Anweiden ist für Pferde, die das ganze Jahr über auf der Weide stehen, überflüssig. Anders bei Boxenpferden, die ihre Winter auf sandigen Paddocks verbringen – da ist langsames Umstellen auf Gras gefragt.
Pferde anweiden – manch einer mag es als überflüssig und zeitaufwendig abstempeln. Zeigt man diese Geduld nicht, kann die Quittung spätestens mit der ersten Kolik kommen.
An den ersten Tagen sollte das Pferd an der Hand nur jeweils zehn Minuten grasen dürfen, und zwar jeden Tag, das ist jetzt wichtig. Langsam wird die Fresszeit gesteigert, nach einigen Tagen auf 15, dann auf 20, schließlich auf 30 Minuten. Dann darf das Pferd für eine halbe Stunde frei gelassen werden, auf einen kleinen, abgezäunten Teil der Weide, wo es sich nicht überfressen kann. Allmählich wird auf eine bis anderthalb Stunden verlängert. Besonders gefräßige Pferde, die zur Verfettung neigen und von daher auch anfällig für Hufrehe sind, bekommen einen Maulkorb mit Fressschlitz um, der ihre Gier in die Schranken weist. Einige Pferde werden allerdings unruhig und versuchen, den lästigen Korb abzustreifen.
Zwei Wochen anweiden
Insgesamt sollte die Anweidezeit etwa 14 Tage dauern, erst dann dürfen die Pferde bei entsprechender Witterung draußen bleiben, gegebenenfalls auch Tag und Nacht. Ist die Umstellung einmal gelungen und aus dem Stallpferd ein Weidepferd geworden, spielt das Wetter kaum noch eine Rolle. Pferde machen sich nichts aus Wind und Regen, eher schon aus Sommerhitze und Insektenbelästigung. Jede Weide sollte deswegen wenigstens den Schatten hoher Bäume bieten, besser noch eine Weidehütte, in die sich die Pferde bei schwülem Wetter zurückziehen und vor Insekten schützen können. Sie muss so konstruiert sein, dass ein rangniederes Pferd nicht in eine Ecke gedrängt werden kann, also entweder zwei Ausgänge besitzen oder an einer – am besten der dem Wind abgewandten – Seite komplett offen sein.
Gefahr erkannt, Gefahr gebannt
Pferde brauchen auf der Weide zwar weniger intensive Pflege als im Stall, aber sich selbst überlassen darf man sie natürlich auch nicht. Gefahren lauern überall, viele lassen sich vermeiden oder reduzieren.
Koliken
Koliken können in der Anweidephase auftreten, weil der Verdauungsapparat die Futterumstellung vom Winterfutter (Heu und Hafer) auf Gras nicht verkraftet. Bei weidegewohnten Pferden sind Koliken selten.
Hufrehe
Das heutige Gras hat nichts mit dem Steppengras von früher gemein. Die meisten Pferde grasen auf ehemaligen Rinderweiden, auf denen zucker- und eiweißreiche Hochleistungsgräser speziell für Milchkühe zur Verfügung stehen. Der erhöhte Nährstoffgehalt kann vom Pferd nicht verwertet werden, sondern stört das bakterielle Gleichgewicht des Darms massiv. Die Folge kann Hufrehe sein. Dabei handelt es sich um eine Entzündung im Huf, die durch Giftstoffe (Endotoxine) entsteht, die im Huf teils dramatische Veränderungen bewirken. Sie kann bis hin zum Drehen des Hufbeins und zum gefürchteten „Ausschuhen“ führen, bei dem sich die Hufkapsel vom Huf löst – in der Regel ein Todesurteil für das Pferd. Auch das Enzym Fruktan ist für Hufreheschübe verantwortlich. Es wird im Gras besonders bei kalten Temperaturen verbunden mit Sonnenschein gebildet.
Besonders gefährlich für rehe-anfällige Pferde sind das Frühjahr (April, Mai) und der Herbst (Oktober, November). Da Fruktane hauptsächlich im Stängel gebildet werden, bedeuten auch ständig abgefressene und kurz gemähte Wiesen erhöhte Einlagerungen. Deshalb sollte das Gras beim Anweiden mindestens zehn Zentimeter hoch sein. Auch nährstoffarmer Boden bedeutet Fruktanegefahr, da die Pflanzen keine Nährstoffe zum Wachsen haben. Darum ist es wichtig, das Düngen nicht einzustellen, sondern auf ein Mittelmaß zu reduzieren. Achtung: Pferde, die einmal an Rehe erkrankt sind, bleiben häufig ein Leben lang anfällig. Bei ihnen muss ggf. der Weidegang reglementiert werden, sie müssen also morgens hereingeholt und erst nachmittags wieder herausgebracht werden.
Verletzungen
Verletzungen werden häufig durch kaputte oder unsachgemäße Zäune verursacht: Stacheldraht, Elektrozaun ohne Strom, der zum „Durchkriechen“ verführt, herunterhängende Litzen oder Drähte, in denen sich die Pferde verfangen, schadhafte Holzlatten, an denen sie sich Wunden reißen können, unsachgemäße Tore, die nicht sicher schließen. Auch Rangordnungskämpfe gehen häufig nicht ohne Blessuren ab, die Zusammenstellung einer homogenen Gruppe, in der jedes Pferd seinen Platz kennt und die Rangordnung nicht durch Neuzugänge immer wieder ausgefochten werden muss, sorgt für Frieden auf der Weide und reduziert damit das Verletzungsrisiko.
Atypische Weidemyopathie
Diese rätselhafte Erkrankung ist in unseren Breitengraden noch sehr selten, aber weil sie fast immer tödlich verläuft, höchst dramatisch. Auch weil es keine Vorsichtsmaßnahmen gibt. „Es kann jedes Pferd treffen, das im Frühjahr oder Herbst auch nur stundenweise auf die Weide kommt“, erklärt Stefan Förster. Der
Landschafts- und Sportplatzbauer ist auf Pferdeweiden spezialisiert. „Das Risiko steigt nach frostigen Nächten mit hoher Luftfeuchtigkeit.“ Vermutet wird ein Bodenbakterium, das unter bestimmten klimatischen Bedingungen wie Nachtfrost einen Giftstoff freisetzt.
Sommerekzem
Pferde, die dafür anfällig sind, entwickeln während der Weidezeit das Sommerekzem – einen unerträglichen Juckreiz, hervorgerufen durch eine Allergie gegen den Speichel der Kriebelmücken. Viele Ekzemer scheuern sich das Langhaar völlig ab, zum Teil auch die Haut bis aufs Blut. Ein sicheres Heilmittel gibt es nicht, Beschränkung des Weidegangs und Schutz durch Ekzemerdecken können helfen.
Mauke und Strahlfäule
Auf tiefen Matschflächen ist die Pferdegesundheit weiter gefährdet, wie Alexandra Jurr betont: „Solche Flächen sind wahre Brutstätten für Infektionen wie Strahlfäule und Mauke.“ Sämtliche Hautirritationen an den Beinen, also bakterielle Entzündungen der (Ober-)Haut, werden als Mauke bezeichnet. Dabei bilden sich besonders in der Fesselbeuge eitrige Wunden oder Schorf. Ein Einschuss (Entzündung der Unterhaut) kann hinzukommen. Die Heilung ist langwierig.
Giftige Pflanzen
Giftige Pflanzen und schädliche Gräser können außer-dem den Weidefrieden stören. „Unterschieden werden muss hier zwischen Stoffwechselerkrankungen durch Fruktane in Gräsern, die beispielsweise Hufrehe auslösen, giftige Resistenzen auf oder in Gräsern und sonstige, für Pferde giftige Pflanzenarten“, erklärt Förster. Süßgräser winterkalter Klimabereiche sind oft mit Pilzsymbiosen infiziert. Jede Vergiftung kann Hufrehe auslösen, weshalb solche Pilze gefährlich sein können. „Flächen für die Futtergewinnung müssen generell, aber insbesondere vor dem Mähen auf Giftpflanzen kontrolliert werden“, betont Förster. „Pflanzen, die Pferde auf der Weide noch verschmähen, fressen sie oft im getrockneten Zustand trotzdem.“
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