Viel mehr Gesprächsstoff als die Siegerin bot allerdings ihre Schwester auf dem Silberplatz: Fiontina unter Andreas Helgstrand. Die beiden hatten kaum das Viereck betreten, als der Reiter sich die hochbeinige elegante Fuchsstute im wahrsten Sinne des Wortes einmal ordentlich zur Brust nahm. In der Aufgabe selbst durfte sie dann die Nase zwar etwas weiter vorlassen, hatte aber durchgängig mit ihrer Balance zu kämpfen. Das sah man bei beiden Grußaufstellungen, in denen sie gar nicht zum Stehen kam, und vor allem immer dann, wenn sie an den langen Seiten an der Bande entlang musste. Da hatte man schon in den zwei Minuten vor dem Glockenzeichen immer Sorge, dass sie über die Abgrenzungen fallen würde. Genau das passierte gegen Ende der Aufgabe, zumindest fast. Die Stute konnte sich retten. Insbesondere die Trabtour war von gespannten Tritten und vor allem der störenden Reiterhand geprägt. Dass die Stute das kompensieren kann, muss man ihr wirklich hoch anrechnen. Hinsichtlich ihrer Qualität ist sie über jeden Zweifel erhaben. Aber ihre Bewertung war eine riesige Enttäuschung für alle diejenigen, die zuvor aufgeatmet hatten, dass die Lobhudelei für die in Spannung gezogenen Pferde in der Qualifikation am Donnerstag anscheinend vorbei waren, und eine Absage an die klassische Reiterei im Sinne des Pferdes. Wie kann das sein, zumal bei allen anderen Ritten sowohl Notenvergabe als auch Kommentare gerecht und nachvollziehbar waren. Dr. Dietrich Plewa erklärte auf Nachfrage: „Ja, wir wünschen uns dezentere Einwirkung. Aber dieses Pferd hat so viel Qualität. Sie war diejenige, die heute am deutlichsten die Bereitschaft zur Versammlung erkennen ließ. Und wir müssen das Pferd bewerten.“
Und das tat die Jury wie folgt: Im Trab gab es eine 9,2. Dr. Plewa: „Ohne die Spannung wäre es noch mehr gewesen. Dieses Pferd hat ein unwahrscheinliches Bewegungspotenzial. Auch beim Zügel aus der Hand kauen lassen, verlor sie nicht an Kadenz und das Hinterbein fußte weiter aktiv unter.“ Der Schritt erhielt eine 9,3 – Taktsicherheit, Dehnungsbereitschaft und großzügiges Schreiten waren hier die Attribute, die genannt wurden. Die Versammlungsbereitschaft wurde insbesondere in der Galopptour deutlich, wo Fiontina sichtlich Last aufnahm, 9,2. Im Bereich Durchlässigkeit kritisierte die Jury zwar die unruhigen Grußaufstellungen, merkte zum Punkt Anlehnung aber nur an, dass diese im Kurzkehrt nicht konstant war. Ansonsten erhielten die „anspruchsvollen Übergänge“ großes Lob, das die Note 8,5 wert war. Der Gesamteindruck erhielt die 8,9. Machte insgesamt eine 9,02.
Wie die Zukunft der beiden Stuten aussieht, ist noch nicht ganz sicher. Aber Andreas Helgstrand erklärte in der Pressekonferenz viel sagend: „Ja, wir werden sie in Odense (dem dänischen Bundeschampionat) wiedersehen. Wenn sie dann nicht schon verkauft sind.“
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