Pferde aus 15 Zuchtgebieten gingen in den Verdener Prüfungen an den Start. Die Medaillenvergabe liest sich 2008 bei den Sechsjährigen so: Gold für Hannover, Silber für Dänemark, Bronze für Oldenburg. Stark waren die Skandinavier, allen voran die Dänen, die neben der Vizeweltmeisterin auch den Viertplatzierten Wizard. Einige Hoffnungen zerplatzten: Die letztjährige Weltmeisterin Cayenne war buchstäblich durch den Wind als es aufbriste und Brigitte Wittigs Bertoli W, Zweiter der Qualifikationsprüfung, war auch ziemlich von der Rolle.
In der Qualifikation hatte der Hannoveraner Hengst Dramatic noch mangelnde Kooperationsbereitschaft an den Tag gelegt. „Die Fotografen“, analysierte Reiterin Jana Freund, und fügte schnell hinzu, „aber die brauchen wir ja und da muss er sich eben dran gewöhnen“. Über den Umweg des Kleinen Finales hatte der Don Frederico-Sohn den Weg ins Finale genommen. Mit seinen Trabverstärkungen begeisterte er alle: 9,6 für den Trab, insgesamt 8,78. Das war der Sieg. In den Grundgangarten macht dem neuen Weltmeister so schnell niemand etwas vor. Wenn er auf de Diagonale zulegt, dann gucken alle hin. Allerdings waren die Lektionen der M-Dressur, die Traversalen, das Schulterherein und auch die Volten nicht solche Hingucker. Der Hengst kam tief, die Traversale nach rechts schwankte deutlich, auch die Kadenz ließ im Schulterherein nach. Viele am Rand sahen das, die Richter nicht: „Wir als Richter können das differenzieren, natürlich haben wir gesehen, dass der Hengst tief im Genick war und auch mal eng war. Aber der Hengst zog ja ans Gebiss, dann ist das in Ordnung, zumal die Qualität des Trabes darunter nicht gelitten hat“, sagte Peter Holler im Anschluss ans Finale. Auch die fliegenden Wechsel, vielleicht das Kriterium schlechthin für die Dressur Klasse M gelangen. „Das Pferd hat die Wechsel gemacht, es hat auf die Hilfen der Reiterin reagiert“. Dass der Rappe dabei teilweise die Kruppe hoch hatte und sich im Genick verwarf, blieb unerwähnt. Allerdings war die Durchlässigkeitsnote mit einer 7,8 dann auch die niedrigste Bewertung im weltmeisterlichen Protokoll.
Ein Pferd ganz anderer Machart ist die dänische Stute Polka Hit Nexen. Die Sandro Hit-Tochter hat eine Halbblutmutter (v. Temple Wind xx) und das sieht man der hellbraunen Dänin auch an. Sie wurde von Dorthe Sjobeck Hoeck äußerst gefühlvoll vorgestellt. Im vergangenen Jahr war die Stute das Überraschungspferd der Weltmeisterschaften. In diesem Jahr wusste das „ganz besonders schöne Reitpferd“ (O-Ton Richter) einmal mehr überzeugen. Vor allem im Vergleich zum Vorjahr. Die Stute hat ihre Stärken behalten und die Schwächen sind deutlich verbessert. Ein Zeichen solider Ausbildung. Im Schritt war sie entspannt und zeigte sich in sehr guter Anlehnung. Die Trabtour war flüssig und taktmäßig. Bei der letzten Trabverstärkung galoppierte die Stute an. „Das hat sie noch nie gemacht“, ärgerte sich die Reiterin über sich selbst. „Mein Fehler, zu 100 Prozent“. Im Galopp hätte die Stute noch mehr bergauf springen können, ein fliegender Galoppwechsel war nicht so schön. Vielleicht waren das die Punkte, die die Jury bewogen, unter der 8,0 in der Durchlässigkeit zu bleiben (7,9). Wobei das Pferd von den drei Medaillenträgern mit Abstand am ehesten den Eindruck vermittelte, schon ein „richtiges“ Dressurpferd zu sein.
Als letzte ging die Qualifikationssiegerin Diamantenbörse ins Viereck. Die Oldenburger Diamond Hit-Tochter wurde von Jessica Süss vorgestellt. „Insgesamt zu eilig“, befanden die Richter, die den Schritt, den besten der Veranstaltung, lobten (9,2). Die Fuchsstute wurde in recht freiem Tempo vorgestellt und zeigte sehr gute Schrittpirouetten bei beispielhafter Anlehnung, beim ersten fliegenden Galoppwechsel winkte sie einmal mit dem Hinterbein, alle anderen Wechsel waren sehr gut. Mit 8,52 wurde Diamantenbörse Dritte.
Zwei, die auch noch ins Geschehen hätten eingreifen können, hatten nicht ihren besten Tag: Die beiden Westfalen Cayenne W v. Carabas (Susan Pape/ GBR) und Bertoli W v. Breitling (Brigitte Wittig/ GER) wurden bei Isabell Werths Trainer Wolfram Wittig geboren. Der nahm seine unkonzentrierten, guckenden und sogar bockenden Zuchtprodukte mit Humor: „Da kann man mal sehen, dass sie aus ein und demselben Stall kommen.“ Cayenne W blieb schon bei der ersten Grußaufstellung nicht stehen und begann die Finalprüfung mit einem beherzten Satz in Richtung Richterhäuschen, fing sich dann wieder, spannte sich aber im Schritt und zeigte zwischen den Schrittpirouetten sehenswerte Kapriolen. Begeistern kann die Stute dennoch. An Schmelz, Charme und Ausdruck hat sie keineswegs verloren. Jetzt heißt es ersteinmal wieder etwas Ruhe in das Talent zu bekommen (7,56, Platz 13).
Bertoli W ging zunächst mit viel Ausdruck. In der Qualifikation war er im Trab etwas langweilig gewesen, das wollte Brigitte Wittig wohl ändern. Und das gelang auch. Aber die Winde, die die Zeltplanen der Tribüne flattern ließen, ließen noch etwas flattern: Die Nerven von Bertoli. In der Galopptour, eigentlich das klare Highlight des Hengstes, ging dann kaum noch etwas (8,22, Platz sieben).
Schwungvoll, aber nicht wirklich auf dem Hinterbein gehend, landete der dänische Wallach Wizard mit Astrid Gemal auf dem vierten Rang. Fünfte wurde die beste Niederländerin, Mirelle van Kemenade Witlox zeigte ihren KWPN Hengst Vivaldo v. Polansky-Montecristo schwungvoll, der knappe Schritt und der streckenweise feste Rücken kosteten Punkte (8,28, Platz fünf). Sechste wurde die immer wieder mal die Zunge zeigende belgische Stute China Town’s Dream v. Pavarotti van de Hellen unter Vicky Smits-Vanderhasselt. Ein eifriges Pferd, das sich groß machen kann, obwohl selbst nicht gerade von hünenhafter Gestalt.
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