Fürsten-Look und Isabel Freese konnten ihre Form aus der Qualifikation bei den Weltmeisterschaften der jungen Dressurpferde nicht ganz halten als es um die Medaillen ging. Dafür war die Konkurrenz auf den Punkt fit und holte die WM in die Niederlande.
Weltmeister der siebenjährigen Dressurpferde 2018 ist mit insgesamt 87,050 Prozent (92,6 Prozent für die Qualität, 81,5 für die technische Ausführung) der KWPN-Hengst Glamourdale v. Lord Leatherdale-Negro (Z.: Rodenburg) unter der Britin Charlotte Fry, die in wenigen Wochen zu ihrer ersten U25-Europameisterschaft aufbricht. Das allerdings dann nicht mit Glamourdale. Der Hengst gehört den Van Olst Stables, für die Charlotte Fry seit rund vier Jahren arbeitet – ein Job, den ihr ihr alter Trainer Carl Hester verschafft hat. Dass sie bei dem britischen Olympiasieger gelernt hat, sieht man an Charlotte Frys Reiterei – es war ein Genuss zu sehen, wie sie den Hengst in jeder Phase der wirklich schwierigen Aufgabe für die Siebenjährigen vor sich hatte mit gleichmäßig leichter Anlehnung und stets ganz sicher an den treibenden Hilfen. Glamourdale ist der Typ Kraftprotz, mit einem energisch abfußenden Hinterbein bei gleichzeitig enormer Schulterfreiheit. Charlotte Fry ist es gelungen, die Kraft des Hengstes in die richtigen Bahnen zu lenken. Er trägt sich bereits sehr gut. Die Übergänge gingen sämtlich durch den Körper mit sehr guter Lastaufnahme. Und ob in den Seitengängen oder beim Zügel aus der Hand kauen lassen – stets hielt der Hengst den Rhythmus, trat willig an die Hand heran, war schon sehr gut ausbalanciert – und das bei diesen enormen Bewegungen. „Der einzige Grund, warum wir hier nicht die 10 gegeben haben, war, dass wir mehr Unterschied zwischen Mitteltrab und starkem Trab sehen wollten“, veranschaulichte Susanne Baarup das Urteil der Richter: 9,8 für den Trab.
Der Schritt ist der Schwachpunkt des Hengstes. Da war er mit einer 7,6 noch gut bedient. Zwar ist er sowohl im starken als auch im versammelten Schritt sicher im Takt, aber da fehlt es an Über- und Vortritt.
Doch dann kam die Galopptour. Charlotte Fry sagt: „Egal ob in der Verstärkung oder der Versammlung – es fühlt sich an wie Fliegen, so als würden wir den Boden gar nicht berühren.“ Und genauso sieht es aus. Mehr bergauf, mehr Raumgriff, mehr Untersprung bei gleichzeitig ausgeprägter Versammlungsbereitschaft geht nicht. Das sahen auch die Richter so: 10,0.
Im Bereich Durchlässigkeit lobten sie die gute Anlehnung, wünschten sich die Wechsel aber noch gerader, 9,4. Für die Perspektive als Dressurpferd gab es eine 9,5. Charlotte Fry reitet den Hengst seit gut einem Jahr. „Wir arbeiten schon ein wenig an den Grand Prix-Lektionen. Er hat sehr viel Talent dafür.“ Das kann man sich vorstellen!
Silber an einen Governor mit Sternstunde
Schon bei den Sechsjährigen hatte es Silber für Adelinde Cornelissen und den KWPN-Hengst Governor gegeben, einen „Neffen“ ihres Parzival (Z.: Streppel). Und auch in diesem Jahr wurden die beiden Zweite, diesmal mit 84,143 Prozent, 91,0 für die Qualität, 77,286 für die technische Ausführung.
Governors Mutter ist eine Vollschwester zu Cornelissens langjährigem Championatspferd Parzival. Der Vater ist Totilas. Von dem hat Governor nicht nur die Farbe geerbt, sondern auch die Arbeitseinstellung. Heute hatten die beiden eine richtige Sternstunde erwischt. Bei Adelinde Cornelissen kann Reiten ja bisweilen schon mal in Kraftsport ausarten. Heute kam sie zum Nachgeben und präsentierte den Rappen in sicherer, aber nur in wenigen Momenten zu fester Anlehnung. Dabei gefiel Governor mit seinem lockeren Bewegungsablauf, großem Go ohne zu eilen, Elastizität und natürlicher Balance. Die gesamte Prüfung lief wie an der Schnur gezogen mit tollen Pirouetten und ausdrucksvollen Wechseltouren. Ein kleiner Wermutstropfen: der ständig mal mehr mal weniger pinselnde Schweif.
Von einer Gänsehaut bei ihr und ihren Kollegen sprach Susanne Baarup. Dementsprechend hoch griffen sie in die Notenkisten, gaben Neunen für Trab und Galopp, 8,0 im Schritt sowie jeweils 9,5 für Durchlässigkeit („gute Selbsthaltung“, „Gehorsam“, „nicht ein falscher Tritt“) und Perspektive.
Bronze für die werdende Mama
Für Isabel Freese waren die Weltmeisterschaften aus verschiedenen Gründen ein besonders emotionales Turnier. Zum einen war es das Jahreshighlight, ehe sie sich in Mutterschaftsurlaub verabschiedet. Sie ist im sechsten Monat schwanger. Zudem geht ihr Hannoveraner Hengst Fürsten-Look v. Fürstenball-Londonderry (Z.: Johannes Sabel) seine erste Turniersaison nach längerer Pause. Und weil er als Deckhengst doppelt belastet ist, das auch nur bei sehr ausgewählten Veranstaltungen. Dies ist sein zweites Turnier auf S-Niveau. Das erste war zu Ostern in Zeutern, wo er beide Prüfungen gewinnen konnte. Die Sichtung in Warendorf zählt ja nicht als offizielles Turnier und nun war er hier und galt nach seinem Sieg in der Qualifikation als Titelfavorit. Fünfjährig hatte der ehemalige Reitpferdebundeschampion sich schon einmal für Ermelo qualifizieren können, verletzte sich aber kurz vor dem Turnier. Danach gönnte seine Reiterin ihm ein Jahr lang Pause: „Er sollte alle Zeit der Welt haben.“ Fürsten-Look, „Lookie“, liege ihr besonders am Herzen, gibt sie zu. Sie reitet ihn seit er dreijährig ist und setzt große Hoffnungen in ihn für die Zukunft.
Zu recht – der Schwarze hat nichts von seinem Charme verloren, mit dem er vierjährig in Warendorf Bundeschampion wurde. Er beeindruckt mit seinen raumgreifenden, elastischen Bewegungen. Das ganz große Schwingen – so könnte man es beschreiben, wenn Fürsten-Look sich in Bewegung setzt. 10,0 gaben die Richter für den Trab. Allerdings war heute von Anfang an ein wenig der Wurm drin bei dem Paar. Vor dem Halt zur Grußaufstellung stolperte der Rappe einmal, stand dann sehr offen. In den Wendungen nach rechts verwarf er sich leicht, bei der Traversale nach rechts kam in der Einleitung leichte Spannung auf, die zu zwei minimal ungleichen Tritten führte, in den Trabverstärkungen wurde er leicht breit.
Der Schritt ist ein Highlight bei dem Hengst: Mehr Über- und Vortritt geht nicht! Trotz des riesigen Raumgriffs kann Fürsten-Look den Takt auch im versammelten Schritt halten, 9,0.
Fürsten-Looks Galoppade ist riesig und schön bergauf angelegt, man wünschte ihm hier allerdings ein schnelleres Hinterbein. Allerdings muss man sagen, dass es dem Hengst trotzdem gelingt, in den Lektionen höchster Versammlung gelingt, Last aufzunehmen und den Takt zu halten. 8,7 gab es hier.
Ausschlaggebend für die Rangierung war am Ende ein teurer Fehler in den Dreierwechsen als der Hengst nicht auf die erste Hilfe reagierte und erst zwei Galoppsprünge zu spät umsprang. „Ich habe keine Ahnung, was da passiert ist“, sagt seine Reiterin. „Vielleicht ging ihm zum Schluss ein wenig die Kraft aus.“ Was nach fünf Turniertagen in fremder Umgebung und mit wirklich schwierigen Prüfungen ja auch nachvollziehbar ist. Der Fehler drückte dennoch die Durchlässigkeitsnote auf eine 8,5. Eine 9,3 gab es für die Perspektive.
Damit war die Bewertung der Qualität exakt dieselbe wie bei Governor: 91 Prozent. Zusammen mit der technischen Bewertung von 77,072 Prozent kamen die beiden auf 84,036 Prozent.
Weitere deutsche Ergebnisse
Ein alter Bekannter in Ermelo ist der Hannoveraner Nymphenburg’s First Ampere v. Ampere-Weltruhm (Z.: Jan Siemsglüß). Er war hier fünf- und sechsjährig am Start, damals noch unter Tessa Frank. Nachdem diese das Gestüt Nymphenburg verlassen hat, hat Lukas Fischer den Hengst übernommen. Die beiden lieferten eine weitgehend lektionsfehlerfreie Prüfung, in der das gut unter den Schwerpunkt arbeitende Hinterbein auffiel. Allerdings konnte man häufig die Zähne des auf Trense gezäumten Braunen sehen (bei der WM können die Reiter selbst entscheiden, ob sie auf Trense oder Kandare reiten wollen). Mit insgesamt 78,314 Prozent wurde das Paar Sechste.
Platz acht ging nach einer harmonischen Vorstellung an einen weiteren Hannoveraner: Sir Max v. St. Moritz Junior-Del Piero (Z.: Tanja Finck) unter Alexandra Sessler (77,321).
Und noch ein Hannoveraner: Strellson v. San Amour-Weltmeyer (Z.: Jürgen Devermann) wurde unter Vera Nass Zehnter mit 76,436 Prozent. Dem hochbeinigen Braunen fehlt es noch etwas an Kraft, um sich reell zu tragen und zu versammeln. So wurde er zeitweise auch recht eng.
Kira Wulferdings sympathische Wesfalen-Stute Brianna v. Bvlgari-Rohdiamant (Z.: Weilhelm Schwierking), mit der sie sich im Mai schon für das Finale im Nürnberger Burg-Pokal hatte qualifizieren können, landeten mit 75,636 Prozent direkt dahinter. Auch Brianna muss noch mehr Bergauftendenz entwickeln und zum Tragen kommen. Sie kam heute immer mal wieder hinter ihre Reiterin – was sicherlich auch noch etwas mit mangelnder Kraft zu tun hat.
Zum wahrscheinlich ersten Mal hatte das ZfdP einen Vertreter bei der WM dabei: den Gribaldi-Florestan-Sohn Greek Air unter der in Schenefeld beheimateten Finnin Emma Kanerva. Aber der hochgewachsene schmale Dunkelfuchs hatte heute nicht seinen besten Tag, wirkte überfordert mit der gesamten Aufgabe, zeigte deutliche Spannungstritte, war unruhig in der Anlehnung, unausbalanciert und machte viele Fehler, 67,564 Prozent, letzter Platz. Schade! In der Einlaufprüfung hatten die beiden sich noch auf Platz sechs platzieren können.men’s jordan retro release dates | air jordan 1 mid chicago 2020 554724 173
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