Es sieht hübsch aus, blüht in üppigem Sonnengelb, bevorzugt naturnah bewirtschaftete Flächen und breitet sich immer weiter aus. Umweltschützer feiern es als Beitrag zur Vielfalt unserer Flora. Pferdehalter hassen das Jakobskreuzkraut, denn es kann Pferde töten. Auch im Heu.
Die Friesenstute Mara sah erbärmlich aus: Ödeme an den Beinen und der Brust entstellten ihren Körper, das Pferd war abgemagert bis auf die Knochen und völlig teilnahmslos. Einige Tage später rannte es immer wieder mit dem Kopf vor die Wand, wanderte ruhelos hin und her. Schließlich musste Mara eingeschläfert werden. Die Autopsie bestätigte, was die Tierärztin nach der Analyse der Leberwerte bereits vermutet hatte: Die Ursache für Maras Tod war eine Vergiftung mit PA (Pyrrolizidin-Alkaloide). Die Stute hatte eine tödliche Menge von Jakobskreuzkraut (JKK) aufgenommen. Eine Heilung gibt es nicht.
Was Pferdehalter tun können
Weide
Kontrollieren Sie die Weide. Gerade junge Pferde fressen oft die Blattrosetten im ersten Jahr, also vor der Blüte. Diese enthalten keine Bitterstoffe, sind aber trotzdem giftig. Bestehen Sie auf die vollständige Entfernung des Jakobskreuzkrautes oder lassen Sie Ihr Pferd nicht auf die Weide.
Heu oder Silage
Die Bitterstoffe der frischen Pflanze werden in der getrockneten Form abgebaut, aber nicht das Gift. Es hält sich bis zu vier Jahren. Kaufen Sie Raufutter nur von Betrieben, bei denen Sie sicher sind, dass auf den Wiesen kein Jakobskreuzkraut wächst. „Wiesen und Weiden, auf denen Jakobskreuzkraut wächst, sind für die Pferdehaltung wertlos“, gibt der NABU-Beauftragte Fritz Heydermann zu. Lassen Sie sich vom Pensionsstallbetreiber zusichern, dass das Raufutter nur aus nicht-kontaminierten Beständen stammt.
Garantie
Es gibt Raufutterhersteller, die schriftlich zusichern, dass ihre Ware kein Jakobskreuzkraut enthält. Wenn Sie sicher gehen wollen, bestehen Sie auf diese Garantie.
Identifizierung von Jakobskreuzkraut
Das Jakobskreuzkraut wird seit mehreren hundert Jahren in unseren Breiten nachgewiesen. Es gehört zur Familie der Korbblütler – an der Spitze des Stängels wachsen korbartig mehrere Blüten. Wurzeln, Stängel, Blätter und Blüten sind giftig. Die zweijährige Pflanze siedelt sich bevorzugt auf sonnigen, hellen Standplätzen, mageren Böden mit „offener“ Grasnarbe und an Wegrändern an. Auch am Rand von Autobahnen hat es jeder schon gesehen. Der Grund: Eine Zeitlang mischte man den Grasmischungen für die Bepflanzung von Straßenrandstreifen auch Samen des Jakobskrauts bei. Es mag keine „nassen Füße“ und ist deswegen in Marschgegenden seltener als auf ärmeren Böden. Je ökologischer ein Landwirt arbeitet, desto artenreicher sind die Flächen – desto besser gedeiht das Jakobskreuzkraut. Spät gemähtes Heu ist häufig kontaminiert.
Das Jakobskreuzkraut tritt offenbar in großen Wellen auf: jahrzehntelang war es fast verschwunden, um sich dann seit den 1980er-Jahren wieder weiträumig zu verbreiten. So ist es durchaus möglich, dass das Vorkommen in einigen Jahren wieder abebbt. Eine Erklärung hat die Wissenschaft dafür bisher nicht.
Bekämpfung des Jakobskreuzkrauts
Man kann einzelne Pflanzen mitsamt der Wurzel herausreißen, aber aus kleinen im Boden verbliebenen Wurzelstücken wachsen neue Pflanzen nach. Die herausgerissenen Pflanzen dürfen nicht neben der Weide liegen bleiben! Sie müssen verbrannt oder anderweitig entsorgt werden, um eine erneute Aussamung zu verhindern. Sonst können pro Pflanze bis zu 150.000 Samen verstreut werden. An der Universität Kiel läuft derzeit ein auf fünf Jahre angelegter Versuch, die Ausbreitung einzudämmen – bisher, nach drei Jahren, ist kein Erfolgsmodell zu erkennen. Kahle Stellen auf der Weide müssen möglichst schnell durch Nachsaat mit Grassamen geschlossen werden.
Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) begrüßt das Wiedererstarken des Jakobskrauts auf seinen ökologischen Flächen, ist es doch die Lebensgrundlage zahlreicher Insekten, unter anderem eines Schmetterlings namens „Blutbär“. In anderen europäischen Ländern hat das Jakobskreuzkraut weit weniger Fürsprecher: In England, Irland und der Schweiz wird es als „allgemeingefährlich“ eingestuft. Größere Vorkommen müssen gemeldet und gezielt vernichtet werden.
Harmloser Beginn
Es hatte alles ganz harmlos angefangen. Mara fraß schlecht, verlor sichtlich an Gewicht, ohne dass es eine schlüssige Erklärung gab. Sie bekam eine Wurmkur, ihre Zähne wurden gemacht. Aber der Zustand der Stute verschlimmerte sich über Wochen immer weiter.
Als Erika G., die Besitzerin von Mara, beziehungsweise ihre Tierärztin auf die Idee kamen, das Jakobskreuzkraut könne die Ursache für die Erkrankung des Pferdes sein, da war die Leber bereits so stark geschädigt, dass keine Hilfe mehr möglich war. Die Vergiftung kann sich über einen längeren Zeitraum hinziehen, weil das Gift nicht abgebaut wird, sondern sich in der Leber ansammelt, bis es schließlich die tödliche Menge erreicht hat.
Symptome einer Vergiftung mit Jakobskreuzkraut
- Gewichtsverlust
- Konditionsverlust
- Häufiges Gähnen
- „Sonnenbrand“ am Maul und an den weißen Abzeichen
- Schrunden in der Fesselbeuge (werden leicht mit Mauke verwechselt)
- Kolik oder Verstopfung
- Blut im Kot oder Urin
- Erhöhte Leberwerte im Blutbild
- Unruhe, Taumeln, Ataxie, zielloses Umherwandern des Pferdes („Hepatoenzephales Syndrom“)
14 bis 20 Kilo bzw. 2,4 Kilo in getrocknetem Heu sind tödlich für einen 350 Kilo schweren Isländer. Diese Menge kann über einen längeren Zeitraum angesammelt werden. 15 Triebe entsprechen 1 Kilo Frischmasse bzw. 150 Gramm Trockenmasse.
Die Fälle häufen sich
Eine andere Pferdehalterin im Rheinland verlor zwei ihrer vier Pferde durch JKK. Bei ihnen hatte sich das Gift über Jahre angesammelt. Rund ums Maul bildeten sich Schrunden wie bei einem Sonnenbrand, dieselben Symptome zeigten sich bei den weißen Abzeichen der Pferde.
Die Gefährlichkeit des JKK-Giftes belegte ein makabrer Versuch des Instituts für Veterinärpharmakologie und -toxikologie in Zürich aus dem Jahre 1921(!): Zwei Pferden mischte man täglich eine Dosis Kreuzkraut unters Futter. Ein Pferd erhielt 907 Gramm der getrockneten Pflanze – es starb nach 16 Tagen. Das zweite Pferd erhielt 64 Tage lang 113 Gramm – es starb neun Tage nach Versuchsende. Es hätte nicht dieser grausamen Experimente bedurft, um die Tücken der gelben Schönheit zu beweisen. Dass der Naturschutzbund Deutschland (NABU) von „irrationaler Panikmache“ spricht, zeugt davon, dass man hier nichts verstanden hat.
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