Aus dem „Pilotjahr 2022“, auf das sich die deutschen Zuchtverbände geeinigt hatten, droht eine Schlammschlacht zu werden. Oder um im Bild zu bleiben, ein Scharmützel in der Luft. Piloten ist nichts verboten, heißt es. Das finden wohl nicht alle Beteiligten.
Wird aus dem „Pilotjahr 2022“ das Jahr des Auseinanderbrechens der unter dem Dach der Zuchtverbandsordnung (ZVO) und damit auch der Abteilung Zucht der Deutschen Reiterlichen Vereinigung (FN) vereinten Zuchtverbände? Stand Anfang Februar 2022 könnte man meinen, dass das nicht auszuschließen ist. Oder, wir sind im Pilotjahr (was das heißt, dazu gleich mehr), so ausgedrückt: „Bitte bleiben Sie auch während des Fluges angeschnallt sitzen, weil unerwartet Turbulenzen auftreten können.“ Nein, es sind nicht die Höhenflüge junger Hengste auf den Körungen, die für Turbulenzen sorgen, auch nicht die sich häufenden Medikationsvorfälle.
„Pilotjahr 2022“ – Seitenwind noch auf der Startbahn
Hinter dem Begriff Pilotjahr steht ein gemeinsam beschlossener Ansatz, Hengsten den 14-Tage-Test zu ersparen und stattdessen eine Kurz-VA durchzuführen. Das ist keine kurze Vielseitigkeitsprüfung Klasse A – das würde rein vom Alter her nicht gehen und vermutlich auch viele Hoffnungsträger frühzeitig ins Aus bugsieren bzw. am Markt vorbei agieren – sondern eine verkürzte Veranlagungsprüfung. In drei Tagen statt zwei Wochen sollen die Hengste nach der Körung ihre Reitpferdequalitäten unter Beweis stellen. Anschließend wird gedeckt und die Fohlen im nächsten Jahr erhalten komplette Abstammungsnachweise. Veranstalter der Kurz-VA soll die FN sein. Verbände können, müssen aber nicht dieser Kernidee des Pilotjahres 2022 folgen.
Erkenntnis-Theorie
„Es wurden mit Vertretern der Zuchtverbände gemeinsame zeitliche und inhaltliche Grundregeln für die Veranlagungsprüfungen erarbeitet, um so eine Vergleichbarkeit über alle Prüfungen gewährleisten zu können. Die Erkenntnisse aus der Pilotphase sollen als Basis für eine endgültige Entscheidung über notwendige Anpassungen im HLP-System dienen, die dann ab 2023 greifen sollen“, lässt sich Theo Leuchten, Vorsitzender des FN-Bereichs Zucht, zu der Idee des Pilotjahrs auf der Webseite der FN zitieren.
Außerdem sollen nicht nur Noten veröffentlicht werden, sondern auch die Ergebnisse der linearen Beschreibung. Also beispielsweise, ob ein Hengst vorne eher als flachtretender Schlittschuhläufer oder stolzer Hackney mit Knieaktion daherkommt. Nachdem ein Hengst, den Tierärzte nach Betrachtung von Videoaufnahmen als Hahnentritt-auffällig bezeichnet hatten, im vergangenen Herbst von den Dressurrichtern eine 8,0 mit dem Verweis bekommen hatte, ohne diese Auffälligkeit sei es eine noch höhere Note geworden, scheint das eine sinnvolle Transparenz. Wenngleich es im Handling sicherlich die Entscheidungsfindung nicht gerade erhöhen dürfte.
Kommunikation via Pressemitteilung
So einig, wie es sich bis hierhin liest, scheinen sich die beteiligten Fluglotsen aber nicht zu sein. Am Mittwoch, 2. Februar 2022, kam vom DSP eine Pressemitteilung. Tenor: Wir verzichten auf den 14-Tage-Test in diesem Jahr, alle DSP gekörten Hengste können decken. Das sei pferdefreundlicher.
Wer schon einmal die Gesichter der deutschen Zuchtoberen gesehen hat, wenn man sie befragt, was an einem ersten Deckeinsatz ohne jede Leistungsprüfung unter dem Sattel denn so schlimm sei, erahnt: Diese Pressemitteilung ist ein Schlag unter die Gürtellinie der hauptamtlichen Pferdezüchter. Ein No Go, wie man wohl neudeutsch sagt. Auch der Trakehner Verband, so ist einer Meldung, die die FN am Freitag, 4.2.2022 veröffentlicht hat, zu entnehmen, folgt der DSP-Idee. Für die FN ein Affront, nicht mehr und nicht weniger.
Entsprechend wird die verbale Keule im Pilotjahr 2022 geschwungen: Zunächst heißt es noch sachlich: „Die Beschlüsse der Süddeutschen Zuchtverbände und des Trakehner Verbandes auch schon ungeprüfte Hengste vorläufig ins Hengstbuch I einzutragen, stehen im Widerspruch zu den Bestimmungen der Zuchtverbandsordnung (ZVO). Diese wird gemeinsam mit allen Zuchtverbänden verabschiedet, so dass auch alle zur Umsetzung verpflichtet sind. Bereits seit Jahren haben sich die Zuchtverbände gemeinsam dem Ziel verpflichtet, dass kein Hengst ungeprüft in den Deckeinsatz kommen soll. Dies geschieht vor allem im Interesse der Züchter, die vor dem züchterischen Einsatz eines Hengstes Informationen zu dessen Reiteignung erhalten sollen“.
Deutliche Drohung der FN
Doch die FN legt noch einmal verbal nach: Sie erwarte, „von allen Zuchtverbänden die Einhaltung der ZVO-Bestimmung, so dass Hengste nur mit einem Ergebnis aus einer Hengstleistungsprüfung in das Hengstbuch I eingetragen werden“. Sprich: Wehe dem, der die in diesem Jahr gezeugten Fohlen im nächsten Jahr wo möglich – seinen eigenen Beschlüssen vom Februar folgend – auch noch einträgt wie alle anderen Fohlen auch.
Im Nachsatz wird eine weitere Position unterstrichen. Die Verschiebung der ersten Leistungsprüfung würde eben nicht den vom DSP angeführten pferdefreundlichen Effekt zur Folge haben. Vielmehr mahnt man an die „Leitlinien für den Tierschutz im Pferdesport“ sowie die „Leitlinien zur Veranlagungsprüfung von Hengsten der deutschen Reitpferdezuchten“ zu denken. Diese Werke seien schließlich von den Verbänden erstellt worden.
Houston – Warendorf – haben wir ein Problem?
Noch ein letztes Mal zum Pilotjahr. Damit ist nicht der westfälische Hengst gleichen Namens gemeint. Dessen Vater war Pilatus. Ist das ein versteckter Hinweis? Pontius Pilatus hat Jesus von Nazareth zum Tod am Kreuz verurteilt. Damit hat er einer Weltreligion maßgeblich zum Durchbruch verholfen. Es brach eine neue Zeit an.
Angedachte Termine im Pilotjahr
DOKR-Bundesstützpunkt Warendorf
4. bis 6. April 2022
9. bis 11. Mai 2022
Hannoveraner Verband e.V.
7. bis 9. April 2022 (Springen und Dressur)
Verband der Züchter des Oldenburger Pferdes e.V. / Springpferdezuchtverband Oldenburger-International e.V.
6. bis 7. April 2022 (Dressur, 3- und 4-jährig)
20. bis 21. April 2022 (Springen, 4-jährig)
Herbst 2022 (Springen, 3-jährig und Dressur, 3- und 4-jährig)
Westfälisches Pferdestammbuch e.V.
26. bis 28. April 2022 (Springen und Dressur)
Verband der Züchter des Holsteiner Pferdes e.V.
20. bis 23. Oktober 2022 (alternativ 3. bis 6. November 2022) (Springen)nike air jordan 1 mid outlet | dolce gabbana portofino lace up sneakers item | Sneaker News & Release Calendar for 2023 in UK | Grailify
Bezugnehmend auf:
ob ein Hengst vorne eher als flachtretender Schlittschuhläufer oder stolzer Hackney mit Knieaktion
Es gibt vorne keine Knie!
Hallo N. König,
es handelt sich hier um Reiter-Jargon. Pferdeversierte Menschen wissen, was damit gemeint ist.
in der alten (großenteils nicht ganz unbedeutenden) Literatur wird das Vorderfußwurzelgelenk oft „Knie“ genannt – und nicht nur ein König weiß diese Bezeichnung zu deuten. wir minderen vasallen auch. Zum beispiel. :p
genau! gerne auch das Vorderknie genannt 🙂
Wohl wahr, vielen Dank für die Korrektur. Allerdings steht da das Wort Knieaktion, mithin also ein Begriff, der unter Pferdezüchtern und -fachleuten gängig ist. Vermutlich sprechen Sie von Karpalgelenksaktion – das ist anatomisch präziser, nur gibt es das Wort nicht.