Studie: Pferde, die oft das Maul beim Turnier öffnen weisen häufiger Verletzungen auf

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Zungenfehler-pferd-Gebisskontrolle

Auf Turnieren werden Gebisskontrollen regelmäßig durchgeführt. Dabei schaut der Tierarzt auch nach Verletzungen im Maul oder an der Zunge des Pferdes. (© Julia Rau)

Das Pferdemaul galt den alten Meistern als heilig. Zumindest ist es so überliefert. Heutzutage wird mit diesem Heiligtum mitunter recht weltlich umgegangen. Die Wissenschaft hat sich gerade in jüngerer Zeit in vielen Studien mit der Maulhöhle beschäftigt.

Die dänischen Wissenschaftlerinnen Janne Winther Christensen und Mette Uldahl haben in einer Studie mit kleiner Fallzahl einen Zusammenhang von Verletzungen im Maul und dem Verhalten von Pferden in einer Dressurprüfung untersucht. Exakt ging es um die Maulhöhle.

Von 22 Pferden, die auf anspruchsvollem Niveau, einer Intermédiaire I, unterwegs waren, wurden elf Pferde zufällig ausgesucht. Parallel beschrieb eine Person, die nicht wusste, welche Pferde anschließend untersucht wurden, das Verhalten der Pferde. Dabei dienten öffentlich zugängliche Videoaufzeichnungen eines Streaminganbieters als Grundlage. Die gewonnenen Erkenntnisse wurden im Oktober 2024 in dem Journal „Applied Animal Behaviour Science“ veröffentlicht.

Pferdeverhalten während Dressurprüfung lässt laut Studie Rückschlüsse auf Verletzungen im Maul zu

Das Ergebnis dieser mit zugegeben kleiner Teilnehmerzahl durchgeführten Studie: Fünf der elf Pferde wiesen Haut- und/oder Schleimhautverletzungen an einer oder beiden Maulwinkeln oder Lippen auf. Sie wurden gemäß den Regeln des dänischen Reitverbands vom Wettbewerb ausgeschlossen.

Der Beobachter des Pferdeverhaltens notierte unter anderem die Häufigkeit der Maulöffnung. Bei den elf Pferden lag die Frequenz zwischen 5- und 59-mal. Bei Pferden mit oralen Läsionen war die Häufigkeit des Maulöffnens signifikant höher als bei Pferden ohne Verletzungen im Maulbereich. So lag  der Mittelwert bei Pferden mit Verletzungen bei 34,6, Pferde ohne Läsionen öffneten das Maul nur durchschnittlich 12,2-mal. Das Schweifschlagen ergab keinen signifikanten Unterschied. Daraus schlussfolgern die Forscherinnen, dass die Häufigkeit des Maulöffnens ein „nützlicher Indikator für orale Läsionen sein kann“. Eine stärkere Sensibilisierung für subtile Verhaltensanzeichen sei daher ein wichtiger erster Schritt zur Verbesserung des Wohlbefindens von Sportpferden, so das Fazit.

Studie zum Öffnen des Pferdemauls bei Dressurprüfung: Das wurde beobachtet

Kriterien für die Untersuchung des Wohlergehens von Reitpferden*

Verhalten                                                                Beschreibung

(häufiges) Öffnen des MaulsDas Pferd öffnet das Maul mit einer klaren Trennung der Zähne, sodass ein Spalt zwischen Ober- und Unterkiefer zu erkennen ist.
(häufiges) SchweifschlagenSchweifschlagen, das dem der Grundgangart entsprechenden Schwingen des Schweifs entgegenarbeitet.
Wechsel der GrundgangartDie Gangart wird gestört, beispielsweise fällt das Pferd aus dem Galopp in den Tra.
(häufiges) KopfschlagenDas Pferd schlägt mit dem Kopf hoch und runter, lehnt sich so auf den Zügel, dass die Linie Ellenbogen, Reiterfaust, Pferdemaul unterbrochen wird.
(häufiges) Übersensibles ReagierenDas Pferd vollführt eine kleine Bewegung mit Änderung von Geschwindigkeit und/oder Richtung, und flüchtet, bockt, steigt oder scheut.

* in der Studie von Winther Christensen, Uldall

Weitere Studie zum Pferdemaul: Zügeldruck von 6,6 kg auf den Quadratzentimeter

In einer Studie zum Maul des Pferdes, die 2020 im Magazin Animals veröffentlicht wurde, (D.J. Mellor: Mouth pain in horses: Physiological foundations, behavioural indices, welfare implications, and a suggested solution), wurde der Unterschied zwischen Pferden, die mit Gebiss geritten werden und solchen, die gebisslos gezäumt sind, untersucht. Der Autor macht kein Hehl daraus, dass er ein Fan gebissloser Reitweisen ist. Interessant ist, dass in seinen Messungen Dressurreiter einen mittleren Gebissdruck von ungefähr 6,6 kg/cm2 aufrechterhielten. 6,6 kg/cm2 – da wundert sich der Laie, dass die Zügel dieser Belastung standhalten. Die Kräfte, die damit auf das Pferdemaul einwirkten, sind groß. Man stelle sich vor, wie es sich anfühlt, wenn 6,5 Liter Milch auf einen Quadratzentimeter Pferdemaul einwirken. Zumal auf sensible Bereiche mit viel Schleimhaut.

Wenn die Pferde den Druck selbst bestimmen konnten, entschieden sie sich für einen mittleren Gebissdruck von 2,1 kg/cm2, indem sie ihre Kieferwinkel geringfügig verringerten. Außerdem beschäftigte sich die Studie noch mit der Einschränkung der Luftzufuhr, die bei starkem Zügeldruck beeinträchtigt sei, so die Verfasser.

Mit den Ergebnissen weiterer Studien haben wir uns in der November-Ausgabe des St.GEORG beschäftigt. Hier kann man das Heft direkt bestellen.

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Jan TönjesChefredakteur

Chefredakteur ab 2012, seit 2003 beim St.GEORG. Pferdejournalist seit 1988. Nach Germanistik/Anglistik-Studium acht Jahre tätig bei öffentlich rechtlichem Rundfunk, ARD, SFB, RBB in Berlin. Familienvater, Radiofan, TV-erfahren, Moderator, Pferdezüchter, Podcasthost, Preise: Silbernes Pferd, Alltech Media Award. Präsident Internationale Vereinigung der Pferdesportjournalisten (IAEJ).

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