Schaum am Maul gilt als Zeichen des gut gerittenen Pferdes. Um diesen Eindruck zu vermitteln, soll es Reiter geben, die ihren Pferden sogar künstlichen Schaum ans
Maul schmieren, Maultätigkeit hin oder her. Unabhängig davon steht die Frage im Raum, ob die Gleichung „Schaum = zufriedenes Pferd“ stimmt. Ganz so einfach ist es nicht. Ein Beitrag aus St.GEORG 11/2020 von Jan Tönjes und Dominique Wehrmann.
Kauen, Speichelfluss und Schaum kann man nur dann verstehen, wenn man sich auch mit der Anatomie des Pferdes beschäftigt. „Da bleibt mir glatt die Spucke weg“ – dieser Satz kommt nicht von ungefähr. Aber was hat es damit eigentlich auf sich? Und inwiefern ist das beim Reiten von Bedeutung. Ein Blick ins Innere des Pferdekörpers zeigt: Kauen ist nicht gleich Kauen.
Das Pferd als Pflanzenfresser hat einen großen Speichelbedarf“, erklärt Prof. Dr. Carsten Staszyk, Experte für Anatomie an der Veterinärmedizinischen Universität Gießen. Die Menge der Salivation (so der Fachbegriff für die Produktion von Speichel) ist von Pferd zu Pferd verschieden. Im Durchschnitt sind es 50 Liter, die zu 90 Prozent in der Ohrspeicheldrüse gebildet werden. Daneben gibt es auch noch weitere Speicheldrüsen, sagt der Professor aus Gießen: „Zusätzlich gibt es noch weitere Speicheldrüsen im Unterkiefer, eine weitere unter der Zunge und kleinere Drüsen in den Wangen und den Lippen.“ Mit anderen Worten: Das gesamte Pferdemaul ist mit Speicheldrüsen durchsetzt, die geeignet sind, rohfaserhaltiges Futter verdaulich zu machen. Die Produktion des Speichels wird ebenso wie beispielsweise die Atmung vom vegetativen Nervensystem gesteuert, das für all jene Vorgänge im Körper verantwortlich ist, die unbewusst, also gewissermaßen automatisiert ablaufen. Dazu Prof. Dr. Karsten Feige von der TiHo Hannover: „Die parasympathischen Nervenfasern (das sind diejenigen, die in der Entspannung aktiv sind) steigern die Speichelbildung, die sympathischen Fasern (also jene, die bei Beanspruchung und Stress im Einsatz sind) hemmen die Speichelbildung. Das Pferd kann die Speichelproduktion nicht willkürlich steuern. Dies geschieht durch bedingte und unbedingte Reflexe.“
Pferd zum Kauen anregen
Bedingte Reflexe sind solche, die im Laufe des Lebens erlernt wurden. Der berühmte Pawlow’sche Hund, der gelernt hatte, dass es Futter gibt, wenn die Glocke läutet und fortan schon anfing zu speicheln, sobald er eine Glocke hörte, ist ein Beispiel für einen bedingten Reflex. Unbedingte Reflexe sind von Geburt an vorhanden und dienen der Steuerung lebenswichtiger Funktionen, wie beispielsweise der Hustenreflex, der die Lunge vor Fremdkörpern schützt. „Bedingte Reflexe dürften im Zusammenhang mit der durch das Trensengebiss verursachten Speichelsekretion nur eine untergeordnete Rolle spielen“, ist Prof. Dr. Feige überzeugt. Anders sieht es aus beim Speichelfluss als unbedingtem Reflex.
Dieser werde durch „Chemo- und Mechanorezeptoren“ in der Maulhöhle ausgelöst, erklärt Feige. Chemorezeptoren gehören zu den Sinneszellen und nehmen chemische Stoffe wahr, die in der Luft transportiert werden oder in Flüssigkeiten gelöst sind. Sie sind also zum Beispiel für Geruchs- und Geschmackssinn von größter Bedeutung. Mechanorezeptoren sind die Sinneszellen, die auf Berührungen reagieren. Sie wandeln die Umweltreize in elektrische Signale um, damit das zentrale Nervensystem sie verarbeiten kann. Es hat also durchaus seine Berechtigung, wenn Gebisshersteller sagen, dass bestimmte Materialien die Kautätigkeit des Pferdes anregen können. Dasselbe gilt für die Form. Aber vor allem ist es auch das Kauen selbst, das die Mechanorezeptoren stimuliert. Je nachdem wie eifrig das Pferd kaut, kommt es zu einem unterschiedlich starken Speichelreflex.
Stress oder entspannt?
Stellt sich die Frage, warum ein Pferd kaut und speichelt und schäumt, wenn das doch eigentlich durch den Parasympathikus gesteuert wird, der ja nur in Ruhe zum Einsatz kommt. Prof. Dr. Carsten Staszyk dazu: „Es stimmt, eigentlich müsste das Pferd bei Anstrengung ein trockenes Maul haben. Aber die Stimulation durch das Gebiss führt dann eben doch dazu, dass das Pferd speichelt.“
Schaum oder nicht Schaum – das allein könne keine Auskunft darüber geben, ob das Pferd gestresst oder innerlich und äußerlich losgelassen ist, betont Prof. Dr. Karsten Feige. „Hier sind andere Faktoren wie zum Beispiel die Schweifaktivität, die Bildung des Körperschweißes, Augen- und Nüsternmimik usw. mit einzubeziehen, um ein Stresslevel zu beurteilen.“
Auch heißt es häufig, zäher Schaum am Maul sei ein Hinweis auf ein gestresstes Pferd. In der Tat ist Speichel ist nicht gleich Speichel. Derjenige, der durch den Parasympathikus generiert wird, ist eher dünnflüssig. Speichelbildung durch den Sympathikus ist dickflüssiger. Wenn es also heißt, es sei positiv, wenn die Pferde einen dünnen Schaumfilm um die Lippen haben, meint man darin einen Hinweis auf gutes, pferdegerechtes Reiten zu sehen, weil das parasympathische System aktiviert ist und das Pferd somit nicht unter Stress steht. Allerdings ist der Sympathikus nicht nur bei negativem Stress aktiv, sondern überhaupt bei körperlicher Anstrengung. Man muss hier also auch wieder weitere Faktoren wie z. B. Mimik etc. betrachten, um beurteilen zu können, inwieweit das Pferd „nur“ angestrengt oder tatsächlich negativ gestresst ist.
Maultätigkeit – Ergebnis richtigen Reitens
„Am Zügel ernte ich das, was ich vorher angelegt habe!“, sagt Stefan Stammer. Beim richtig ausgebildeten Pferd sieht die Funktionskette folgendermaßen aus: Wird die Oberhalsmukulatur aktiviert (was bei einem Pferd, das sich – im Rahmen seines Ausbildungsstandes – selbst trägt und sich am Gebiss abstößt der Fall ist), öffnet sich das Genick und die Ohrspeicheldrüse wird stimuliert. Die Folge: Speichel fließt ins Maul, das Pferd beginnt zu kauen, zu schlucken und zu schäumen. Doch der Weg dahin kann voller Fallen sein, wie Stefan Stammer erklärt: „Jedes Festhalten irgendwo im Körper äußert sich immer auch im Genick und im Maul.“ Und umgekehrt: Das Genick ist das letzte Glied der Funktionskette. Ist das Pferd im Genick losgelassen, stimmt auch der Rest. Das bedeutet aber nicht, dass man das Genick losgelöst vom übrigen Bewegungsapparat lösen kann, und dann der Rest folgt. Es ist genau umgekehrt. Von dem Prinzip der französischen Schule, nach dem der Reiter zuerst den Kiefer des Pferdes löst ehe er sich dem Rest widmet, hält Stefan Stammer nur bedingt etwas. „Es gibt Pferde, bei denen es durchaus sinnvoll sein kann, Maul und Genick zusammen mit den anderen Strukturen zu lösen – etwa solche, die von Hause aus eine sehr feste Muskulatur haben.“ Aber viele Pferde aus heutiger Zucht haben ja eher das gegenteilige Problem: Sie sind hoch elastisch und dadurch instabil. Bei ihnen muss man zunächst den gesamten Halteapparat stärken, die Maultätigkeit komme dann sozusagen von ganz allein.
Die Stabilität des Körpers ist aus Stammers Sicht elementar. Gemeint ist damit nichts Statisches, sondern die Fähigkeit des Pferdes, sich durch entsprechend ausgebildete Muskulatur in jeder Phase der Bewegung oder auch des Stillstands unverkrampft ausbalancieren zu können. Wenn das funktioniert, kann das Pferd auch im Genick nachgeben. Das könne man selbst ausprobieren, veranschaulicht Stammer: „Versuchen Sie, längere Zeit auf einem Bein zu stehen. Wenn Sie Schwierigkeiten haben, sich auszubalancieren, werden Sie verschiedene Körperregionen angespannt halten – und wahrscheinlich werden Sie auch das Gesicht verziehen und die Zähne zusammenbeißen.“
Gleichwohl schade es dem Pferd jedoch auch nicht, wenn man die Muskulatur in Gesicht und rund ums Genick massiert, sagt Stammer. Im Gegenteil: „Das sind hochsensible Strukturen. Es tut den Pferden gut, wenn man sie ausstreicht und sanft massiert.“ Das helfe einem zwar reiterlich nicht unbedingt weiter, trage aber auf jeden Fall zum Wohlbefinden des Pferdes bei.
Zentral: das Zungenbein
Es gibt Knöchelchen des Pferdes, die derzeit in aller Munde sind: das Zungenbein. Diese drei filigranen Knochen, die zusammen das Zungenbein bilden, sind gewissermaßen das Gerüst der Zunge, die ja ein großer und auch starker Muskel ist, dessen Aufhängung das Zungenbein ist. Es nimmt innerhalb des Skeletts eine Sonderstellung ein, weil es, anders als alle anderen Knochen, keinen Fixpunkt hat, an dem es „befestigt“ ist. Es „schwebt“ an Bändern aufgehängt im Pferdemaul und ist dadurch „hoch dynamisch“, wie Stefan Stammer sagt.
Das Zungenbein sei ein zentraler Bereich innerhalb der Funktionskette der Muskulatur des Reitpferdes, betont Stammer. Das erklärt sich so: Am Brustbein setzen drei Muskeln an. Der eine läuft zum Kehlkopf, der andere zum Unterkiefer und der dritte zum Zungenbein. Wenn die obere Halsmuskulatur das gesamte System korrekt trägt, können diese Muskeln am Brustbein maximal losgelassen arbeiten. Das Pferd kann problemlos kauen, schlucken und atmen. Doch wenn das Pferd mit Gewalt beigezäumt wird oder sich – zum Beispiel wegen eines scharfen Gebisses – hinter dem Zügel verkriecht, verkrampft es sich. Die Folge: Die besagten drei Muskeln können nicht mehr entspannt werden. Das Pferd hat Schwierigkeiten, zu kauen, zu schlucken und zu atmen. Bei manchen Pferden sieht man dann, dass ihnen der Speichel quasi in Bächen aus dem Maul läuft. Das ist demnach kein Anzeichen eines zufriedenen Pferdes, sondern im Gegenteil ein Hinweis darauf, dass die Pferde so verkrampft sind, dass sie den Speichel nicht mehr abschlucken können. Bei besonders enger Kopf-Hals-Einstellung könne man mitunter auch ein lautes Atemgeräusch hören, berichtet Stefan Stammer.
Dadurch entsteht ein Teufelskreis. Wenn das Pferd nicht durchatmen kann, verkrampft sich das Zwerchfell. Das wiederum ist ebenfalls am Brustbein aufgehängt. Dadurch werden in der Folge die drei Muskelstränge zu Zunge, Unterkiefer und Kehlkopf beeinflusst. Zugleich wird das Pferd in seiner Beweglichkeit eingeschränkt.
Der Faktor Stress und seine Auswirkung auf den Speichelfluss kann nicht so isoliert betrachtet werden.
Prof. Dr. Karsten Feige, Leiter der Pferdeklinik an der Tierärztlichen Hochschule Hannover, Leiter der Abteilung Innere Medizin.
Wieso ist der Speichel schaumig?
Dass der Speichel eine schaumige Konsistenz bekommt, ist eine Besonderheit, für die zum einen ein Enzym verantwortlich ist, das im Zusammenspiel mit Sauerstoff reagiert. Prof. Carsten Staszyk weist allerdings auch daraufhin, dass schon allein die Mechanik des Kauens auf dem Gebiss zur Schaumbildung führt. „Das ist so, wie wenn man Eiweiß mit der Gabel aufschlägt“, vergleicht er.
Christoph Hess, Richter und weltweit gefragter Ausbilder, Leiter der FN-Abteilung Ausbildung a. D.: „Man muss vorwegnehmen, das Maul ist ein Spiegel des Pferdes. Ich will es sogar mal ein bisschen pathetisch sagen, es ist zum einen ein Spiegel der Seele des Pferdes, zum anderen des Gerittenseins des Pferdes. Ich muss also erst einmal in die Reitlehre, in das richtige Reiten einsteigen und mir klarmachen: Ein gutes Maul bekomme ich nur, wenn ein Pferd richtig an die Hand herangearbeitet ist. Das ist am Ende also nur ein Symptom. Und wenn ein Pferd nicht durch den Körper arbeitet, nicht wirklich aus der Hinterhand heraus die Bewegung fließen lässt über den schwingenden Rücken, Hals, durchs Genick ins Maul hinein, dann wird man nie ein gutes Maul kriegen. Man muss also die Vorstellung von der Biodynamik eines Pferdes haben, um überhaupt ein Maul beurteilen zu können.
Punkt zwei ist: Wir wollen ein tätiges Maul haben, aber das zweite Adjektiv lautet „ruhig“. Ein ruhiges, tätiges Maul. Die dritte Sache ist – und dafür habe ich in meiner aktiven FN-Zeit schon immer gekämpft – wir müssen die Reithalfter lockerer schnallen. Denn ein zu eng geschnalltes Reithalfter – egal ob englisch-kombiniert, mexikanisch oder hannoversch – ist für mich praktizierte Tierquälerei. Ich muss dem Pferd die Möglichkeit geben, eine gewisse Kaubewegung ausführen zu können. Diese spiegelt dann die Aktivität des Pferdes auch wider. Ein Pferd, das sich aktiv bewegt, wird am Ende auch das Maul aktiv, aber aus der Ruhe heraus bewegen. Wenn das der Fall ist und das Pferd in richtiger Weise beigezäumt, also nicht mit der Hand herunter gezogen ist, sondern, wie wir es auch in den Richtlinien formuliert haben, „das Pferd sucht die Anlehnung und der Reiter gestattet sie“, wenn das der Fall ist, und – das ist in diesem Zusammenhang ganz wichtig – der Ganaschenwinkel geöffnet ist, dann ist das Pferd auch in der Lage, zu kauen und zu schäumen.“
Hubertus Schmidt, Reitmeister, Olympionik: „Gerade wenn ein Pferd nicht kaut, mache ich den Nasenriemen bewusst etwas lockerer, so dass das Pferd das Maul etwas öffnen und besser kauen kann. Ansonsten könnte ein Gebisswechsel etwas bringen, wobei ich meine Pferde zu 99 Prozent auf einer einfach gebrochenen Wassertrense reite – mal etwas dicker, mal etwas dünner, und damit die besten Erfahrungen gemacht habe.“
Klaus Balkenhol, Reitmeister, Olympiasieger: „An erster Stelle bei einem toten Maul steht für mich die Ursachenforschung. Zeigt sich keine Bewegung im Maul, schnalle ich den Nasenriemen lockerer. Bei älteren Pferden, die sich angewöhnt haben, mit Gegenzug auf den annehmenden Zügel zu reagieren, anstatt sich am Gebiss abzustoßen, werde ich immer versuchen, Hinterhandaktivität und Rückentätigkeit zu verbessern. Parallel dazu verändere ich die direkten Einflussfaktoren aufs Maul: Gebiss und Reithalfter. Mein Motto ist: Reiten und gucken, was los ist! Dabei verändere ich stets nur einen Faktor – also entweder das Gebiss oder das Reithalfter – und das immer für ca. eine Woche, dann sieht man, ob es eine nachhaltige Veränderung gibt, oder der Aha-Effekt schon am zweiten Tag verpufft. Niemals Gebiss und Reithalfter gleichzeitig verändern, dann kann man nicht erkennen, wodurch man die mangelnde Maultätigkeit verbessert hat. Niemals darf ich auf ein totes Maul mit einer harten Hand reagieren!“
Die Maultätigkeit verbessern
Wir wissen jetzt: Die Maultätigkeit ist die Ernte dessen, was ich beim Reiten gesät habe. Aber was, wenn das Pferd sich trotzdem schwer tut? Wir haben mit Experten aus unterschiedlichen Bereichen gesprochen.
Was tun, wenn mein Pferd das Maul zu weit öffnet?
Helen Langehanenbergs Damon Hill war seinerzeit eines der bestgerittenen Pferde im internationalen Sport. Was ihm aber oft angekreidet wurde: Er kaute mit offenem Maul. Woher kommt das und wie geht man damit um, haben wir Stefan Stammer gefragt. Der sagt: „Ein offenes Maul ist ein Beispiel für Abweichungen von der Norm, das stimmt. Aber man muss das Ganze betrachten! Meiner Ansicht nach gehört es in jede Richteraus- und -fortbildung, dass man Pferd als Ganzes beurteilt und nicht das Absolute bewertet. Ein beim Kauen geöffnetes Maul darf nicht darüber entscheiden, dass eine ansonsten perfekte Piaffe keine 10,0 erhält. Wir wollen das Ideal, aber es gibt Sonderfälle. Wir müssen dahin kommen, zu erkennen, dass jedes Pferd seine eigenen Normen hat und es trotzdem gut sein kann. Wichtig ist zu beurteilen, ob ein Pferd, seinen eigenen physiologischen Voraussetzungen entsprechend korrekt gearbeitet wurde, ob es sich trägt, ob es losgelassen und ausbalanciert ist. Das muss belohnt werden. Wenn es dann mit geöffnetem Maul kaut statt wie gewünscht mit geschlossenem Maul, ist das meiner Ansicht nach ein absolut verzeihlicher Fehler. Fatal wäre es, wenn dann versucht würde, dem durch Zuknallen des Nasenriemens Einhalt zu gebieten. Denn dann leidet das Pferd, physisch und psychisch. Und das nur, weil man ihm eine Norm überstülpen wollte, die für einen Teil der Pferdepopulation gut und richtig sein mag, aber eben nicht für jedes Individuum.“
Das große Ganze sehen – das fordern nicht nur Mediziner, das bekommen auch Richter schon bei ihrer Ausbildung mit auf den Weg. Während definiert ist, wie zu verfahren ist, wenn sich eine Zunge zeigt, gibt es für das Schäumen keine klaren Eckdaten. Die braucht es auch nicht, erläutert der internationale Richter Christoph Hess und verweist auf das Individuum Pferd: „Beim Thema Schaum ist jedes Pferd unterschiedlich. Manche schäumen unheimlich und sind dabei aber irre verspannt und fest. Man kann als Richter, Reiter oder Ausbilder also nicht das Maul angucken und pauschal sagen: Toller Schaum = 10,0! Ich muss mir immer die Gesamtsituation des Pferdes, sprich seine Körpersprache angucken. Wie ist die Schweifhaltung? Wie ist das Schwingen? Wie ist der Atem? Die Ohren nach vorne oder angelegt? Wie ist das Auge? Schwitzt das Pferd? Und, und, und … Wenn ein Pferd ganz viele negative Aspekte der Körpersprache, aber unglaublich schäumt, dann ist das Makulatur.“
Dabei macht Hess deutlich, dass es durchaus auch bei gut über den schwingenden Rücken arbeitenden Pferd vermeintlich „trockene“ Mäuler gibt. Hess, der schon die größten Vielseitigkeitsevents gerichtet hat, hat beobachtet, dass häufig Pferde mit hohem Vollblutanteil zu weniger Schaumentwicklung neigen können: „Meiner Erfahrung nach werden die Pferde aber auch nicht in der Lage dazu sein, eine ganze Stunde lang ein super schäumendes Maul zu haben. Das variiert – manchmal auf einer Hand ein bisschen mehr, mal auf der anderen Hand.“
Im internationalen Sport tauchen immer wieder Pferde auf, die kaum oder gar nicht kauen, häufig mit enggezogenen Reithalftern vorgestellt werden und dennoch einen weißen Streifen „Schaum“ an den Lippen haben. Die Webseite Eurodressage hat als erste darauf hingewiesen: Kosmetik – Klebrige Zuckerpaste soll den Anschein eines schäumenden Mauls erwecken. Die „optische Täuschung“ ist bekannt, eine Regel dagegen gibt es aber beim Weltreiterverband (FEI) nicht. Internationale Richter können auch von grünlichem Schaum berichten. Rasiergel? Keiner weiß es. Wie so oft überholt der Ideenreichtum derjenigen, die mit reellem Reiten nicht ans Ziel kommen diejenigen, die das Regelwerk formulieren.
Das Zungen-Thema
Kommt die Zunge in einer Dressurprüfung zum Vorschein, hat der Richter klar definierte Argumente, wie dies zu bewerten ist (oben). Hess lehnt reines Fehlergucken ab: „Was ist, wenn ein bisschen Zunge zu sehen ist? Wenn guter Schaum da ist und dann die Zunge mal rauskommt – und manche Pferde dann einfach ein unangenehmes Gefühl haben – immer vor dem Hintergrund, dass alle anderen Kriterien der Körpersprache gut sind?“
Pferde mit angelegten Ohren, eingeklemmtem Schweif, verkrampfter Atmung und auffälliger Schweißbildung gehören abgestraft. Gnädiger ist Hess, „wenn alle Anzeichen des Losgelassenen und Zufriedenen vorhanden sind und sie dann die Zunge mal zwischen den Schneidezähnen draußen haben.“ Beispiel: ein Paar bei den Deutschen Meisterschaften, bei dem das Pferd, so Hess, „mehrfach die Zunge draußen hatte. Ich habe es immer wieder quittiert, am Ende auch nur 6,5 für die Durchlässigkeit und immer 0,5 weniger gegeben für die betroffenen Lektionen, um deutlich zu machen: Achtung! Ich würde aber nicht auf eine Vier runtergehen. Wenn die Zunge zur Seite raus ist, brauchen wir über eine ganz niedrige Note nicht zu diskutieren, weil die Anlehnung dann nicht in Ordnung ist.“
Blau verfärbte Zungen gehen gar nicht, ob mit oder ohne Schaum.
Stefan Stammer, Biomechanik-Experte, weltweit gefragter Osteopath für Pferde, Autor des Buches „Das Pferd in positiver Spannung“: „Wenn ein Pferd korrekt geritten wird, aber trotzdem nicht kaut, würde ich zuerst an ein gesundheitliches Problem denken und einen Pferdezahnarzt hinzuziehen bzw. einen Tierarzt, der mit der Anatomie des Pferdemauls bestens vertraut ist. Das gilt auch für solche Pferde, die nur auf einer Seite Schaum zeigen, denn auch das gibt es. Möglicherweise liegt hier ein neurologisches Problem vor. Es kann auch eine osteopathische Ursache geben. Allerdings würde ich trotzdem immer zuerst den Tierarzt konsultieren, der dann eventuell an einen Osteopathen verweisen kann.“
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Sehr geehrte Damen und Herren, ob Schaum oder nicht Schaum am Pferdemaul hängt m.E.
mit der Kandare zusammen. Die Kandare stellt für mich das reinste Brutalwerkzeug für das Pferd dar, denn wenn der Kandarenzügel
zu stark angezogen wird, entsteht an der Kandarenstange eine Hebelwirkung, bei der ein enormer Druck am Genick, auf die Nase und das Kinn des Pferdes ausgeübt wird. Je nach Einstellung der Kinnkette kann dieser Druck noch erhöht oder gesenkt werden. Man kann auch sagen, der Pferdekopf befindet sich mehr oder weniger in einem Schraubstock. Das Kauen eines Pferdes hängt m.E. mehr von einer weichen Hand des Reiters und der wenigen Tätigkeit des Kandarenzügels ab. Hilfreich dazu ist, wenn der Reiter versucht, die Hinterhand unter den Schwerpunkt herzuholen.
Mit freundlichen Grüßen
Gerold Haller
Weingarten/Württemberg
Hallo,
Per se ist die Kandare nicht automatisch brutal. Früher wurde Kandarenreife eritten und unterrichtet, denn da war jedem klar jeder Zaum ist nur so sanft oder hart wie die Hand dessen der ihn nutzt. Und es gibt auch ländlich Richter, die sagen he Kandare nicht gegen das Pferd eingesetzt, heute nicht Euer Tag, aber Kandrenreife ist da weil man sie nicht genutzt hat zur Beizäumung. Eigentlich müsste es die Erkenntnis und solches Richten mit minimal positiv bewertet häufiger geben. Gerade im Ländlichen Turnierbereich und niedrigere Klassen, damit dort mal darauf geachtet wird das Reiter lernen die Kandare sinnvoll zu benutzen um feiner einzuwirken.
Dann ist eine Kandare nicht schlimmer als andere Gebisse. Falsch genutzt absolut fies, klar. Aber nicht jeder nutzt sie für sein Ego genge das Pferd oder braucht sie für Kontrolle.
Jeder weiß, es gibt Pferde die mehr oder fast gar nicht schäumen, Schaum ist nicht das einzige Zeichen für Losgelassenheit.
Das mit dem Apfel sehe ich nicht so negativ, denn immerhin muss dann alles so verschnallt sein, dass das Pferd ihn noch kauen kann.
LG
K. S.