Sie sind teilweise mit bloßem Auge kaum sichtbar und greifen auf unterschiedlichsten Wegen die Gesundheit unserer Pferde an: Schimmelpilze, deren Sporen und Mykotoxine, die giftigen Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen. Krankheiten, die mit Schimmelpilzen in Verbindung gebracht werden, scheinen zuzunehmen. Eine Folge des Klimawandels?
Extreme Wetterverhältnisse bereiteten in den letzten Jahren immer wieder Probleme bei der Raufutterernte. Mit schlechtem Heu oder Stroh steigt die Gefahr für Schimmelpilze im Pferdestall, denn deren Bestandteile halten so Einzug, werden nicht nur gefressen, sondern auch eingeatmet.
„Ich habe das Gefühl, dass in den letzten Jahren immer mehr Pferde an chronischen Atemwegserkrankungen, Überempfindlichkeiten des Magen-Darm-Traktes wie chronische Darmentzündungen und Kotwasser sowie an anderen Organproblemen leiden“, berichtet Dr. Tobias Niebuhr bei einer Fachtagung zum Thema Klimawandel. Der Fachtierarzt für Innere Medizin für Pferde steht mit dieser Meinung nicht allein da. Immer wieder hört er auch von Kollegen, dass sie eine Zunahme von Atemwegsproblemen bemerken.
Schimmelpilze schädigen auf vielfache Weise
Und nicht nur das. Aus Dr. Niebuhrs Sicht werden die Probleme auch hartnäckiger. Was die Ursache dafür ist, darüber kann der Tierarzt nur Vermutungen anstellen. „Auffällig ist, dass in den letzten Jahren, in denen diese Probleme zugenommen haben, die Ernte von Stroh und Heu nicht optimal war, was zu einer schlechteren Qualität, also einem möglichen Befall mit Bakterien und Pilzen geführt hat. Vor allem Atemwegsprobleme werden dadurch verschlimmert und es kann zu einer Überempfindlichkeit im Darm kommen.“
Wenn durch feuchte Witterungsbedingungen belastetes Getreide oder Heu in den Stall gelangt, entstehen oft unbemerkt Schimmelpilze im Pferdestall – wie etwa Hefen oder Schwärzepilze. Wir sehen sie nicht und schmecken sie nicht, was auch für unsere Pferde gilt. Erst wenn sich der Schimmel im fortgeschrittenen Stadium als rundes Geflecht breitmacht, wird er für uns präsent. Die Pilzfäden, die sich von diesem Geflecht weiter durchs Futtermittel ziehen, bleiben aber verborgen.
Pilzsporen sind in der Luft unsichtbar
Pilzsporen können wir teilweise sehen, wenn sie in großer Menge und farbig (zum Beispiel grün oder grau) auf dem Pilz thronen. Schweben sie durch die Luft, sind sie unsichtbar. In großen Mengen eingeatmet, können sie zu Allergien führen. Schimmelpilze können sich zudem in der Lunge festsetzen und dort ausbreiten, wenn das Immunsystem des Menschen oder Pferdes geschwächt ist.
Ebenso unsichtbar wie die Pilzsporen in der Luft sind die Stoffwechselprodukte der Schimmelpilze, die sogenannten Mykotoxine (myko = Pilz, toxicum = Gift). Sie stellen eine besondere Gefahr für uns Menschen wie auch unsere Pferde dar. Es gibt kein typisches Erkrankungsbild, das auf eine Vergiftung mit Mykotoxinen hinweist. Die Gifte schwächen den Körper an vielen Stellen und begünstigen das Entstehen anderer Krankheiten.
Futtermittel untersuchen: Schimmelpilze im Pferdestall
Es gibt etwa 300 verschiedene Mykotoxine. Welche davon in welchen Mengen besonders schädlich fürs Pferd sind, ist noch nicht vollständig geklärt. Es gibt nicht allzu viele Studien darüber. Tierärztin Kristina Liesener hat in ihrer Doktorarbeit im Jahr 2012 Futtermittel für Pferde auf das Vorkommen von Mykotoxinen untersucht. Sie fand in allen 62 kommerziell hergestellten Futtermittelproben (Müsli, Mash, Pellets, Mais, Hafer, Gerste) das Mykotoxin T2 und Deoxynivalenol, in 61 Proben Zearalenon und in 58 Fumonisine.
Die höchsten Konzentrationen wurden in den Einzelfuttermitteln gefunden. Die Tierärztin zog das Fazit, dass die Mengen relativ niedrig seien und akute Gesundheitsrisiken nicht gefunden werden konnten, aber aufgrund der unbefriedigenden Datenlage zu den Mykotoxinen und ihrer Aufnahme von Pferden mögliche Langzeiteffekte nicht ausgeschlossen werden könnten.
Hohe Kosten: Heuproben untersuchen
Bei der LUFA Nord-West kann man sein Heu auf Mykotoxine untersuchen lassen. „Wir untersuchen (Pferde-)Heuproben überwiegend mit dem preiswerten ELISA-Screening-Verfahren auf die beiden Fusarientoxine Deoxynivalenol und Zearalenon (jeweils 33 Euro zuzüglich Mehrwertsteuer)“, erklärt Dr. Hartwig Wellmann von der LUFA Nord-West. „Das reicht den meisten Kunden vollkommen aus. Wenn man die Probe umfassender untersuchen lassen möchte, dann kann man Deoxynivalenol, Zearalenon, T-2- und HT-2-Toxin, Fumonisine B1/B2 und die Aflatoxine mit der aufwändigen LC-MSMS-Methode analysieren.
Es entstehen allerdings Kosten von über 300 Euro pro Probe zuzüglich Mehrwertsteuer. Das wollen nur sehr wenige Pferdehalter ausgeben“. Eine Statistik über die Befunde von Mykotoxinen in Pferdefuttermitteln führt die LUFA Nord-West nicht. Dr. Hartwig Wellmann kann daher nicht sagen, ob in den letzten Jahren mit vermehrt schlechten Ernten auch der Mykotoxingehalt in Pferdefuttermitteln angestiegen ist.
Wenn die Sinne versagen: Futter und Einstreu analysieren
Schimmelpilze leben von totem organischen Material. Einige Arten befallen bereits auf dem Feld Gras und Getreide. Da Pferdeheu meistens etwas später geschnitten wird, finden die Pilze mehr abgestorbene Pflanzenteile vor, können sich besser vermehren. Wird das Heu bei feuchtem Wetter mit längerer Trocknungszeit geerntet oder wird es feucht eingelagert, kommen weitere Schimmelpilzarten bei der Lagerung hinzu und es treten Keimgehalte von über einer Million auf. Dies entspricht einer sehr schlechten Qualität, das Heu hat eine überhöhte Keimzahl und ist verdorben. Bei einer Heuanalyse können Fachleute anhand der vorkommenden Pilzarten erkennen, ob der Schimmelpilzbefall schon auf dem Feld oder durch falsche Lagerung entstanden ist.
Heu, das gut aussieht, ist nicht immer hygienisch einwandfrei. Bei der LUFA Nord-West werden auch in optisch tollem Heu immer wieder Schimmelpilze in hoher Menge gefunden. Gleiches gilt für Getreide. Fällt in einem Stall auf, dass die Pferde müder und nicht mehr so leistungsbereit wie sonst wirken, sollte neben dem Blut der Tiere auch das Futter untersucht werden. Erhöhte Leberwerte zeigen Vergiftungserscheinungen an, auch durch Schimmelpilzgifte. Eine Heu- und Futteranalyse kann die Ursache klären.
Schimmelpilze im Pferdestall: Vermehrung durch Feuchtigkeit
Schimmelpilze lieben auch stärkereiches Getreide. Sie befallen es bereits auf dem Feld und vermehren sich im Futter besonders gut, wenn es kurz vor der Getreideernte regnet, Halme angebrochen sind oder das Getreide auf einem feuchten Feld gelagert wurde. Ein Wassergehalt von mehr als 15 Prozent ist ideal für Schimmelpilze, sowohl im Getreide wie auch im Heu. In der prinzipiell feuchteren Silage vermehren sich Schimmelpilze, sobald Luft ins Spiel kommt: Wenn die Folie aus Versehen beschädigt oder der Ballen geöffnet wird.
Guido Schmitz nutzt die verschiedensten Analysen rund um Pferdefuttermittel regelmäßig. Der Unternehmer ist Pferdebesitzer – seine Familie hat einen eigenen Stall – und vertreibt als Geschäftsführer der Firma Burdorf Landmaschinen unter anderem Trocknungssysteme für Heu und Stroh sowie Belüftungssysteme für Pferdeställe. Er führt bei seinen Futtermitteln eine Analyse durch und empfiehlt diese auch bei der Einstreu Stroh. Denn seine Luftmessungen haben gezeigt, dass vor allem bei Stroh der Keimgehalt im Stall stark ansteigen kann.
Schimmelpilzentwicklung sofort stoppen
„Bevor man Stroh einstreut, sollte man unbedingt eine Laboranalyse gemacht haben. Denn durch Futter und Einstreu kommen die Schadstoffe in den Stall. Bei belastetem Futter und Einstreu explodiert die Schadkeimentwicklung dort, wo die Pilze Nährboden finden, also in der Einstreu mit etwas Mist. Das Pferd hat dort seine Nüstern beim Fressen, da ist klar, dass das Pferd krank wird.
Mit Trocknungssystemen lässt sich die Gefahr einer Schimmelpilzentwicklung im Raufutter sofort stoppen.
Ist das Heu oder Stroh aber von Grund auf schlecht, helfen auch Trocknungssysteme nicht mehr, fügt Guido Schmitz hinzu. Der Unternehmer bemerkt wie auch Dr. Niebuhr einen Anstieg der Problematik in den letzten Jahren. Auch er sieht als mögliche Ursache veränderte Wetterbedingungen. Sowohl die extremere Trockenheit sei ein Problem, da Pflanzen bei Wassermangel mehr Stress hätten und sich Schadkeime besser ausbreiten könnten. Aber eben auch extreme Nässe würde dem Futter schaden, vor allem wenn sie in den Erntezeitraum falle.
Diese wetterbedingten Extreme erfordern aus Schmitz Sicht neue Ansätze. „Um das Problem der Schadkeimentwicklung anzugehen, muss man schon am Boden und der Pflanze ansetzen. Wir haben auf den von uns gepachteten Weiden eine Fläche mit Mikroorganismen bearbeitet, um zu testen, ob die Ernte im nächsten Jahr eine bessere Qualität hat. Wissenschaftler begleiten dieses Projekt“, berichtet der Stallbesitzer, der einen Teil seines Futters selbst herstellt.
Schlechte, keimbelastete Luft: Schimmelpilze im Pferdestall
Ergebnisse zu einem seiner anderen Steckenpferde, der Luftqualität in Pferdeställen, hat der Unternehmer bereits vorliegen. Auf der letzten Equitana hat Guido Schmitz mit dem Hersteller solcher Systeme, Firma Vet Smart aus Österreich, das System vorgestellt, zu dem er im Vorfeld in 100 Ställen Messungen durchgeführt hat. Die Gesamtkeimzahl in diesen Ställen überstieg meist den tolerierbaren Grenzwert, zum Teil sogar um das Siebenfache. Menschen hätten hier eigentlich nicht mehr arbeiten dürfen. Was unglaublich klingt: Die Ställe waren während der Messungen nicht verschlossen, Türen waren geöffnet!

Über Schläuche wird frische Luft in den Stall geführt und keimhaltige Luft nach außen „gedrückt“. Es entsteht keine Zugluft. (© Schmitz)
Das Stallbelüftungssystem führt frische Luft von außen in den Stall und presst mittels Überdruckes die keimhaltige Luft hinaus. Schmitz‘ Messergebnisse zeigen, dass die Keimzahl dadurch tatsächlich unter dem Grenzwert für optimale Tiergesundheit liegt. In seinem eigenen Stall ist das System seit zwei Jahren im Einsatz. „Gerade in der Übergangszeit, wenn das Wetter feucht-warm ist, und wir die Anlage einschalten, merken wir sofort, dass die Pferde sich wohler fühlen. Sie sind viel wacher, atmen tiefer durch und sind ausgeglichener.“
Schimmelpilze im Pferdestall: Auslöser für Asthma
Das Problem keimhaltiger Stallluft ist in den letzten Jahren vermehrt in den Fokus gerückt, gilt es auch als eines der Hauptauslöser für das Equine Asthma. Wann genau Pferde im Tagesverlauf besonders viele Schimmelpilzbestandteile einatmen, haben jüngst polnische Wissenschaftler der Universität Krakau untersucht. Bei Aktivitäten wie dem Putzen konnten sie eine fünfmal höhere Konzentration messen als zur Mittagsruhe.
Erschreckend: Zur Fütterungszeit war die Konzentration 82-mal so hoch. Pferde sollten zum Putzen oder bei der Heufütterung sowie dem Ausmisten also unbedingt raus aus dem Stall. Bei den in der Studie ermittelten Schimmelpilzen handelte es sich um Arten, die besonders tief in die Lunge eindringen können und als Auslöser für Allergien und für das Equine Asthma gelten. Die Forscher raten deswegen dazu, in Pferdeställen Luftqualitätsmessungen (inkl. Feinstaub- und Pilzaerosolkonzentrationen) durchzuführen, vor allem dann, wenn in einem Stall besonders viele Allergien oder Atemwegserkrankungen auftreten.
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