Übungen für ein gesundes Pferd – Pferdetraining trifft Physio

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Silke Kaupp zeigt, wie Physiotherapie, Bodenarbeit und Reittraining zu mehr Balance, Kraft und Beweglichkeit führen. (© mit frdl. Genehmigung entnommen aus „Pferdetraining trifft Physio“ von Silke Kaupp, FNverlag)

Geschmeidige Bewegungen, leistungsfähige Muskeln, optimaler Trainingszustand – so macht nicht nur das Reiten mehr Spaß, das Pferd bleibt auch gesund.

Mit gezielten Übungen aus der Physiotherapie, Bodenarbeit und dem Reiten lässt sich die Gesundheit des Pferdes aktiv fördern. Welche Übungen für ein gesundes Pferd sich besonders bewährt haben, zeigt Silke Kaupp in ihrem beim FN-Verlag erschienenen Buch „Pferdetraining trifft Physio“. Unseren Leserinnen und Lesern dürfen wir ein paar Ausschnitte zeigen

Im Folgenden stellt Silke Kaupp eine Methode beim Longieren vor, die sie gern anwendet, ohne den Anspruch zu erheben, dass sie für jedes Pferd passend ist. Einfach mal ausprobieren und offen für Neues sein.

Übungen für ein gesundes Pferd – Longieren

Diese Art aufzubauen, ist meine Basisvariante. Ihr könnt die äußere Spur weglassen, wenn ihr eine Begrenzung nach außen habt. Die innere Spur begrenze ich gern mit vielen Stangen, also ohne größere Lücken, um dem Pferd die Orientierung zu erleichtern. Schließe ich die Spur, kann ich mich ganz auf das Longieren konzentrieren. Und auch für das Pferd ist die Orien­tierung leichter. Zudem fällt es weni­ger auf die innere Schulter. Die äußere Spur sorgt dafür, dass es nicht über die äußere Schulter ausfällt.

Dies ist eine Übung zum Gerade­ richten, was euch im weiteren Trai­ning immer begleiten wird, sei es in der Dressur, im Springen oder auch zur Gesunderhaltung des im Gelände gerittenen Pferdes. Der Prozess des Geraderichtens führt zur Entwicklung beidseitig gleichmäßig gekräftigter und dehnfähiger Muskulatur. Damit belastet das Pferd seinen Körper gleich­mäßig und die Muskulatur arbeitet beidseitig effektiv. Pferde in ein gutes körperliches Gleichgewicht zu bringen, ist Grundvoraussetzung fürs Reiten.

Sinn und Zweck der Übung für ein gesundes Pferd:

  • Gewöhnung an die Arbeit mit den visuellen Reizen

  • Stabilisieren des Taktes, auch mit Übergängen

  • Verbesserung der Losgelassenheit und Anlehnung

  • Fördern der Geraderichtung

  • Förderung von Rückentätigkeit und Hinterhandaktivität

  • Gewöhnung an Stimmhilfen, trei­bende und verhaltende Hilfen

Silke Kaupp empfiehlt den meisten ihrer Kunden, ihr Pferd am Tag nach einer physiotherapeutischen Behandlung auf jeden Fall, aber auch darüber hinaus am Kappzaum zu longieren.

Zeitliche Orientierung

Das Aufwärmen des Pferdes an der Hand und die Lösungsphase gehen allen beschriebenen Übungen voraus und werden bei den folgenden Übun­gen nicht mehr extra erwähnt.

Mindestens 15 Minuten aufwärmen

Bei unerfahrenen Pferden kann das Aufwärmen auch dazu genutzt wer­den, sie mit den bunten Stangen ver­traut zu machen, schnuppern zu las­sen und durch die Gassen zu führen. Auch Übergänge zum Halten und das Antreten­lassen können geübt wer­den.

Lösungsphase

Ich beginne nicht gleich mit der Auf­gabe. Bin ich auf einem Platz mit zwei Zirkeln, longiere ich zunächst in allen drei Grundgangarten auf einem Zir­kel ab, ohne eine Aufgabe zu stellen. Die Muskulatur braucht nach der Schrittphase (in der auch die Gelenk­schmiere verflüssigt wird) noch 15 bis 20 Minuten, um warm zu werden. Auch die Konzentration ist beim Pferd meistens nicht gleich gegeben. Die Lösungsphase beginne ich meistens nicht ausgebunden.

Arbeitsphase

Die Stangen dienen lediglich der visu­ellen Orientierung, das erleichtert dem Pferd das Einhalten seiner Spur. Besonders bei Pferden, die gern nach innen drängen, auf die innere Schulter fallen, sich nicht gern nach innen, sondern eher nach außen stel­len, kann die farbliche Orientierung helfen, die Konzentration und die Spur besser zu halten. Die Länge der Arbeitsphase richtet sich nach der Kondition des Pferdes. Prinzipiell arbeite ich an der Longe nicht länger als 20 Minuten in der Arbeitsphase.

Das Ziel der Übung ist, dass das Pferd taktsicher, losgelassen, bei guter Rücken­ und Hinterhandaktivität arbeitet. Denkt bitte dran: Wenn euer Pferd im Aufbau ist und noch nicht über genug Kondition verfügt, ver­kürzt sich die Arbeitsphase, aber nicht die Aufwärm­- und Lösungsphase. Gegebenenfalls habt ihr zunächst nur eine Arbeitsphase von 5 Minuten, die ihr mit zunehmender Kondition und Kraft eures Pferdes verlängern könnt.

Stangen und Pylonen – Übungen für ein gesundes Pferd

Die Arbeit mit Stangen oder Softstangen kann Abwechslung ins Training bringen. Auch für die Stangenarbeit hat die Skala der Ausbildung Gültigkeit! Hier ein paar Trainingsideen, die Reiter individuell an ihre Möglichkeiten anpassen können.

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Wichtig bei der Stangenarbeit: Optimales Aufwärmen, angepasste Aufgabenstellung und Konzentration, um kontrolliert, im Takt und losgelassen über die Stangen zu reiten. (© Toffi)

Mit dem Reiten über Stangen fördern wir vor allem die Rückentätigkeit und die Aktivität der Hinterhand. Grundvoraussetzung für einen positiven Trainingseffekt ist auch hier das korrekte Reiten und die innere Losgelassenheit des Pferdes. Übungen für ein gesundes Pferd basieren genau darauf – auf präziser, durchdachter Ausführung und dem passenden Trainingszeitpunkt. Jedes Muskeltraining kann sich, wenn es falsch ausgeführt wird, auch zu einem negativen Trainingseffekt entwickeln.

Denn: Wir trainieren zwar mit einer guten Trainingseinheit die „gute“ Muskulatur. Wenn wir die Einheit aber nicht so reiten, wie sie gedacht war, oder unser Pferd überfordern und es deshalb Ausweichbewegungen machen muss, ist es natürlich genauso möglich, die Muskulatur zu überlasten oder gar falsch zu trainieren. Zudem muss uns bewusst sein, dass jede Arbeit über Stangen, aber auch in Wendungen, eine Mehrbelastung für Sehnen, Bänder und Gelenke bedeutet. Das Stangentraining sollte also nur aufgenommen werden, wenn das Pferd dazu körperlich in der Lage ist.

Lockeres Training mit Stangen: Übungen für ein gesundes Pferd

Vorab möchte ich euch einige Informationen zu den Abständen der Stangen geben: Für den Schritt ca. 80 Zentimeter, für den Trab ca. 1,20 bis 1,30 Meter (gerade Variante) oder bei der runden Variante (Zirkel) innen 1 Meter, Mitte 1,20 Meter, außen 1,40 Meter. Für den Galopp ca. 3 bis 3,50 Meter.

Grundsätzlich sind das nur grobe Richtwerte. Jedes Pferd hat seine eigene Schritt-, Tritt- und Sprunglänge. Wenn es nicht gerade unser Ziel ist, den Bewegungsablauf durch die Stangen zu verändern, sondern ein lockeres Training zu absolvieren, passen wir die Abstände so an, dass es dem Pferd leicht fällt, die Stangen beziehungsweise Cavaletti ohne Probleme zu überwinden. Ein Variieren der Abstände bietet aber auch die Möglichkeit, das Pferd innerhalb der Gangarten zu arbeiten; beispielsweise, wenn wir das Pferd zu erweiterten Trabtritten oder Galoppsprüngen ermuntern oder auch mal die Gangarten verkürzen möchten.

Aufmerksamer – Übungen für ein gesundes Pferd

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Pylonen machen Pferde aufmerksamer und bieten dem Reiter eine Orientierung. (© Toffi)

Gerade in der Stangenarbeit nutze ich, wie beim Longieren auch, die Arbeit über und zwischen den Stangen zusammen mit anderen optischen Möglichkeiten, zum Beispiel Pylonen. Diese Arbeit macht die Pferde aufmerksam. Sie eignet sich sehr gut für die geraderichtende Arbeit, vorausgesetzt, ihr nehmt die Arbeit ernst. Korrekt ausgeführte Stangenarbeit oder auch Springgymnastik ist Höchstleistung für den Kopf und den Körper.

Bedauerlicherweise ist vielen Reitern die Bedeutung dieser Arbeit nicht bewusst. Es geht ihnen nur darum, auf die andere Seite der Stangen zu kommen. Das reicht leider nicht aus, um einen positiven Trainingseffekt zu erzielen. Jede gut ausgeführte Trainingseinheit hat einen positiven Effekt für das Gesamtkonstrukt Pferd. Jede schlecht ausgeführte hat im Umkehrschluss einen negativen Effekt.

Vorteile

Vom Grundprinzip trainieren wir mit der Stangen- und Cavalettiarbeit Folgendes:

  • Kondition bestehend aus Kraft, Ausdauer und Schnelligkeit

  • Reaktionsfähigkeit auf die Hilfen

  • Propriozeption

  • Geschmeidigkeit

  • Muskulatur

  • Sehnen- und Bandapparat

  • psychische Leistungsfähigkeit

  • Gleichgewicht

1. Aufgabenteil

Auch auf die Gefahr hin, dass ihr jetzt denkt: „Das weiß ich doch alles“, möchte ich noch einmal auf gewisse „Kleinigkeiten“ hinweisen, die trainingstechnisch sehr wichtig sind. Ich weiß aus meiner Praxiserfahrung, dass man diese – egal wie erfahren man ist – im Alltagsstress auch gern mal vergisst.

Ihr hattet im ersten Teil des Buches bereits gelesen, dass durch die schlechte Ausführung einer Aufgabe viel an den Strukturen zerstört werden kann. Deshalb ist besonders großer Wert auf eine korrekte Ausführung zu legen. Ein Pferd aufzubauen heißt nicht nur, zum Beispiel Muskulatur aufbauen zu wollen, sondern eben auch falsche Bewegungen zu verhindern.

Los geht‘s: Vorbereitung ist das A und O

Toffi

Cavaletti haben den Vorteil, dass man sie in unterschiedlichen Höhen aufbauen kann. (© Toffi)

Das Anreiten und Überwinden beider Stangenaufgaben muss vorbereitet werden. Wir beginnen mit dem Reiten über die geraden Stangen. Schon an der kurzen Seite drehen wir unseren Kopf und bereiten damit unser Abwenden von der Bande vor, um die Stangen dann alle drei (oder auch mehr) gerade vor uns zu haben.

Die Wendung erfordert Stellung und Biegung, daraus folgt das Geraderichten bei gleichbleibendem Tempo und gleichmäßigem Takt. Dies ist Dressurreiten mit Hindernissen. Danach geht es bewusst auf gerader Linie weiter (ohne zur Bande zu drängen), genau auf die Mitte der Stangen zu, die in der Wendung liegen. Diese wollen wir von der ersten bis zur letzten Stange mittig und mit entsprechender Stellung und Biegung überreiten.

Übungen für ein gesundes Pferd – In allen Gangarten

Es ist weder das Fallen auf die innere Schulter noch das Ausweichen über die äußere Schulter erwünscht. Auch bei dieser Aufgabe sollen von Anfang bis Ende Tempo, Takt und Losgelassenheit erhalten bleiben. Wenn ihr ein übermotiviertes Pferd habt, das zwischen den Aufgaben unrittig oder nervös wird, nehmt Übergänge zum Schritt oder Volten hinzu, um Ruhe in die Aufgabe zu bringen. Nehmt euch Zeit.

Die Aufgabe kann von beiden Händen aus geritten werden; ebenso in den Gangarten Schritt, Trab und Galopp mit den entsprechenden Abständen.

2. Aufgabenteil

Um die Pylonen entlang der Mittellinie könnt ihr Schlangenlinien oder auch Volten (mit oder ohne Handwechsel) reiten, damit zwischendurch Ordnung und Ruhe in die Aufgabe bringen und an Takt, Losgelassenheit und der Längsbiegung arbeiten.

3. Aufgabenteil

Toffi

Stangengassen erleichtern das gerade Anreiten
von Cavalettireihen. (© Toffi)

Die Gassen können einerseits dazu genutzt werden, um das Anreiten auf gerader Linie vor den Stangen zu sichern und Pferd und Reiter zu stabilisieren. Sie können aber natürlich auch, wenn sie weit genug von der Bande wegliegen, zum Überreiten im Trab genutzt werden. Die Breite der Gasse ergibt sich folglich aus dem Abstand der Stangen zueinander.

Eine Steigerung der Anforderung ist durch das Reiten von Übergängen möglich: Die erste Gasse wird durchritten, um über die nachfolgenden Stangen zu reiten, zwischen der nächsten Gasse erfolgt ein Übergang, entweder in eine niedrigere oder höhere Gangart oder zum Halten. Diese Aufgabenstellung fördert die Konzentration, das Gleichgewicht und die Reaktion auf eure Hilfengebung. Auch für euch ist es eine Herausforderung, die Hilfen korrekt an einem vorgegebenen Punkt zu geben. Probiert es aus, es hört sich jedoch leichter an, als es ist.

Die Aufgabe als Ganzes

Nun haben wir die drei Aufgaben einzeln geübt und sind bereit, alles zu kombinieren. Dies kann wie folgt aussehen.

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