Zehn TV-Sender, 55 Journalisten und Familie Linsenhoff plus Angestellte empfingen den Dressurhengst auf dem Schafhof in Kronberg/Taunus.
Totilas ist noch auf der Autobahn, auf dem Schafhof in Kronberg/Taunus hat sich das Empfangskomitee versammelt. Die Angestellten, alle in blauen T-Shirts und Polos üben die Ola-Welle. Vorne auf der Brust prangt der Schriftzug Totilas, am Rücken, schräg über dem Gesäß noch mal, darunter die Namen lorbeergekrönter Pferde des Stalles Linsenhoff: Sterntaler, Renoir, Wahajama. Letztere hat das große Los gezogen, auf einer Weide hinter der funkelnagelneuen Prachtvilla, Stil Gründerzeit, führt sie ihr Fohlen spazieren, ein Hengst so schwarz und selbstbewusst wie sie. Der Vater ist Fürst Romancier.
Die Hausherrin Ann-Kathrin Linsenhoff, Mannschaftsolympiasiegerin 1988, und ihr Mann Klaus Martin Rath, ebenfalls in blauen Shirts, geben erste Interviews. Ann-Kathrin Linsenhoff hat sich auf Wunsch des Fernsehens bereits zweimal umgezogen, sowohl die weiße als auch die schwarze Version des Totilas-Shirts wurden abgelehnt, blau ist ok.
Auch die Presse ist auf den Schafhof geladen, wo Ann-Kathrin Linsenhoff mit ihrem Mann und der gemeinsamen Tochter Marie wohnt. Die Söhne von Rath und Linsenhoff aus früheren Ehen haben in einem Nebenhaus eine Boys-WG gegründet. Gekommen sind rund 55 Journalisten, zehn Fernsehteams, um die Ankunft des Wunderhengstes Totilas, festzuhalten. Schon das ARD-Mittagsmagazin wolle berichten, sagt Pressesprecher Kai Meesters stolz, auch er natürlich in Totilas-blau.
Der Niederländer Edward Gal hat drei Dressur-Weltmeistertitel 2010 in Kentucky mit dem schwarzen KWPN-Hengst geholt, den Paul Schockemöhle im vergangenen Herbst für geschätzte zehn Million Euro gekauft hat und den jetzt Matthias Alexander Rath reiten soll. Seine Stiefmutter hat sich finanziell an dem Hengst beteiligt und natürlich ist Wahajama schon von ihm tragend. Nach den ersten Monaten in Mühlen, in denen Totilas hauptsächlich seinen Vaterpflichten nachkam, jetzt also der Umzug ins neue Domizil, optisch gesehen klar eine Verbesserung: Gelbgekachelte Wände, die Boxentüren aus Edelholz. Obwohl man nicht übertreiben darf, dem Pferd ist es wahrscheinlich egal, ob es gelbe Kacheln an den Wänden hat oder weißen Putz, mutmaßt Klaus Martin Rath wohl nicht ganz falsch. Wichtig ist der menschliche Bezug. Da sei der Hengst eigen. Eine Pflegerin in Mühlen liebte er, eine andere lehnte ab, seine jetzige, die Schwedin Daggi, die ihn bereits in den letzten Wochen in Mühlen betreut hat, ist ihm genehm. Noch wichtiger als seine Domestiken sind für Totilas zwei Gummibälle, die in seiner Box hängen. Nur wenn er die hat, ist er zufrieden. Wenn nicht, dann zeigt er es, wie auch immer. In Vechta hatten wir sie nicht mit, sagt Klaus Martin Rath. Und das ließ sich Totilas anmerken.
Die Box in Kronberg ist bereitet. Sie liegt gewissermaßen im VIP-Bereich des Stalles, mit eigenem Ausgang und durch eine Tür abgeteilt von den anderen. Vier Boxen, zwei leer, in einer das Solarium und in der vierten in der Ecke Totilas. Rausgucken geht nicht, die Fenster sind zu hoch, und wenn er ein anderes Pferd sehen will, dann muss er seinen Hals schon ganz schön recken. Seine Wege werden sich mit denen seiner Artgenossen nie kreuzen das ist EU-Vorschrift für einen Deckhengst. Zum Absamen wurde ein eigener Raum hergerichtet, oben gelb gekachelt, unten mit Gummimatten an den Wänden, der Boden rutschfest ausgelegt, nach den Vorgaben von Paul Schockemöhle, von dessen Leuten das ganze Deckgeschäft betreut wird. Denn damit geht es weiter, auch in Kronberg, dreimal die Woche. Das Phantom ist mit funkelnagelneuem hellen Leder bezogen, kein Duft eines Konkurrenten soll die Nase des Stars irritieren. Volle Konzentration also ist angesagt. Dann ist er auch fix, 20 Minuten braucht er nur, sagte Klaus Martin Rath begeistert.
Vom Turm schlägt es elf, es erklingt der Kirchenchoral Lobe den Herren. Passt, dazu haben sie hier wirklich allen Grund. Auf der Straße kommt der gelb-schwarze LKW ins Blickfeld, biegt langsam um die Ecke, am Steuer Matthias Rath. Auf den Millimeter genau steuert er das Schiff durch das Tor, und wendet. Es ist 11.15 Uhr
Die Klappe wird heruntergelassen, das Personal steht rechts und links Spalier und langsam schreitet Totilas die Klappe herunter, eingepackt in Transportgamaschen, der Schweif geflochten und eingewickelt. Ein schönes schwarzes Pferd, das ruhig in die klickenden Kameras blickt. Er kennt das ja. Totilas betritt seine neue Box zum ersten Mal, schnüffelt an der Späeneinstreu. Presse- und Fotografenmeute folgt ihm, einige halten die Kameras hoch und knipsen einfach in die Gegend. Man könnte meinen, William and Kate hätten Station auf dem Schafhof gemacht.
Während den Journalisten elegante kleine Snacks gereicht werden, erholt sich Totilas vom Transport. Pünktlich um 13 Uhr sitzt Rath im Sattel, reitet draußen auf dem tiptop gepflegten Viereck, um sich herum Rasen, blühende Rhododendren und 55 Journalisten.
Ruhig lässt er die Arbeit angehen, tiefe Einstellung à la junge Remonte, meistens jedenfalls. Totilas hat abgespeckt, 50 Kilo meint Paul Schockemöhle. Das steht ihm gut, er wirkt dadurch athletischer und hochbeiniger. Rath reitet die ersten Übergänge, Tempiwechsel im Trabe. Auf der Diagonalen fliegen die Vorderbeine, wie man es bei Gal kannte, hinten nicht immer mit derselben Energie, auch das ist nicht neu. Manchmal ist das Tempo schwer zu definieren: versammelter Trab? Oder Mitteltrab? Oder doch schon so was wie Passage? Es ist, als ob man einen Hebel umlegt und die Vorderbeine fliegen. Auch das kann man schon von Gal.
Lange lässt uns Matthias auf die ersten Piaffen warten, hier ein paar Tritte, dort ein paar. Schließlich hat er ihn soweit: gefühlte 40 Piaffetritte auf der Stelle- das wäre nun wirklich nicht nötig gewesen, wie sehen ja, er kanns. Am Schluss der Galopp, fehlerlose Wechsel. Auf kleinem Kreis aber sehr ruhig gesprungene Pirouetten. Dazwischen immer wieder zugelegt, dabei wird der Schwarze richtig heiß, der Reiter hat die Hände voll, zwischendurch immer wieder Schrittpausen. Fazit: Bis zur Lektionssicherheit, wie sie in der Prüfungsaufgabe verlangt wird, auf den Punkt und nicht dann, wann es gerade passt, ist es noch ein ordentliches Stück des Weges. Aber die Richtung stimmt. Die Hofuhr schlägt 14 Uhr, vom Glockenspiel ertönt Lobe den Herren da hätten vielleicht die zuständigen Bundestrainer Lust mitzusingen.
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