Siege werden zuhause erarbeitet. Oder auf dem Abreiteplatz!
Hubertus Schmidt im Sonnenschein abreiten zu sehen, das war schon ein Genuss. Tiefentspannt
und konzentriert, athletisch und locker – es geht eben doch. Nein, es ist genau
das, was Dressur ausmacht. Dass es in der Prüfung ein paar Kleinigkeiten gab,
gefährdete den Sieg zu keinem Moment.
Wenn ein Holsteiner im Dressurviereck auftaucht, und dann auch noch unterm dem Sattel eines Könners wie Hubertus Schmidt, gibt es mitunter einen Aha-Effekt. Der Loutano-Sohn Lento ist so ein Pferd. Ein typischer Brauner, unverkennbar aus der Landgraf-Dynastie: hübsches Gesicht, viels Hals, große Augen und braun, was sonst! Nach dem Grand Prix-Sieg von Donnerstag ging der Elfjährige heute eine gute Runde. Höhepunkte waren die Trabtraversalen mit viel Ausdruck im Vorderbein, gutem Kreuzen und beispielhafter Längsbiegung, die Piaffen, die der Hengst auf dem sprichwörtlichen Teller beinahe nur eine Untertasse ausführt, ohne den Takt zu verlieren. Hin und wieder gab es in der Passage Abstimmungsprobleme, wenn Lento Schmidts dezente Hilfengebung übereifrig umsetzen wollte und zur Piaffe ansetzte. Aber das waren Kleinigkeiten. Der gröbste Schnitzer war der starke Schritt. Der begann noch ordentlich, doch dann wurde draußen gewiehert. Eine Steilvorlage für den Hengst, der bereitwillig antwortete. 74,244 Prozent erhielt das Paar, mehr als drei Prozent Vorsprung auf die Zweitplatzierte Bianca Kasselmann.
Die amtierende Berufsreiterchampionesse ritt den 16-jährigen Weltclassiker v. Welt Hit II und punktete in Piaffen und Passagen, sowie den Übergängen zwischen diesen Lektionen der höchsten Versammlung. Alles präzise, deutsche Wertarbeit (71 Prozent).
Platz drei ging an Hartwig Burfeind, der wie die beiden vor ihm Platzierten, auch schon Berufsreitechampion war. Das letzte Mal 2011 mit dem Pferd, das er heute in Hamburg gesattelt hatte, den De Niro-Sohn De Value. Auch hier war schon das Abreiten gut anzuschauen. An- und Entspannung im Wechsel. Der braune Hannoveraner hat ein in jeder Phase energisch abfußendes Hinterbein, ging in guter Silhouette. Punkte vergaben die beiden in der Rechtspirouette, die etwas unkontrolliert ausfiel. Nach den neun fliegenden Wechseln von Sprung zu Sprung auf der Mittellinie ritt Burfeind dann etwas forscher in die Linkspirouette, die deutlich besser gelang (69,44).
Ein beeindruckendes Pferd ist der viertplatzierte Oldenburger DAccord, wie De Value ein De Niro-Sohn. Der riesengroße Fuchs wurde von dem US-Amerikaner Dennis Callin vorgestellt, der in Großbritannien ansässig ist. Früher ging er unter Steffen Frahm. Tolle Piaffen, fliegende Wechsel mit viel Raumgewinn leider hin und wieder etwas unkonzentriert. Unterm Strich waren es 67,689 Prozent. Den fünften Rang erzielte Kathleen Keller mit Wonder FRH, der im Schritt cool blieb Hubertus Schmidt, der den Werther-Sohn morgen im Finale mit Reiterwechsel reiten wird, guckte ganz genau hin aber kaum piaffierte (67,156).
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