Der Holsteiner Kör-Sieger hatte von Anfang an das Publikum auf seiner Seite: der Schimmel Conchezz. Die Körkommission betonte, es seien viele Pferde gewesen, die sehr natürlich sprangen.
Szenenbeifall, der sich immer weiter steigerte, begleitete die Auftritte des „bunten“ Schimmels Conchezz v. Colestus (v. Cornet Obolenksy)-Caretino-Silvester bei der Holsteiner Körung. Er bewegte sich souverän beim Freilaufen, an der Hand und beim Freispringen, das Vermögen und Übersicht erkennen ließ.
Der von Manfred von Allwörden, Grönwohld, vorgestellte, 1,70 große Schimmel aus dem Stamm 6688 wurde von Sören von Rönne Neuendeich, gezogen. Der frühere Olympiareiter und Mannschaftsweltmeister weiß natürlich, was ein Spitzenpferd ausmacht. Und dazu gehören unter anderem prominente Verwandte, die auf Talente des Youngsters hoffen lassen. Conchezz‘ Vater Colestus hat unter Olympiasieger Christian Kukuk Erfolge in 1,65 -Springen zu verzeichnen. Auch Großmutter Lanessa v. Silvester kann „Black Typ“-Nachkommen aufweisen.
Die fetten schwarzen Großbuchstaben gibt es für Erfolge ab 1,60 Meter. Seit einigen Jahren ist die rechte Katalogseite jeweils den Ahnen und ihren Leistungen gewidmet. Je dicker und größer der Name gedruckt, umso besser – ein System, das es im Rennsport schon lange gibt und dem geübten Leser einen schnellen Blick auf den sportlichen Wert des Pedigrees gestattet. Das ist natürlich nicht das einzige Kriterium, aber bei künftigen Sportvätern ein besonders wichtiges. Der Schimmel wechselte über die anschließende Auktion für 200.000 Euro an Kunden aus China.
Holsteiner Reservesieger Casotoki
Zum ersten Reservesieger kürte die Kommission (Horst K. Heleine, Lars Nieberg, Christian Thoroe, Matthias Wittke und Zuchtleiter Stephan Haarhoff) den eleganten viermal weiß gefesselten Casolo-Catoki-Balou du Rouet-Sohn Casotoki. Ein schicker Schwarzbrauner mit feiner schmaler Blesse, der mit Übersicht und schöner Bascule sprang. Züchter und Eigentümer ist Tjark Witt aus Friedrichskoog. Die Urgroßmutter von Casotoki, Celine v. Calypso II, brachte unter anderem von Catoki das vom Franzosen Eric Navet gerittene 1,60-Meter-Pferd Catypso. Der Hengst stand nicht zum Verkauf.
Den passenden Namen hatte der zweite Reservist: Attention Please. Ein Sohn des in diesem Jahr gestorbenen Acodetto, eine der Säulen der Deckstation Hell. Gezogen in einem der erfolgreichsten Holsteiner Sportpferdezuchtstätten von Harm Thormählen und Philipp Baumgart in Langenhals. Der edle bunte Braune, dessen Gesamteindruck durch den knappen Schritt etwas getrübt wurde, bewegte sich locker, sprang souverän und erfreute das Publikum mit mehreren nonchalanten Sätzen über die Absperrung, deutlich höher als die Hindernisse selbst. Er wird zukünftig auf der Hengststation Maas J. Hell in Klein Offensetz zuhause sein, wo er die Nachfolge seines Vaters antreten kann.
Prämien für zwei weitere Hengste
Zwei weitere Hengste erhielten eine Prämie. Keaton II v. Kannan-Contendro I-Ritual, der Vollbruder des inzwischen unter Rolf Göran Bengtsson international erfolgreichen Keaton I. Der kalibrige Braune ließ zwar den Charme seines Bruders vermissen, aber springen kann er er auch. Züchter Rudolf Schmitt, Wesselburener Deich. Er gehört dem Holsteiner Verband und war nicht zu verkaufen. Der fünfte im Club der Prämierten erhielt ebenfalls Szenenbeifall bei jedem seiner Auftritte. Zuckerblue v. Zirocco Blue-Cascadello-Contender, ein großrahmiger Brauner mit viel Tritt und souveränem Springen. Gezogen von der Zuchtgemeinschaft Oldekopp, Schönwalde im Besitz von Tjark und Marten Witt Friedrichskoog.
Im Besitz des Holsteiner Verbandes befindet sich der einzige dressurbetont gezogene Hengst, Bonduel v. Bonds (OLD)-Zack Landtinus. Der sportlich aufgemachte Fuchs mit einem kadenzierten Trab sprang recht ordentlich. Sein Pedigree strotz vor den Namen großer Dressurheroen: Belissimo, Donnerhall, Rubinstein, Ferro, Jazz. Er bleibt beim Verband und könnte für dressur-ambitionierte Züchter vielleicht eine Alternative sein zu Dressurhengsten südlich der Elbe.
„Viele Pferde, die sehr natürlich sprangen“
Insgesamt wurden 20 von 49 Hengsten gekört. Zwei wurden zurückgezogen. Ursprünglich wurden rund 150 Hengste zur Vorauswahl vorgestellt. Wie in jedem Jahr war auch diesmal die „Vorbereitung“ der Hengste ein problematisches Thema. „Wir haben viele Pferde gesehen, die sehr natürlich sprangen“, sagte Körmitglied Lars Nieberg. Den Satz muss man sich auf der Zunge zergehen lassen. Und die anderen, wohl auch ziemlich viele? Die Körkommission hatte bei der Vorauswahl zwei Hengste wegen zu sichtbarer „Vorbereitung“ nach Hause geschickt. Jetzt erhielt ein Hengst wegen unnatürlichen und vermutlich manipulierten Springens keine Prämie. Der gekörte Dionex v. Diamant de Operette-Casall-Carthago. Gezogen und vorgestellt von Manfred von Allwörden, der insgesamt sieben Hengste präsentierte. Von denen wurden vier gekört.
Zweite Auflage in Elmshorn und straffes Programm
Die Entscheidung, die Holsteiner Körveranstaltung aus der Holstenhalle Neumünster in die Verbandsanlage Elmshorn zu verlegen, erwies sich auch bei der zweiten Auflage als richtig. Die Fritz-Thiedemann-Halle war ausverkauft. Das heißt rund 550 Sitzplätze, plus ein paar hundert Stehplätze. Viele schauten sich das Springen vor der Videowand im großen Zelt an. Ein kleiner Weihnachtsmarkt vor der Tür und weihnachtliche Deko sorgten für Gemütlichkeit. Jedenfalls mehr als sie eine halbvolle Holstenhalle hätte bieten können. Immer weniger Leute sitzen live auf der Tribüne in Holstein, hat man den Eindruck. Vielleicht auch eine Folge der flächendeckenden ausgezeichneten Clipmyhorse-Übertragungen.
Das Programm auf zwei Tage zu straffen, war sicher eine gute Idee. Zumal nur noch halb so viele Hengste am Start waren wie in den guten alten Zeiten. Das erste Springen, früher das Probespringen am Mittwochabend, wurde nun öffentlich auf den Freitag nach der Pflastermusterung verlegt. Allerdings mit Hindernissen kaum über 90 Zentimeter, die eine vernünftige Beurteilung des Vermögens unmöglich machten. Am Samstag wurde auf bis 1,30 Meter erhöht. Dann erst zeigten die Hengste, was sie konnten. Unterm Strich ein Jahrgang mit etlichen guten Springpferde. Ohne die alle überragende Glanzpunkte, bei denen die Züchter feuchte Hände bekommen.
Zweitteuerster Hengst: Dionex
Zweitteurste Offerte der Auktion wurde Dionex v. Diamant de Operette-Casall (Manfred von Allwörden, Grönwohld). Er war seinen neuen Besitzern aus Niedersachsen 170.250 Euro wert und wurde online zugeschlagen. Ein Sohn des Zuccero-Clarimo wurde für 50.000 Euro veräußert. Züchter ist Jens Ritters (Krumstedt). Er verbleibt in Deutschland. Der Durchschnittspreis der gekörten und nicht gekörten Hengste lag bei rund 40.400 Euro.
Reitpferde-Auktion Christmas Edition
Bei der Reitpferde-Auktion Christmas Edition avancierte Number One v. Quibery-Clearway (Hobe Magens, Ottenbüttel) zur Preisspitze. Kunden aus Großbritannien war die Halbschwester der Weltmeisterin der jungen Vielseitigkeitspferde, Cute Girl, 45.000 Euro wert. Zwei weitere Pferde kosteten 40.000 Euro und mehr: Malva v. Del’Arko d’Henvet-Cash and Carry (Karola Boley, Lutzhorn). Sie kostete 43.000 Euro und wurde nach Italien zugeschlagen. Genau wie Don Dior v. Diarado-Zinedine (Hans-Peter Petersen, Tating). Der zum Bundeschampionat qualifizierte Rappe kostete 40.000 Euro. Die acht verkauften Pferde der Kollektion kosteten im Schnitt rund 31.900 Euro.
Gabriele Pochhammer
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