Equines Metabolisches Syndrom (EMS) beim Pferd

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Typisch für Pferde, die an EMS leiden, sind die meist deutlich sicht­baren Fettdepots. (© www.slawik.com)

Starkes Übergewicht und zu wenig Bewegung belasten den gesamten Organismus des Pferdes. Immer häufiger wird als Folge darauf die Stoffwechselerkrankung Equines Metabolisches Syndrom, kurz EMS, diagnostiziert. EMS geht mit Fettleibigkeit, Insulinresistenz und Hufrehe einher

Der Begriff Wohlstandskrankheit fällt oft im Zusammenhang mit der Krankheit Equines Metabolisches Syndrom (EMS) und macht klar, wo die Ursache des Problems liegt: zu viel Futter, zu wenig Bewegung. Das Pferd wird fett, der Stoffwechsel entgleist und eine Insulinresistenz droht. Vor allem Ponys, Kleinpferde oder Kaltblüter sowie leichtfutterige Rassen sind anfällig für das Problem Equines Metabolisches Syndrom, aber auch Pferde, die zu viel Futter bekommen, können daran erkranken. Demnach kann EMS bei jeder Rasse auftreten. Deshalb ist es wichtig, EMS so früh wie möglich zu erkennen, um Folgeschäden zu vermeiden.

Equines Metabolisches Syndrom erkennen – Symptome

Ein Equines Metabolisches Syndrom tritt nicht plötzlich auf, sondern ist eine schleichende Erkrankung. Das wohl deutlichste Symptom von EMS ist das starke Übergewicht der Pferde. Häufig haben an EMS leidende Pferde, durch den aus dem Gleichgewicht geratenen Stoffwechsel, Fettdepots an charakteristischen Stellen, wie beispielweise am Schweifansatz, an den Schultern, am Bauch, am Mähnenkamm, auf der Kruppe oder über den Augen. Des Weiteren können auch Leistungsverlust, Muskelabbau, steife Bewegungen, vermehrtes Schwitzen und starker Flüssigkeitsbedarf ein Anzeichen für das Equine Metabolische Syndrom bei Pferden sein, da der Energiehaushalt gestört ist.

Leidet mein Pferd an Cushing oder EMS?

Zu den Wohlstandskrankheiten der Pferd unseres Jahrhunderts zählen häufig Stoffwechselerkrankungen wie Equines Metabolisches Syndrom oder Cushing. Diese beiden Erkrankungen weisen oft ähnliche Symptome auf und lassen sich für den Laien oft nur schwer unterscheiden.

EQUINES METABOLISCHES SYNDROMEQUINES CUSHING SYNDROM
Der Fellwechsel ist normal.Der Fellwechsel ist verzögert, Pferd hat langes, teils welliges Fell.
Tritt in jedem Alter auf, schon ab fünfjährig.Tritt häufiger bei älteren Pferden auf.
Das Pferd wird ursprünglich durch zu viel Futter und zu wenig Bewegung fett.Das Pferd wird unabhängig von der Fütterung fett.

Ursachen von EMS und was passiert dabei?

Der Körper jedes Lebewesens ist ununterbrochen damit beschäftigt, sich selbst zu erneuern, zu verbessern, aufzubauen und abzubauen. Die Voraussetzung für einen geregelten Stoffwechsel ist die richtige Ernährung (wobei Verdauung nicht gleich Stoffwechsel ist!). Denn für alle seine Aufgaben benötigt der Körper Energie sowie Sauerstoff und Wasser. Die Energie gewinnt er aus der Nahrung. Stehen nicht genug oder zu viel Nährstoffe zur Verfügung, gerät das Gleichgewicht außer Kontrolle.

Die Hauptursache für Equines Metabolisches Syndrom bei Pferden sind Übergewicht und zu wenig Bewegung. Die Pferde sind dann nicht mehr in der Lage, die übers Futter aufgenommene Energie durch ausreichend Bewegung zu verbrauchen. Die Folge ist ein gestörter Fettstoffwechsel. Am Mähnenkamm, der Schulter und der Kruppe aber auch an den inneren Organen, vor allem an Leber und Nieren bilden sich Fettpolster.

Gestörter Fettstoffwechsel führt zu gefährlichen Fettdepots

Eigentlich wird das „Blutzuckerhormon“ Insulin vom Körper hergestellt, damit Zellen Zucker im Blut aufnehmen können, also die Energie, die durch Nahrung zugeführt wird. Bildet sich aber zu viel Fett, weil die Energie nicht verbraucht wird, werden entzündungsfördernde Stoffe freigesetzt. Die Zellen des Fettgewebes speichern nicht nur Fett, sie produzieren auch Stoffe (unter anderem Hormone), die den gesamten Körper beeinflussen: Die Zellen sprechen nicht mehr so gut auf Insulin an, so dass der Körper immer mehr Insulin produziert, was immer schlechter wirkt. Eine Insulinresistenz entsteht, die wiederum die Entwicklung von Fettdepots fördert – ein Teufelskreislauf.

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Jedes Pferd sollte regelmäßig auf der Pferdewaage gewogen werden, um das genau Gewicht zu überprüfen. (© www.slawik.com)

Folgen des Equinen Metabolischen Syndroms

Die Tiere sind immer hungrig und nach einer Zeit neigen sie zu Hufrehe. Obwohl sie kalorienärmer gefüttert werden, nehmen sie nicht ab. Im Blut lässt sich eine Insulinresistenz nachweisen, die zu Durchblutungsstörungen führen kann. Diese zeigen sich meisten zuerst in den Hufen in Form von Hufrehe, welche schlecht behandelbar, meist auf allen Hufen gleichzeitig und ohne klaren sichtbaren Auslöser auftreten.

Außerdem leiden Pferde, die am Equinen Metabolischen Syndrom erkrankt sind, zu langfristigen Störungen des Zuckerstoffwechsel, der zu einem erhöhten Nüchterninsulinspiegel im Blutplasma führen kann. Dieses ist vergleichbar wie Diabetes bei Menschen.

Diagnose von EMS bei Pferden

Wenn der Tierarzt EMS bei einem Pferd vermutet, lässt er eine Blutuntersuchung machen. Da der Körper immer mehr Insulin produziert, lässt sich dieses im Blut nachweisen. Allerdings ist ein reiner Insulintest aus Sicht des Labors Laboklin, das solche Tests durchführt, nicht 100-prozentig aussagekräftig, da der Insulinstoffwechsel von einer Vielzahl an Faktoren beeinflusst wird: unter anderem von Stress, Fitness, Krankheit und auch saisonal.

Das Labor Laboklin empfiehlt bei Verdacht auf EMS bei Pferden einen Test, der oral durchgeführt werden soll. Dafür sollten die Pferde über Nacht nüchtern gehalten werden und bekommen am nächsten Morgen 0,5 oder 1,0 Gramm Glukose- oder Dextrosepulver pro Kilogramm Körpergewicht in z.B. nicht melassierten Rübenschnitzeln. Nach zwei Stunden entnimmt der Tierarzt Blut für die Insulin-Bestimmung. Bei gesunden Pferden liegt der Wert nach einer Gabe von 0,5 Gramm Pulver unter 68 m U/l Insulin.

Behandlung

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Jegliche Bewegung hilft dem Stoffwechsel, da es die Reaktion auf Insulin verbessert. (© Pauline von Hardenberg)

Die erste Maßnahme ist es, den Futterplan des Pferdes anzupassen. Die Energiezufuhr muss langsam verringert werden, damit das Pferd abnimmt und die Fettdepots, die die schädigenden Substanzen freisetzen, abgebaut werden. Wichtig ist, dass die Reduzierung des Futters langsam geschieht, da gerade Pony besonders empfindlich auf schnellen Futterentzug reagieren. Der Körper mobilisiert in diesem Fall Fettreserven, die sich dann in Leber und Blut anreichern.

Ganz wichtig ist außerdem, die Bewegung zu steigern. Schon mehr Schritt führen als sonst ist ein Anfang. Bereits 20 Minuten im Round Pen pro Tag verbessern die Insulinempfindlichkeit, das konnte in einer Studie belegt werden. Und damit beugt es auch einer Hufrehe vor. Das heißt aber nicht, dass wieder gefüttert werden darf wie zuvor. 30 Minuten Schritt bedeuten für ein Pony 100 Gramm mehr Heu täglich.

An der Freien Universität Berlin wird außerdem erforscht, ob das Zufüttern von Magnesium helfen kann. Da EMS der Diabetes beim Menschen sehr ähnlich ist und dort Magnesium hilft, untersucht man nun, ob diese Möglichkeit auch bei Pferden sinnvoll ist. Erste Ergebnisse zeigen hier eine vielversprechende Tendenz.

Futterplan richtig anpassen

Essentiell ist es, die Aufnahme von Stärke und Zucker in der Fütterung zu begrenzen. Viele Pferdebesitzer greifen zu getreidefreiem Futter. Aber auch weitere, stärkehaltige Inhaltsstoffe wie Erbsenflocken und zuckerhaltige Zutaten wie getrocknetes Obst müssen berücksichtigt werden. Viel energiearmes Heu (spät geschnitten) füttern oder zwei Drittel Heu mit einem Drittel Stroh gemischt in einem Heunetz anbieten. Mehr Stroh ist nicht empfehlenswert, wegen der Gefahr einer Verstopfungskolik. Dazu ein passendes Mineralfutter geben.

Ein Feldversuch zeigte außerdem, dass nach der mehrwöchigen Gabe von 25 μm Chromhefe pro Kilogramm Körpermasse in Kombination mit Gewichtsabnahme die Reaktion auf Insulin besser war. Fettleibige Pferde sollten nicht auf die Weide. Auch Heulage oder Grassilagen enthalten zu viel Energie für Pferde mit EMS und sollten daher nicht gefüttert werden. Das Pferd soll Fett abbauen, aber keine Muskeln verlieren. Daher muss bei der Fütterung auch auf die Proteinversorgung geachtet werden. Proteinreiches Futter wie Grünmehle oder Luzernemehle sollten in der Ration enthalten sein.

EMS erkrankte Pferde können auch mit homöopathischen Mitteln unterstützt werden. Jedoch sollte unbedingt ein Tierarzt zu Rate gezogen werden.

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Weniger Energie im Heu: entweder spät geschnittenes Heu nehmen oder mit Stroh mischen. (© www.slawik.com)

Equines Metabolisches Syndrom durch Umweltgifte

Eine aktuelle Studie des Departement of Veterinary Population Medicine im amerikanischen Minnesota zeigt, dass hormonaktive Substanzen bei der Entstehung von EMS beteiligt sein könnten. Solche Substanzen stecken in zahlreichen synthetisch hergestellten Materialien wie Plastikflaschen und stören das Hormonsystem. Wie der Mensch, nimmt auch das Pferd die Schadstoffe über die Nahrung auf. Die Belastung durch Gifte unterscheiden sich je nach Region.

In der Studie wurde das Blut von 301 Welsh-Ponys und Morgan Horse auf 32 verschiedenen Höfen in den USA labortechnisch geprüft. Hierbei wurden sämtliche Daten der Pferde erfasst, wie Haltung, Ernährung, Bewegung und die Krankheitsgeschichte. Auch die unmittelbare Lebensumgebung spiele eine Rolle. Im Blut der Pferde wurden hormonaktive Substanzen gefunden. Außerdem fiel den Forschern auf, dass einige Blutwerte Abweichungen zeigten. Diese Abweichungen würden sonst nur bei Pferde mit dem Equipen metabolischen Syndrom auftreten

EMS: Vererbarkeit ist höher als angenommen

Wissenschaftler der Universität von Minnesota haben in einer Studie herausgefunden, dass bestimmte Stoffwechselmerkmale, die mit dem Equinen Metabolischen Syndrom in Verbindung stehen, eine Vererbbarkeit von bis zu 80 Prozent aufweisen. Bisher ging man davon aus, dass nur bestimmte Pferderassen genetisch bedingt ein höheres Risiko in sich tragen, an EMS zu erkranken. Selbst die Forscher waren über den hohen Wert überrascht, gingen sie doch von einer Vererbbarkeit von nur etwa 40 Prozent aus.

Von 264 Welsh- und 286 Morgan-Ponys hatten sie die genetischen Daten untersucht, da beide Rassen als besonders EMS-gefährdet gelten. Im Fokus der Wissenschaftler standen neun EMS-relevante Stoffwechselmerkmale. Sieben der neun Merkmale wurden bei den Welsh-Ponys als hoch vererbbar eingestuft. Hervorstechend war hier Insulin mit einer geschätzten Vererbbarkeit von 80 Prozent. Bei den Morgan-Ponys zeigten sich sechs der Merkmale mit einer mäßigen bis hohen Vererbbarkeit.

Die Wissenschaftler hoffen, dass die Studie dazu genutzt werden kann, um einen Gen-Test zu entwickeln, mit dem man in der Zukunft feststellen kann, ob ein Pferd ein erbliches Risiko für EMS in sich trägt.

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