Auch im Kampf um den ersten Einzeltitel – im Grand Prix Special – haben die Niederlande die Nase vorn. Die Deutschen fahren erstmals seit 1952 von einem Championat ohne Medaille nach Hause.
Der niederländische Triumphzug bei den Dressureuropameisterschaften in Windsor setzte sich auch im Gand Prix Special fort, aber mit anderen Vorzeichen als gedacht. Nicht der spektakulär die Beine in die Luft werfende schwarze Hengst Totilas von Edward Gal sammelte die meisten Punkte in der Einzelwertung (Grand Prix Special),- das verpatzte er mit versiebten Einerwechseln – sondern Adeline Cornelissen auf dem zwölfjährigen KWPN-Wallach Parzival. Die Bronzemedaille ging an die Britin Laura Bechtolsheimer auf dem 14-jährigen Dänen Horjis Mistral. Alle drei Reiter erhielten mehr als 80 Prozentpunkte 84,042 für Parzival, 83,042 für Totilas und 80,083 für Mistral das Niveau war außerordentlich hoch. Das gilt nicht nur für die drei Medaillenträger, sondern insgesamt für das Starterfeld in diesem Grand Prix Special. Die Tatsache, dass die dreifache Olympiasiegerin Anky van Grunsven auf Salinero trotz guter Leistung auf dem medaillenlosen Platz vier landete, spricht Bände. Fünfte wurde die Österreicherin Victoria Max-Theurer auf dem neunjährigen Oldenburger Hengst Augustin, ein Zukunftspaar, das seine Möglichkeiten längst noch nicht ausgereizt hat. Schon seit Aachen sind Fortschritte in Gehorsam, Selbsthaltung und Lektionssicherheit unübersehbar.
Die deutschen Dressurreiter blieben erstmals seit 1952 in einer Einzelentscheidung bei einem Championat ohne Medaille. Bester deutscher Reiter war Matthias Alexander Rath auf Sterntaler, dem ein guter Ritt mit 75,458 Prozent gelang. Abstriche musste er auf der letzten Linie hinnehmen, der Passage fehlte der Ausdruck, die Piaffe wurde nur angedeutet. Die Sorge, dass der Wallach ausflippen könnte, war unübersehbar. Dieses Jahr war ich dabei, sagte der 25-Jährige selbstbewusst von seinem ersten Championatsauftritt, nächstes Jahr will ich angreifen.
Monica Theodorescu auf Whisper wurde mit einem durch mehrere Fehler getrübten Ritt 13. (71,750) und ist damit ebenfalls für die Kür qualifiziert, während Ellen Schulten-Baumer als vierbeste Deutsche (70,917, Platz 15) zuschauen muss. Nur drei Reiter pro Nation dürfen in der Kür starten. Sie war zufrieden mit ihrer Donnerhall-Tochter Donatha, deren Möglichkeiten sicherlich ausgereizt sind. Jetzt baut Schulten-Baumer mithilfe ihres neuen Trainers Jan Bemelmans auf eine Riege junger Pferde.
Bundestrainer Holger Schmezer fährt um einige Erkenntnisse reicher von Windsor nach Hause. Dieses Pferdematerial ist einfach überwältigend, sagt er. Alle drei Toppferde führen Blut deutscher Reitpferdezuchten, aber keines von ihnen ist in Deutschland gezogen. Parzival hat den Oldenburger Purioso v. Furioso II zum Urgroßvater, Totilas ist ein Sohn des Trakehner Siegerhengstes Gribaldi und der Däne Mistral hat mit dem Ostpreußen Michelangelo einen deutschen Großvater. Züchten die anderen etwa auch noch besser? Immerhin rangierten auf Platz vier bis sieben mit Salinero (Hann.), Augustin (Old.), Sterntaler (Old.) und Sunrise (Hann., Imke Schellekens-Bartels) Produkte aus deutscher Zucht. Nicht nur nach Schmezers Ansicht verlassen zu viele gute junge Pferde zu früh ihre Heimat, häufig für viel Geld, um unter fremder Flagge Erfolge zu sammeln. Auch das niederländische System der Talentförderung verdient sicherlich einen genauen Blick.
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