Falsches Reiten kann den Pferderücken und damit die empfindliche und komplexe Wirbelsäule des Pferdes langfristig schädigen. Richtiges Reiten hingegen kräftigt den Rücken.
Das Glück dieser Erde liegt auf dem Rücken der Pferde. Was für den Menschen Glück bedeutet, ist für manche Pferde jedoch eine Höllenqual – denn Schäden und Verletzungen des empfindlichen Pferderückens haben in den letzten Jahrzehnten enorm zugenommen. Dieses Problem rückt immer mehr in das Blickfeld von Reitern und Tierärzten.
Teil I : Der Aufbau des Pferderückens
Teil II: Rückenprobleme und Rückentraining
Kern des Pferderückens: Die Wirbelsäule
Die Wirbelsäule des Pferdes setzt sich aus der Hals-, der Brust-, der Lendenwirbelsäule und dem Kreuzbein zusammen. Das wichtigste Band ist das lange Nackenband – ein fester elastischer Muskelstrang, der vom Hinterkopf bis zu den Dornfortsätzen der Brustwirbelsäule verläuft. Dieser Muskelstrang spielt zusammen mit Kopf und Hals eine wichtige Rolle bei der Aufrechterhaltung der Spannung im Pferderücken.
Halswirbelsäule
Die Halswirbelsäule besteht aus sieben Wirbeln, von denen der erste als Atlas bezeichnet wird. Er ist mit dem Hinterhauptsbein, dem oberen Teil des Schädels verbunden. Die Wirbelkörper sind durch die Bandscheiben und verschiedene Bandstrukturen miteinander verbunden.
Brustwirbelsäule
Die Brustwirbelsäule besteht aus 18 Wirbeln. An der oberen Seite der Wirbel liegen die Dornfortsätze, die vom letzten Halswirbel bis zum fünften Brustwirbel sehr lang sind. Im vorderen Bereich sind die Dornfortsätze nach hinten geneigt. Zum Ende der Brustwirbelsäule zeigen die Dornfortsätze bis zum Kreuzbein nach vorne.
Zwischen den Wirbeln liegen kleine Gelenke, die im vorderen Bereich der Brustwirbelsäule so angelegt sind, dass das Pferd diesen Abschnitt seitlich und auf und ab bewegen kann. Im hinteren Bereich lassen diese Gelenke nur das Aufwölben und Durchbiegen zu.
Lendenwirbelsäule
Die Lendenwirbelsäule besteht aus sechs Wirbeln, die eng miteinander verbunden und nicht sehr beweglich sind. Das ist von großem Vorteil, denn hier wird die Schubkraft der Hinterhand auf den gesamten Pferderücken übertragen, weshalb dieses „Kraftzentrum“ besonders stabil sein muss.
Das Kreuzbein besteht aus den fünf Wirbeln, die miteinander verwachsen und nicht beweglich sind. Hier zeigen die Dornfortsätze wieder nach hinten. Das Pferd besitzt 15 bis 22 Schwanzwirbel, die hinter dem Kreuzdarmbein liegen.
Funktionsweise des Pferderückens
Die Wirbelsäule des Pferdes erfüllt viele wichtige Aufgaben: Sie trägt und schützt in ihrem Wirbelkanal das empfindliche Rückenmark und überträgt die von der Hinterhand ausgehende Kraft auf die Vorhand des Pferdes.
Die Wirbelsäule des Pferdes lässt sich mit einer Brückenkonstruktion vergleichen, bei der die Vor- und Hinterhand den Brückenpfeilern gleichen. Die eigentliche Brücke wird von der Wirbelsäule und der Rückenmuskulatur des Pferdes gebildet. Stabil wird diese Brücke erst, wenn sich durch das Anspannen der Bauchmuskulatur der Pferderücken nach oben wölbt. Die Bauchmuskulatur stützt also die Wirbelbrücke zwischen den zwei Pfeilern und sorgt gleichzeitig dafür, dass sich die Domfortsätze an den Wirbelkörpern voneinander entfernen.
Die wichtigen Bänder im Pferderücken
Die dazwischen liegenden Bänder schützen die Wirbelsäule vor einer zu starken Aufwölbung. Diesen gilt ein besonderes Augenmerk. Die Bänder sind faserige Verbindungen zwischen zwei Knochen, die sehr zäh, aber auch elastisch sind.
Die Brustwirbelsäule schließt vorne an den Brustkorb an, der mit Bändern am Schulterblatt aufgehängt ist. Am Kreuzbein, also hinten, ist die Wirbelsäule durch das so genannte Kreuzdarmbeingelenk mit dem Becken verbunden. Dort verbinden ebenfalls Bänder das Kreuzbein und die Dornfortsätze mit dem Darmbein (oberer Teil des Beckens).
Aufbau des Wirbelkörpers
Um die Funktion der Bänder besser zu verstehen, hilft es, sich den einzelnen Wirbel näher anzuschauen: Der Wirbelkörper ist nach vorne gewölbt und scheint nach hinten hohl. Zwischen den Wirbeln liegen die Bandscheiben. Oberhalb des Wirbelkörpers ist der Wirbelbogen, der das dort durchlaufende Rückenmark schützt. Auf diesem Wirbelbogen sitzen vier kleine Fortsätze: zwei vorne und zwei hinten, von denen jeweils einer rechts und links liegt. Diese Gelenkfortsätze verbinden die Wirbel miteinander. Ganz oben sitzen dann die Dornfortsätze.
Lange und kurze Bänder im Pferderücken
Im Pferderücken unterscheidet man zwischen kurzen und langen Bändern an der Wirbelsäule. Die Zwischenbogenbänder sind kurze Bänder, liegen zwischen den Wirbelbögen und sind sehr elastisch. Die Zwischendornenbänder sind ebenfalls kurze Bänder und verbinden die Dornfortsätze der Wirbel miteinander.
Das Rückenband verläuft vom zweiten Halswirbel bis zum Kreuzbein innerhalb der Wirbelbögen und ist an den Wirbelkörpern und den Bandscheiben befestigt. Das untere Längsband zieht sich von der Mitte der Brustwirbelsäule bis zum Kreuzbein und ist ebenfalls an den Wirbelkörpern und den Bandscheiben befestigt.
Das Nackenband ist besonders stark und elastisch und beginnt rechts und links am Hinterhauptsbein, wo der erste Halswirbel, aufgehängt ist. Von dort geht es bis zum Widerrist, wo es sich mit dem Rückenband vereinigt.
Auf der Höhe des dritten Halswirbels ist das Nackenband mit der so genannten Nackenplatte verbunden. Die Nackenplatte ist an den Dornfortsätzen der Halswirbel befestigt und spannt sich ganz flach nach oben bis zum Nackenband.
Die Rückenmuskulatur des Pferdes
Bei der Muskulatur im Pferderücken, unterscheidet man wie bei den Bändern zwischen kurzen und langen Muskeln. Gemeinsam sorgen sie für Stabilität und spielen für die Tragfähigkeit der Wirbelsäule eine entscheidende Rolle. Besondere Beachtung sollte dem langen Rückenmuskel (dem längsten Muskel im Pferdekörper) zukommen, den man in drei Abschnitte unterteilt:
Im ersten Abschnitt (Kopfteil) beginnt er am letzten Hals- und ersten Brustwirbel und endet im Bereich des ersten Halswirbels (Atlas). Dieser Teil dient zum Heben des Halses und Kopfes. Bei einseitiger Anspannung dreht sich der Kopf und der Hals biegt sich.
Im Halsteil setzt der lange Rückenmuskel am fünften und achten Brustwirbel an und geht bis zum dritten Halswirbel. Hier dient er zur Aufrichtung des Vorderkörpers und dem Feststellen und Strecken der Wirbelsäule.
Im Brustteil ist er an den Dornfortsätzen des Kreuzbeins, der Lenden- und Brustwirbel und am Darmbein befestigt und zieht sich über die gesamte mittlere Wirbelsäule bis zu den Rippen, an denen er seitlich ansetzt. Auch in diesem Teil dient der lange Rückenmuskel der Streckung und Feststellung der Wirbelsäule und der Aufrichtung.
Gut gerittene Pferde erkennt man an einem gut ausgebildeten langen Rückenmuskel, der sich, richtig geformt, über die Domfortsätze erhebt und eine schöne, bemuskelte Oberlinie ergibt. Hinzu kommen eine ganze Reihe von langen Rückenmuskeln, die im Zusammenspiel mit der Becken- und Kruppenmuskulatur und den Lenden- und Bauchmuskeln für Stabilität sorgen und die Kräfte der Hinterhand auf das gesamte Pferd übertragen.
Stabilisator: Langer Rückenmuskel
Der lange Rückenmuskel ist der wesentlichste Stabilisator der „Wirbelbrücke“ im Pferderücken. Dieser Muskel ist paarig ausgebildet, das heißt, er befindet sich auf beiden Seiten des Pferderückens an den Dornfortsätzen. Allein die Ausprägung des langen Rückenmuskels kann dem Tierarzt in vielen Fällen Hinweise auf ein Rückenproblem des Pferdes geben.
Dabei gilt: Je stärker dieser Muskel ausgebildet ist, umso besser kann er die empfindlichen Wirbelkörper schützen und stützen.
Die gesamte Rückenmuskulatur des Pferdes hat eine stoßdämpfende Funktion, denn die Wirbelsäule des Pferdes wird bei jedem Tritt oder Sprung einer Erschütterung ausgesetzt.
Teil I : Der Aufbau des Pferderückens
Teil II: Rückenprobleme und Rückentraining
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