Das war eine kleine Überraschung. Auf dem dritten Platz in der Qualifikation war die neue Bundeschampionesse der dreijährigen Stuten und Wallache ins Finale gestartet. Dann setzte sie zur Aufholjagd an. Und bescherte ihrer Reiterin den 21. Bundeschampionatstitel.
Zwei Stuten und ein Quotenmann hatten es nach dem Finalteil A, der Reitpferdeprüfung, in den B-Teil, den Fremdreitertest geschafft. Die Qualifikationssiegerin, die rheinische Samarant-Floresco-Tochter Sunshine Lady hat ihrer Reiterin, Karin Schulze-Topphoff heute das Leben schwer gemacht. Sie war Têtenpferd, eine Position, die sie nicht zu schätzen wusste. So schoss sie mehrmals durch die Bahn und aus war der Traum vom Bundeschampionatstitel.
Davon profitierte unter anderem die Cassini Boy Junior-Lanciano-Tochter Cassiopaya (Z.: ZG Büns, Sonsbeck) unter der BuCha-Titel-Rekordlerin Jana Freund. Sie ließ sich von den Mätzchen des Pferdes vor ihr (sie ging an zweiter Stelle hinter Sunshine Lady) überhaupt nicht beeindrucken und zeigte sich im Trab mit einer natürlichen Erhabenheit, die kaum zu übertreffen ist und von der Reiterin sehr gut dargestellt wurde. Wertnote 9,5.
Dieselbe Note gab es für den bergauf gesprungenen und energisch von hinten abgedrückten Galoppsprung. Schwächste Gangart der Braunen ist der Schritt. Da könnte sie mit mehr Energie schreiten. Die Richter gaben eine 8,5. Ebenfalls eine 8,5 gab es für das Gebäude. Die Stute ist noch recht überbaut und daher etwas matt im Rücken, 8,5.
Gepunktet hat Cassiopaya dann wieder in den Bereichen Ausbildung und Harmonie/Perspektive. Hier gab es eine 9,5 und eine 10,0. Die Richter lobten die Gelassenheit, die gute Anlehnung und Maultätigkeit. Mit einem harmonischer gehts nicht kommentierten sie die 10,0 in der letzten Teilnote und ergänzten, dass bei aller Gelassenheit immer noch sehr viel Ausdruck die Vorstellung geprägt hatte.
Mit einer Notensumme von 18,50 bestätigten die Fremdreiter (Hubertus Schmidts Bereiterin Emma Kanerva und Grand Prix-Reiter Benjamin Werndl) den Eindruck, den die Ausbildungsnote der Richter gegeben hatte. Machte in Summe 74 Punkte für Cassiopaya und damit der Sieg. Zum 21. Mal trägt Jana Freund damit die Schärpe des Bundeschampions. In diesem Jahr jedoch die einzige.
Die Silbermedaille ging an den Viertplatzierten der Qualifikation, den Oldenburger Stern von Afrika aus der Erfolgszucht von Tammo Francksen in Butjadingen (u.a. Silberaster). Andrea Müller-Kersten stellte den noblen Dunkelbraunen vor. Der San Amour-Harvard-Sohn trägt seinen Namen nicht umsonst. Sein Züchter und Besitzer hat 25 Jahre lang in Afrika gelebt. Als er sein Hengstfohlen erblickte hat es ihn in seiner Schönheit so sehr an den afrikanischen Sternenhimmel erinnert, dass er bei der Namenssuche nicht lange überlegen musste.
Die Richter würden ihm wohl zustimmen: Ein ganz ganz bedeutendes Pferd mit viel Ausstrahlung, konstatierten sie. Dass Stern von Afrika trotzdem nur eine 8,5 bekommen hat, liegt daran, dass auch er noch etwas überbaut ist und im Hinterbein stärker gewinkelt sein könnte.
Durchgehend sehr gut wurden die Grundgangarten bewertet. Der Schritt super geregelt und gut durch den Körper. Der Trab mit deutlicher Schwebephase und ansprechender Vorderbeinmechanik. Nur phasenweise hätten die Richter sich deutlicheres Unterfußen unter den Schwerpunkt gewünscht. Es ist eine sehr interessante Entwicklung, dass in diesem Jahr sowohl bei den Reit- als auch bei den Dressurpferden immer wieder das Vorderbein kommentiert wurde. Das war in den vergangenen Jahren anders. Im Galopp lobten die Richter, dass der Wallach immer bergauf und in die Reiterhand hinein sprang.
Auch in den beiden Teilbewertungen Ausbildung und Harmonie/Temperament/Perspektive erhielt der Stern von Afrika eine 9,0. Taktsicherheit, Ausstrahlung, natürliche Erhabenheit waren hier die Stichworte.
Das bedeutete eine Wertnotensumme von 53,50 Punkten im A-Finale, zu denen sich im Fremdreitertest wie bei der Siegerin 18,50 Punkte hinzugesellten Reservesieger mit 72 Punkten.
Auf dem Bronzerang behauptete sich die Zweitplatzierte der Qualifikation, Reservechampionesse der Herwart-von-der-Decken-Schau und Dritte des Hannoveraner Reitpferdechampionats, die Londontime-Wolkentanz-Tochter Lady Dance unter Sascha Böhnke (Z.: Monika Rösemeier-Harms, Großefehn). Enstprechend ihres Erfolges bei der Hannoveraner Zuchtschau fanden die Richter auch in Warendorf nur wenig auszusetzen am Gebäude der Stute. Sie verkörpert den Typ modernes Spotpferd, ist bergauf konstruiert und hat viel Ausdruck.
Bei aller Gelassenheit hätte man sich den Schritt etwas schreitender gewünscht. Da gab es heute eine 8,5. In der Qualifikation war dies noch eine 9,0 gewesen. Bei derselben Bewertung war es hingegen im Trab geblieben, einer 8,5. Bei gutem Schub war die Stute hier und da nicht ganz ausbalanciert in den Wendungen. Im Galopp fand man dann wieder lobende Worte für die Vorderbein-Mechanik und die Bergauf-Tendenz (8,5).
Der Takt und die natürliche Erhabenheit der Stute schlugen sich nieder ein einer Ausbildungsnote von 9,0. In der Harmonie gab es heute eine 8,5. Da hat die Jury die Noten aus der Qualifikation umgedreht.
Zu den 52 Punkten gesellten sich im Fremdreitertest 16,50 Zähler.
Platz vier im Reitpferde-Bundeschampionat der dreijährigen Stuten und Wallache belegte die Hannoveranerin De Luxe unter Lena Berwe (v. Don Crusador-Weltruhm, Z.: ZG Petersen, Salzhausen) mit 51,5 Punkten (Trab: 8,5; Galopp: 9,0; Schritt: 8,5; Ausbildung: 8,5; Gebäude: 8,5; Temp./Harm./Persp.: 8,5).
Fünfte wurde die westfälische Florenciano-Show Star-Tochter For Comtess mit Silke Ottenjan (Z.: Herbert Laumann, Greven, Noten: 9,0; 9,0; 7,5; 8,0; 7,5; 8,5).
Rang sechs ging an Lorenzio von Nymphenburg (Hann.v. Londontime-Argentan) mit Tessa Frank (Z.: Dr. Holger Grüning, Wernigerode, Noten: 8,5; 8,5; 7,5; 8,0; 8,0; 8,5).
Und Qualifikationssiegerin Sunshine Lady (Westf. V. Samarant-Floresco) wurde Siebte (Z.: Wilhelm Rüscher-Konermann, Greven, Noten: 9,0; 9,0; 8,5; 6,0; 8,5; 6,5)
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