Nach der Forderung des FEI-Bureaus, das deutsche Vorstandsmitglied Hanfried Haring aufgrund der Doping-Vorkommnisse im deutschen Olympiateam wegen möglicher Mitwisserschaft vorläufig zu suspendieren, könnte auch die Präsidentin des Weltreiterverbandes wegen familiärer Dopingfälle in die Bredouille kommen.
Eigentlich geht es in der aktuellen Dopingdiskussion im Reitsport ja um das Wohlergehen der Pferde und um fairen Wettkampf. Doch inzwischen ist das Thema zum Spielball sportpolitischer Machtkämpfe geworden. Während die Deutsche Reiterliche Vereinigung (FN) mithilfe der Steiner-Kommission versucht, die unrühmliche Dopingvergangenheit von Reitern, Pflegern, Tierärzten und Funktionären durch umfangreiche Befragungen aufzuarbeiten, benutzt der Weltreiterverband FEI unter der Führung seiner umstrittenen arabischen Präsidentin Prinzessin Haya das Thema, die eigene Position zu stärken. Und das mit recht fragwürdigen Mitteln.
So forderte der FEI-Vorstand in der vergangenen Woche vom FEI-Tribunal die Suspendierung des einzigen deutschen Mitgliedes, des früheren FN-Generalsekretärs Dr. Hanfried Haring, bis geklärt ist, ob und wieviel er von den Manipulationen im deutschen Springreiter-Team in Hongkong 2008 wusste, ohne die FEI zu informieren. Eine Mehrheit des 17-köpfigen Bureaus habe sich dafür ausgesprochen, hieß es in einer FEI-Pressemitteilung. Wie die Mehrheit zustande gekommen ist, ist weitgehend unklar. Offenbar wurden einige Bureau-Mitglieder angerufen, andere nicht.
Haring war in Hongkong zwar anwesend, aber nicht als Mitglied der deutschen Mannschaft, sondern als FEI-Vertreter. Als die Manipulationen bekannt wurden, wurde er von der FN in die Ermittlungen einbezogen. Die Ermittlungsergebnisse des deutschen Verbandes wurden unaufgefordert der FEI zur Verfügung gestellt, mit Harings Unterschrift. Insofern ist der Vorwurf, er habe die FEI nicht informiert, nicht zutreffend. sagt Harings Nachfolger als FN-Generalsekretür, Sönke Lauterbach. Die Unterlagen wurden Harald Müller, einem der beiden Exekutivdirektoren der FEI, bei den Jahrestagungen in Nürnberg überreicht. Es stimmt also nicht, dass die FEI nur aus den Medien über die Manipulationen von Kutscher und Co erfahren hat. Merkwürdigerweise tauchten diese vertraulichen Unterlagen wenig später im Internet auf, wo sie zufällig von Lauterbach entdeckt wurden, der sie über die FEI-Rechtskommission wieder von der Homepage nehmen ließ.
In einer Telefonkonferenz musste sich Haring zu den Vorwürfen äußern, die Entscheidung des Tribunals wird für diese Woche erwartet. Der 67-Jährige ist Vorsitzender der Ländergruppe II. In den Gruppen I und II sind rund 40 europäische Nationen vertreten. Hier finden 90 Prozent des Pferdesports statt und entsprechend hoch ist der finanzielle Beitrag dieser Gruppen zur Finanzierung der FEI. Die Deutschen sind eine der stärksten und erfolgreichsten Nationen. Haring sagt, was er denkt und scheut keinen Widerspruch. Da könnte seine Suspendierung manchem gelegen kommen, sagt Lauterbach. Dass sie mit abweichenden Meinungen schlecht umgehen kann, hat Prinzessin Haya in der Vergangenheit mehrfach bewiesen. Dieser Schuss allerdings könnte nach hinten losgehen. Denn so wie man Haring unterstellt, dass er von den Manipulationen im deutschen Springteam in Hongkong gewusst hat, so ist auch nicht auszuschließen, dass Prinzessin Haya, eine der Ehefrauen des Dubai-Scheichs Mohammed Maktoum, Kenntnis von den illegalen Machenschaften im Stall ihres Gatten hatte. Bei einem seiner Distanzpferde wurden schwere Dopingmittel gefunden, wie das Psychopharmakon Reserpin. Bis zur Klärung dieses Sachverhaltes wäre die Suspendierung der Präsidentin nur konsequent. Aber es ist illusorisch anzunehmen, dass sich für eine derartige Forderung im FEI-Vorstand eine Mehrheit findet.
Doch in der FEI und ihren angeschlossenen nationalen Verbänden gärt es. In den starken europäischen Reitsportnationen wird schon länger über einen eigenen Verband, vergleichbar dem europäischen Fußballverband UEFA, nachgedacht. Damit würde vermieden, dass der Einfluss von Staaten, in denen der Pferdesport nur eine geringe Rolle spielt, immer größer wird auf Kosten der starken Nationen. Durch ein umfangreiches von Haya gefördertes Entwicklungsprogramm fließt viel Geld an die kleinen Pferdesportverbände, deren Stimmen Haya deswegen sicher sind. Hanfried Haring wiederum hat in den letzten Tagen Unterstützung in zahlreichen europäischen Verbänden erfahren, denen das Treiben aus dem Morgenland langsam zu bunt wird und so könnte die Aktion der Präsidentin größere Folgen haben, als sie sich hat träumen lassen.
Gabriele Pochhammer
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