Anzeichen von Rückenproblemen
Für den Tierarzt ist es nicht immer einfach, ein Problem im Pferderücken auf den ersten Blick deutlich zu erkennen. Häufig wird eine Diagnose dadurch erschwert, dass das entscheidende klinische Symptom und nicht so sehr ein erkennbarer Schmerz, wie beispielsweise eine Lahmheit ist.
Außerdem gibt es viele Pferde, die trotz eines Rückenleidens zufriedenstellende Leistung erbringen oder von Natur aus einen empfindlichen Rücken besitzen. Diese Pferde reagieren beim Abtasten sehr sensibel oder zeigen unter dem Sattel verhaltene Bewegungen, ohne dass eine krankhafte Veränderung im Rücken vorliegt.
Die häufigsten Anzeichen für ein ernst zu nehmendes Problem im Bereich des Pferderückens sind:
- Das Pferd reagiert beim Putzen und Satteln mit schmerzhaften Reaktionen (Rücken wegdrücken, Ausweichbewegungen) oder wird sogar widerspenstig
- Es zeigt ein vermindertes Springvermögen, drückt den Rücken weg oder verweigert das Springen komplett
- Das Pferd springt mit festem, durchgedrückten Rücken und geht gegen die Hand
- Der Gang ist hinten beidseitig häufig klamm und kurz oder es zeigt sich eine ein- oder beidseitige Hinterhandslahmheit
- Dressurpferde zeigen mangelnden Raumgriff und schwache Verstärkungen
- Die Rückenmuskulatur ist schwach ausgebildet oder zurückgebildet und die seitlichen Fortsätze der Wirbelkörper sind sehr deutlich zu sehen
Wenn das Pferd eines oder sogar mehrere dieser Symptome aufweist, sollte es einem Tierarzt vorgestellt werden. Dieser wird in der Regel mehr über die Vorgeschichte des Pferdes erfahren wollen, den Rücken eingehend betrachten und gründlich abtasten. Um eine erste Diagnose zu erstellen, ist es außerdem unerlässlich, dass der Tierarzt das Pferd an der Longe und unter dem Reiter sieht.
Diagnosemöglichkeiten
Beim Abtasten des Rückens testet der Tierarzt, wie das Pferd auf Belastung im Rücken reagiert und erkennt, wo sich Verspannungen befinden. Die Reaktion des Pferdes auf den Druck kann sich soweit steigern, dass es nach hinten ausschlägt oder ,in die Knie“ geht. In diesem Fall muss herausgefunden werden, wo genau die Schmerzen ausgelöst werden.
Um die Diagnose auf den Punkt zu bringen, gibt es mehrere Möglichkeiten: Man kann den Rücken des Pferdes röntgen lassen, einzelne Rückenbereiche betäuben, um zu sehen, wo der Schmerz sitzt oder in sehr komplizierten Fällen, eine szintigraphische Untersuchung machen lassen.
Allerdings ist es nicht möglich, wie in der Humanmedizin, die gesamte Wirbelsäule mit allen Wirbelkörpern und Gelenken vollständig röntgenologisch sichtbar zu machen. Auf dem Röntgenbild lassen sich lediglich die Domfortsätze darstellen, da der Rest der Wirbelsäule von zu viel Muskelmasse umgeben ist.
Häufig kann der Tierarzt aber anhand der Aufnahmen eine Aussage über den Grad der krankhaften Veränderungen treffen. Eine häufige Ursache für Rückenschmerzen beim Pferd sind die sogenannten „Kissing Spines“. Bei dieser Erkrankung der Wirbelsäule berühren sich die Dornfortsätze, was beim Pferd zu großen Schmerzen führt.
Ursachen für Rückenprobleme
Rückenprobleme können von der Wirbelsäule selbst und von der Muskulatur ausgehen. Da die knöcherne Wirbelsäule und die Rückenmuskulatur in enger Wechselwirkung miteinander stehen, sind allerdings meistens beide Komplexe betroffen.
Bestimmte Pferdetypen (nervige Pferde) und Pferde mit speziellen anatomischen Gegebenheiten (zum Beispiel ein zu langer Rücken oder ein Senkrücken), neigen oft besonders zu Rückenproblemen und müssen daher gewissenhaft gymnastiziert werden.
Krankhafte Veränderungen an der Wirbelsäule, wie die „kissing spines“, Arthrosen der kleinen Wirbelgelenke, Abnutzungserscheinungen, Frakturen und Veränderungen an den Zwischenwirbelbändern führen aber auch bei Pferden mit „normalen“ Rückenformen zu erheblichen Problemen.
In den meisten Fällen sind reiterliche Fehler und lang andauernde, falsche Einwirkung in Kombination mit nicht artgerechter Haltung die Ursache für Probleme im Pferderücken. Zu wenig Weidegang, langes Stehen in der Box und schlechte Gymnastizierung führen zu einseitigen Belastungen und zur Überanstrengung einzelner Rückenpartien.
Bei der Suche nach den Ursachen für Rückenerkrankungen sollten auch Sattel- und Zaumzeug, sowie eventuell bestehende Erkrankungen der Gliedmaßen oder Zahnprobleme berücksichtigt werden.
Senkrücken, Karpfenrücken und Skoliose
In der Veterinärmedizin unterscheidet man zwischen primären und sekundären Erkrankungen. Primär bedeutet, dass Strukturen wie Wirbel, Bänder oder Muskeln verletzt und Auslöser für Rückenerkrankungen sind. Das Gegenteil, also eine sekundäre Erkrankung, wären durch ein Zahnproblem ausgelöste Rückenschmerzen. In diesem Fall liegt die primäre Ursache im Gebiss und das Rückenleiden ist nur eine Folgeerscheinung.
Zu den primären Erkrankungen zählt zum Beispiel der Senkrücken (Lordose), der angeboren sein kann. Dabei hängt die Wirbelsäule nach unten durch. Ein Senkrücken kann aber auch entstehen, wenn junge Pferde zu früh belastet werden. Auch bei älteren Pferden sieht man häufig einen Senkrücken, was damit zusammenhängt, dass die Muskeln und Bänder im Laufe der Jahre nachgeben.
Der so genannte Karpfenrücken (Kyphose), bei dem die Wirbelsäule nach oben verformt ist, ist häufig angeboren. Solche Pferde haben Probleme mit dem Schwung, da die Übertragung der Schubkraft von der Hinterhand auf den Rücken stark beeinträchtigt ist.
Bei einer seitlichen Verkrümmung der Wirbelsäule spricht man von einer Skoliose. Je nach Schweregrad wird die Stabilität des gesamten Rückens mehr oder weniger beeinträchtigt.
Rückenprobleme behandeln und vermeiden
Grundsätzlich muss man zunächst herausfinden, welche Ursachen das Rückenleiden auslösen. Häufig besteht ein Teufelskreislauf zwischen Schmerz und Verspannung: Der Schmerz verursacht die Verspannung und diese wiederum den anhaltenden Schmerz. Dieser Kreis lässt sich kurzfristig durch bestimmte Maßnahmen unterbrechen, wobei ein langfristiger Erfolg – sofern keine organischen Schäden bestehen – nur durch eine angepasste und zweckmäßige Gymnastizierung des Pferdes erreicht werden kann.
Boxenruhe oder Koppelgang, je nach Erkrankungen ein stark heruntergefahrenes Training- und Wettkampfprogramm, sowie verschiedene Medikamente sind die ersten Schritte, die eine Besserung einleiten.
Die am häufigsten angewandte und am schnellsten wirksame Methode um den Schmerz zu lindem, ist die lokale Injektion entzündungshemmender und muskelentspannender Medikamente in die Rückenmuskulatur des Pferdes. Diese Methode hat jedoch nur dann Erfolg, wenn der Reiter sich wirklich daran hält, seinem Pferd nur ein schonendes Trainingsprogramm zuzumuten.
Rückenprobleme lösen – Rückenmuskulatur aufbauen
Je nach Schweregrad der Erkrankung bestehen viele Möglichkeiten, die in ihrer Kombination erfolgreich sein können:
- Veränderung der Reitweise: Achten Sie darauf, das Pferd regelmäßig tief und vorwärts abwärts über den Rücken zu reiten. Allerdings nur in Maßen, da sonst unter Umständen die Vorhand zu sehr belastet wird (Hinterhand aktivieren!). Gestalten Sie das tägliche Training abwechslungsreich, beispielsweise durch Galopparbeit im Wald oder Klettern.
- Physiotherapie: Bei der Physiotherapie werden die Gelenke aktiv und passiv bewegt. Außerdem kann die Massage von Gelenken, Muskeln und Sehnen Verspannungen lösen und Schmerzen mildern.
- Longenarbeit: Beim gezielten Longieren kann das Pferd ungehindert den Rücken aufwölben. Die Muskulatur wird gelockert, gedehnt, gekräftigt und die Durchlässigkeit wird verbessert.
- Osteopathie: Der Osteopath kann Blockaden im Skelett des Pferdes erkennen und durch gezielte Bewegungen lösen.
- Akupunktur: Die Akupunktur ist Bestandteil der traditionellen chinesischen Medizin. Sie ist eine Ergänzung zur schulmedizinischen Behandlung, bei der mittels Nadeln, die in bestimmte Bereiche eingeführt werden, Blockaden und Verspannungen gelöst werden.
- Einsatz muskelaufbauender Präparate: In manchen Fällen ist es sinnvoll, muskelaufbauende Medikamente (Dopingproblematik beachten!) oder Zusatzfuttermittel, die den Muskelaufbau unterstützen, zu füttern.
- Magnetfeldtherapie: Pulsierende Magnetfelder regen den Stoffwechsel in den Knochen und den Muskeln an. Sie beschleunigen und unterstützen den Heilungsprozess und wirken entspannend.
- Aquatrainer: Im Aquatrainer werden Gelenke, Muskeln und Sehnen sanft bewegt. Dies hilft besonders, die Rücken- und Hinterhandmuskulatur schonend aufzubauen.
Mit gezieltem Training die Rückenmuskulatur aufbauen und stärken
Oberstes Gebot: Das Pferd muss über den Rücken gehen. Das bedeutet, dass es seinen Reiter mit der Rückenmuskulatur trägt und den Rücken bei der Arbeit nach oben aufwölbt. Das kann es natürlich nur, wenn die entsprechende Muskulatur trainiert wird. Dabei spielt auch die Bauchmuskulatur eine große Rolle. Nur wenn diese stark genug ist, kann der Rücken richtig arbeiten.
Die Bauchmuskulatur unterstützt den Pferderücken
Schaut man sich ein Pferd mit durchgedrücktem Rücken an: Nicht nur, dass es die Rückenmuskulatur nicht anspannt, auch die Bauchmuskulatur ist schlaff. Man kann auch selbst einmal ausprobieren, was passiert, wenn man den Rücken aufwölbt: Die Bauchmuskulatur spannt sich automatisch an. Eine starke Bauchmuskulatur unterstützt also den Rücken.
Stangenarbeit und fleißig vorwärts abwärts
Das vorwärts-abwärts-Reiten zu Beginn der Stunde ist unerlässlich, damit das Pferd den Rücken strecken kann. Dabei soll es mit der Hinterhand fleißig arbeiten und an das Gebiss herantreten. Wenn sich die Halswirbelsäule senkt und die Hinterbeine weit nach vorne fußen, dann wölbt sich der Rücken ganz automatisch nach oben. Auch beim Vorwärts-abwärts an der Longe sollten Sie das Pferd auffordern, die Hinterhand fleißig Richtung Schwerpunkt zu bewegen.
Ein gutes Trainingsmittel sind Stangen, die Sie beim Reiten und beim Longieren einsetzen können. Für die Arbeit im Trab sollten die Stangen im Abstand von 1,20 Meter bis 1,50 Meter ausgelegt werden. Sie können die Stangen auch sternförmig auf dem Zirkel platzieren. Das fleißige Treten bei gleichzeitiger Biegung fördert die Rückenmuskulatur. Diese Übungen kann man auch im Galopp probieren, wobei die Stangen in einem Abstand von drei Meter bis 3,60 Meter liegen sollten.
Seitengänge für einen gesunden Pferderücken
Seitwärtsgänge wie Schulter- und Kruppeherein, bei denen das Pferd mit dem inneren Hinterbein unter den Schwerpunkt treten muss, sind ebenfalls gute Übungen zur Stärkung der Muskeln. Dabei muss das Pferd vermehrt Last mit dem inneren tragenden Hinterbein aufnehmen und muss zwangsläufig, wenn es weiter fleißig vorwärts an das Gebiss herantritt, den Rücken aufwölben. Diese Übungen sind besonders effektiv, wenn man sie im Schritt reitet. Dann fällt es einfacher, korrekt zu arbeiten und wie man ja weiß: Es ist viel anstrengender ein Gewicht langsam auf und ab zu bewegen, als es schnell hochzuheben und wieder fallen zu lassen.
Rückentraining im Gelände
Effektives Rückentraining kann man auch im Gelände versuchen: Man lässt das Pferd kleine Wälle und nicht zu steile Hänge hinauf- und hinunterklettern. Dabei muss es seine Rückenmuskulatur richtig anstrengen. Erst wenn das Pferd in der Lage ist, den Reiter über seine aufgewölbte Rückenmuskulatur zu tragen, ist es an der Zeit für Lektionen, in denen es versammelt gehen muss.
Entscheidend ist der Wechsel zwischen Anspannen und Loslassen der Muskulatur: Ein Pferd, das seine Muskulatur ständig anspannen muss, wird irgendwann verspannen und ein Pferd, das nicht lernt, seine Muskeln richtig anzuspannen, wird keine Muskulatur entwickeln. Erst das Wechselspiel ergibt einen sinnvollen Trainingseffekt. Für Pferde, die bereits an einer Rückenerkrankung leiden, ist die richtige Gymnastizierung unter dem Sattel und an der Longe besonders wichtig.
Man sollte nie lange zögern, den Tierarzt zu rufen, wenn das Pferd Rückenschmerzen hat. Je eher man mit einer Therapie beginnen kann, umso besser stehen die Chancen, den Pferderücken wieder „gerade zu rücken“.
Teil I : Der Aufbau des Pferderückens
Teil II: Rückenprobleme und Rückentraining
© Info Texte St.GEORGzapatillas air jordan 1 outlet | nike clearance outlet gatlinburg
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