Hufrehe, tränende Augen, Fellprobleme, brüchige Hufe – all diese Krankheiten haben eines gemeinsam: Sie können durch das Cushing-Syndrom ausgelöst werden.
Im Hochsommer bei 30 Grad Celsius hatte sie 18 Zentimeter langes Fell an den Beinen. Dann wurde die damals 15-jährige Stute Steffi immer müder und allmählich gingen die Rückenmuskeln zurück.
Nach einem Jahr las sich die Krankenakte der Stute wie ein Gruselroman: ekzemartige Hautprobleme in der Fesselbeuge, tränende Augen, ausgebrochene Hufe, graues, struppiges Fell, extremes Schwitzen bei Stress, Mundgeruch. Die Diagnose: Cushing.
Was ist Cushing?
Cushing ist eine Krankheit, die nach dem Neurologen Harvey Williams Cushing benannt und die durch einen Überschuss an Glukokortikoid-Hormonen gekennzeichnet ist. Das sind Hormone, die in der Nebennierenrinde (lat. Rinde = cortex) hergestellt werden und den Blutzucker (Glukose) erhöhen. Die Glukose kann bei Cushing nicht mehr ausreichend abgebaut werden und wirkt im Körper wie Gift. Die Glukokortikoide stören außerdem das Immunsystem, beeinflussen die Blutbildung, den Wasser- und Salzhaushalt, sowie den Fett- und Eiweißhaushalt.
Mögliche Ursache für ein Cushing Syndrom
Ursache für das Hormonproblem beim Cushing Syndrom ist meist eine Erkrankung, wie beispielsweise ein Geschwür, der Hirnanhangdrüse. Durch die Fehlfunktion dieser Drüse wird zu wenig Dopamin gebildet und dadurch übermäßig das Adrenocorticotrope Hormon (ACTH) ausgeschüttet. Dieses stimuliert die Nebennierenrinde und führt so zu einer vermehrten Produktion des Glukokortikoids Cortisol. Auch eine massive Gabe von Glukokortikoid-Medikamenten (z.B. Cortison), die als Entzündungshemmer eingesetzt werden, muss man nach Ansicht einiger Tierärzte als Ursache in Betracht ziehen – deshalb ganz wichtig bei Cushing-Pferden: keine solchen Medikamente geben!
Die Bedeutung von Cortisol bei Cushing
Das Cortisol ist ein sogenanntes Stresshormon, das für unterschiedliche Prozesse im Stoffwechsel verantwortlich ist. Bei einem gesunden Pferd, wird bei einem hohen Cortisolspiegel eine sogenannte negative Rückkopplung ausgelöst. Das heißt, dass die Hirnanhangdrüse eine Rückmeldung über das ausreichend vorhandene Cortisol bekommt und die ACTH-Produktion einstellt. Diese negative Rückkopplung wird durch das Dopamin (Neurotransmitter im Nervensystem) gesteuert. Bei Cushing Pferden besteht allerdings ein Mangel dieses wichtigen Botenstoffs Dopamin, so dass keine Rückmeldung erfolgen kann und ATCH ungehemmt weiter produziert wird.
Dadurch folgt der Cortisolspiegel auch nicht mehr einem Tagesrythmus, wie bei einem gesunden Pferd, sondern bleibt weitgehend konstant hoch (Hypercortisolismus). Der Stoffwechsel des Pferdes kommt so aus dem Gleichgewicht und löst Krankheitssymptome aus.
Ein Equines Cushing Syndrom (ECS) erkennen
Von typischen Symptomen beim Equinen Cushing Syndrom sprechen Tierärzte nur ungern, da diese sehr unterschiedlich aussehen können. Besonders häufig tritt aber der gestörte Fellwechsel (in Form einer starken Hypertrichose/Hirsutismus) auf. „Das ist ein Punkt, wo jeder Tierarzt darauf hinweisen wird, das Pferd auf Cushing zu testen“, erklärt Tierarzt Dr. Clemens Kampmann von der Klinik für Pferde im schleswig-holsteinischen Wahlstedt. „Ansonsten rate ich zu solchen Tests, wenn das Pferd krankhafte Veränderungen aufweist, die man sich nicht erklären kann.“ So ist beispielsweise laut einer amerikanischen Studie ECS die häufigste Ursache für Hufrehe.
Oftmals erkranken Pferde ab zwölf Jahren am Equinen Cushing Syndrom. Dr. Kampmann hat einen Patienten, der mit Cushing das stolze Alter von 37 Jahren erreicht hat. Zunehmend treffen Tierärzte aber auch auf jüngere Pferde und Ponys, sogar Dreijährige können schon betroffen sein. Dr. Kampmann geht davon aus, dass es in jeder Tierarztpraxis etwa drei bis vier Patienten mit Cushing gibt.
Welche Lebenserwartung ein Cushing Pferd hat, richtet sich nach der individuellen Betreuung und Pflege, der Pferdehaltung, Fütterung und der Behandlung dieser Hormon-/Stoffwechselerkrankung. Ist ECS bei einem Pferd erkannt und wird behandelt, so kann es mit den Medikamenten ein weitgehend normales und beschwerdefreies Pferdeleben vor sich haben.
Häufige Symptome beim ECS-Pferd
Die ersten Symptome sind oft nicht eindeutig und werden in vielen Fällen zunächst nicht bemerkt. Beispielsweise ermüdet das Pferd rascher als früher und wirkt teilnahmslos, fast depressiv. Es leidet häufiger unter Infekten und hartnäckigen Hautproblemen wie Ekzemen oder Hautpilz mit schlechter Wundheilung. Oft trinkt das Pferd auffällig mehr und setzt deutlich öfter Harn ab. Hier und da schwitzt es ohne große Anstrengung stärker.
Erst wenn andere Anzeichen hinzukommen, werden die meisten Pferdebesitzer stutzig. Am Bart und an den Achseln fallen dann einzelne längere Haare auf und über den Augen entwickeln sich oft Beulen (Fettschwämmchen), wo andere Pferde kleine Höhlen haben. Das Pferd baut sichtbar Muskeln ab und bekommt gleichzeitig einen Hängebauch.
Spätestens, wenn die auffällige Fellwechselstörung mit deutlich zu langem, meist lockigem Fell, bedingt durch unvollständigen oder komplett ausbleibenden Fellwechsel hinzukommt, läuten die Alarmglocken. Dieses Fellproblem wiederum führt zu einer gestörten Thermoregulation mit starkem Schwitzen.
Ein weiteres – und in manchen Fällen auch einziges – Leitsymptom ist eine Hufrehe. Da der Zuckerstoffwechsel gestört ist, wird der Blutzuckerspiegel krankhaft erhöht und es kommt zu einer Insulinresistenz. Hier wirkt dann das im frischen Gras enthaltene Fruktan wie ein Katalysator. Bei einem Pferd, dass an Hufrehe erkrankt ist, kann es also durchaus auch sinnvoll sein auf Cushing zu testen.
Bluttest zur ACTH-Wert Bestimmung
Um der Krankheit auf die Spur zu kommen, sind zwei verschiedene Tests gängig. Zum einen der ACTH-Test, bei dem die Menge dieses Hormons im Blut bestimmt wird. Mit Hilfe dieses Bluttests kann man den ACTH-Wert bestimmen und die Krankheit diagnostizieren. Da die Werte schwanken, kann es durchaus sein, dass der Tierarzt mehrere Blutproben nimmt. Neue Studien zeigen, dass der ACTH-Test besonders in den Monaten von August bis Oktober sehr aussagekräftig ist.
Der Soll-Wert des ACTH bewegt sich dabei in einem Bereich von etwa 6,5 bis 30,8 Pikogramm, in Abhängigkeit von Pferd und Jahreszeit. Wichtig dabei ist zu beachten, dass dieser Wert kurzfristig stark schwanken kann. So wird beispielsweise oft für den Zeitraum zwischen August und Oktober ein leicht erhöhter maximaler Grenz-Wert bis zu 47 pg/dl angegeben und der ACTH-Wert wird insbesondere durch akute Schmerzzustände, wie bei einer Hufrehe mit beeinflusst.
In einem frühen Stadium der Krankheit wird oft der TRH-Stimulationstest mit Bestimmung von ACTH empfohlen.
Dexamethason Hemmtest
Zum anderen gibt es zur Bestimmung von Cushing bei Pferden den Dexamethason-Hemmtest. Bei diesem wird dem Pferd ein künstliches Glukokortikoid (Dexamethason) verabreicht, das normalerweise die körpereigene Produktion von Cortisol senkt.
Leidet das Pferd an ECS, tritt dieser Effekt nicht auf und der Cortisol-Spiegel im Blut ist zu hoch – eine Schädigung durch das von außen zugeführte Glukokortikoid ist nicht bekannt.
„Ich empfehle erst einen ACTH-Test zu machen, da dieser weniger aufwändig und billiger ist“, erklärt Dr. Kampmann. Sind dessen Ergebnisse nicht aussagekräftig, rät er zum Dexamethason-Hemmtest. Ein sehr zuverlässiges Verfahren nach Ansicht des Arztes. Beide Tests dauern jedoch mindestens eine Woche.
Wirkstoff Pergolid beim Pferd
Ein Medikament zur Behandlung von Cushing ist Prascend®, das den Wirkstoff Pergolid enthält. Es soll die körpereigene Produktion von Cortisol verhindern. Dieser Wirkstoff dockt an den Rezeptoren für Cortisol an und blockiert diese. Da Cushing nicht heilbar ist, sollten betroffene Pferde ihr Leben lang medikamentös behandelt werden. Häufig kann man mit solchen Cushing-Tabletten dem Pferd ein beschwerdefreies und fast normales Pferdeleben bieten.
In Zusammenarbeit mit dem Tierarzt sollte außerdem ein Bewegungs- und Futterplan erstellt werden, um den entgleisten Stoffwechsel nicht zu belasten.
Fütterung beim Cushing Pferd
Bei einer Cushing-Erkrankung sollte man unbedingt das bisherige Pferdefutter individuell anpassen und abstimmen, um weitere gesundheitliche Probleme zu vermeiden.
„In der Regel wird das Hauptaugenmerk darauf gelegt, stärkereduziert zu füttern“, erklärt Prof. Dirk Winter von der Hochschule Nürtingen. „Das heißt, dass betroffene Pferde vor allem viel Raufutter bekommen sollten. Am besten eignet sich hier Heu, das etwas später geschnitten wurde, so Ende Juni, Anfang Juli. Dieses Heu hat zwar weniger Nährstoffe, aber auch weniger Zucker.“
Auch Dr. Kampmann empfiehlt, Pferde mit diesem Hormonproblem nicht zu fett zu füttern und auf die Eiweiß- und Kohlenhydrataufnahme zu achten – beides setzt der Körper in Glukose um. „Man muss es bei der Fütterung nicht übertreiben, sollte lieber etwas vorsichtiger sein. Sonst können vorgeschädigte Pferde schneller Rehe bekommen“, berichtet der Tierarzt.
Getreide in der Fütterung ersetzen
Cushing-Pferde, die noch richtig im Training stehen, benötigen manchmal mehr Energie als im Raufutter steckt. Da man auf eine stärkereduzierte Fütterung achten sollte, ist es ratsam das Getreide durch andere Komponenten zu ersetzen. Das Getreide enthält vor allem Stärke, die wiederum ein Mehrfachzucker ist und zu den Kohlenhydraten zählt. In einem gesunden Pferdekörper wird die Stärke zu Zucker aufgespalten und von den Zellen in Energie umgewandelt. Bei Cushing ist dieser Umwandlungsprozess jedoch gestört.
Zum Beispiel kann man das Getreide durch Öle oder fettreiche Saaten wie Leinsaat ersetzen. Auch eine proteinreiche Fütterung, z.B. mit Soja, könnte ein Ansatz sein, da viele Pferde, die an ECS leiden, schon älter sind und aus diesem Grund bereits einen erhöhten Eiweißbedarf haben.
Kohlenhydrate und Zusatzstoffe vermeiden
Grundsätzlich sollte man in der Fütterung von Cushing Pferden Kohlenhydrate mit hoher Insulinreaktion (Stärke und Zucker) nach Möglichkeit vermeiden. Dazu gehört nicht nur Getreide, sondern auch Melasse oder Obst in größeren Mengen. „Ein halbes Kilo Saftfutter ist sicherlich kein Problem, aber mehr würde ich nicht füttern“, rät Dirk Winter. Auch Futtermittel mit Konservierungs-, Aroma- oder Süßstoffen sind nicht ratsam, da diese Produkte über die Leber verstoffwechselt werden und diese bei Cushing-Pferden bereits vorbelastet sein kann.
Vitamine und Mineralien für ECS Pferde
Vitamine und Mineralien sollten prinzipiell entsprechend des Bedarfs gefüttert werden. Aber auch hier gilt: Mit dem Tierarzt abstimmen, welche Zusammensetzung für das Pferd mit seinem aktuellen Gesundheitszustand hilfreich ist. Vor allem Vitamin E (2 mg/kg KM) und C, sowie Zink (1-2 mg/kg KM) können helfen, das geschwächte Immunsystem zu unterstützen.
Bei gesunden Pferden wird Vitamin C selbst in ausreichender Menge in der Leber hergestellt, bei kranken Tieren ist es manchmal nötig diese Vitamine von außen hinzu zu füttern. Omega-3-Fettsäuren aus Leinöl (20 ml/100 kg KM) hemmen Entzündungen, jedoch ist Öl sehr energiereich. Bei dünnen oder sportlich eingesetzten Pferden ist es ein sinnvolles Zusatzfuttermittel, bei Übergewicht sollte man eher darauf verzichten.
Weidegang für Cushing Pferde
Auch auf den Weidegang sollte man bei Cushing Pferden achten, weil zu viel frisches Gras riskant werden kann. „Da Cushing-Pferde zu Hufrehe neigen, muss man auf der Weide aufpassen. Vor allem im frühen Weideaufwuchs sind hohe Zuckergehalte im Gras, dieses sollten Cushing-Pferde meiden. Entsprechend sollte der Weidegang zeitlich begrenzt werden und Weiden bevorzugt werden, die schon etwas abgegrast sind“, rät Prof. Winter.
Mönchspfeffer kann Pferden helfen
In einer Studie der Freien Universität Berlin mit 38 Tieren, haben die Besitzer von Cushing-Pferden angegeben, dass die kombinierte Behandlung ihrer Pferde mit dem Wirkstoff Pergolid und einem speziellen Diätfuttermittel gut anschlug und es den Pferden damit sichtbar besser ging. Dieses spezielle Ergänzungsfuttermittel soll bei Cushing durch den Ausgleich von Nährstoff-Dysbalancen Stressreaktionen mindern.
Ein Bestandteil dieses Futters ist der Mönchspfeffer (lat. Vitex agnus-castus), den man auch in anderen Präparaten gegen Cushing zu findet. Dem Mönchspfeffer wird nachgesagt, dass er regulierend in den Hormonhaushalt eingreifen könne, ohne Nebenwirkungen hervorzurufen. Es gibt ihn nicht nur als Futterzusatz innerhalb von Cushing-Präparaten, sondern auch als reinen Kräuterzusatz zur individuellen Ergänzung. Die konkrete Dosierung und ob im Einzelfall eine begleitende Therapie mit Mönchspfeffer überhaupt sinnvoll ist, sollte immer mit dem behandelnden Tierarzt besprochen werden.
© Info zur Verwendung von Texten der Autoren Kerstin Wackermann und Julia Schay-Benekenike air jordan 1 mid outlet | 1576 nike air jordan 1 grises y negras
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