Hannoveraner Ex-Präsident und Ex-Geschäftsführer fordern Vorstand zum Rücktritt auf

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Hannoveraner Verband-Dieta-Denkmal

(© www.st-georg.de)

In einem Brandbrief haben Dr. Jochen Wilkens, ehemaliger Geschäftsführer und Zuchtleiter des Hannoveraner Verbandes sowie Ex- und Ehrenpräsident Manfred Schäfer, sich in Sachen Dr. Werner Schade an den aktuellen Vorstand des Pferdezuchtverbandes gewandt. Sie fordern den Rücktritt des Vorstands.

In dem offenen Brief, den auch der St.GEORG erhalten hat, melden sich Dr. Jochen Wilkens und Manfred Schäfer zu Wort. Wilkens ist der Amtsvorgänger des unlängst fristlos gekündigten Dr. Werner Schade. Wie Schade bekleidete auch Wilkens die Ämter des Geschäftsführers und Zuchtleiters in Personalunion. Teil einer angestrebten Strukturreform beim Hannoveraner Verband ist der Plan, zukünftig diese Bereiche mit zwei Personen zu besetzen. Manfred Schäfer war Präsident des Hannoveraner Verbandes und ist nun Ehrenpräsident. Unruhe um die Person Dr. Werner Schades gab es schon länger. Der sogenannte Iran-Deal, bei dem annähernd 170.000 Euro nicht bezahlter Rechnungen ausstehen (ein Prozess ist derzeit beim Oberlandesgericht Celle in zweiter Instanz noch nicht entschieden), hatte den Prozess in Gang gebracht, an dessen vorläufigem Schlusspunkt die Kündigung des Geschäftsführers steht. Schäfer war gemeinsam mit Schade in dieses Geschäft involviert.


Anm. d. Redaktion: In einer früheren Version dieser Meldung hatte es geheißen, es sei bei dem Iran-Deal um annähend 400.000 Euro gegangen, die abgeschrieben werden mussten. Beides ist nicht der Fall. Wir bitten um Entschuldigung.


Manfred Schäfer bestätigte gegenüber St.GEORG die Richtigkeit des Schreibens. Vom amtierenden Vorstand gab es noch keine Reaktion. In der Diskussion rund um die Persona Werner Schade hatte der Verband mit Hinblick auf das laufende Verfahren bislang um Verständnis gebeten, dass eine Kommentierung nicht erfolgen würde.

Hier der Brief im Wortlaut:

Offener Brief an den Vorstand des Hannoveraner Verbandes

Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren!

Die außerordentliche fristlose Kündigung unseres Zuchtleiters und Geschäftsführers Dr. Werner Schade schlägt im In- und Ausland große Wellen. Wir machen uns große Sorgen um die Zukunft des Hannoveraner Verbandes.

Als Vorstand des Hannoveraner Verbandes haben Sie in den letzten Monaten nicht gerade durch vertrauensbildende Maßnahmen auf sich aufmerksam gemacht. Statt nach Innen und Außen zusammenzustehen brach der im Vorstand schwelende Konflikt offen aus. Interne Vorgänge des Verbandes wurden aus Ihren Reihen in die Öffentlichkeit gespielt. Damit wurde Misstrauen geschürt und Rufschädigung betrieben. Wie sollte das Hauptamt mit einem geschäftsführenden Vorstand bzw. einem Gesamtvorstand vertrauensvoll zusammenarbeiten, der immer wieder bedeutende Interna an die Öffentlichkeit brachte. Sie waren in keiner Weise ein belastbarer Vorstand, der den leitenden Mitarbeitern die notwendige Rückendeckung für ihre Arbeit bieten sollte.

Diese Vorstands-Probleme wurden auch auf der Delegiertenversammlung am 11. April angesprochen. Die von Ihnen beschlossene Trennung der Ämter von Zuchtleiter und Geschäftsführer kann die Mängel in Ihrer Zusammenarbeit nicht lösen. Mehrere fachkundige Delegierte sprachen sich gegen diese Trennung aus. Dem Vorschlag, zunächst die Strukturreform durchzuführen und danach über eine eventuelle Trennung zu entscheiden, schloss sich u. a. der ehemalige Präsident der Landwirtschaftskammer Weser-Ems, Friedrich Scholten – hannoverscher Züchter aus dem Emsland – an. Er verwies darauf, dass man bei der Fusion der beiden Landwirtschafts-Kammern eine vergleichbare Strukturreform durchgeführt und erst am Schluss die Personalfragen geklärt habe. Es ist unerklärlich, warum Sie diesen Vorschlägen nicht gefolgt sind.

Für die Bearbeitung der Strukturreform wurde auf der Versammlung die Bildung einer Kommission durch den Vorstand bekannt gegeben. Die entsprechende Ausschreibung für die Besetzung der Kommission erfolgte dann jedoch nicht auf der Homepage des Verbandes. Es war u. E. verfehlt, dass diese durch einen persönlichen Berater des Vorsitzenden auf dessen Homepage erfolgte.

Obwohl in den letzten Jahren bei sinkenden Pferdezahlen die Rahmenbedingungen nicht gerade günstig waren verzeichnete der Verband ein positives Geschäftsjahr 2018, welches mit einem Jahresüberschuss von 316.500 Euro endete. Dazu beigetragen hat ein gutes Auktionsjahr mit einem glänzenden Hengstmarkt, des besten Hengstmarktes in der Geschichte des traditionsreichen Hannoveraner Verbandes. Neben der Qualität des Junghengst-Jahrgangs 2016, vorgestellt von seinen Züchtern und Aufzüchtern, trug dieser Hengstmarkt hinsichtlich seiner Gestaltung und Durchführung in besonderer Weise die Handschrift von Dr. Werner Schade. Dabei war es ein wesentlicher Faktor des Erfolges, dass bei ihm als Zuchtleiter und Geschäftsführer die Zügel von Körung und Verkauf der Junghengste in einer Hand lagen. „Hannover hat den besten Hengstmarkt in Deutschland überhaupt!“ So kommentierte in diesen Tagen ein leitender Mitarbeiter eines bedeutenden Hengsthalters die „hannoverschen Krisenmeldungen.“

Erfahrungsgemäß gibt es auch bei einem sehr guten Hengstmarkt einzelne Probleme, denn Pferde sind keine Maschinen. Und „wo gehobelt wird, da fallen auch Späne.“ Die Regelung einzelner Reklamationen kann der Geschäftsführer nur mit vertrauensvoller Rückendeckung durch den Vorsitzenden bewerkstelligen. Aus unserer Erfahrung wissen wir, dass man bei der Regelung solcher Einzelfälle sowohl langjährige Geschäftsbeziehungen als auch Zusammenhänge mit herausragenden Marktpreisen für Top-Hengste sowie deren Käufer und Verkäufer sehen sollte. Sie sollten sich einmal vor Augen führen, was bei diesem Hengstmarkt für den Verband unter dem Strich verblieben ist! Insofern ist es unfassbar, dass gerade vor diesem Hintergrund der Gesamtvorstand die außerordentliche fristlose Kündigung des Zuchtleiters und Geschäftsführers Dr. Werner Schade beschloss.

Dieser Kündigung ging der Beschluss der Freistellung von Dr. Schade durch den geschäftsführenden Vorstand, der gar kein Recht dazu hatte, voraus. Es ist skandalös, dass sie einem leitenden Mitarbeiter, der sich 14 Jahre für den Hannoveraner Verband engagiert hat, weder bei der Trennung seiner Aufgabenbereiche noch bei der Freistellung und auch nicht vor der fristlosen Kündigung eine Anhörung gewährt haben. Für den anstehenden Rechtsstreit sind die Aussichten des Verbandes, die fristlose Kündigung zu verteidigen, u. E. nicht gerade rosig. Die möglichen sehr hohen Kosten des Verfahrens haben allein Sie zu verantworten.

Mit dieser Entscheidung haben Sie als Vorstand dem Hannoveraner Verband großen Schaden zugefügt. Wichtige Persönlichkeiten aus der nationalen und internationalen Pferdeszene, aus Politik und Wirtschaft, zu denen Dr. Schade einen vertrauensvollen Kontakt aufgebaut und gepflegt hatte, können diesen Bruch nicht nachvollziehen und halten den Beschluss des Verbandsvorstandes für unverantwortlich.

Die hannoverschen Züchter sind durch das Desaster des gespaltenen Vorstandes seit geraumer Zeit verunsichert. „Was ist bloß beim Verband los,“ wird man landauf landab gefragt. Diese offene Frage der nicht nachvollziehbaren fristlosen Kündigung wird zu Austritten und Abwanderung zu anderen Verbänden führen.

Abschließend weisen wir darauf hin, dass der durch Ihren Beschluss dem Hannoveraner Verband entstehende wirtschaftliche und Imageschaden einzig und allein Ihnen als Vorstand anzulasten ist.

Es darf vermutet werden, dass Ihnen die Entscheidung für eine außerordentliche fristlose Kündigung von Dr. Schade nicht leicht gefallen ist.
Es ist an der Zeit, dass Sie die Konsequenzen aus Ihrem Handeln ziehen und als Vorstand zurücktreten. Machen Sie den Weg frei für die Wahl eines neuen, von internen Streitigkeiten unbelasteten Vorstandes. Dieser kann dann konstruktive Gespräche einleiten mit dem Ziel, der Zukunftsfähigkeit des Verbandes zu dienen und die Erfolgsgeschichte des Hannoveraners fortzusetzen.

Mit freundlichen Grüßen.

Manfred Schäfer Dr. Jochen Wilkens

(Ehrenvorsitzender des HV) (Zuchtleiter und Geschäftsführer a. D. , Ehrenmitglied des HV)

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

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