Seitengänge zu reiten, kann die Losgelassenheit des Pferdes verbessern. Es wird geschmeidig, zudem wird die Hinterhand gekräftigt, die Schulterfreiheit und Balance verbessert. Erfahren Sie wertvolle Tipps fürs Training, warum Schenkelweichen trotz Seitwärts-Bewegung nicht zu den Seitengängen zählt, und welche Kombination von Seitengängen am effektivsten ist!
Von Schenkelweichen über Schultherein bis hin zu Travers und Renvers
Für viele Reiter ist spätestens nach dem Schenkelweichen an der langen Seite Schluss mit Seitwärtsbewegungen. Dabei hat das Training im Seitwärts etliche postive Effekte – angefangen beim Schenkelweichen über Schultervor, Schulterherein und Konterschulterherein hin zu den beiden Lektionen, vor denen viele Reiter Respekt haben, Travers und Renvers: Das Pferd wird beweglich in der Längsachse, zu beiden Seiten gymnastiziert, grundgeschmeidig, locker und ausbalanciert. Die Hinterhand wird gekräftigt.
Der Reiter lernt, seine Hilfen zu koordinieren. „Seitwärtsbewegungen sind richtige kleine Helferlein, die ich überall zur Anwendung bringen kann. Sie sind ein ,Werkzeug‘, um meine Hilfen einzusetzen“, erklärt Dressurausbilderin Ulrike Lautemann. Außerdem sind sie der erste Schritt, eine Traversale sowie Lektionen in höchster Versammlung – also Piaffen, Passagen und Pirouetten – zu erlernen. Als reguläre Seitengänge werden Vorwärts-Seitwärts-Bewegungen mit gleichmäßiger Längsbiegung (Stellung und Biegung) bezeichnet, die im versammelten Tempo geritten werden – das Schenkelweichen fällt nicht in diese Kategorie, weil das Pferd dabei nicht gebogen ist und nicht versammelt sein muss.
Takt, Tempo und Bewegungsfluss sollten in jeder Phase der Übungen erhalten bleiben. „Dann kann man sie wunderbar in verschiedenen Varianten im Training einbauen“, so Ulrike Lautemann. „Der Wechsel zwischen den Seitwärtsbewegungen ist das allerwertvollste dieser Übungen, deshalb gilt es für den Reiter und Trainer, sie in einen sinnvollen Kontext zu bringen.“ Kommt es zu Schwungverlust, Taktstörungen oder wird das Pferd fest auf einer oder beiden Seiten, sollte der Reiter die Übung sofort abbrechen, nach vorne ins Geradeaus reiten und erneut ansetzen. „In jedem Fall gilt: Wenn etwas nicht funktioniert, nicht nichts machen, aber auch nicht noch schwieriger gestalten. Immer einen Schritt zurückgehen. Falsche Bewegungsabläufe darf ich nicht üben.“
Der Einstieg: Schenkelweichen ist die Basis, Schulterherein der Einstieg in die Seitengänge mit den Vorübungen Schultervor und Reiten in Stellung.
Schenkelweichen ist die Grundlage
Das Schenkelweichen und seine Hilfen
Beim Schenkelweichen an der langen Seite ist das Pferd mit dem Kopf zur Bande oder ins Bahninnere abgestellt, maximal 45 Grad zum Hufschlag! Das Pferd ist nur im Genick gestellt und nicht im Körper gebogen – deshalb zählt das Schenkelweichen nicht zu den Seitengängen! Vorder-und Hinterbeine kreuzen, vier Hufschlaglinien sind von vorne zu sehen. Im Schritt oder Arbeitstrab zu reiten, im Galopp auch möglich. Einsteiger lernen, Gewicht, Schenkel und Zügel aufeinander abzustimmen. Später ist das Schenkelweichen praktisch, um das Pferd erneut aufmerksam auf die diagonale Hilfengebung zu machen. „Ich setze es in den Momenten ein, wenn das Pferd kurzzeitig nicht mehr mit mir spricht“, bringt es Ulrike Lautemann auf den Punkt.
So geht’s: Der Reiter stellt das Pferd im Genick und belastet vermehrt den inneren Gesäßknochen. Er kann mit seinem inneren Schenkel gut die Innenseite des Pferdes erspüren, der innere Schenkel liegt vorwärts-seitwärtstreibend knapp hinter dem Gurt und treibt im Rhythmus des abfußenden inneren Hinterbeines, der äußere Schenkel liegt verwahrend hinter dem Gurt und verhindert, dass das Pferd mit dem äußeren Hinterbein zu weit seitwärts tritt, der verwahrende äußere Zügel lässt Stellung zu, verhindert aber ein zu starkes Stellen im Hals sowie ein daraus resultierendes Ausweichen über die Schulter.
Weitere Varianten: Schenkelweichen auf dem zweiten Hufschlag (wegen der fehlenden Bande muss der Reiter sein Pferd hier optimal einrahmen und begrenzen), Schenkelweichen auf dem Zirkel nach innen oder außen und auf diagonalen Linien durch die Bahn bzw. Viereck verkleinern und vergrößern.
Unsere Expertin: Ulrike Lautemann Sie ist Dressurausbilderin im Saarland. |
Ehrliches Schenkelweichen ist manchmal besser als ein schlechtes Schulterherein.
Ulrike Lautemann
Schultervor reiten
Schultervor wird auch „1. Stellung“ genannt und ist wie das „Reiten in Stellung“ eine Vorübung für das Schulterherein. Das Pferd tritt mit dem inneren Hinterbein in Richtung zwischen die Spuren der beiden Vorderbeine, das äußere Hinterbein soll in die Spur des gleichseitigen Vorderbeines treten – dadurch wird das Pferd veranlasst, mit den Hinterbeinen schmaler zu treten. Gerade im Galopp bietet sich das Schultervor an, um das Pferd geradezurichten.
So geht’s: Der Reiter schiebt die innere Hüfte etwas nach vorne, belastet den inneren Gesäßknochen, er blickt über die Pferdeohren hinweg in die Richtung, in die das Pferd gestellt ist. Der innere Schenkel liegt am Gurt, er sorgt für die Rippenbiegung und aktiviert den inneren Hinterfuß, der verwahrende äußere Schenkel verhindert das Ausweichen der Hinterhand und treibt auch vorwärts, der innere Zügel stellt, der äußere verwahrende Zügel lässt Stellung zu und begrenzt sie gleichzeitig, er begrenzt auch die äußere Schulter (diagonale Hilfengebung).
Reiten in Stellung
Das Reiten in Stellung wird auch „2. Stellung“ genannt. Es veranlasst das äußere Hinterbein verstärkt zum schmaleren Spuren. Das Pferd bewegt sich mit dem inneren Beinpaar auf einer Hufschlaglinie. Das äußere Hinterbein fußt etwa eine halbe Hufbreite innerhalb der Hufspur des äußeren Vorderbeines. Von vorne wird der äußere Hinterfuß zwischen den Vorderbeinen sichtbar.
Die Hilfengebung ist wie beim Schultervor mit dem Unterschied, dass der äußere Schenkel etwas mehr zum Treiben kommt und der innere Schenkel etwas begrenzt.
Schulterherein reiten
Schulterherein ist die „Mutter“ aller Seitengänge. Es ist die erste Lektion, die alles vom Pferd abfragt, was es auch in Traversalen leisten muss. Das Pferd muss sich im Genick stellen und im Körper biegen lassen. Die Hinterhand wird aktiviert, besonders das innere Hinterbein.
Es fußt in die Spur des äußeren Vorderbeines, das Pferd bewegt sich auf drei Hufschlaglinien. Hüft- und Kniegelenke müssen sich vermehrt beugen. Schulterherein ist am besten im versammelten Trab zu reiten (zum Erlernen im Schritt), die Vorhand des Pferdes wird so weit in die Bahn hineingeführt, dass die äußere Schulter des Pferdes vor seine innere Hüfte gerichtet ist, die Hinterhand bleibt auf dem Hufschlag und bewegt sich nahezu geradeaus, die Hinterbeine kreuzen nicht. Die diagonale Hilfengebung biegt und begrenzt das Pferd. Weitere Varianten: Schulterherein auf dem zweiten Hufschlag oder einer freien Linie, Konterschulterherein auf gerader und gebogener Linie.
Schulterherein kombiniert
Im Schulterherein wird das Pferd geradegerichtet und bekommt Kraft in der Hinterhand. Besonders effektiv: Konterschulterherein und Abfolgen.
Konterschulterherein kann auf der Geraden (zweiter Hufschlag) und auf gebogenen Linien abgefragt und mit Schulterherein im Wechsel geritten werden.
ABFOLGEN
Hier zwei Tipps für Abfolgen, mit denen der Reiter gut überprüfen kann, wie das Pferd an den Hilfen steht. Außerdem verbessern sie die Kraft der Hinterhand und fördern die Durchlässigkeit des Pferdes.
Abfolge 1: Mitte der langen Seite eine ca. zehn Meter große Volte anlegen (1), daraus Stellung und Biegung mitnehmen in eine kurze Reprise Schulterherein bis kurz vor der Ecke (2). In der Volte muss das Pferd vermehrt untertreten und sich biegen und schließen lassen – vielen Pferden fällt es leichter, diese Biegung in das Schulterherein mitzunehmen. Fördert die Geraderichtung. Abfolge auch umgekehrt möglich: erst Schulterherein, dann Volte. Oder: Schulterherein – Volte – Schulterherein.
Abfolge 2: Aus der Ecke heraus an der Bande Schulterherein reiten bis zur Mitte der langen Seite (1). Bei E oder B durch die halbe Bahn wechseln und Tritte verlängern (2). Schulterherein kräftigt die Hinterhand und fördert die Schulterfreiheit. Beides kann das Pferd in dieser Übung in die Verstärkung übertragen und weiterentwickeln. Am besten im Trab reiten, auch im Galopp möglich, dann aber besser „nur“ im Schultervor – viele Pferde verlieren im Schulterherein den Takt im Galopp aufgrund der stärkeren Abstellung.
Travers und Renvers
Die beiden Lektionen sind zwei Werkzeuge im Training, vor allem auf dem Weg zur Traversale.
Eine Traversale muss ich sinnvoll vorbereiten
Ulrike Lautemann.
„Travers und Renvers sind dabei wertvolle Übungen. Sie vermitteln dem Pferd, was ich von ihm möchte. Man kann sie auf kurzen Wegen abfragen und verbessern. Davon abgesehen sind es auch grundlegend tolle Übungen, um an Stellung und Biegung und der Elastizität des Pferdes zu arbeiten. Vielleicht müssen die Reiter nur etwas den Respekt davor ablegen.“ Travers und Renvers werden auf vier Hufschlaglinien im Trab oder Galopp (zum Erlernen auch im Schritt) ausgeführt. Voraussetzungen: fortgeschrittene Geraderichtung und beginnende Versammlung. Travers und Renvers kann man auf geraden und gebogenen Hufschlaglinien reiten – auf Zirkel, Volte (nicht zu klein) und auch Schlangenlinien.
TRAVERS
Das Pferd ist in Bewegungsrichtung gestellt und gebogen, die Vorhand bleibt auf dem Hufschlag, die Hinterhand wird über die Gewichtshilfe und den äußeren Schenkel ins Bahninnere geführt. Die Abstellung zum Hufschlag beträgt ca. 30 Grad. Vorder- und Hinterbeine kreuzen. Zunächst im Trab auf der Geraden üben, im Galopp und auf gebogenen Linien ist es etwas für Fortgeschrittene. Achtung: Travers im Galopp kann unter Umständen auf der hohlen Seite des Pferdes die Schiefe noch fördern. Besser auf der Zwangsseite abfragen.
So geht’s: Den inneren Gesäßknochen belasten, der innere Schenkel treibt am Gurt, der äußere Schenkel liegt verwahrend, der innere Zügel stellt, der äußere begrenzt.
RENVERS
Im Renvers bleibt die Hinterhand auf dem Hufschlag, die Vorhand wird in die Bahn geführt (Abstellung: 30 Grad). Das Pferd ist in Bewegungsrichtung gestellt und gebogen. Im Renvers sind die äußeren Hilfen noch wichtiger als im Travers, weil die Bande fehlt. Zum besseren Verständnis: „Renvers auf der linken Hand ist das gleiche wie Travers auf der rechten Hand“, so Ulrike Lautemann. „Und eine Pirouette ist eine Traversbewegung.“ Hoher Schwierigkeitsgrad: Renvers auf gebogener Linie.
Mögliche Fehlerquellen:
● nicht der innere, sondern der äußere Gesäßknochen wird belastet
● zu starke Abstellung ohne entsprechende Biegung
● mehr seitwärts treten als vorwärts-seitwärts
● zu viel Stellung im Hals, Ausfallen über Schulter, Verwerfen
● Takt und Schwung gehen verloren
Ideen für Abfolgen
● Von der Mittellinie Schenkelweichen bis zur Bande, dann weiter im Travers.
● Schlangenlinien mit 3 Bögen, dabei abwechselnd Travers links und rechts.
● Lange Seite: Aus dem Schulterherein ins Travers. Varianten: Mitte der langen Seite eine Volte einbauen bzw. erst Travers oder Renvers dann Schulterherein.
● Auf der Diagonalen erst Traversale, dann Schenkelweichen oder in umgekehrter Reihenfolge.
● Traversale von der langen Seite bis zur Mittellinie (z. B. M-X), dann auf der Mittellinie (zu A) weiter im Renvers. „Das gibt dem Reiter die Möglichkeit, in der Arbeit mit Traversalen Stellung und Längsbiegung neu anzusprechen“, so Ulrike Lautemann.
● Für Fortgeschrittene: Im Außengalopp durch die Ecke, an der langen Seite den inneren Schenkel weichen lassen (5-7 Meter von der Bande), dann zurück zum Hufschlag traversieren. „Diese Übung macht das Pferd geschmeidig und gewährleistet, dass es tatsächlich am inneren Schenkel und äußeren Zügel in der Traversale steht“, erläutert Dressurausbilderin Nicole Casper vom Gestüt Birkhof.
Wir danken Familie Casper vom Gestüt Birkhof in Donzdorf für ihre tatkräftige Unterstützung und Mithilfe bei der Umsetzung dieses Specials.do nike outlets sell jordan 1 | nike jordan 1 dior cheap
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