Nageltritt beim Pferd: Das sollten Sie wissen!

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Ein Nageltritt beim Pferd ist ein Notfall! (© Lenz)

Ein Nageltritt ist fürs Pferd in den meisten Fällen nicht nur schmerzhaft, sondern auch ein Notfall! Es besteht die große Gefahr, dass tieferliegende Strukturen verletzt wurden. Das kann Infektionen nach sich ziehen, die lebensbedrohlich sind.

Ein Nageltritt beim Pferd führt häufig zu behandlungsbedürftigen Verletzungen. Kleinere Löcher in der Hufkapsel sind meist eher harmlos. Der eingedrungene Gegenstand kann aber auch tiefer liegende Strukturen wie Knochen, Gelenke, Schleimbeutel, Sehnen und Sehnenscheiden verletzen haben. Wenn man diese Verletzungen nicht schnell und angemessen behandelt, besteht die Gefahr, dass schwerwiegende Infektionen entstehen.

Das ist beim Nageltritt wichtig!

Bei jedem Nageltritt beim Pferd gilt: Rufen Sie den Tierarzt! Wie schlimm die Verletzung ist und wie groß die Schmerzen fürs Pferd sind, hängt von vielen Faktoren ab:

  • Welchen Gegenstand (auch Länge) hat sich das Pferd eingetreten?
  • Wo steckt dieser im Huf?
  • Auf welchem Untergrund ist das Pferd gelaufen (auf weichem Boden dringt der Gegenstand nicht so schnell tief ein)?
  • Wo ist das Ganze passiert?
  • Wurde der Nageltritt schnell entdeckt?

„Wenn ich mit dem Pferd im Stall bin und merke, dass es sich einen Nagel oder ähnliches in den Huf eingetreten hat, sollte ich versuchen, das Pferd nicht weiter zu bewegen und sofort den Tierarzt rufen. Den Gegenstand nicht aus dem Huf ziehen, damit der Tierarzt Röntgenaufnahmen anfertigen kann. So kann er sehen, wie tief der Gegenstand in den Huf eingedrungen ist. Sind zum Beispiel der Schleimbeutel am Strahlbein oder das Hufgelenk betroffen?“, erklärt Tierärztin Dr. Annette Wyrwoll.

„Dass ich im Stall das Pferd bei einem Nageltritt einfach ruhig stehen lassen kann, ist natürlich der Idealfall. Oft kommt es aber vor, dass sich das Pferd beim Ausritt oder einem Turnier etwas eintritt. Dann kann es nötig sein, den Gegenstand aus dem Huf zu ziehen, um nach Hause zu kommen“, so Dr. Annette Wyrwoll. Das ist nicht optimal, manchmal geht es aber nicht anders. Ganz wichtig dabei: Man sollte sich merken, wo und in welchem Winkel der Gegenstand im Huf gesteckt hat! Eventuell mit dem Handy ein Foto aus verschiedenen Perspektiven machen.

Harmlos oder ernsthaft verletzt?

St.GEORG

Das Innere des Pferdehufes (© St.GEORG)

Ob und was im Huf verletzt worden ist, hängt davon ab, wo der Nagel eingedrungen ist und wie tief. Dr. Annette Wyrwoll erklärt: „An der Strahlspitze ist es meistens nicht so schlimm. Aber im hinteren Teil der Strahlfurchen ist die Gefahr groß, dass das Hufgelenk oder der Schleimbeutel betroffen sein können.“ Das Hufbein liegt nur 1,5 Zentimeter von der Außensohle des Hufes entfernt. Unter dem Strahl des Hufes befindet sich die Befestigung der tiefen Beugesehne am Hufbein. Diese kann ebenfalls von einem eindringenden Nagel getroffen werden. Auch der Schleimbeutel, der das Strahlbein schützt, liegt bei einem Nageltritt in einer riskanten Zone.

Infektionen durch Nageltritt beim Pferd vermeiden

www.slawik.com

Auch bei einem Nageltritt kommt das Röntgengerät zum Einsatz. (© www.slawik.com)

Steckt der Gegenstand noch im Huf, kann der Tierarzt mithilfe von Röntgenaufnahmen aus verschiedenen Perspektiven sehen, wie tief der Nagel im Huf steckt. So kann erkennen, ob Schleimbeutel bzw. Knochen beschädigt sein könnten. Ist das der Fall, muss er das Pferd in die Klinik überweisen. Dort spülen Tierärzte dann den Stichkanal, um Infektionen an den kritischen Stellen zu vermeiden. Hat der Pferdebesitzer oder Reiter den Gegenstand bereits aus dem Huf gezogen, arbeiten die Tierärzte mit einer Sonde. Diese schieben sie in den Stichkanal und röntgen anschließend den Huf. So können sie die Reichweite der Verletzung besser identifizieren.

„Wenn der Nagel aber schon vor längerer Zeit herausgezogen wurde, kann das dünne Ende des Stichkanals, wo zum Beispiel die Nagelspitze im Huf steckte, schon wieder zugewachsen sein. Das geht recht schnell“, erklärt Dr. Annette Wyrwoll. „Das ist kritisch, wenn man anhand der Röntgenbilder davon ausgeht, dass der Stichkanal kurz vor Schleimbeutel oder Gelenk endet. Er in Wirklichkeit aber diese Bereiche getroffen hat und sich dort Infektionen bilden, die man erst später wahrnimmt.“ 

Besteht der Verdacht, dass Gelenke betroffen sein könnten, kann eine Punktion der betroffenen Bereiche nötig sein. Dabei entnehmen die Tierärzte Gelenksflüssigkeit  und analysieren diese. So ist eine genauere Diagnose möglich. Hat sich eine Infektion gebildet, müssen die Tierärzte das Pferd in Narkose legen. Sie grenzen den Stichkanal deutlich ab und entfernen entzündetes Gewebe. Anschließend spülen sie den Bereich, um Bakterien und entzündungsfördernde Substanzen zu beseitigen. Nach dieser Reinigung spritzen sie ein Antibiotikum direkt in die betroffenen Bereiche, um einer möglichen Infektion vorzubeugen. Ein steriler Hufverband unterstützt den Heilungsprozess.

So muss das Pferd nach einer Nageltritt-OP behandelt werden

Die Nachsorge nach einer Nageltritt-Operation ist wichtig, damit das Pferd wieder vollständig gesund werden kann. Wie lange es in der Klinik bleiben muss, hängt vom Schweregrad der Verletzung ab. In der Regel ist eine Überwachung über mehrere Tage bis Wochen erforderlich, insbesondere wenn wiederholte Spülungen notwendig sind. In den Wochen nach der Operation ist zudem ein Hufverband nötig. Er muss so lange getragen werden, bis der Defekt im Huf ausreichend verhornt ist. Das kann mehrere Wochen in Anspruch nehmen. 

Mögliche Langzeitfolgen eines Nageltritts 

Arthrose: Eine der häufigsten Langzeitfolgen ist die Entwicklung von Arthrose oder anderen degenerativen Gelenkerkrankungen, insbesondere wenn die Gelenke oder Schleimbeutel verletzt wurden. Diese resultieren oft aus einer unzureichenden Heilung oder aus Gelenkentzündungen, die nach dem ursprünglichen Vorfall bestehen bleiben und im Laufe der Zeit zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen führen können.

– Fisteln: Ein weiteres mögliches Problem ist die Bildung von Fistelkanälen, die entstehen können, wenn der Stichkanal im Huf nicht vollständig heilt. Diese Fisteln sind oft schwer zu behandeln und können zu wiederkehrenden Entzündungen führen.

– Veränderte Hufstruktur: Darüber hinaus können Nageltrittverletzungen zu einer Veränderung der Hufstruktur führen. Eine unzureichende Heilung kann das Hufwachstum beeinträchtigen, was zu unregelmäßigen Hufen, veränderten Belastungen und möglicherweise zu weiteren Verletzungen führen kann. Dies kann auch die Notwendigkeit für spezielle Hufbeschläge und einen intensiveren Pflegeaufwand zur Folge haben.

Einen Nageltritt sollte man nie verharmlosen!

Insgesamt ist es wichtig, die Langzeitfolgen von Nageltrittverletzungen ernst zu nehmen. Außer das Pferd hat sich ein Eisen abgetreten und dann einen Nagel des Eisens wieder eingetreten, was meist zu einem Hufgeschwür führt. Eine umfassende Nachsorge sowie regelmäßige Kontrollen durch den Tierarzt sind bei einem Nageltritt entscheidend. „Einen Nageltritt sollte man nie verharmlosen! Wenn es zu einer Infektion des Schleimbeutels oder des Hufgelenks kommt, kann das im schlimmsten Fall bedeuten, dass das Pferd eingeschläfert werden muss“, weiß Tierärztin Dr. Annette Wyrwoll.

Checkliste Nageltritt beim Pferd

Hat sich das Pferd einen Nagel oder einen ähnlich spitzen Gegenstand eingetreten, sollte man schnell  handeln, um mögliche Komplikationen zu vermeiden. 

1.  Tierarzt verständigen: Ein Nageltritt stellt einen Notfall dar, und der Tierarzt sollte sofort informiert werden.

2. Huf kontrollieren und reinigen: Der Huf muss gründlich untersucht werden, um den Nagel oder andere Fremdkörper wie Schrauben zu identifizieren.

3. Verletzung dokumentieren: Gegenstand im Huf lassen und Pferd bis zum Eintreffen des Tierarztes möglichst nicht bewegen. Falls der Gegenstand heruasgezogen werden muss, sollte man sich die Richtung und Tiefe des Stichkanals notieren/fotografieren. 

4. Hufverband anlegen: Nach der Reinigung sollte der Huf mit einem Verbund geschützt werden, um weitere Schäden zu verhindern.

5. Überweisung in die Klinik: Wenn der Verdacht besteht, dass Hufgelenk oder den Strahlbeinschleimbeutel verletzt wurden, ist eine sofortige Überweisung notwendig.

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Kerstin WackermannRedakteurin

Die Redakteurin hinter den großen Ratgeberthemen. Expertin für Pferdemedizin, von Atemweg bis Zysten. Gut vernetzt mit Tierärztinnen und Tierärzten, Universitäten, Hochschulen, Experten und Sachverständigen ist sie die Fachjournalistin, die sich auch seit mehr als 20 Jahren beim St.GEORG mit Pferdehaltungsthemen intensiv auseinandergesetzt und dazu recherchiert hat.

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