Um zu vermeiden, dass das Pferd hustet: artgerecht vorbeugen
Sie wollen Husten bei Ihrem Pferd vermeiden? Dann achten Sie auf die Pferdehaltung – besonders im Herbst und Winter. Denn die gefühlte Kälte lässt manch einen fälschlicherweise Stalltüren und Fenster schließen, Paddock und Weide sperren und Ausritte auf ein Minimum reduzieren.
Die Haltung ist bei Husten entscheidend – Frische Luft!
Beraubt man das Pferd der lebensnotwendigen Frischluft, strapaziert man das Atemsystem enorm. Ein freier Zugang zu einem Paddock oder einer Weide, wie bei einem Offenstall oder Aktivstall wäre ideal, das ist jedoch nicht für jedes Pferd umsetzbar und auch nicht in jeder Gegend verfügbar.
Je nach Grad der Erkrankung sind unterschiedliche Therapien nötig, aber jedes Pferd das hustet, profitiert von ausreichend frischer Luft. „Pferde brauchen frische Luft“, bringt es der Pferde-Fachtierarzt Dr. Hermann-Josef Genn, Inhaber der Pferdeklinik Mühlen, auf den Punkt. „Durchzug sollte jedoch vermieden werden.
Dabei hilft der gesunde Menschenverstand: Einfach in die Box stellen und fühlen, ob es unangenehm zieht. Das Pferd muss die Möglichkeit haben, in seiner Box eine Ecke ohne Durchzug zu finden. Das gilt natürlich besonders für verschwitzte Pferde, die sind empfindlich“, so Dr. Genn.
Achtung Luftfeuchtigkeit
Eine hohe Luftfeuchtigkeit (über 80 Prozent) und moderate Temperaturen lassen Bakterien, Schimmelpilze und Parasiten gut wachsen. Damit der Stall nicht zum Keimlager wird, sollte die Temperatur in den kälteren Monaten der Außenluft folgen und nur bis zu fünf Grad wärmer sein.
Lüftungsschlitze in Bodennähe und Abluftöffnungen im Dachbereich tragen zu einem guten Klima bei. Viele Fenster im Stall und häufiger Weidegang bieten neben viel frischer Luft bei entsprechender Witterung auch Sonnenlicht. Und dieses reduziert die Keimbildung und stärkt die Immunabwehr.
Freie Bewegung und Training gegen Husten
Doch wenn schon Boxenstall, sollten die Pferde möglichst viel Auslauf an der frischen Luft haben. Denn auch das Maß an ausreichender Bewegung nimmt Einfluss auf die Atemwegs-Gesundheit des Pferdes. Ein Teil der Lunge, die Alveolarbezirke, wird in Ruhe- Atmung kaum mit Sauerstoff versorgt. Erst bei Bewegung des Pferdes werden sie besser belüftet und durchblutet.
Bewegung ist das A und O, damit die Lunge gut durchgepustet wird und gesund bleibt. Damit das Abwehrsystem der Atemwege schnell neue Zellen des Immunsystems an die benötigten Stellen bringen kann, muss das Gewebe gut durchblutet werden. Eine vertiefte Atmung über längere Zeit ist hierfür notwendig. „Mindestens eine Stunde täglich Schritt, Trab und Galopp und ein bis zweimal die Woche frisch vorwärts reiten“, empfiehlt Dr. Wyrwoll.
Bei chronischen Hustenpferde ist Fingerspitzengefühl beim Training angesagt: „Einerseits ist es gut, durch vorwärts reiten die Lunge gut zu belüften, andererseits darf man diese Pferde nicht über den Punkt reiten“, so die Tierärztin.
Im Falle einer akuten, fieberhaften Erkrankung darf das Pferd nicht arbeiten und auch danach ist eine Erholungszeit einzuplanen. Beginnt das Training zu früh, kann ein Rückfall die Folge sein.
Staubarme Haltung! Heu, Stroh und Späne
Im Heu und Stroh können viele Pilzsporen stecken. Deswegen: „Hustenpferde in eine Außen- oder Paddock-Box auf Späne guter Qualität stellen, täglich Koppelgang bzw. Bewegung an der frischen Luft ermöglichen und nur nasses Heu oder Heulage/Silage füttern“, rät Dr. Lehmann.
Ihre Kollegin Dr. Annette Wyrwoll hat jedoch auch schon schlechte Erfahrungen mit Spänen gemacht: „Auch diese können viele Pilzsporen enthalten. Ich bin ein Strohfan, weil die Pferde länger daran fressen. Lieber qualitativ hochwertiges Stroh als schlechte Späne, auch für chronische Huster.“ Wer nicht auf qualitativ hochwertiges Heu zurückgreifen kann, sollte dieses mindestens zehn Minuten im Wasser einweichen.
„Die Verwendung von Heubedampfern bietet den Vorteil, dass Keime und Pilzsporen im Heu abgetötet werden“, weiß Dr. Lehmann. Da während des akuten Hustens die Gefahr groß ist, dass auch eine Allergie entsteht, sollte der Kontakt zu Schimmelsporen so gut wie möglich vermieden werden. Ein Pferd das hustet sollte vorsichtshalber von den anderen Pferden getrennt stehen, bei denen Stroh eingestreut wird, das nicht von hervorragender Qualität ist.
Keinen Staub aufwirbeln – richtig misten & einstreuen
Wer Husten vorbeugen will, sollte auf jeden Fall die Pferde beim Ausmisten aus dem Stall bringen, denn zu dieser Zeit steigt der Anteil der Sporen in der Luft um ein Fünffaches an. Staub aufwirbeln sollte vermieden werden: Stallgasse vor dem Fegen mit Wasser anfeuchten. Staub muss vermieden werden: Kleinste Staubpartikel sind besonders gefährlich, da sie bis tief in die Lunge eindringen können. „Unnötiger Staub sollte im Sinne einer Gesundheitsprophylaxe des Pferdes vermieden werden“, rät Dr. Genn.
Einem Pferd das hustet kann durch eine staubarme Haltung geholfen werden, ebenso bei Leistungsschwäche, die sich nämlich oft auf eine Bronchitis zurückführen lässt. Tritt durch die Haltungsänderung keine Besserung ein, sind Medikamente, die die Bronchien erweitern wie z.B. Clenbuterol angebracht oder auch Kortisonpräparate, die dazu führen, dass der Bronchienkrampf nachlässt und Schleimhäute abschwellen.
Wichtig: Nur qualitativ hochwertige Einstreu für die Box des Pferdes verwenden!
„Nur bei speziell ausgewählten Pferden, die extrem viel und zähen Schleim haben und bei denen es durch eine Standardbehandlung nicht besser wurde, empfehle ich eine Lungenspülung. Diese hat sich bewährt, ist aber nicht ohne Risiko und muss in der Klinik genau kontrolliert werden“, erklärt Tierärztin Dr. Monica Venner. Jede Minute atmet ein gesundes Pferd neun bis 16 Mal ein und aus. Pro Atemzug nimmt es in der Ruhe etwa sechs bis sieben Liter auf und das sind durchschnittlich 85 Liter pro Minute, wenn das Pferd in der Box steht!
Bei diesen Mengen wandert auch eine Vielzahl an Staubpartikeln, Pilzsporen, Giftstoffen oder giftigen Gasen wie Ammoniak in die Lunge. Manche Stoffe gelangen tief hinein und können nicht mehr ausgeatmet oder ausgehustet werden.
Husten – Gefahr: Schimmelsporen!
Die zweite Gefahr neben Staub: Schimmel! Qualitativ hochwertiges Futter ohne Schimmelbefall sollte selbstverständlich sein. Denn Schimmelpilzsporen aus dem Futter – gleich ob aus dem Heu, Stroh oder Kraftfutter – schädigen die Atemorgane und können Allergien auslösen.
Im Kampf gegen Viren, Bakterien und andere Krankheitserreger hat das Immunsystem viel zu tun und muss stark sein. Schimmelpilzgifte schädigen nicht nur die Lunge, sondern belasten auch den Darm und schwächen die Abwehr. Darunter leidet auch die Verdauung, Immunprobleme wie Allergien oder Hautkrankheiten können zusätzlich entstehen.
Der Husten ein Eindeckproblem?
Nach dem Reiten sollte das Pferd nicht verschwitzt in die Box kommen, d.h. genügend lange trocken reiten und eine Abschwitzdecke auflegen. Erkrankte Pferde mit Fieber haben ein erhöhtes Wärmebedürfnis und sind froh über eine Decke. Ansonsten sollte man sich das Auflegen einer Winterdecke gut überlegen, rät der freie Sachverständige für Pferdehaltung Georg W. Fink. „Geschorene Pferde, die im Sport gehen, brauchen natürlich eine Decke, ebenso alte und kranke Pferde. Alle anderen aber verweichlichen nur durch Decken.“
Unterstützt wird seine These von Wissenschaftlern, denen auffiel, dass nicht nur in den Wintermonaten, sondern auch im April Atemwegsprobleme gehäuft auftreten. Ihre Erklärung: Viele Pferde werden im Winter eingedeckt, was die Thermoregulation stört oder sie sogar ausschaltet. Wenn die Decke wieder herunterkommt, funktioniert die Thermoregulation noch nicht, das Pferd ist anfälliger für Krankheiten. Hinzu kommt, dass im Frühjahr für manche die Turniersaison wieder startet: Der Stresspegel steigt und die Pferde haben Kontakt zu vielen fremden Pferden.
Die Thermoregulation ist auch für Tierärztin Dr. Wyrwoll entscheidend, wenn es um die Frage des Eindeckens geht: „In meinem Zuchtstall herrscht im Winter ein Decken- und Putzverbot. Die Thermoregulation funktioniert, die Pferde haben ihre fettige Unterwolle und auch bei minus 20 Grad keine Probleme mit dem Wetter. Anders sieht es aber bei den Pferden aus, die im Winter arbeiten, schwitzen und Fellpflege bekommen. Die natürliche Schutzfunktion wird dadurch gestört, man muss sie eindecken. Wenn das Unterfell nach dem Reiten über Stunden lang nass bleibt, ist außerdem Scheren notwendig.“
Merkbox: So beugen Sie Husten vor
➔ Auf ausreichende Frischluftzufuhr achten – Außen- oder Paddockbox, Offenstall, täglicher Weide-/Paddock-Auslauf |
➔ Wohlfühlklima fürs Pferd schaffen: genügend Licht, Sozialkontakte und Ausgleich zum Training – Stress-Verringerung für ein gesundes Immunsystem |
➔ Staubbelastung reduzieren durch Befeuchten der Stallgasse vor dem Fegen, kein Aufschütteln von Heu, Stroh oder Spänen |
➔ Auf qualitativ hochwertiges Futter achten ohne Schimmelbefall |
➔ Staub im Kraftfutter vermeiden |
➔ Bei sehr empfindlichen Pferden Heulage füttern oder Heu bedampfen, Späne statt Stroh als Einstreu wählen |
➔ Konsequentes Impf- und Entwurmungs-Management für den kompletten Stall |
➔ Nach der Arbeit trocknen lassen mit Abschwitzdecke oder unter das Solarium stellen, verschwitzte Pferde keiner Zugluft aussetzen. |
Alternativmedizin beim Pferd mit Husten
Neben der Schulmedizin können den Atemwegen erkrankter Pferden vielfach auch alternative Methoden helfen. Bei einem hustenden Pferd kann auch Homöopathie ähnlich wie bei uns Menschen unterstützend wirken.
Des Weiteren kann eine gezielte Behandlung von Akupunkturpunkten für Pferde mit Husten bei der Genesung helfen. „Bei Pferden mit chronischer Bronchitis ist oftmals der Lungen- oder der Nierenmeridian zu schwach. Diese Energiebahnen können mit der Akupunktur gestärkt werden, so dass wieder Energie fließt und der Körper seine Selbstheilungskräfte aktiviert“, erklärt die auf Akupunktur spezialisierte Tierärztin Dr. Alina Lessenich aus Burgdorf.
Akupunktur bei Atemwegsproblemen
„Eine symptomatische Behandlung mit je nach Bedarf schleimlösenden oder bronchienerweiternden Medikamenten ist zwar in vielen Fällen angezeigt, bekämpft jedoch nur die Symptome, nicht aber die Ursache der Atemwegserkrankung. Dieses kann in vielen Fällen mit Akupunktur erreicht werden, die – abhängig vom Schweregrad der Erkrankung – ungefähr nach 14 Tagen, dann nach weiteren sechs Wochen und schließlich vierteljährlich wiederholt werden sollte, um chronische Patienten stabil zu halten“, so die Tierärztin.
Sie schränkt jedoch ein: „Der Behandlungserfolg hängt allerdings davon ab, wie groß der Anteil der bereits zerstörten Lungenbereiche ist, denn geplatzte und damit abgestorbene Alveolen können auch durch die Akupunktur nicht wieder aktiviert werden.“
Die Tierärztin betont, dass schon in der Aufzucht der Grundstock für atemgesunde Pferde gelegt wird. „Fohlen müssen unbedingt schon in der ersten Lebenswoche galoppieren, damit sich die Lunge richtig entfalten kann.“ Auch bei chronisch kranken Bronchitikern rät sie dazu, die Pferde in Absprache mit dem behandelnden Tierarzt weiter zu trainieren. „Sonst werden immer weniger Lungenbereiche belüftet. Die Lunge muss gut durchblutet werden, um den Sauerstoffaustausch zu gewährleisten und die Alveolen am Leben zu erhalten.“
Hustenkräuter, Hustensaft und alternative Hustenlöser für Pferde?
Eine gute Alternative sind schleimlösende und immunitätssteigernde Kräuter wie Echinacea für Pferde, die in leichten Fällen unterstützend wirken können. „Wenn innerhalb von 14 Tagen keine Besserung eintritt, muss jedoch der Tierarzt gerufen werden.“ Auch bei leichten Infekten können sie unterstützend wirken, da sie die Sekretbildung fördern. Dembrexinhaltiges Kräuterergänzungsfutter und Hustenpulver können beim Pferd ebenfalls schleimlösend wirken, da sie den Bronchialschleim verflüssigen. Oft findet sich in solchem Futter auch Thymian, da dieser für das Pferd ebenfalls schleimlösend wirkt.„Auch das Inhalieren mit Kochsalzlösung oder ACC kann sinnvoll sein, allerdings kann ACC Durchfall auslösen“, so Dr. Genn.
Beim benutzen von professionelle Inhalatoren ist allerdings Vorsicht geboten. „Wenn Inhalator, dann sollte auf Ultraschall-Inhalatoren zurückgegriffen werden, da sie auch die Bronchien erreichen. Das Problem liegt jedoch in der Keimbelastung – kaum einer macht den Inhalator vernünftig sauber und so verursacht er durch die Keime oft mehr Probleme als bereits vorhanden waren.“
In Zusammenarbeit mit der Tierärztlichen Hochschule Hannover und der Uni Maastricht wurde ein Ultraschall-Inhalator entwickelt, bei dem durch eine sehr feine Verneblung selbst die Alveolen erreicht werden. In dieser sogenannten Aerosoltherapie geht es letztlich um die Benetzung des Bronchialbereichs, der mit und ohne Medikamente aber auch mit homöopathischen Zusätzen erreicht werden kann.
Vorsicht bei ätherischen Ölen im Inhalator
Dr. Genn warnt allerdings vor der sorglosen Verwendung ätherischer Öle: „Mit ätherischen Ölen sollte sehr vorsichtig umgegangen werden. Je weiter lungengängig sie sind, umso gefährlicher, denn sie können Lungenbläschen platzen lassen.“ Oft sind die auf dem Markt erhältlichen Öle zu hoch dosiert. Anwenden sollte man Thymian und Salbei beispielsweise auch nur auf Wasserbasis und gering dosiert.
Auch kann Tee für Pferde wie für uns Menschen angenehm bei einer Erkältung sein. Gerade Trockener Husten ist für das Pferd sehr unangenehm und kann mit einem warme Kräutertee den Hals befeuchten und beruhigen.
Seite 1: Das Pferd hustet – Wichtiges im Überblick
Seite 2: Diagnose und verschiedene Hustenerkrankungen
Seite 3: Vorbeugung und Alternativmedizin & Hustenkräuter
Seite 4: Häufige Fragen & Karenzzeiten
Vielen Dank für den ausführlichen Beitrag. Ich habe mir ein Inhaliergerät aufgrund von akutem Pferdehusten geliehen und das Problem damit innerhalb von drei Wochen in den Griff bekommen. Meine absolute Empfehlung!
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