WM junge Dressurpferde: Noch ein Überraschungssieg und Platz eins bis fünf für Deutschland

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Dass ein deutsches Pferd heute die Ehrenrunde der Qualifikation zur Weltmeisterschaft der sechsjährigen Dressurpferde anführen würde, war eigentlich wenig überraschend. Dass es weder die 9,8-Bundeschampionesse von 2012 sein sollte, Damon’s Delorange, noch der Weltmeister des Vorjahres, Sa Coeur, schon eher.

Die beiden mussten sich heute mit den Plätzen zwei und drei begnügen. Der Sieg ging nämlich an den Hannoveraner Don Romantic-Rohdiamant-Sohn Doubleyou W aus der Zucht von Wilhelm Schwierking in Barver. Mit Laura Stigler im Sattel hatte der Braune bereits die Bundeschampionatsqualifikation in Langenfeld überzeugend mit 8,6 gewonnen. Heute blieb lediglich die Teilbewertung Durchlässigkeit knapp unter dem Sehr Gut, 8,8. Der Wallach verfügt über großen natürlichen Grundschwung im Trab (9,4), eine bergauf angelegte Galoppade über viel Boden (9,8!!) und einen fleißigen Schritt mit genügend Raumgriff (9,0). Für den Gesamteindruck gab es die 9,4, machte im Durchschnitt eine 9,28. Die Durchlässigkeitsnote erklärt sich wohl dadurch, dass man dem Pferd eine etwas leichtere Anlehnung und mehr freiwilliges Vorwärts wünschen würde.

Platz zwei ging an den frühen Vogel des heutigen Morgens und Titelverteidiger, Sa Coeur unter Eva Möller. Der Sir Donnerhall-Don Davidoff-Sohn aus der Zucht des Gestüts Lewitz, der Ende vergangenen Jahres über die PSI-Auktion für 2,31 Millionen Euro offiziell nach England verkauft wurde, jetzt aber in russischem Besitz steht, musste um acht Uhr als erstes Pferd aufs Viereck. Eva Möller stellte ihn gewohnt routiniert vor, allerdings hatte man ein wenig den Eindruck, die beiden hatten es eilig, wieder ins Bett zu kommen, denn die Trabtour war doch ziemlich im Vorwärts angelegt. So gab es in der ersten Trabverstärkung auch einen Taktfehler. Dafür waren die Traversalen geschmeidig mit weitem Kreuzen. Das Rückwärtsrichten gelang gehorsam und durchlässig, was Möller mit einem kurzen Klopfen am Hals quittierte. Die Trabtour war der Jury eine 9,0 wert. Das großzügige Schreiten mit viel Raumgriff wurde mit 9,6 belohnt. Beide fliegenden Wechsel in der Galopptour gelangen sicher, allerdings wünschte man sich insgesamt ein deutlicheres Bergauf (8,8). Die Durchlässigkeit bewerteten die Richter mit einem glatten Sehr Gut, den Gesamteindruck mit 9,3. Machte unter dem Strich eine 9,14 für den Vorjahresweltmeister.

Die mit Spannung erwartete Rekordbundeschampionesse des vergangenen Jahres, Damon’s Delorange v. Donnerhall-Rubin-Royal, Vollschwester zur Vize-Weltmeisterin 2011, Damon’s Divene, und wie diese aus der Zucht und im Besitz von Christian Becks in Senden, wurde Dritte mit 9,12. Die Westfalen-Stute glänzte im Trab mit ihrem aktiven Hinterbein, ihrem Schwung und ihrer Kadenz. Allerdings kippte sie einige Male hinter die Senkrechte. Man wünschte sich mehr aus der tragenden Hinterhand entwickelte Selbsthaltung (9,0). Beim Halten und Rückwärtsrichten zum Abschluss der Trabtour, war die Stute unruhig im Genick und auch die Schritttour war zwar geregelt, aber etwas hektisch (8,0). Die Galopptour der Aufgabe war das Highlight der Aufgabe, sehr gut gerade gerichtet und mit der Versammlung und der tragenden Hinterhand, die man sich im Trab noch besser vorstellen kann. Das Überstreichen war eines der besten, die man heute gesehen hat. Beide Wechsel waren sicher durchgesprungen und bergauf angelegt. Die Note 9,8 spricht für sich. Die Durchlässigkeit war den Richtern die 9,3 wert, der Gesamteindruck 9,5.

Viele Fans hat auch das Pferd auf Rang vier, der Rheinländer Hengst Lord Carnaby v. Lord Loxley-Rocket Star aus der Zucht von Peter Schweimanns in Nettetal. Wie schon im vergangenen Jahr wurde er von Beatrice Buchwald geritten, die inzwischen bei Isabell Werth als Bereiterin angeheuert hat. Der Fuchs glänzt mit drei gleichmäßig überdurchschnittlichen Grundgangarten – 9,3 im Trab, 9,5 in Schritt, 9,3 im Galopp. Aber auch hier wäre ein offeneres Genick wünschenswert, das ist leider durchgehend zu eng. Im Bereich Durchlässigkeit vergab die Jury eine 8,3. Zusammen mit der 9,0 für den Gesamteindruck machte das in Summe die 9,08. 

Den deutschen Erfolg auf den ersten fünf Plätzen perfekt machte der von Carola Koppelmann in Szene gesetzte Mecklenburger Sandiego v. Sancisco-Davignon aus der Zucht von Silvia Dronia in Boizenburg. Optisch nicht direkt ein Hingucker wirkt der Braune Wallach, sobald er sich in Bewegung setzt. Takt, Mechanik und Elastizität im Trab bedachten die Richter mit 8,8. Dabei war der Wallach stets gut vor der Reiterin. Das Rückwärtsrichten geriet etwas eilig, der Schritt war sicher im Takt mit genügend Raumgriff (9,0). Im Galopp mit gelungenen fliegenden Wechseln gab es die 8,9, für die Durchlässigkeit eine 9,0, für den Gesamteindruck die 9,2 und Summa summarum eine 8,98.

Bestes Nicht-deutsches Pferd – wobei auch ein Gros der Pferde, die z.B. für Australien, Ungarn oder Spanien antreten, deutsche Wurzeln hat und nur die Staatsangehörigkeit des Reiters ihnen den internationalen Touch verleiht – war der KWPN-Hengst Decor Cachet L v. Jazz-Ferro auf Rang sechs (8,68). Im schwungvoll federndem Trab war der von Mirelle van Kemenade-Witlox vorgestellte Braune zeitweilig verworfen (9,2). Der Schritt ist sehr begrenzt im Raumgriff (7,0). Aber im Galopp bleibt einem der Mund staunend offen stehen – jeder einzelne Sprung ist energisch bergauf angelegt und kraftvoll und dementsprechend gerieten auch die fliegenden Wechsel, 9,8.

Ein Beispiel für oben genanntes Phänomen der internationalen, aber doch deutschen Pferde ist der siebtplatzierte und schwedisch berittene Westfale Rausing v. Rock Forever-Dimension (Z.: Friedrich Vekens) unter Sandra Sterntorp. Der imposante Braune kommt beeindruckend daher, aber die Hinterhand hält nicht ganz, was das Vorderpferd verspricht. Eindeutig beste Grundgangart ist der Schritt, der heute verdient die höchste Bewertung von 9,9 erhielt. Das wog die Siebener Noten in Trab (7,6) und Galopp (7,9) auf. Zusammen mit Durchlässigkeit (8,4) und Gesamteindruck brachte Rausing es auf eine 8,46 im Durchschnitt.

Das Pferd auf Platz acht ist holländisch gezogen und holländisch geritten: die elegante Rappstute Coco-Chanel – ihre Namensgeberin hätte ihre Zustimmung gegeben als die Sandreo-San Remo-Tochter (Z.: M. Te Poele) getauft wurde. Olympiareiter Patrick van der Meer stellte sie vor. Beste Grundgangart ist der bergauf getragene und kadenzierte Trab (8,8). Die Bergauftendenz ging im Galopp etwas verloren. In der Verstärkung wurden die Galoppsprünge nicht größer, sondern nur eiliger, die Wechsel waren etwas flach (8,3). Alles in allem gab es die 8,26.

Keinen guten Tag hatte einer der Favoriten erwischt, der KWPN-Hengst Charmeur unter Emmelie Scholtens, der im vergangenen Jahr noch fünfter bei den Fünfjährigen gewesen war. In der zweiten Trabverstärkung (die man sich eigentlich wirklich gerne zu Ende angesehen hätte, dennn der Florencio-Jazz-Sohn trabt wirklich toll) zog Charmeur plötzlich die Bremse und machte auf dem Absatz kehrt. Die erfahrene Reiterin brachte ihn wieder auf Spur, doch schon 20 Meter weiter, kurz vor der Ecke, wiederholte sich die Szene. Auch wenn der Rest der Aufgabe weitgehend fehlerlos gelang, gab es für die Durchlässigkeit nur die 4,8. Da nützte auch eine 9,6 im Trab nichts. 7,58 gab es insgesamt und einen Startplatz im kleinen Finale. Allerdings hatte Charmeur sich auch 2012 über den Umweg ins große Finale vorgearbeitet. Ein Wiedersehen am Sonntag ist also nicht unwahrscheinlich.

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