Übers Futter und die Luft gelangen Pilzsporen und Gifte direkt in die Atemwege, Verdauungsorgane und ins Auge. Dort können sie großen Schaden anrichten, wenn das Immunsystem des Pferdes geschwächt ist.
Die Belastung durch Schimmelpilz beim Pferd ist ein oft unterschätzter Risikofaktor. Gerade in schlecht belüfteten Ställen oder bei mangelhafter Futterhygiene können sich Sporen leicht ausbreiten und eingeatmet oder über das Futter aufgenommen werden. Das kann insbesondere bei empfindlichen oder bereits vorbelasteten Tieren zu schwerwiegenden gesundheitlichen Problemen führen
Als einer der Hauptauslöser für Equines Asthma (bzw. COPD oder RAO genannt) gilt Stallstaub mit seinen Feinstaubpartikeln sowie Bakterien und Pilzsporen. Die Lunge sieht Pilzsporen als Fremdpartikel an: Die Schleimhäute schwellen an, dann bilden sich entzündliche Sekrete. Die Atemwege werden immer enger, immer weniger Luft kann hindurchströmen. Husten, beidseitiger Nasenausfluss, Leistungsschwäche, Atembeschwerden sind typische Symptome.
Chronische Entzündung: Schimmelpilz beim Pferd
Bleibt der Kontakt zu den Pilzsporen bestehen, führt dies zu einer chronischen Entzündung der Atemwege, im schlimmsten Fall finden Umbauvorgänge in der Lunge statt, die sich nicht mehr heilen lassen. Um dies zu verhindern, ist es am wichtigsten, die Ursache für den Husten abzustellen.
Zusätzlich lindern Schleimlöser, Bronchienerweiterer, Antibiotika oder je nach Schweregrad des Hustens auch Cortison die Symptome – das entscheidet der Tierarzt individuell. Er berät auch, ob das Inhalieren von Medikamenten oder Kochsalz- und Solelösungen sinnvoll ist und wann (vor oder nach dem Reiten) es durchgeführt werden sollte. Bessert sich der Husten nicht, weil Haltungsprobleme nicht in den Griff zu bekommen sind, kann man einen Stallwechsel in Betracht ziehen.
Lungen- und Luftsackmykose: Pilzinfektion
Im Gegensatz zum Equinen Asthma reagiert die Lunge bei einer Mykose nicht auf Pilzsporen als Fremdkörper, sondern es handelt sich um eine Infektion mit dem Pilz – meist sind es Schimmelpilzarten. Damit sich der Pilz in der Lunge ausbreiten kann, muss das Pferd schon durch andere Faktoren geschwächt sein, wie zum Beispiel durch andere schwere Krankheiten oder durch Langzeitgaben bestimmter Medikamente.
Bei einer Lungenmykose spricht das Pferd nicht auf die gängigen Behandlungen an, die üblicherweise bei Atemwegsproblemen helfen, weiß Dr. Tobias Niebuhr. „In Deutschland ist die Lungenmykose aber eher selten, ebenso die Luftsackmykose, die eine der fatalsten Infektionen durch Pilze ist, weil sie lebensbedrohlich ist“, so der Tierarzt.
Starkes Nasenbluten: Schimmelpilz beim Pferd
Bei der Luftsackmykose werden die Luftsackhöhlen des Pferdes vom Pilz befallen. Das sind zwei große, blasenförmige Höhlen, die mit dem Nasenrachen in Verbindung stehen und in denen große, wichtige Blutgefäße und Nerven verlaufen. Atmet das Pferd Pilzbestandteile ein, können sie auch in die Luftsäcke gelangen, wo sie die Blutgefäße schädigen können. Meist wird nur ein Luftsack befallen, weshalb ein typisches Symptom das einseitige Nasenbluten ist. Das Nasenbluten kann so stark sein, dass das Pferd verblutet.
Neben dem Nasenbluten können bei einer Luftsackmykose auch Nervenausfälle auftreten, die sich beispielsweise in Schluckbeschwerden beim Fressen oder einer halbseitigen Kehlkopflähmung bemerkbar machen.
Eine Luftsackmykose muss man schnell in der Klinik behandeln. Je weiter sich der Pilz ausbreitet, desto größer ist die Gefahr, dass das Pferd verblutet. In der Klinik werden die Gefäße des Luftsackes verschlossen.
Verdauungsprobleme: Darmentzündung
Dr. Tobias Niebuhr registriert zunehmend mehr chronische Darmentzündungen und Überempfindlich- sowie Unverträglichkeiten. „Die chronische Darmentzündung wird immer öfter diagnostiziert. Die Ursache ist unklar, aber man muss sich schon fragen, ob es mit der schlechteren Futterernte zusammenhängt.“
Pilzbestandteile können die Funktion der Darmschleimhaut schwächen: Krankheitserreger können durch die Darmwand ins Blut gelangen, Nährstoffe werden schlechter aufgenommen, bei bestimmten Futtermitteln sind Fehlreaktionen also Unverträglichkeiten möglich. Die Folge: Koliken, Kotwasser, Blutveränderungen, Abgeschlagenheit, Hautprobleme, verminderte Leistung oder Infektanfälligkeit.
Pilze im Auge (Keratomykose)
Pilzsporen im Heustaub oder der Stallluft sind für ein gesundes Auge kein Problem. Befindet sich jedoch ein kleiner Defekt in der Hornhaut, können sich Pilze und Sporen ansiedeln. „Das kann zu schweren Hornhautdefekten führen, eine Auflösung der Hornhaut ist möglich“, weiß Dr. Niebuhr, der bei Augenproblemen immer dazu rät, dass der Tierarzt die Maßnahmen begleitet, um eine Verschlechterung rechtzeitig zu erkennen.
Häufig tritt eine Keratomykose bei Pferden auf, die man im Vorfeld schon wegen einer Hornhautverletzung mit antibiotischen Augentropfen behandelte. Schleim am Defekt kann auf eine Infektion mit Pilzen hinweisen, die sehr schmerzhaft ist, sodass betroffene Pferde das Auge meist stark zusammenkneifen.
Gefahr durch Wind: Schimmelpilz beim Pferd
Antimykotische Augensalben werden zunächst verabreicht, in schlimmeren Fällen können auch Operationen nötig sein, denn mit der Zeit wächst der Pilz immer tiefer ins Auge hinein, sodass er immer schwerer zugänglich und behandelbar wird. Manche Pferde, wie etwa der bekannte Trakehner Hengst Helium, verlieren durch eine Pilzinfektion ihr Auge.
Die Gefahr sich mit den Pilzen anzustecken, besteht nicht nur in einem Stall mit keimhaltiger Luft, wie neueste Untersuchungen zeigen. Wissenschaftler der Colorado State University haben festgestellt, dass windiges Wetter die Gefahr einer Pilzinfektion des Auges erhöht. Staubpartikel oder andere Fragmente aus der Umgebung, die mit Pilzen belastet sind, werden dabei auf das Auge „geschleudert“, wo sie zu Mikroverletzungen der Hornhaut führen und Pilzsporen die Wunde besiedeln können.
Krankheiten durch Mykotoxine
Schimmelpilzgifte (Mykotoxine) schädigen nicht nur das Organ, mit dem sie direkt in Kontakt kommt, wie die Lunge oder den Darm. Auch Leber und Niere, die Entgiftungsorgane des Körpers, werden stark beansprucht und das Immunsystem wird geschwächt. Die Pilzgifte greifen in den Nerven- und Hormonhaushalt der Pferde ein. Sie können Allergien ebenso auslösen wie Aborte und sind in der Lage, das Erbgut zu schädigen. Zudem gelten sie als krebserregend.
In der Folge kommt es zu Krankheiten, die man nicht direkt mit Schimmelpilzen bzw. deren Giften in Verbindung bringt, da die Symptome diffus sind wie etwa angelaufene Beine (Wasseransammlung durch Nierenprobleme), Ataxien, Lahmheiten mit Koordinationsstörungen, Herzprobleme, vermindertes Wachstum wie auch verminderter Appetit.
Sonderfall Hautpilz – Impfung möglich

Für Hautpilz sind nicht Pilze aus der Umwelt verantwortlich, sondern Pilze, die auf der Haut leben. (© Slawik)
Hautpilz wird nicht wie Keratomykosen durch Pilze aus der Umwelt verursacht. Auslöser sind Pilze, die auf der Haut leben und sich von Horn (Keratin) und Hauteiweiß (Elastin) ernähren. Unter normalen Umständen hält das Immunsystem die Pilzbesiedlung der Haut im Gleichgewicht, sodass die Haut intakt bleibt. Ist das Immunsystem des Pferdes geschwächt und das Fell verklebt oder lange feucht, sind das die idealen Bedingungen für die Pilze, sich zu vermehren und auszubreiten.
Leidet ein Pferd an Hautpilz, helfen antimykotische Waschlösungen. Auch eine Impfung gegen die für die Hauterkrankung verantwortlichen Pilze kann helfen. Durch die Verabreichung des Impfstoffes bildet das Pferd eine Immunität gegen die Hautpilze. Um das Ausbreiten der Pilze zu verhindern, sollte man das Pferd regelmäßig gründlich putzen, damit man verklebte Fellstellen entfernt. Decken sollten regelmäßig gewaschen werden. Das Futter sollte hygienisch einwandfrei sein und das Pferd bedarfsgerecht gefüttert werden, um sein Immunsystem fit zu halten.
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