Der Altwürttemberger ist eine besondere Rasse. Seit mehr als 200 Jahren wird dieses schwere Warmblutpferd gezüchtet. Es steht auf der Roten Liste der vom Aussterben bedrohter Haustierrassen. In Marbach wird im Oktober eine Bestandsaufnahme der Rasse aufnehmen. Vor Ort kann man sich ein Bild von den Altwürttembergern machen und erfahren, warum die Rasse als „Herr und Bauer“ bezeichnet wird.
Kräftig, gutmütig und in vielen Bereichen einsetzbar – das Altwürttemberger Pferd ist ein Warmblüter, der seit Beginn des 19. Jahrhunderts gezüchtet wird. Die zumeist dunklen Warmblüter stehen auf der Roten Liste der gefährdeten Rassen der Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH). Die Altwürttemberger sind dort in der Kategorie I, „extrem gefährdet“, aufgeführt, denn die Population ist übersichtlich. Im Haupt- und Landgestüt Marbach findet am 12. Oktober eine Bestandsschau statt, eine Veranstaltung, die nur alle zehn Jahre durchgeführt wird. Es ist ein züchterisches Event, das aber auch die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten des Altwürttemberger Pferds allen Interessierten zeigt.
Altwürttemberger – „Herr und Bauer“
Vom Altwürttemberger Pferd wird auch als „Herr und Bauer“ gesprochen. Der Hintergrund: Das Arbeitspferd war wochentags auf dem Feld und zu Transporten im Einsatz, am Sonntag war es aber auch elegant genug, um die Kutsche mit der Familie zum Kirchgang zu fahren – deswegen „Herr und Bauer“. Im 19. Jahrhundert kam der 1888 geborene Hengst Faust nach Württemberg. Der Franzose sollte die Zucht maßgeblich beeinflussen.
Bis in die Nachkriegszeit war die Rasse noch weit verbreitet. Mit der aufkommenden Technik in der Landwirtschaft verlor dieser Allrounder seine Bedeutung. In der Umzüchtungsphase kamen zunächst Trakehner und Vollblüter vermehrt zum Einsatz, um ein Sportpferd zu züchten. Später deckten Hengste aus den norddeutschen Sportpferdepopulationen im Ländle. Mit dem neuen Fokus der Pferdezucht ging der Niedergang des Altwürttembergers einher. Immer weniger Vertreter, die noch über ausreichend Genpotenzial des Originals verfügten standen in den Ställen weniger Fans der einst so populären Rasse.
1988 wurde die Rettung eingeleitet
1988 wurde der Verein zur Erhaltung des Altwürttemberger Pferdes gegründet. Sein Ziel ist es, die einzigartige Rasse zu erhalten. Grundlage waren Stuten mit mindestens 50 Prozent Blutanteil Altwürttemberger. Eine Erhebung zählte 150 Tiere, in der Zucht kamen aber nur 22 Stuten zum Einsatz. Sie bilden den Grundstock für das heutige Altwürttemberger Pferd.
Es gibt ein Zuchtprogramm „Gezielte Paarung“ – so will man Inzucht vermeiden und die vorhandenen Linien sinnvoll kombinieren. Die Baden-Württemberger Zuchtleiterin Dr. Carina Krumbiegel engagiert sich stark in diesem Bereich. Außerdem gibt es Unterstützung seitens des Ministeriums für ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg, dem Haupt- und Landgestüt Marbach und dem Pferdezuchtverband Baden-Württemberg. Die Maßnahmen haben dazu geführt, dass sich die Populationsgröße stabilisiert hat. Im Jahr 2013 wurde das Zuchtbuch geschlossen. Derzeit sind etwa 50 Stuten im Zuchtbuch eingetragen, und acht Hengste stehen den Züchtern zur Verfügung.
Ab 2015 stiegen die Bedeckungszahlen wieder an, eine Reaktion auf das geförderte Zuchtprogramm „Gezielte Paarung“. Im Jahr 2018 stellte die „Gesellschaft zur Erhaltung alter und gefährdeter Haustierrassen e.V. (GEH)“ den Altwürttemberger als „Gefährdete Nutztierrasse des Jahres“ heraus.
Woran erkenne ich den Altwürttemberger?
Charakter ist einer der wesentlichen Merkmale dieser Rasse, die kräftig ist und selten größer als 1,70 Meter. Dunkle Farben überwiegen. Bei aller Masse ist dieses Warmblutpferd aber nicht schwerfällig. So finden sich Altwürttemberger auch im Fahrsport als Stangenpferde. Dort können sie ihre Zugkraft unter Beweis stellen, aber auch ihre Geschwindigkeit und Intelligenz. Im Voltigiersport, beim therapeutischen Reiten aber auch beim Holzrücken und in der nachhaltigen Landwirtschaft wird der Altwürttemberger gern eingesetzt. Ca. sechs bis zehn Hengste stehen den Züchtern über das Haupt- und Landgestüt Marbach und privaten Besitzern zur Verfügung.
Was geschieht bei der Bestandsschau?
Im Zehn-Jahres-Rhythmus findet die Bestandsschau statt. So kann man sehen, wie sich das umfassende Erhaltungsprogramm entwickelt. Ab 9 Uhr werden ca. 40 Stuten, Hengste und Wallache dieser vom Aussterben bedrohten Rasse in der Reithalle in Marbach gezeigt und beurteilt. Es geht dabei darum, vorhandene Altwürttemberger-Gene zu bewahren und das äußere Erscheinungsbild der Rasse zu vereinheitlichen. Dabei hilft die Bewertung mittels der „linearen Beschreibung“.
Nach der Preisvergabe werden ab ca. 13 Uhr die unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten des Altwürttemberger Pferdes zu bewundern sein. Der Eintritt ist frei.
Informationen zum Altwürttemberger Pferd gibt es beim Verein zur Erhaltung des Altwürttemberger Pferdes.
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