Heute abend steht in Göteborg der Große Preis für die Pferde an, die morgen nicht im Weltcup starten, für Deutschland sind das Goldfever von Ludger Beerbaum und Le Mans von seiner Schwägerin Meredith Michaels-Beerbaum. Die anderen dürfen heute entspannen.
Göteborg Samstag, der Tag zum Luftholen beim Weltcupfinale im Skandinavium. Die beiden ersten Wertungen sind gelaufen, die 25 besten Pferde treten morgen zum Finale an und dürfen sich heute ausruhen, beziehungsweise werden leicht gearbeitet. Für Deutschland sind das Shutterfly, All Inclusive und Aboyeur, Sandro Boy ist schon wieder zuhause in Borken.
Marcus Ehning ist gestern morgen abgereist, das Handy hatte er weggelegt, zu sagen gab es auch nicht viel nach dem Desaster, als der Oldenburger Hengst in der ersten Wertung vor der Dreifachen mal wieder in Streik trat und noch nicht einmal den Korrektursprung anpackte. Das wird Ehning seinen Platz im A-Kader kosten, den Gedanken an einen Olympiastart musste er schon vor längerer Zeit aufgeben. FN-Präsident Breido Graf zu Rantzau, der das Desaster von der Tribüne aus verfolgte, sprach aus, was viele denken: Es ist eine Tragödie,so ein feiner Reiter und so ein feiner Mensch. Die Ursachenforschung ist schwierig, keiner weiß eine plausible Erklärung, warum ausgerechnet Marcus Ehning, den viele immer noch für den besten Reiter der Welt halten, mit Küchengirl und Sandro Boy zwei Pferde hat, die alles können, aber im entscheidenden Moment nicht wollen. Ob da auch eine Bremse im Kopf des Reiters klemmt, die mit Hilfe eines Sportpsychologen gelöst werden könnte, mag niemand laut fragen. Anders als die Vielseitigkeitsreiter halten die Springreiter so eine Psychologennummer für Mädchenkram.Aber zunehmend fällt es schwerer, die Ursache nur bei zwei besonders schwierigen Pferden zu sehen. Wenn Ehning mal wieder andere Pferde hat, die laufen, wird das alles schnell vergessen sein, hoff Graf Rantzau und es gibt wohl niemanden, der diese Hoffnung nicht teilt.
Heinrich Hermann Engenmann, der hier in Göteborg die ersten drei Starts zu Siegen ummünzen konnte, ärgerte sich Samstag morgen immer noch über seine acht Fehler in der zweiten Wertung.Damit liegt er mit fünf Minuspunkte nach zwei Wertungen ausschlaggebend sind die Platzierungspunkte immerhinnoch auf Platz sieben und wenig mehr als einen Springfehler hinter der führenden Jessica Kürten auf Libertina,aber mindestens einen hätte er sich und Aboyeur gerne erspart. Der Fehler am ersten Sprung geht auf mein Konto, gab er zu, aber bei der Mauer wurde ich durch eine Kamera gestört, Aboyeur wollte da erst gar nicht hin. Dann sprang er doch, demolierte die Mauer aber bis auf den letzten Kasten.
Ludger Beerbaum war mehr als zufrieden mit seinem Westfalen All Inclusive, der sich hier in Göteborg wirklich als Weltklassepferd profilierte. Zwar ritt er ihn im Stechen nicht mit Vollgas, schließlich stehen morgen noch zwei dicke Kurse aus, aber auf kürzesten Wegen ließ sich der Wallach drehen und wenden. Der Kurs des Schweizer Rolf Lüdi hatte es in sich: dicke breite Oxer, eine anspruchsvolle dreifache Kombination undjede Menge technische Probleme. Einer der schwersten Hallenkurse, die ich je geritten habe, sagte Peter Wylde, mit Esplanade, Zweiter in der zweiten Wertung hinter Jessica Kürten vor Beerbaum. Der Vizeweltmeister von 2002 und der etwas wild drauflos bretternde Rich Fellers auf Flexible halten hier die Fahne der nicht sehr überzeugend auftretenden US-Reiter hoch. Das war bekanntlich auch schon mal anders, aber die Amerikaner haben ihre potentiellen Olympiapferde nicht mitgebracht. Ein Waterloo auch für das schwedische Idol und H+M-Model Malin Baryard: Ging ihre 17-jährige Stute Butterfly Flip in der ersten Wertung noch ausgezeichnet, warf sie in der zweiten Wertung wie schon vor zwei Wochen in Doha das Handtuch. Diese Stute hat keine Lust mehr auf Spitzensport, das hat offenbar auch ihre Reiterin verstanden, die sie nur noch auf kleinen Turnieren reiten will.
Tagsüber gehörte das Scandinavium heute der schwedischen Jugend. Mädchenanteil an den Ponyprüfungen: 100 Prozent, Schutzweste ist Pflicht. Ähnlich hoch wie im Parcours ist der Prozentsatz der weiblichen Fans auf der Tribüne; viele haben offenbar einen ganz ausgezeichneten Appetit, schieben ständig einen Brocken Junk Food rein und platzen aus ihren H+M-Klamotten. Kein Wunder, in der ganze Halle inclusive der (mittelmäßigen) Austellung gibt es nichts zu essen, was nicht den Tatbestand der Körperverletzung erfüllt.
Das Auftreten der kleinen deutschen Dressurtruppe war, na sagen wir es mal mal nett, durchwachsen. Es ist ein Einladungsdressurturnier für Mannschaften aus je drei Reitern, Junior, Junger Reite rund Senior. Aus Holstein kamen Wieger de Boer mit Cosmopolitan, seine Tochter Paula mit Rosenobel und Franziska Sauer, die Tochter von Olympiareiter Uwe Sauer mit Allernixe.Dass die Holländer gewinnen, daran hat man sich ja allmählich gewöhnen müssen, aber nun reichte es für das Team im Grand Prix hinter den Dänen gerade noch zu Platz drei. Abends beim Libanesen ließ das Team den Tag Revue passieren, die Pferde seien halt sehr irritiert durch die Blumen gewesen und reichlich guckig. Das machen sie sonst nie. Den Satz habe ich auch schon mal gehört.
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