Reklamierter Trakehner Siegerhengst Kaiser Milton muss bezahlt werden

Von
Kaiser-Milton-Gericht-Trakehner

Kaiser Milton v. Millennium (© www.sportfotos-lafrentz.de)

Happy New Year? Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat das Urteil bestätigt, wonach die Kaufsumme für den reklamierten Trakehner Siegerhengst 2017, Kaiser Milton, gezahlt werden muss. Nach Angaben des Käufers, dem Klosterhof Medingen, war der Millennium-Sohn lahm in seinem neuen Stall angekommen und hatte einen Herzfehler. Beides hat das Gericht zwar nicht in Frage gestellt, macht aber klar: Fesselträgerschäden sind für eine Körung irrelevant.

Die Freude über den erworbenen Trakehner Siegerhengst Kaiser Milton währte nicht lange. Im Oktober 2017 hatte Burkhard Wahler vom Klosterhof Medingen den Rappen ersteigert, keine Woche später reklamierte der den Hengst. Hintergrund: Kaiser Milton sei lahm gewesen, außerdem habe er einen Herzfehler.

Auch interessant

Es folgte eine juristische Auseinandersetzung. Es ging um viel Geld. 320.000 Euro Zuschlagpreis plus Kommissionsgebühren und weitere Kosten summieren sich auf 380.000 Euro. Die muss der Klosterhof Medingen nun an den Trakehner Verband, der in diesem Auktionsgeschäft als Verkäufer des Hengstes aufgetreten war, zahlen.

In einer ersten Entscheidung hatte das Landgericht Kiel noch geurteilt, die Käufer hätten Nachbesserung fordern und eine Frist setzen müssen. Innerhalb dieser hätte ein gleichwertiges Pferd angeboten werden müssen – was, Stichwort Siegerhengst, schlicht und einfach unmöglich war. Die Käufer waren in Berufung gegangen, das Landgericht Kiel war aber nicht von seinem Urteil abgerückt.

Das Schleswig-Holsteinische Oberlandesgericht hat nun in seinem Urteil vom 28. Dezember 2021 andere Gründe angeführt. Schließlich sähen die Auktionsbedingungen, keinen „Anspruch auf Nachlieferung eines Ersatzpferdes“ vor. Und „Abgesehen davon hätte der Körungssieger nicht durch ein gleichwertiges Ersatzpferd ausgetauscht werden können“.

Vielmehr habe der Käufer keinen Mangel aufzeigen können, der geeignet gewesen wäre, vom Kauf zurückzutreten. Weder der von Wahler angeführte Fesselträgerschaden, noch das im Untersuchungsbericht angeführte „Herznebengeräusch“ seien Gründe. „Die erfolgreiche Teilnahme an der Körung verschaffte dem Beklagten daher keine letzte Gewissheit über den gesundheitlichen Zustand des Pferdes. (…) Der Fesselträgerschaden war bei der Körung zwar nicht bekannt, es war aber bekannt, dass die Untersuchung vor der Körung die Prüfung eines solchen Schadens nicht umfasste. Die Zulassung zur Körung ließ also nicht darauf schließen, dass ein solcher Schaden nicht bestand“, schreibt das Gericht in der Pressemitteilung (im vollen Wortlaut siehe unten). Sprich: Wer Hengste auf Körungen erwirbt, kann nicht davon ausgehen, dass sie gesund sind.

Dass der Hengst mittlerweile eingegangen ist, findet im letzten Passus der Pressemitteilung seinen Niederschlag: „Dass sich der Herzzustand des Pferdes verschlechterte und möglicherweise zu seinem Tod geführt hat, heißt deshalb nur, dass sich ein dem Herzbefund innewohnendes Risiko verwirklicht hat.“

Kaiser Milton war in diesem Jahr im Alter von sechs Jahren gestorben.

Hier die Pressemitteilung zum Spruch des 6. Zivilsenats des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgericht im Wortlaut:

Der Käufer, der den im Oktober 2017 als Körsieger prämierten Hengst Kaiser Milton auf einer Auktion gekauft hat, muss den Kaufpreis für das Pferd bezahlen. Das hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts gestern entschieden.

Zum Sachverhalt: Im Oktober 2017 veranstaltete der Trakehner Zuchtverband e. V. eine Körung, bei der der damals 2 1/2-jährige und kürzlich verstorbene Hengst Kaiser Milton als Sieger hervorging. Bei einer sich anschließenden Auktion auf dem Trakehner Hengstmarkt in Neumünster bot die Klägerin, die Trakehner-Pferde vermarktet, den Hengst in Kommission für den Eigentümer an. Der Beklagte, der sich auf die Zucht von Trakehner Pferden spezialisiert hat, erhielt den Zuschlag für 320.000 €; der Rechnungsbetrag belief sich einschließlich Mehrwertsteuer und Nebenkosten auf gut 380.000 €. Die Übergabe des Pferdes an den Beklagten erfolgte direkt nach der Auktion. In der Folgezeit reklamierte der Beklagte angebliche Mängel des Pferdes gegenüber der Klägerin und trat vom Kaufvertrag zurück. Die Klägerin verlangt nun die Zahlung des Betrages von gut 380.000 €. Das Landgericht Kiel hat der Klage stattgegeben und den Beklagten zur Zahlung verurteilt, weil der Beklagte der Klägerin keine Frist zur Lieferung eines Ersatzpferdes gesetzt hatte. Die Berufung des Beklagten hatte im Ergebnis keinen Erfolg. Der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts hat die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung des Geldbetrages bestätigt.

Aus den Gründen: Der Beklagte ist verpflichtet, den Kaufpreis in Höhe von gut 380.000 € an die Klägerin zu zahlen. Er ist nicht wirksam von dem Kaufvertrag zurückgetreten. Der Rücktritt scheitert allerdings nicht – wie das Landgericht angenommen hat – an einer fehlenden Aufforderung des Beklagten zur Lieferung eines mangelfreien Pferdes. Zwar kann ein Rücktrittsrecht nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches grundsätzlich erst dann geltend gemacht werden, wenn dem Verkäufer zuvor erfolglos eine angemessene Frist zur Nachbesserung (Mängelbeseitigung) oder Nachlieferung gesetzt wurde. Die hier maßgeblichen Auktionsbedingungen bestimmen aber für den vorliegenden Kauf etwas Anderes. Nach diesen Bedingungen steht dem Käufer kein Anspruch auf Nachlieferung eines Ersatzpferdes zu. Abgesehen davon hätte der Körungssieger nicht durch ein gleichwertiges Ersatzpferd ausgetauscht werden können.

Der Rücktritt scheitert jedoch daran, dass der Beklagte keinen Mangel nachweisen konnte, der ihn zum Rücktritt berechtigt hätte. Im Zeitpunkt der Übergabe lahmte das Pferd nicht. Es wies zwar eine Fehlbildung am linken Vorderhuf auf, aus der sich möglicherweise eine Lahmheit entwickelt hat. Diese Fehlbildung war zum Zeitpunkt der Auktion aufgrund einer vorangegangenen röntgenologischen Untersuchung aber bekannt. Die Fehlbildung gehörte deshalb mit allen daraus folgenden Risiken zur vereinbarten Beschaffenheit des Pferdes. Aus der Zulassung zur Körung konnte der Beklagte nicht mit Sicherheit schließen, dass Kaiser Milton unter keinem zur Zucht unerwünschten Mangel – wie etwa einer Lahmheit – leidet. Er wusste, dass das Pferd vor der Körung nur in eingeschränktem Umfang gesundheitlich untersucht worden war. Die erfolgreiche Teilnahme an der Körung verschaffte dem Beklagten daher keine letzte Gewissheit über den gesundheitlichen Zustand des Pferdes. Ähnliches gilt für den von dem Beklagten weiter behaupteten Mangel eines Fesselträgerschadens am linken Vorderbein. Der Fesselträgerschaden war bei der Körung zwar nicht bekannt, es war aber bekannt, dass die Untersuchung vor der Körung die Prüfung eines solchen Schadens nicht umfasste. Die Zulassung zur Körung ließ also nicht darauf schließen, dass ein solcher Schaden nicht bestand. Vielmehr galt nach den Auktionsbedingungen insoweit ein „ungewisser Zustand“ als vereinbart.

Der bei Kaiser Milton festgestellte Herzbefund stellt ebenfalls keinen Mangel dar, der den Beklagten zum Rücktritt berechtigte. In dem vor der Auktion gefertigten Untersuchungsprotokoll wird ein Herznebengeräusch erwähnt, das nachuntersucht werden müsse. Da die Befunde des Untersuchungsprotokolls die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit des Pferdes bestimmen, gilt damit grundsätzlich ein noch zu beobachtender Herzbefund als vertragsgemäß. Die Beschaffenheitsvereinbarung ist jedoch sachgerecht so auszulegen, dass der Herzbefund nach Art und Schwere einer Zulassung zur Körung nicht entgegengestanden haben darf. Davon ist hier auszugehen. Der Beklagte hat nicht bewiesen, dass Kaiser Milton wegen des Herzbefundes nicht zur Körung hätte zugelassen werden dürfen. Nach den Feststellungen im vom Senat eingeholten Sachverständigengutachten ist nicht nachgewiesen, dass Kaiser Milton bereits im Jahr 2017 unter einem Herzfehler, also einem Herzbefund mit Krankheitswert, litt. Zwar war ein Herzbefund vorhanden. Dieser bestand aber nur in einem gering- bis mittelgradigen Herzgeräusch, das voraussichtlich auf eine unzureichende Verschlussfähigkeit der Mitralklappe zurückzuführen war. Dieser Befund hatte aber noch keinen Krankheitswert. Die Entwicklung konnte in die eine oder andere Richtung gehen und war nicht prognostizierbar. Es gab somit keinen Grund, Kaiser Milton im Jahr 2017 von der Körung auszuschließen. Das Risiko war bekannt, weil der Herzbefund bekannt war. Dass sich der Herzzustand des Pferdes verschlechterte und möglicherweise zu seinem Tod geführt hat, heißt deshalb nur, dass sich ein dem Herzbefund innewohnendes Risiko verwirklicht hat.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28. Dezember 2021, Az. 6 U 56/18)air jordan 1 low outlet | cheapest air jordan 1 colorways

#doitride-Newsletter   Sei dabei und unterstütze die #doitride-Kampagne! Mit unserem Newsletter verpasst Du keine Neuigkeiten rund um #doitride. Jetzt aktivieren!

Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

stgeorg_newsletter_booklet
  1. Alex L.

    Eine Fehlbildung am Huf sowie ein Herzgeräusch… Wenn das schon das beste aller Körkandidaten war, dann möchte ich nicht wissen, wie kaputt die anderen Hengste waren. Und mit sowas soll gezüchtet werden?

    Ich dachte immer, man züchtet mit gesunden Pferden. Ach was bin ich naiv.

  2. M. Bach

    Hallo Alex,

    da sind Sie nicht alleine in puncto „Naivität“.
    Ich würde auch davon ausgehen oder sogar erwarten, dass Köraspiranten gründlicher untersucht werden, und dass Prämien- und Siegerhengste frei von gravierenden gesundheitlichen Mängeln sind.
    Tatsächlich misslingt die Wahl des Siegerhengstes nicht selten, und man hört von den Hochgelobten nie wieder.

    Schon vor vielen Jahren hatte ich im Rahmen eines Lehrgangs an der Westfälischen Reit- und Fahrschule Gelegenheit, den Hufschmied und Pferdefachmann Ernst Niemerg aus Münster zu erleben, und mir seine Beurteilung von diversen Reitpferden anzuhören.

    Folgende seiner Worte sind mir nie mehr aus dem Kopf gegangen: „Wenn Sie ein Pferd kaufen wollen, legen Sie am besten erst einmal eine große Decke darüber, die möglichst das ganze Pferd abdeckt. Konzentrieren Sie sich zunächst voll und ganz auf die Hufe: ihre Beschaffenheit und Stellung. Betrachten Sie dann die Gelenke, die Vor- und Hinterhand. Erst wenn bis dahin alles in Ordnung ist, können Sie die Decke nach und nach abnehmen. Das Fundament des Pferdes brauchen Sie, um sich lange an einem gesunden Pferd freuen zu können. Ohne das, nehmen Sie besser Abstand vom Kauf, egal wie edel und hübsch der Kopf des Pferdes auch sein mag, und wie gut und liebenswert sein Interieur. Für ein Reitpferd ist ein korrektes und gesundes Fundament unabdingbar und Grundvoraussetzung für alles weitere, wenn Sie mit ihm glücklich werden wollen. Recht hat er!

    Im Übrigen, finde ich, dass der Zuchtverband sich in diesem Fall als Mediatorzwischen Züchter und Käufer stärker hätte einbringen müssen. Zumindest einen Preisnachlass von 50% für den Käufer hätte er erwirken können. Wenn ich mich als Käufer nicht einmal mehr auf die Expertise einer Körkommission bei der Auswahl des Siegerhengstes verlassen kann, würde ich mir einen erneuten Ankauf eines Hengstes im Rahmen seines Hengstmarkts wirklich überlegen.

    So verliert man als Zuchtverband zahlungskräftige Kunden, noch dazu namenhafte, die Hengsten eine hervorragende pferdegerechte, menschenbezogene Haltung, Ausbildung und sportliche Förderung bieten. Nicht zuletzt schade ich damit meinem eigenen Ruf. Ich darf mich dann auch nicht wundern, dass so behandelte Hengsthalter in andere Zuchtverbände abwandern.

  3. Julia K

    Mit diesem Urteil hat das OLG dem Trakehner Verband und der Zucht insgesamt einen Bärendienst erwiesen.
    Eigentlich möchte ich als Pferdekäufer die Sicherheit haben, dass die gekörten Hengste zum Zeitpunkt der Körung auf Herz und Nieren durchgecheckt wurden. Ein bekannter Fesselträgerschaden bei einem jungen Hengst wäre für mich ein Kriterium, den Nachwuchs nicht zu kaufen. Davon ganz abgesehen finde ich es auch kritisch, zu sagen, dass für einen Zuchthengst die Beschaffenheit des Fesselträgers irrelevant ist. Wie werden denn die Fesselträger bei einem Sprung aufs Phantom beansprucht? Es kann ja nicht sein, dass ein Zuchthengst seiner Bestimmung nur unter Schmerzen nachgehen kann.
    Davon ganz abgesehen sollte kein Zuchhengst einen Herzfehler haben, unabhängig von seinem Alter.
    Als Käufer muss man doch sich darauf verlassen können, dass man ein zum Zeitpunkt des Gefahrübergangs gesundes Tier erwirbt, unabhängig von der Höhe des Kaufpreises. Ein Zuchthengst muss auch reittauglich sein, damit die Züchter auch nach Rittigkeit und Nervenstärke ihre Zuchtentscheidungen Treffen können.
    Aber vielleicht verstehe ich auch zu wenig von der Zucht un dem Recht, um das alles abschließend beurteilen zu können.


Schreibe einen neuen Kommentar