unfall im Stall Helgstrand nicht mehr geritten werden kann und deswegen lediglich als Leistungsprüfung einen Kurztest in Dänemark absolviert hat, traten deutlich hervor: Nahezu durchgehend mit viel Übertritt im durchaus taktsicheren Schritt ausgestattet – vor allem dank der ebenso durchgehend stark gewinkelten Hinterbeine. Dazu oftmals mit einer Schweifhaltung ausgestattet, die auf Balanceprobleme rückschließen lassen könnte. Die Sprunggelenke hätte man sich in Summe weiter unter den Körper fußend in den schwungvollen Grundgangarten, also im Trab und Galopp gewünscht.

Publikumsliebling von Valdiviani

Gefeiert wurden einige der Hannoveraner Dressurhengste. Dabei waren häufig recht partielle Klatschende am Werk. Übereinstimmung und allgemeiner Applaus war eher die Seltenheit. Vor allem ein brauner Valdiviani-Sohn hatte aber unisono viele Freunde. Der Rheinländer, der nicht bei der Auktion dabei sein wird, hat nicht nur ein Gesicht, das man einfach mögen muss. Auch alles andere an ihm hatte Hand und Fuß. Im Hinterbein hatte der Prämienhengst das, was Bundeskanzler Scholz einen „Doppelwums“ nennen würde. Der elastische Hengst, der aus einer Sir Donnerhall-RIccio-Mutter gezogen wurde (Z.: ZG Wencek, Sonsbek), wurde von Zuchtleiter Ulrich Hahne für seinen außergewöhnlichen Trabablauf gelobt. Er hatte aber auch einen guten Schritt.

Die Zuschauer in der knapp zu zwei Dritteln besetzten Niedersachsenhalle in Verden duften zum Auftakt, als die Hengste mit Anfangsbuchstabe B – wie Bolero – klatschen, dort gab es gleich drei Prämienhengste (von Benicio und Bon Courage) plus zwei aus der Abteilung D wie Dancier/De Niro/Donnerhall. Beide hatten Dancier Gold zum Vater, der damit eine hundertprozentige Prämienausbeute seiner Söhne aufweisen konnte. Dann kam erstmal eine ganze Zeitlang nichts.

Fünf Hengste gingen über die Sezuan-Söhne Secret, So Perfect und So Unique auf Zack zurück. Ein Secret-Sohn wurde prämiert, ebenso ein Fuchs v. Totilas. Furioso II tauchte über zwei Jovian-Söhne sowie einen For Romance-Sohn auf.

Eindrücke von den prämierten Hannoveraner Dressurhengsten

Nr. 1 Hannoveraner Dunkelfuchs v. Benicio-Valentino-Compliment
Z.: Dr. Michael Lühs, Wagenfeld

Benicio, einer der Lordsiegelbewahrer des in den 1980er-Jahren gerade in Hannover und in Verden so populären Bolero-Bluts, trifft auf Springgene im Mutterstamm. Ein schön gemachtes Model, harmonisch. Auf der Dreiecksbahn zum Auftakt der Körveranstaltung am Freitag einer der Favoriten bei den Zuschauern. Beim Freilaufen sieht man ihm, gerade was die Kraft beim Abdruck des Hinterbeins anbelangt, an, dass er sich am Vortag angestrengt hat. Gute Bergaufgaloppade, taktsicherer Schritt. Zuchtleiter Ulrich Hahne lobte den Auftritt an der Longe, „vor allem, wenn er zur Ruhe kam“.

Nr. 4 Rheinländer Dunkelfuchs v. Bon Courage-Ehrenpreis-Damenstolz
Z.: ZG Lenzen, Heinsberg

Der mit sehr gutem Schritt ausgestattete war auf der Dreiecksbahn nicht immer voll im Takt im Trab. In der Halle fühlte er sich bodenmäßig am Samstag deutlich wohler. Mit großer Mechanik donnerte er im Galopp durch die Niedersachsenhalle und war dabei „immer locker“, lobte Zuchtleiter Hahne. Er steht nicht zum Verkauf.

Nr. 5 Hannoveraner Dunkelfuchs v. Bon Courage-Rotspon-Bolero
Z.: Hans-Ludwig Dittmer, Rhadereistedt

Im Trab und Galopp ein tolles Seitenbild. Ein drahtiger Hengst, der mit seinem Abdruck im Hinterbein seine Bewegungsfreude nach oben und nach vorne umsetzt. Im Schritt gut, aber nicht an die dynamische Qualität von Trab und Galopp heranreichend. Klares Manko des Fuchses: Wenn man von der Seiten- auf die Frontansicht umschaltet, sieht man, wie stark der Hengst mit den Vorderbeinen bügelt. Aber wo anders kann man damit Siegerhengst werden, wie die jüngere Geschichte lehrt. Und Siegerhengste hat Hannover schon lange nicht mehr.

Nr. 13 Hannoveraner Schwarzbrauner v. Dancier Gold-San Amour-Romanov
Z.: Martin Honigfort, Haelünne

Ein stolzer Prämienhengst, der sich sein Publikum im Rund der Niedersachenhalle auch in den oberen Rängen mit hoch aufgerichtetem Hals betrachtete. Der mit viel Mechanik ausgestattete Hengst wirkte in dieser, sicherlich nicht spannungsfreien Phase nicht immer ganz stabil in der Oberlinie. Was ihn zum Prämienhengst machte, erläuterte Zuchtleiter Hahne mit dem „kraftvoll abfußenden Outfit seines Vaters“.

Nr. 14 Oldenburger Schwarzbrauner v. Dancier Gold-Vivaldi-Rohdiamant
Z.: Michael und Claudia Roehrhoff, Mönchengladbach

Eine Premiere: Der erste Hannoveraner Prämienhengst aus Oldenburg. „Aus bester Familie“, erläuterte Zuchtleiter Hahne in seinem Körkommentar. Und so habe man sich das auch vorgestellt, nahm er Bezug auf die Öffnung der Körung für Nicht-Hannoveraner Dressurhengste. Die Familie des 1,70 Meter großen Hengstes ist die Weissena-Linie, das Grand Prix Pferd Die Insel kommt direkt aus diesem Zweig. Weissena? Genau, das ist die Linie, die Weihegold OLD/Isabell Werth und deren Sohn Total Hope OLD/Isabell Freese sportlich berühmt gemacht haben. Der Schwarzbraune hatte in der Art sich im Trab zu bewegen sehr an seinen Erzeuger.

Nr. 33 Hannoveraner Rappe v. Le Formidable-Florencio-Don Primero
Z.: Catharina Harten Denker, Beesten

Szenenapplaus gab es für diesen Sohn des KWPN-Siegerhengstes, der züchterisch durch seinen Vollblutstamm interessant erscheint. Mit 1,74 Meter in recht großer Hengst, der sich so bewegte, wie man das aus den Niederlanden kennt: mit extra Knieaktion. Dazu kam ein guter Schritt. In seiner effektheischenden Art zu traben, kann man sich dennoch gut vorstellen, dass man als Reiter angenehm tief zum Sitzen kommt. Der Hengst kennt die Halle übrigens schon – er war einst ein Verdener Auktionspferd.

Nr. 40 Hannoveraner Schwarzbrauner v. Secret-Lord Loxley-Lauries Crusador xx
Z.: Johann von der Decken, Krummendeich

Bei diesem rahmigen Secret-Sohn kam Stimmung auf. Motto: je mehr Applaus, desto mehr Trab. Ein altehrwürdiger Hannoveraner Stamm untermauert die züchterische Bedeutung dieses Hengstes, der mehrfach Szenenapplaus erhielt. Er bewegte sich durch den Körper, wobei er nicht nur im gefeierten Trab, sondern auch im Galopp – „Secret-Galopp“ nannte es der Zuchtleiter – deutliche Höhepunkte hatte. Der Prämienhengst war stets ausbalanciert, was wohltuend zu sehen war im diesjährigen Reigen der Hannoveraner Dressurhengste.

Nr. 51 Hannoveraner Fuchs v. Totilas-Sezuan-De Niro
Z.: Moormann-Hanke GbR, Wettrup

Ein Totilas-Sohn, der im Outfit deutlich vom Muttervater Sezuan geprägt war. Ein Hengst, der eine Antwort sein könnte auf die in Züchterkreisen derzeit häufig diskutierte Hypermobilität, die schon in Richtung Instabilität zu rutschen droht. Kraftvoll mit mustergültigem Schritt, stabil, korrekt und immer in der Balance. Und das nicht nur im Schritt, sondern genauso im Trab und Galopp. Da lacht das Reiterherz. Der Hengst wird nicht verkauft. Er geht übrigens auf die Familie zurück, die den Hengst Fürst Romancier hervorgebracht hat (Edoste-Linie).

Nr. 54 Rheinländer Brauner v. Valdiviani-Sir Donnerhall-Riccio
Z.: ZG Wencek, Sonsbeck

Noch ein Prämienhengst, der nicht zum Verkauf steht. Er wird auf der Station Schult in Hünxe stationiert werden. Sein Trab, so verriet Körkommissarin Heike Kemmer, habe die Kommission zu einer 10 hingerissen. Doch der hübsche Braune kann nicht nur mit viel Abdruck und Elastizität traben, er kann auch galoppieren und hat einen guten, klar im geregelten Viertakt schreitend gezeigten Schritt. Also ein ziemlich komplettes Paket. Aus seinem Stamm sind diverse Grand Prix-Dressurpferde hervorgegangen. Und wenn ein Züchter Zweifel haben sollte – dieser Prämienhengst ist auch ein väterlicher Halbbruder zum ersten Fohlen von Isabell Werths Bella Rose

Nr. 62 Hannoveraner Dunkelfuchs v. Von Und Zu-Santino-Woodstock
Z.: Heiko Feldhus, Grethem

Ein weiteres ehemaliges Verdener Auktionsfohlen, das sich ein weiteres Mal in der Niedersachsenhalle in Verden präsentierte. Auch dieser stabile Dunkelfuchs, der aus dem Debütjahrgang seines Vaters Von Und Zu stammt, gehört zu der Kategorie: „Kraftvoll mit Substanz“. Ein Highlight des Dunkelfuchses war der Galopp. Zuchtleiter Ulrich Hahne wies aber auch auf das Interieur des Prämienhengstes hin. Fazit: drei grundreelle Grundgangarten und noch in der Entwicklung.

Neun der 54 Hengste waren im Mai 2021 oder noch später geboren. Die Versteigerung findet am Nachmittag ab 16 Uhr statt.

Infos zur Körung der Hannoveraner Dressurhengste 2023

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

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  1. Sabine Brandt

    „…Die Bedeckungen der letzten Jahre lassen die Anzahl potenzieller Vatertiere schrumpfen. …“

    Das ist so nicht richtig. Im Gegenteil.
    Im Februar 2022 veröffentlichte der Hannoveraner Verband die Zahl der registrierten Hannoveraner Fohlen aus 2021, aus denen eben dieser Körjahrgang hervorgeht:
    registrierte Hannoveraner Fohlen 2021: 6.878 (2020 6.683)

    Der Jahrgang 2021 stellt also knapp 200 „einheimische“ Fohlen mehr als das Vorjahr 2020.

    Wenn die Qualität dennoch gefühlt nicht die stärkste war, mag es weniger an der Masse liegen, aus der sich Klasse schöpft, sondern möglicherweise an bereits falschen Selektionskriterien der Vergangenheit, die sich mittlerweile in der Breite niederschlagen?

    Die genetische Analyse der Vatertiere erhält Mehrwert, wenn man die individuellen Fohlenzahlen der Hengste zugrunde legt. Die Hengste mit >100 registrierten hannoverschen Fohlen 2021 (2020) waren folgende:

    Fusionist 168/166
    Von und Zu 151
    Friedrich der Grosse 128
    Secret 122/147
    Despacito 115/70

    Die beiden oben erwähnten Prämienhengste des Dancier Gold, „der damit eine hundertprozentige Prämienausbeute seiner Söhne aufweisen konnte“ (und über seine Mutter von Weltmeyer möglicherweise noch zum altbackenen „Wumms“ beiträgt?) rekrutieren sich aus ganzen 58 (32) reg. hann. Fohlen.

    Die beiden oben erwähnten Prämienhengste des Bon Courage rekrutieren sich aus 69 (152) reg. hann. Fohlen. Aus Müttern von Ehrenpreis x Damenstolz und Rotspon x Bolero kommt auch hier möglicherweise eher Altbewährtes statt „moderner“ Genetik zum tragen?

    Der Vollständigkeit halber: die fünf hannoverschen der sieben Dynamic Dream Nachkommen rekrutieren sich aus 78 reg. hannoverschen Fohlen 2021.


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