Wenn keine Therapie mehr hilft, ist für manches Pferd ein Nervenschnitt die Chance auf ein schmerzfreies Leben. Aber ist das noch erlaubt?
Das fragte sich auch eine St.GEORG-Leserin und schickte folgende Frage an die Redaktion: „Mein Pferd hat Befunde am Strahlbein und lahmt. Alle Behandlungen sind fehlgeschlagen und das Pferd ist nicht reitbar. Gern würde ich meinem Pferd aber noch ein Leben auf der Weide ermöglichen. Früher hätte man einen Nervenschnitt gemacht. Dieser soll nicht mehr erlaubt sein. Stimmt das?“
Tierärztin Dr. Annette Wyrwoll rät:
„Zunächst muss geklärt sein, welche Art von Strahlbeinbefund Ihr Pferd hat. Das schreiben Sie nicht näher. Beim sogenannten Strahlbeinkomplex, dem navicular disease, gibt es zwei grobe Formen: Einmal ist das Hufgelenk betroffen, bei dem anderen der Schleimbeutel und die tiefe Beugesehne. Entsprechend unterscheiden sich die Therapien. Eine genaue Diagnostik ist daher wichtig.
Ich gehe davon aus, dass bei Ihrem Pferd die Diagnose ganz klar war und Ihr Pferd gezielt behandelt wurde. Sie schreiben, dass die Lahmheit trotzdem nicht besser wurde. Um dem Pferd eine schmerzfreie Zeit zu ermöglichen, ist ein Nervenschnitt beim Pferd (Neurektomie) durchaus noch erlaubt. Nur an Turnieren darf ein Pferd, das eine Neurektomie hatte, nicht teilnehmen.“ Das ist so festgehalten in Paragraf 66 der LPO.
Nervenschnitt beim Pferd an zwei Stellen
„Ob man das Pferd noch reiten kann, hängt von der Art der Neurektomie ab. Bei der tiefen Neurektomie wird auf Mitte der Fesselbeuge innen und außen ein Stück des Nervs entfernt, der zur Hinterseite des Strahlbeins führt. Dadurch fühlt das Pferd nur mit dem hinteren Teil des Hufs nichts mehr. Die Fußung an sich bleibt gewährleistet. Das Pferd kann nach diesem Nervenschnitt den Weidegang genießen und auch meistens noch geritten werden.
Hauptkomplikation bei dieser Art des Nervenschnitts ist, dass das Pferd einen Hufabszess im hinteren Teil des Hufes entwickelt kann, der spät entdeckt werden könnte. Normalerweise lahmt ein Pferd sofort, wenn sich dort ein Abszess gebildet hat, aber Pferde mit einem tiefen Nervenschnitt spüren dort nichts. Sie zeigen erst dann Schmerzen, wenn der Eiter vom hinteren Teil des Hufs in die Bereiche gelangt, wo das Pferd wieder etwas fühlt.
Die andere Möglichkeit ist ein hoher Nervenschnitt. Hierbei wird auf Höhe des Fesselkopfes ein Stück des Nervs entfernt. Das beeinträchtigt die Fußung des Pferdes, sodass es nicht mehr geritten werden sollte.
An welcher Stelle die Neurektomie, also der Nervenschnitt beim Pferd durchgeführt werden muss, zeigt sich vorher durch eine Lokalanästhesie. Der Nerv wird von unten nach oben betäubt. Sobald das Pferd nach der Betäubung einer Stelle lahmheitsfrei läuft, bringt an dieser Stelle auch eine Neurektomie etwas.“
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